Jason Isbell And The 400 Unit – Live From The Ryman – CD-Review

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Review: Michael Segets

Jason Isbell konnte in den letzen Jahren einige Erfolge verbuchen. Der ehemalige Drive-By-Truckers-Gitarrist stürmte mit den beiden Alben „Something More Than Free“ (2015) und „The Nashville Sound“ (2017) die US-Charts. In den allgemeinen Listen landeten sie mit jeweils fast 150.000 Verkäufen auf Rang Sechs beziehungsweise Vier. In den Sparten Indie, Country, Folk und Rock nahmen sie Spitzenplätze ein. Jason Isbell And The 400 Unit gewannen bislang vier Grammys.

In Europa gehört Jason Isbell dennoch eher zu den Geheimtipps. Mir war er bislang hauptsächlich als Produzent der American Aquarium-CD „Burn. Flicker. Die.“ (2012) in Gedächtnis. Dabei zeigte er sich seit seinem Ausstieg bei Drive By Truckers 2007 sehr produktiv. Isbell veröffentlichte sechs Studio-Alben und zwei beziehungsweise drei Live-Scheiben, wenn man eine Sonderpressung zum Record-Store-Day 2017 mitzählt. Auf dem aktuellen Werk „Live From The Ryman“ sind Titel der letzten drei Studio-Alben vertreten, sodass es keine Überschneidungen zu den vorherigen, regulären Live-Aufnahmen gibt. Der Songwriter aus Green Hill, Alabama, bewegt sich musikalisch zwischen Roots Rock und Americana.

Die Mitschnitte mehrerer Auftritte in Nashvilles The Ryman aus dem Jahr 2017 haben einen unmittelbaren und erdigen Sound, der die Live-Atmosphäre gut einfängt. Die Stimme von Isbell ist so ausgesteuert, dass sie deutlich im Vordergrund steht, was für mich immer einen Pluspunkt darstellt. Der ausdrucksstarke Gesang in Verbindung mit kräftigen Gitarren erzeugt ein authentisches Konzert-Feeling. Der Opener „Hope The High Road“, „The Life You Chose“, „Flying Over Water“ als Stücke im mittlerem Tempo wirken rau und ungeschliffen, bleiben dabei aber harmonisch.

Sie spiegeln das Grundtempo des Albums wider, das gelegentlich einen Zahn zulegt („Super 8“), tendenziell aber häufiger in einem balladesken Bereich angesiedelt ist.

Die langsameren Tracks bekommen durch den intensiven Gesang von Jason Isbell allerdings eine enorme Dynamik. „Flagship“, „Elephant“, „Cover Me Up“ und „If We Were Vampires“ stellen solche eher reduziert instrumentalisierten Stücke dar. Der erdige Sound wird durch die Geige von Amanda Shires veredelt. Auf dem starken „Last Of My Kind“ dominiert eine Slide Guitar. Am Ende des Songs stellt Jason Isbell The 400 Unit vor: Seine Frau Amanda Shires spielt die Fidel, Sadler Vaden die Gitarre und Jimbo Hart den Bass. Derry DeBorja (Son Volt) bedient das Keyboard sowie das Akkordeon. Chad Gamble sitzt am Schlagzeug.

Teilweise haben Isbells Songs etwas von seinem musikalischen Vorbild Neil Young. Bei „White Man’s World“ und „Cumberland Gap“ werden die Parallelen besonders deutlich. Auch wenn die Stimme von Isbell bei weitem nicht so warm und samtig klingt wie die von Todd Thibaud, so erinnern doch die Anlage mancher Stücke – wie „Something More Than Free“ –, oder der Refrain und das Gitarrenspiel bei „24 Frames“ stellenweise an den Musiker aus Burlington.

Jason Isbell And The 400 Unit gelingt mit „Live From The Ryman” eine aufwühlende Scheibe, die ihren Reiz durch die intensive Darbietung guten Songmaterials gewinnt. Der ehrliche und handgemachte Roots Rock der Band hätte es verdient, auch hierzulande mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

Southeastern Records/Thirty Tigers/Alive (2018)
Stil: Roots Rock, Americana

Tracks:
01. Hope The High Road
02. 24 Frames
03. White Man’s World
04. Flagship
05. Cumberland Gap
06. Something More Than Free
07. The Life You Chose
08. Elephant
09. Flying Over Water
10. Last Of My Kind
11. Cover Me Up
12. Super 8
13. If We Were Vampires

Jason Isbell
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Oktober Promotion

Will Hoge – My American Dream – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

In Zeiten weitgehender sozialer Umwälzungen in den USA hat die Auseinandersetzung mit der politischen Ausrichtung des Landes auch in der Musikszene Einzug gehalten. Protestsongs gegen Donald Trump von Eminem („Campaign Speech“), Bruce Springsteen & Joe Grushecky („That’s What Makes Us Great“) oder Ryan Adams („Doomsday“) sind auch in den Charts erfolgreich.

Die zum Teil konservativ geprägte Country-Szene hielt sich bislang aus dem Politikfeld eher zurück. Will Hoge hingegen, ist einer der wenigen Stars des Country-Business, die immer wieder ihre politische Meinung auf Platten und im Social Media-Bereich zum Ausdruck bringen. Grund genug für Hoge in turbulenten Zeiten jetzt eine neue Scheibe zu veröffentlichen.

Auslöser für die Produktion dieses Longplayers war das Schulmassaker von Parkland, Florida. Als Vater von zwei Kindern war Hoge besonders von diesem Amoklauf betroffen und wollte seine Kritik gegenüber den bestehenden Waffengesetzen auch öffentlich äußern. Die Angst und die Sorge um seine Söhne (11 und 7 Jahre alt) und seine Ehefrau, die als Lehrerin arbeitet, trieb Hoge zum Schreiben.

Die Themen dieses Protest-Albums, mit denen Hoge sich auf „My American Dream“ auseinandersetzt, sind aber vielschichtiger und betreffen nicht nur die unzureichenden Waffengesetzte, sondern auch die Arbeit der Grenzpolizei, die Korruption in der Politik, die Armut breiter Bevölkerungsteile und das vernachlässigte Bildungssystem. Themen, die regelmäßig in den USA u.a. von Neil Young, Rich Hopkins oder Billy Bragg in England aufgegriffen werden.

Die schöne Akustik-Ballade „Thoughts and Prayers“ war der erste Song, den er fertiggestellt hatte und der als Vorab-Single erfolgreich war. Der Opener-Track „Gilded Walls“ ist mit klaren Vorwürfen und Aufforderungen an die Politik gespickt: “It’s clear you don’t care about the folks down here. Indside your Gilded Walls.“ Auf „Stupid Kids“ unterstützt er die Parkland Schüler-Bewegung, die sich gegen die laschen Waffengesetze richtet („Keep your feet marching. Raise up your voice don’t quit. Keep doin‘ what you’re doin‘. Keep being stupid kids“).

„Still A Southern Man“ ist ein nachdenklicher Song über seine Kindheit, als er in der Schule regelmäßig mit Rassismus konfrontiert wurde. In den Stücken „My American Dream“ und „The Illegal Line“ befasst sich Will Hoge mit der Einwanderungsproblematik und den Arbeitsverhältnissen in den USA und versetzt sich in die Charaktere von Betroffenen, ähnlich wie es Bruce Springsteen 1995 auf „Ghost Of Tom Joad“ getan hatte.

Der „Wut-Track“ auf der Platte ist der letzte Song „Nikki’s A Republican Now“, der durch seinen aufwühlenden Sound nachwirkt und von der Machart an den Musik-Aktivisten Tom Morello erinnert.

Das Album verkörpert Hoges Trauer und Wut über die bestehenden sozialen und politischen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten. Immer wieder singt er sich den Frust und seine Unzufriedenheit von der Seele und adressiert seine Lieder an Politik und Regierung. „My American Dream“ ist daher nicht nur ein musikalisches Ausrufezeichen, sondern vielmehr auch ein politisches Statement eines besorgten und engagierten Künstlers.

EDLO Records (2018)
Stil: Alternative Country / Southern Rock

01. Gilded Walls
02. Stupid Kids
03. Still A Southern Man
04. Oh Mr. Barnum
05. Thoughts & Prayers
06. My American Dream
07. The Illegal Line
08. Nikki’s A Republican Now

Will Hoge
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Oktober Promotion

Rich Webb – Le Rayon Vert – CD-Review

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Review: Michael Segets

Das Video zur ersten Single „Let It Rain” des Albums „Le Rayon Vert” von Rich Webb zeigt ein Konzert der besonderen Art. Auf alle Fälle machte es mich neugierig und Netinfect Promotion sendete mir ein Bemusterungsexemplar der CD.

Der genannte Rocksong eröffnet dann auch scheppernd mit einer Prise Garage, trockener Gitarre und coolem Gesang die Scheibe. Er ist das Highlight des Albums. Das Tempo der meisten Tracks ist langsam oder im mittleren Bereich angesiedelt und hält nicht die Power des Openers. Dafür überrascht Rich Webb mit schönen Melodien sowie mit Varianten im Songwriting und in der Instrumentalisierung.

„Stray Horse Canyon” ist so ein Song, der zunächst einfach anfängt, dann aber durch ein unerwartetes Saxophon mit Hörgewohnheiten bricht. Jon Webb spielt das Instrument und auch sonst bindet Rich Webb seine Familie beispielsweise im Background gelegentlich ein. Sein älterer Bruder David Eugene Webb ist der ständige Drummer der Band.

Die gelungenen Balladen „Our Love, It Don’t Live Here Anymore“ und „Letter To My Replacement (Whoever That My Be)” verzichten auf große Experimente. Sehr schön sind dabei die Akzente, die die E-Gitarren, die Percussion oder die Orgel setzen. Die Arbeit an den Tasteninstrumenten und Gitarren teilen sich Rich Webb und Phil Wakeman. Fest zur Band gehört zudem Bassist George-Savva Georgiou.

Beinah sphärische Klänge, Disharmonien und Brüche in der Melodie rückt „Stoner“ in Independent-Regionen. Mit dem sechs Minuten dauernden Stück kann ich mich nicht so recht anfreunden. Ähnlich geht es mir mit dem Ende von „Me And My Horse Trigger“. Der Track gipfelt in ein seltsamen Miteinander von Klavier, Bläsern und Percussion. Nahtlos geht der anfänglich gut hörbare Song in „The Good Life“ über. Auf diesem Titel, bei dem Webb einen Weg in Richtung Jazz einschlägt, dominiert das Piano und ein auffälliger Backgroundgesang.

Das kurze „The So Called Earl ( ) Palmer” kommt instrumental im dynamischen Big-Band-Sound daher. „Come Home Baby, Get A Job” ist über weite Teile ein sehr schönes Stück, dann baut Webb aber ein Akkordeon ein, das einen Dreivierteltackt aufnimmt und etwas von Zirkus- oder Karussell-Musik hat.

Mehrmals entziehen sich die Kompositionen der eindeutigen Klassifizierung. Von der Grundanlage sind die meisten Songs dem Americana zuzuordnen. Rich Webb greift darüber hinaus auf Elemente anderer Musikrichtungen zurück. Vielleicht gewinnen die musikalischen Innovationen nach mehrmaligen Hören, aber jemand wie ich, der sich für eher gradlinige Musik begeistert, wird wohl die Tracks lediglich in Auswahl hören.

Zu den Songs, die für mich und die meisten SoS-Leser wahrscheinlich passen, zählen die Coverversion von „Shaggy Dad“, die mit einer gehörigen Portion Twang und Slide-Guitar-Begleitung überzeugt, und „Shenandoah“. Der Song mit Violine, Banjo, Mandoline und Trommelwirbeln trifft sicherlich ins Herz der Americana-Fangemeinde.

Leuten, denen reine Americana-Musik musikalisch zu langweilig ist, sollten in das fünfte Album von Rich Webb herein hören. Es bietet für sie vielleicht interessante Varianten und Ausflüge in andere Genres. Aber auch diejenigen, die sie lieber traditionell mögen, werden auf „Le Rayon Vert“ fündig.

Rich Webb nahm „Le Rayon Vert“ in Frankreich und Deutschland auf. Der Australier holte ich als Mitproduzenten Howard Bargroff (Frankie Goes To Hollywood, Grace Jones) ins Boot. Das Mastering wurde von Pete Lyman (Tom Waits, Ben Harper, Chris Stapleton) übernommen.

Zu vermuten ist, dass die experimentellen Klänge bei Konzerten stärker in den Hintergrund treten. Da Rich Webb im Oktober durch Deutschland und die Schweiz tourt, kann man sich vor Ort ein Bild davon machen, ob meine Spekulation zutrifft.

All Killer Music (2018)
Stil: Americana and more

Tracks:
01. Let It Rain
02. Stray Horse Canyon
03. Our Love, It Don’t Live Here Anymore
04. Letter To My Replacement (Whoever That My Be)
05. Stoner
06. The So Called Earl ( ) Palmer
07. Shaggy Dad
08. Come Home Baby, Get A Job
09. Shenandoah
10. Me And My Horse Trigger
11. The Good Life

Rich Webb
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Netinfect
All Killer Music

The Weight Band – World Gone Mad – CD-Review

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Review: Michael Segets

The Weight Band erinnert an The Band und das will sie auch. So ist der Tonträger den verstorbenen Gründungsmitgliedern von The Band – Levon Helm, Rick Danko und Richard Manuel – gewidmet. Dabei versteht sich The Weight Band nicht als Cover- oder Tribute-Band, sondern will den Geist der legendären Formation weitertragen.

The Band muss hier wohl nicht eigens vorgestellt werden. Mit ihrer stilprägenden Verbindung des Rocks mit Country-Elementen, mit ihrer Begleitung von Bob Dylan und mit ihrem Konzert(-film) „The Last Walz“ hat sie sich ein Denkmal in der Rockgeschichte gesetzt.

Mit ihrem Debüt erweist sich The Weight Band für würdig, in die Fußstapften der Urväter der Kombination von Roots Rock und Americana zu treten. Sie zeigt sich The Band mindestens ebenbürtig – vor allem, wenn man deren Veröffentlichungen in den 1990er-Jahren in die Kalkulation einbezieht.

Entstanden ist The Weight Band 2013 durch die Initiative von Jim Weider, der selbst noch in der späten The Band gespielt hatte. In wechselnder Besetzung tourte The Weight Band mit den Stücken von The Band, Levon Helm und Colin Linden durch die Staaten. Auf „World Gone Mad“ finden sich dann auch je zwei Tracks, die Jim Weider zusammen mit Levon Helm beziehungsweise Colin Linden geschrieben hat. Mit Ausnahme von Bob Dylans „Day Of The Locusts“ und „Deal“ von The Grateful Dead sind die anderen Kompositionen Erstveröffentlichungen, die zumeist von den Bandmitgliedern stammen.

Die Songs des Albums sind durchweg stark. Es gibt keine Durchhänger oder Ausfälle. Bereits mit dem Titeltrack „World Gone Mad“ beweist „The Weight Band“ ein Händchen für schöne Melodien – gepaart mit einem Gespür für den richtigen Drive. Jim Weiders Mandoline ist dabei das i-Tüpfelchen auf dem Song.

Locker aber sehr markant ist „Fire In The Hole“. Komposition und Gesang ähneln manchen Werken von John Hiatt. Da die Lead-Sänger wechseln, drängen sich unterschiedliche Vergleiche auf. Die Ballade „Wish You Were Here Tonight“ weckt beispielsweise Assoziationen zu Jackson Browne, der Live-Bonus-Track „Remedy“ hat eine Prise von Bob Seger.

Schön erdig rollt „Common Man“ unterstützt von Bar-Piano-Klängen – für die Marty Gebb und Brian Mitchell an den Keys verantwortlich sind – und der Mundharmonika von Michael Bram. Michael Bram sorgt darüber hinaus am Schlagzeug zusammen mit Albert Rogers am Bass für den Rhythmus auf der Scheibe.

Für zwei Stücke, so auf dem – mit sehr schön nöliger Stimme vorgetragenen – Midtempo-Rocker „Big Legged Sadie“, wurde Ex-The-Band-Drummer Randy Ciarlante rekrutiert. Bei der Nummer mit eingängigem Refrain streut Weider ein kurzes E-Gitarrensolo ein. Ein etwas längeres liefert er auf „Every Step Of The Way“, bei dem die Keys für einen satten Klangteppich – ganz im Stil der frühen The Band – sorgen.

Die Songs sind insgesamt sehr abwechslungsreich instrumentiert: Beispielsweise steuert Gastmusiker Jackie Greene (Trigger Happy, The Black Crowes) eine Slide Guitar zu dem Robert Hunter/Jerome Garcia-Titel „Deal” bei und Horns – von Marty Grebb gespielt – kommen auf „Heat Of The Moment“ zum Einsatz. Den letztgenannten Song, in dem die Lead-Sänger wechseln, umweht ein herrlicher Southern-Wind.

Mit „You’re Never Too Old (To Rock ’N Roll)“ rockt die Truppe ganz gemäß des Titels. Die meisten Stücke sind allerdings im Midtempo-Bereich zu verorten. Die Herausforderung dabei ist, einen Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Dies gelingt der Band mit Bravour. Tolles Songmaterial mit Schmackes und Leidenschaft gespielt, wechselnder Front-Gesang – mehrmals mit mehrstimmigen Passagen – und Variationen beim Einsatz der Instrumente machen die Scheibe zu einem kurzweiligen Vergnügen.

Wer befürchtet, dass sich The Weight Band mit ihrer Orientierung an The Band verhebt, liegt gänzlich falsch. Das Album „World Gone Mad“ ist nicht retro, sondern bietet einfach gute, zeitlose Musik.

Must Have Music/Continental Record Service/ H’art (2018)
Stil: Roots Rock/Americana

Tracks:
01. World Gone Mad
02. Fire In The Hole
03. Deal
04. I Wish You Were Here Tonight
05. Common Man
06. Heat Of The Moment
07. You’re Never Too Old (To Rock ’N Roll)
08. Big Legged Sadie
09. Day Of The Locusts
10. Every Step Of The Way
11. Remedy (live bonus track)

The Weight Band
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H’art Musikvertrieb

Curse Of Lono – As I Fell – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Eine musikalische Stilrichtung zu etablieren und diese selbstbewusst als eine Art Markenzeichen zu installieren, das versuchte die nach dem Kultbuch von Hunter S. Thompson benannte Band „Curse Of Lono“ bereits mit ihrem Debütalbum „Severed“ aus dem vergangenen Jahr. Den als „Cinematic Alternative Gothic Rock“ bezeichneten Musikstil in Form eines Alleinstellungsmerkmals zu entwickeln, haben die fünf Musiker aus Großbritannien nun großartig weiterverfolgt.

Mit ihrem zweiten Werk „As I Fell“ legen sie jetzt erneut einen starken Longplayer nach, der melodischen Rock mit bisweilen Country-Folk angehauchten Elementen verbindet und psychedelisch beeinflusste Passagen in ein melancholisches Sound-Kunstwerk aufgehen lässt.

Schon das erste Stück „Valentine“, mit starkem Vocal-Part und Gitarreneinlage verfolgt diesen eingeschlagenen Weg, der mit „Way To Mars“ nahezu fünf Minuten lang im Mid-Tempo-Rhythmus und klarer Gesangsstimme fortgesetzt wird. Singer-Songwriter Felix Bechtolsheimer ist als Frontmann von Curse Of Lono dabei für sämtliche Songs verantwortlich und vermittelt die erforderliche Glaubwürdigkeit seiner Texte in klarer Sprache, überzeugend und intensiv.

Die Ballade „Kathleen“ hätte dabei ebenso Leonard Cohen oder Nick Cave alle Ehre gemacht und windet sich sechs Minuten lang nachhaltig in den Gehörgang. Überhaupt sind persönliche Geschichten und sich wiederholender, mehrstimmiger Refrain-Gesang stilprägend für die Songs, die bei „Tell Me About Your Love“ und „As I Fell“ weiche und feinfühlige Folk-Country-Beziehungen nicht verheimlichen können. Das Titelstück der CD sucht sogar die Verknüpfung zu dunklen Country Blues-Melodien, wie z. B. beim Klassiker „Ghost Riders In The Sky“ aus den 1940er Jahren.

Der etwas härtere Sound von „Blackout Fever“ und „The Affair“ erinnert hingegen eher an den Velvet Underground Mitbegründer Lou Reed, der einen vergleichbar innovativen musikalischen Erfindungsreichtum vorweisen konnte. Über das dichte Gitarrengewitter auf „Leuven“ geht das Album schließlich eindrucksvoll zu Ende, mit dem verblüffenden Outro aus dem Heimatfilm „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“.

In der detailreichen YouTube-Doku „Somewhere In Their Heads“, über die Studioarbeit an der Platte, kann im Übrigen die vollständige Entstehung des Albums mitverfolgt werden. Die Spannweite dieser englisch-amerikanischen Produktion zeigen Artverwandte, wie die Alternative Rock Pioniere von Wilco, die US-Combos War On Drugs und Sons Of Bill, die Country-Folker Cowboy Junkies, aber auch der englische Gitarrist Chris Isaak.

Auf „As I Fell“ erwartet man in jedem Song eine neue metaphorisch verpackte und zum Teil philosophische Lebensweisheit von Mastermind Felix Bechtolsheimer, der dem Album durch sein durchdachtes und persönliches Songwriting eine dylanhafte Wirkung verleiht. Damit dürfte die Platte in diesem Jahr zurecht ein heißer Anwärter auf Auszeichnungen in der Americana- oder Alternative Rock Sparte sein.

Submarine Cat Records (2018)
Stil: Americana, Alternative Rock, Cinematic Rock

Tracklist:
01. Valentine
02. Way To Mars
03. And It Shows
04. I’d Start a War For You
05. Kathleen
06. Blackout Fever
07. Tell Me About Your Love
08. As I Fell
09. The Affair
10. No Trouble
11. Leuven

Curse Of Lono
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Brooke Lynn Promotion

Jim Lauderdale & Roland White – Same – CD-Review

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Review: Michael Segets

Die 31. Longplayer-Veröffentlichung von Jim Lauderdale ist eigentlich sein erstes Werk. Als junger Mann lebte Jim Lauderdale, der aus North Carolina stammt, 1979 für fünf Monate in Nashville, wo er versuchte im Musikgeschäft Fuß zu fassen. Dort lernte er Roland White kennen.

Der Mandolinen-Spieler Roland White war bereits in der Bluegrass-Szene etabliert und konnte neben seiner Begleitung von Lester Flat schon auf einige Bandprojekte (The Kentucky Colonels, Country Gazette) und sein erstes Solo-Album „I Wasn’t Born To Rock’n Roll“ zurückblicken. Der damals 22-jährige Lauderdale und der 41-jährige White nahmen in einem Keller zusammen die vorliegenden Songs auf.

Die Master-Bänder lagen fast vierzig Jahre in einer Schachtel, bevor sie von Whites Frau wiederentdeckt wurden. Dem Sound hört man das Alter nicht an und die klassisch gemachten Bluegrass- und Americana-Songs sind sowieso zeitlos.

Mit akustischer Gitarre, Mandoline und Fidel beschränkt sich die Instrumentierung im Wesentlichen auf die genre-typische Begleitung des oftmals mehrstimmigen Gesangs. „(Stone Must Be) The Walls Built Around Your Heart” kratzt an der Vier-Minuten-Grenze, ansonsten erreichen die Song-Miniaturen in der Mehrzahl keine drei Minuten.

Mit „Forgive And Forget“ und „Gold And Silver“ startet die Scheibe locker und schwungvoll. Auch im weiteren Verlauf des Longplayers finden sich einige schnelle und eingängige Titel wie „Don’t Laugh“, „(That’s What You Get) For Loving Me” oder „Gonna Lay Down My Old Guitar“, die mit Mandolinen- und Picking-Einlagen glänzen. Daneben sind mit „Try And Catch The Wind“ und „February Snow” auch langsame Stücke vertreten.

An das Songwriting von Pete Seeger erinnert „I Might Take You Back Again”. „Six Wild Horses” hebt sich durch die tiefe Gitarre von den anderen Songs ab. Interessant sind „Regrets And Mistakes“, bei dem sich die Stimmen der beiden Sänger überlagern, und der Wechselgesang von „Nashville Blues“, der damit in die Nähe eines Gospels rückt.

Für Fans der beiden Künstler oder für Bluegrass-Freunde sind die Entdeckung der Aufnahme und deren Herausgabe durch Yep Roc Records/H’Art sicherlich ein Glücksfall. Die Scheibe ist dabei kein bloß historisches Dokument, sondern bietet immer noch hörenswerte Musik.

Spannend ist der Vergleich zwischen den Anfängen von Jim Lauderdales musikalischem Schaffen und seinem aktuellen, parallel veröffentlichtem Werk „Time Flies“, auf dem die Bluegrass-Wurzeln – wenn überhaupt – nur noch in den Zwischentönen zu erahnen sind.

Yep Roc Records/H’Art (2018)
Stil: Bluegrass/Americana

01. Forgive And Forget
02. Gold And Silver
03. (Stone Must Be) The Walls Built Around Your Heart
04. Six White Horses
05. I Might Take You Back Again
06. Try And Catch The Wind
07. Don’t Laugh
08. Regrets And Mistakes
09. February Snow
10. (That’s What You Get) For Loving Me
11. Gonna Lay Down My Old Guitar
12. Nashville Blues

Jim Lauderdale
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Jim Lauderdale – Time Flies – CD-Review

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Review: Michael Segets

Yep Roc Records/H’Art bringt zeitgleich das 30. und 31. Album von Jim Lauderdale heraus. Neben einer frühen Aufnahme aus dem Jahr 1979, die zusammen mit Roland White entstand, steht das aktuelle Werk „Time Flies“ nun in den CD-Regalen.

Das erste Mal bin ich auf Jim Lauderdale aufmerksam geworden, als er gemeinsam mit Buddy Miller (Steve Earle) das Album „Buddy und Jim“ veröffentlichte. Dabei kann Lauderdale auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken, die durch Bluegrass, Country und Americana geprägt ist.

Der zweifache Grammy-Gewinner ist besonders als Songschreiber für andere Musiker erfolgreich. Unter anderem hat er für Georg Strait, Mark Chesnutt, Elvis Costello, Patty Loveless und The Dixie Chicks Material geliefert. Er arbeitete zudem mit den North Mississippi Allstars und Robert Hunter (Greatful Dead) zusammen.

Produziert wurde das aktuelle Album dann auch stilecht in Nashville, wobei sich Lauderdale, Jay Weaver als Unterstützung in das Blackbird Studio beziehungsweise das House of Blues Studio holte. Der starke Titeltrack „Time Flies“ reiht sich als moderner Americana-Song nahtlos in Lauderdales bisheriges Schaffen ein. Auch das folgende „The Road Is A River“ weiß durch einen eingängigen Refrain mit schönen Harmoniegesängen und einem kurzen Gitarrensolo zu überzeugen.

Mein Favorit der Scheibe ist aber die dunkle Ballade „When I Held The Cards”. Schellen und Schlagzeug-Besen erzeugen mit der tiefen Gitarre eine schön staubige Atmosphäre. Das süßliche „Violet“ und das getragene „If The World’s Still Here Tomorrow” fallen im direkten Vergleich etwas ab.

Mit „It Blows My Mind” und „Where The Cars Go By Fast” greift Lauderdale in die Country-Schublade. Vor allem der letztgenannte Song nimmt mit Bar-Piano, tollen Harmonien, Geige und etwas Slide ordentlich Fahrt auf.

Wie schon auf dem Album „London Southern” aus dem vergangenen Jahr mischen sich auch Soul- und Swing-Elemente in die Kompositionen von Lauderdale. Auf „Time Flies“ gibt Lauderdale dem Swing nun noch mehr Raum. So lässt Frank Sinatra bei den flotten „Wild On Me Fast“ und „While You’re Hoping“ grüßen. Auch „Slow As Molasses“ versetzt nach Los Angeles in eine gepflegte Bar der fünfziger Jahre. Bei einem Longdrink kann der Song durchaus genossen werden, obwohl der Musikstil fernab von dem liegt, was ich sonst so höre.

Fast schon in Richtung Jazz geht „Wearing Out Your Cool” vor allem durch den Einsatz der Bläser. Obwohl die Klangfarbe Lauderdales Stimme nicht mit der von Chris Rea vergleichbar ist, weckt das Stück hinsichtlich des Songwritings doch Assoziationen zu dem Briten.

„Time Flies“ erfüllt nicht ganz die Erwartungen, die ich mit dem Album verbunden habe. Country und Americana überwiegen zwar stilistisch und einige Songs liegen deutlich über der Qualität vieler anderer Genrebeiträge. Durch die wiederholten Ausflüge in den Swing erscheint der Longplayer im Gesamteindruck aber konzeptionell nicht so stringent wie andere Werke Lauderdales.

Das heißt in einer positiven Wendung allerdings, dass Jim Lauderdale trotz seiner zahlreichen Veröffentlichungen immer noch für Überraschungen gut ist. Er erweitert seine Kompositionen durch neue Elemente und beweist damit, dass er seine musikalische Flexibilität erhalten hat. „Time Flies“ ist ein Album, das ich wohl selten durchgängig hören werde, bei dem es sich aber lohnt, die Highlights herauszupicken.

Yep Roc Records/H´Art (2018)
Stil: Americana, Country and more

01. Time Flies
02. The Road Is A River
03. Violet
04. Slow As Molasses
05. Where The Cars Go By Fast
06. When I Held The Cards
07. Wearing Out Your Cool
08. Wild On Me Fast
09. While You’re Hoping
10. It Blows My Mind
11. If The World’s Still Here Tomorrow

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Sons Of Bill – Oh God Ma’am – CD-Review

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Die musikalische Karriere von James Wilson, Sänger und Gitarrist der in Virginia beheimateten Band Sons Of Bill, war im vergangenen Sommer nach einer Handverletzung akut gefährdet. Aber zum Glück konnte er das ‚Handicap‘ gut auskurieren und damit auch die Erfolgsgeschichte der Band fortsetzen. Jetzt führen sie auf ihrem fünften Studioalbum das weiter, was The War On Drugs auf „A Deeper Understanding“ im letzten Jahr begonnen haben: eingängigen, melancholischen 80er Rock!

Aufgenommen in zwei Musikhauptstädten der USA: Seattle, „Quelle“ des Grunge und in der Country-Hochburg Nashville, haben sie sich mit Phil Ek (u.a. Fleet Foxes), Peter Katis (u.a. The National) und Sean Sullivan (u.a. Sturgil Simpson), erfahrene Produzenten an die Seite geholt. Auf dieser Platte entfernen sich die Virginia-Boys deutlich von den früheren Americana-Rock Klängen und flirten mit entspanntem Indie/Alternative Rock bis hin zu sphärischem Dream Pop und Ambient.

Sie selbst beschreiben den neuen Sound als Cinematic-Rock. Vergleichbar sind hier z.B. The Shins oder auch das aktuelle Jonathan Wilson (nicht verwandt mit den Bandmitgliedern!) Album „Rare Birds“.

Mittlerweile sind sie aus ihrer unbekümmerten Jugendphase rausgewachsen und legen ein reifes Werk vor, wie auch James Wilson anmerkt: „Wir hatten alle die Unschuld der Jugend verloren, jeder auf seine Weise, und in vielerlei Hinsicht ist diese Unschuld ein essentieller Teil davon, überhaupt in einer Band zu sein. Zu viel Realität ist der Tod für eine bestimmte Art der Kunst – besonders für Rockmusik.

Sie braucht eine gewisse infantile Grandiosität, den Mut zu ihren Illusionen und Träumen. Deshalb lieben wir sie ja so, und deshalb wird es immer schwieriger lebendige Musik zu schreiben, wenn man älter wird und die fiesen Nichtigkeiten des Alltags dir immer mehr den Blick versperren.“ Diese Lebenserfahrung mit leidenschaftlicher Begeisterung in ihren Songs zu verarbeiten, haben Sons Of Bill durchgehalten.

Der bittersüße Opener „Sweeter, Sadder, Farther Away“, das wunderschöne Duett „Easier“ mit der US-Amerikanischen Sängerin Molly Pardon oder das spärlich ausgestaltete „Old And Gray“, verdeutlichen diesen „Imagewandel“. Mit „Believer/Pretender“ gelingt der Band um die drei Wilson-Brüder, Bassist Seth Green und Drummer Todd Wellons eines der Lieder des Jahres, das durch seinen eindringlichen und anziehend-hypnotischen Rhythmus in jedem Jahrespoll einen Platz verdient hätte. Es sind die sehnsüchtigen Töne, die sie in „Firebird ʹ85“ oder „Where We Stand“ anschlagen und die den Longplayer so zu einem Hörerlebnis machen.

Nach dem starken Americana-Album „Love & Logic“ kommt mit Oh „God Maʹam“ ein gleichwertiger Nachfolger, voller Ideenreichtum. Der Stilwechsel vom unbeschwerten Heartland-Country-/Roots-Rock zu tiefgründigen Songs wurde perfekt gemeistert. So können die Sons Of Bill gerne weitermachen!

Loose Music (2018)
Stil: Alternative Rock

01. Sweeter, Sadder, Farther Away
02. Firebird ʹ85
03. Believer/Pretender
04. Easier (feat. Molly Pardon)
05. Where We Stand
06. Good Mourning (They Canʹt Break You Now)
07. Before The Fall
08. Green To Blue
09. Old and Gray
10. Signal Fade

Sons Of Bill
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Oktober Promotion

Brent Cobb – Providence Canyon – CD-Review

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Wenn ein Southern Rock-Fan den Namen Cobb hört, assoziert er vermutlich erstmal J.R. Cobb, den einstigen Songwriter und Gitarristen der Atlanta Rhythm Section. Um ihn ist es in den letzten Jahren aber ziemlich still geworden. So sind es mittlerweile eher zwei andere Cobbs, die auf musikalischem Gebiet in der momentanen Zeit für Furore sorgen, und zwar Brent Cobb und sein Cousin Dave.

Letztgenannter macht in Nashville als umtriebiger und gefragter Produzent vieler bekannter Interpreten wie u. a. Jason Isbell, Chris Stapleton, Whiskey Myers, Zac Brown Band, Shooter Jennings u.v.m. einen tollen Job. Was liegt da näher, als auch die Scheiben seines nicht minder talentierteren Cousins Brent zu betreuen?

Der ist ebenfalls längst kein unbeschriebenes Blatt mehr und hat sich in punkto Songwriting für ebenso bekannte Künstler wie  Luke Bryan („Tailgate Blues), Kellie Pickler („Rockaway (The Rockin‘ Chair Song)“), Kenny Chesney („Don’t It“), Miranda Lambert („Sweet By And By“, „Old Shit“), Little Big Town („Pavement Ends“, „Stay All Night“), oder David Nail („Grandpa’s Farm“) hervorgetan. Jetzt verwirklicht er sich mit „Providence Canyon“ zum dritten Male in eigener Sache.

Und was soll man sagen, es ist eine absolute Knaller-Scheibe dabei herausgekommen. Southern-, Roots- und Country Rock- und Americana-Einflüsse nahezu perfekt in harmonischen Einklang gebracht, ein saustarkes Teil!

Während das eröffnende Titelstück noch relativ bedächtig und Steel-getränkt durch die Country-Prärie trabt (könnte aus einer der ganz frühen Outlaws-Scheiben stammen). Das folgende „King of Alabama„, über einen erschossenen Freund, mit schön gurrender Orgel, würde die Band Of Heathens nicht besser hinkriegen. In diesem Song entpuppt sich die auch im weiteren Verlauf der CD fleißig  in den Harmony-Parts mitsingende Kristen Rogers als zweites heißes Eisen im Feuer.

Ziemlich cool, so ein bisschen im Cadillac Three-Stil, geht es mit „Mornin’s Gonna Come“ weiter um dann mit meinem Lieblingslied „Come Home Soon„, einem echten Country-Ohrwurm, fortzufahren. Mit Lorene“ folgt später noch ein ähnlicher Track. Damit ist dann auch der Country-Anteil weitestgehend abgefrühstückt, in den restlichen sechs Tracks dominiert weitestgehend der Southern Rock.

Während  Stücke wie „High In The Country“ („The Whippoorwill“-Flair), das funkig angehauchte „.30-06“ (klingt ein wenig nach „Shakey Ground“ – herrlich trockener Bass, schöne Stratocaster-Töne) und das rootsige „When The Dust Settles“ (wieder BOH-lastig – Slide, HT-Piano) Cobbs kreative Vieleseitigkeit demonstrieren,  dürften das swampige „Sucker For A Good Time“, „If I Don’t See Ya“ (irgendwo zwischen „Call Me The Breeze“ und „I Got The Same Old Blues“ liegend) und das finale „Ain’t A Road Too Long“ die Skynyrd-Fans in Schwärmereien versetzen.

Insgesamt ist Brent Cobbs drittes Werk „Providence Canyon“ eine durchgehend hörenswerte Platte geworden, die wie im Fluge vergeht. Perfektes Zusammenspiel der beiden Cobbs! Dürfte bei uns hierzulande noch als echter Geheimtipp durchlaufen.

Erfreulich zu lesen war kürzlich, dass der Bursche im September für zwei Gigs nach Deutschland kommen wird, unter anderem auch in das schnuckelige Studio 672 in Köln. Wir werden dann natürlich voraussichtlich auch präsent sein und berichten. Bärchen Records freut sich über eure Bestellung.

Low Country Sound/Elektra (2018)
Stil: (Southern) Country Rock

01. Providence Canyon
02. King of Alabama
03. Mornin’s Gonna Come
04. Come Home Soon
05. Sucker For A Good Time
06. High In The Country
07. If I Don’t See Ya
08. .30-06
09. Lorene
10. When The Dust Settles
11. Ain’t A Road Too Long

Brent Cobb
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Bärchen Records

Gretchen Peters – Dancing With The Beast – CD-Review

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Die bei uns vermutlich eher nur mäßig bekannte (ich zum Beispiel kannte sie bisher nicht), in Bronxville, New York, geborene, in Colorado aufgewachsene und schon lange Zeit in Nashville lebende Singer/Songwriterin Gretchen Peters, veröffentlicht seit ihrem Debüt 1996 „The Secret Of Life“ in regelmäßigen Abständen neue Tonträger.

In dieser Zeit, man höre und staune, hat sie auch für Größen wie Martina McBride, Etta James, Trisha Yearwood, Patty Loveless, George Strait, Anne Murray, Shania Twain oder Neil Diamond komponiert. Weitere Prominenz wie Faith Hill coverte ein Stück von ihr und selbst ein Bryan Adams greift beim Songwriting immer wieder gerne auf ihre Ideen und Inputs zurück. Mit „When You Love Someone“ gab es sogar schon eine gemeinsame Kooperation, bzw. Veröffentlichung.

Auf ihrer neuen Scheibe „Dancing With The Beast“ beschäftigt sie sich mit Dingen rund um die Frau, nicht zuletzt auch, weil im Entstehungszeitraum die #Me Too-Debatte losgetreten wurde. Mich hat allerdings der sich, mit der Vergänglichkeit des Lebens, in starken Worten und mit herrlich atmosphärischer Musik unterlegte Song „Disappearing Act“ (unbedingt ansehen!) neugierig gemacht.

Die CD bewegt sich größten Teils, wie bei Künstlerinnen aus diesem Genre üblich, im introvertiert melancholischen Bereich (u. a. „Arguing With Ghosts“, „The Boy From Rye“, „The Show“, „Love That Makes A Cup Of Tea“), wobei eine zurückgenommene Instrumentierung  mit akustische Gitarre, Piano und ab und zu einfließende Steel die Richtung vorgeben.

Meine Favoriten sind neben bereits erwähntem  „Disapperaing Act“, Lieder, wie die mit einer knarzenden Dobro bestückten „Wichita“ und „Lay Low“, die fast mystisch anmutende Ballade „Lowlands“, das dezent poppige Titelstück, das großartige bluesige „Truckstop Angel“ mit tollem Zusammenspiel von E-Gitarre und Piano und die Steel-dominierte Countryballade „Say Grace“, die der Scheibe trotz einer gewissen ‚Schwere‘ und ‚Tiefe im intellektuellen Anspruch‘, durchaus Abwechslungsreichtum und Kurzweiligkeit bescheren.

Insgesamt typischer Stoff, wie man ihn aus Kreisen von Kolleginnen wie Lucinda Williams, Mary Gauthier, Matraca Berg, Suzy Boguss, Lisa Brokop, Tift Merritt & Co. immer wieder serviert bekommt, allerdings mit durchaus eigenem Charme und Charakter. Somit ein gelungener ‚Tanz‘ mit Gretchen Peters!

Proper Records/H’art (2018)
Stil: Singer/Songwriter/Americana

01. Arguing With Ghosts
02. Wichita
03. The Boy From Rye
04. Disappearing Act
05. Lowlands
06. The Show
07. Dancing With The Beast
08. Truckstop Angel
09. Say Grace
10. Lay Low
11. Love That Makes A Cup Of Tea

Gretchen Peters
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H’ART Musik-Vertrieb GmbH