The Cumberland River Project – Vain Regrets – EP-Review

Die Verbindung von mir zu Frank Renfordt, dem Mastermind des Cumberland River Projekts, resultiert, wie im vorhergehenden Review beschrieben, aus einer Zufallsbekanntschaft bei einem Blackberry Smoke-Konzert.

Er entpuppte sich als klasse Songwriter, Musiker und Produzent mit breitem Netzwerk in Sachen (New) Country, Folk und Americana. Vor allem die Einbindung vieler verschiedener Sängerinnen und Sänger belebten sein Projekt und sorgten für enorme Kurzweilligkeit

Für seine neue EP „Vain Regrets“, die am 22. März erscheinen wird, setzt er die Strategie fort, allerdings mit einer entscheidenden Ausnahme, er hat den kompletten Leadgesang übernommen. Leider, aus meiner Sicht, eine zu ambitionierte Entscheidung!

Was die Musik und Produktion betrifft, gibt es wieder mal absolut nichts auszusetzen, alles sehr melodisch, glasklar produziert und mit vielen instrumentellen Feinheiten (Steel, Bariton-E-Gitarren, Dobro, Fiddle) bespickt. Der Gesang, und ich habe mich da schon so oft wiederholt, sollte meiner Ansicht nach bei südstaatlich geprägtem Liedgut wie der Countrymusik, normalerweise von Amerikanern vollzogen werden.

Wie bei vielen anderen Sängern aus unseren Sphären, die ich bereits reviewt habe, weht auch hier der deutsche Stallgeruch omnipräsent an allen Ecken und Enden durch die amerikanisch-countryeske Musiklandschaft und die diesmal zum Teil holprige Textgebung bei einigen Tracks tut dann noch verstärkt ihr Übriges.  Auch die eingebundenen Backgroundsängerinnen mit ihren hellen piepsigen Stimmen verfehlen diesmal das Ziel.

Was noch in den Strophen beim Opener und besten Song des Werkes „In Line“ (klasse E-Guitar-Picking von Chris Kaufmann, dem ehemaligen Truck Stop-Gitarristen) mit Mark Knopfler-ähnlichen Vocals (der Line Dance-taugliche Schunkler hat auch insgesamt weitläufig was von dessen „Walk Of Life“) beginnt, offenbart dann spätestens Renfordts gesangliche Schwächen in den Refrains. Dies zieht sich dann ab da wie ein roter Faden durch das gesamte Songkonvolut.

Das von der Intention her schöne „Mr. Spaceman“ sticht als zweiter Track unter den insgesamt sechs Liedern noch etwas heraus. Insgesamt wäre mein gut gemeinter Rat an Frank Renfordt, sich bei weiteren Scheiben wieder auf seine unbestrittenen Kernkompetenzen im Hintergrund zu konzentrieren. Diesmal hat er sich bei „Vain Regrets“ jedenfalls etwas verhoben.

Eigenproduktion (2024)
Stil: Country & More

01. In Line
02. Old Friend
03. Wish I Could Have Told You
04. Mr. Spaceman
05. House On The Cliffs
06. Sweet Freedom

The Cumberland River Project
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Charles Esten – Love Ain’t Pretty – CD-Review

Ich bin zwar eigentlich nicht abergläubisch, aber das erste CD-Review des Jahres hat für mich immer so einen wegweisenden Charakter, was vielleicht in den nächsten 12 Monaten so alles kommen mag. Diesmal hat der amerikanische Schauspieler und Musiker Charles Esten (bekannt für seine Hauptrolle in der Fernsehserie „Nashville“, aber auch für viele Beteiligungen in Spielfilmen mit u. a. Kevin Costner und Hilary Swank) mit seinem Debütalbum „Love Ain’t Pretty“ das ‚Recht der ersten Besprechung‘ in 2024 erwirkt.

Wir hatten bereits vor vier Jahren mal die Gelegenheit, das in Pittsburgh geborene Multitalent live auf der Bühne zu erleben, allerdings nur solo, ohne Bandbegleitung. Auf seinem mit 14 Tracks gefüllten Erstling, produziert von Marshall Altman (Marc Broussard, Frankie Ballard, Eric Paslay), gibt es aber natürlich die Nashville-übliche, hochwertige instrumentelle Begleitung.

Der fleißige Songschreiber hat hier mit vielen bekannten Co-Writern der Szene wie u. a. Brian Maher, Brad Crisler, James LeBlanc, Eric Paslay, Gary Burr, Leslie Satcher oder John Nite zusammengearbeitet und es ist ein herrlich abwechslungsreiches New Country-Album samt hohem Wiedererkennungswert entstanden, das demnach nachhaltige Wirkung hinterlässt. Nicht zuletzt auch wegen Estens beeindruckendem Gesang, der in seiner Variabilität und Emotionalität, seinem talentierten Schauspieltalent mehr als gerecht wird.

Melancholie, Fröhlichkeit und Power spiegeln sich in einem gesunden Verhältnis in den Songs wider, sodass der Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Minute des Werkes erhalten bleibt. Nach ruhigem, aber nie langweiligen Beginn (man höre sich allein die beiden herrlichen E-Slide-Soli beim starken Titelstück “Love Ain’t Pretty” und bei “A Little Right Now” an), kommt mit dem Billy Joel-Piano-mäßigen “One Good Move” und dem Southern Rock-Dampfer „I Ain’t“ sowie dem beschwingten “Another Song About You” erstmals Schwung in die Scheibe.

Wunderbar das mit typischen 90er Synthie- und E-Gitarrenflair bedachte “When Love Ain’t Love”, das auch aus der damaligen Fleetwood Mac-Phase stammen könnte. Heartland-Noten haben das folkige “Back In My Life Again” oder auch das ‚Simple Minds-/U2- goes Country‘ umwehte „“Down The Road“, das nicht nur von Eric Paslay mitgeschrieben, sondern auch am Mikro begleitet wird. Der unbeschwerte Schunkler „Make You Happy“ lässt momentan unweigerlich den Wunsch nach wärmeren Temperaturen aufkommen.

Mit den wieder ruhigeren “Willing To Try” (wunderbare Country-Storytelling-Ballade), „Maybe I’m Alright” (grandios bluesige Killer-Ballade. gesanglich  im Stile von Marc Broussard oder Michael Mc Donald und mein Lieblingstrack der CD) sowie dem erneut sehr melancholischen “Somewhere In The Sunshine” als Schlusspunkt, der nochmals seine gesamte vokale Bandbreite beinhaltet, entlässt uns Charles Esten und verbreitet viel Vorfreude auf seinen, demnächst im Mai wieder anstehenden Auftritt in Köln, sofern er dann eine richtige Band im Rücken haben sollte.

Charles Estens neues Werk „Love Ain’t Pretty“ somit in wenigen Schlagworten zusammengefasst: Pretty Damn Music!

Eigenproduktion (2024)
Stil: New Country

Tracklist:
01. Love Ain’t Pretty
02. A Little Right Now
03. One Good Move
04. In A Bar Somewhere
05. I Ain’t
06. Another Song About You
07. When Love Ain’t Love
08. Candlelight
09. Back In My Life Again
10. Make You Happy
11. Willing To Try
12. Maybe I’m Alright
13. Down The Road (feat. Eric Paslay)
14. Somewhere in the Sunshine

Charles Esten
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Lime Tree Music

Uncle Lucius – Like It’s The Last One Left – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Eine kreative Auszeit von fast 5 Jahren hat sich die Band Uncle Lucius aus Austin, Tx., genommen, um ihr aktuelles Album “Like It’s The Last One Left” auf den Weg zu bringen. Das vorläufige Abschlusskonzert fand 2018 vor ausverkauftem Haus in der berühmten, fast 150 Jahre alten, Gruene Hall in New Braunfels, Tx. statt. Hier haben bereits u. a. Willie Nelson, Gregg Allman und ZZ Top gespielt.

Mit den Longplayern “Something They Ain’t” (2006), “Pick Your Head” (2009) und “Live At The Saxon Pub” (2010) konnte die Gruppe durch ihren Alt-Country und rough Roots-Blues-Stil und Ansätzen von The Black Crowes oder den Black Keys, eine breite Fangemeinde erobern. Der Bekanntheitsgrad wuchs mit dem Album “And You Are Me” (2012) und dem Signature-Song “Keep The Wolves Away” weiter kontinuierlich, sodass die Recording Industry Association of America den Titel 2021 mit Platin auszeichnete.

Das Musikvideo wurde in 10 Jahren über 140 Mio. mal aufgerufen. Der Song thematisiert die schwierige Lebenssituation von Bandleader und Sänger Kevin Galloway nach einem tragischen Arbeitsunfall seines Vaters und traf damit den Nerv US-gesellschaftlicher Realität – eine Hymne über soziale Verantwortung, Ungleichheit und Durchhaltevermögen.

8 Jahre nach dem Studiowerk “The Light” (2015) feiern Uncle Lucius ihr Comeback. Die erste Single “Keep Singing Along” ist mit dem funky Refrain “just keep singing”, der Einstieg in die bewährte Vielseitigkeit ihres handcrafted Sounds – 10 Songs, geschrieben vom Ex-Bassisten und jetzigen Produzenten Hal Jon Vorpahl. In “All The Angelenos” schießen Uncle Lucius sarkastisch gegen sogenannte “Carpetbagger”, abwertend für Parteikandidaten, die in einem anderen Bundesstaat gewählt werden möchten. Der stampfende, alternative Rock “Civilized Anxiety” berichtet von einer Besorgnis und düsteren Lebensstimmung in der Heimatstadt der Band.

Das experimenteller Road-House-Blues auch Gospelklänge verträgt, zeigt die Geschichte vom “Holy Roller”, während sich “I’m Happy” als etwas ungewöhnliche Tex-Mex-Melodie präsentiert. Die eigentlichen Southern Ursprünge der Band werden hingegen bei “Trace My Soul” wiederbelebt. Dabei passen auch klassische Sound-Elemente in die musikalische Landschaft der Texaner: ein mit Streichern unterlegter “Tuscaloosa Rain” entwickelt Burt Bacharach Orchester-Erinnerungen, die in aller Breite nochmal bei der Americana-Hymne und letzten Nummer der Scheibe “Heart Over Mind” in besonderer Schönheit auffallen.

Die Austin-Band Uncle Lucius hat nach längerer Pause mit “Like It’s The Last One Left” zu ihrem Roots-Country-Americana zurückgefunden und innovative musikalische Pfade eingeschlagen. Insgesamt ist dabei eine Produktion herausgekommen, die verschiedene Stilrichtungen abwechslungsreich miteinander kombiniert. Uncle Lucius befinden sich derzeit auf US-Tournee und liefern bereits einen vielversprechenden Vorgeschmack auf Live Performances in Europa.

Boo Clap Records/Thirty Tigers (2023)
Stil: Americana, Country

Tracks:
01. Keep Singing Along
02. Civilized Anxiety
03. All The Angelenos
04. I’m Happy
05. Tuscaloosa Rain
06. Love In Kind
07. Holy Roller
08. Draw The Line
09. Trace My Soul
10. Heart Over Mind

Uncle Lucius
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Oktober Promotion

Chris Stapleton – Higher – CD-Review

Seit seinem Schwenk vom erfolgreichen Songlieferant für das ‚Who Is Who‘ der Neshville-New Countrymusiker-Elite (u. a. George Strait, Kenny Chesney, Tim McGraw, Luke Bryan), über zwei eher bedeutungslose Bandbeteiligungen (The SteelDrivers und die Southern Rock-Combo The Jompson Brothers) zum eigenständigen Solo-Interpreten, ging es für den aus Lexington, Kentucky, stammenden Chris Stapleton nur noch hoch hinaus.

Ab seinem Debütalbum „Traveller“ im Jahr 2015, das sofort bei den ACM-Awards abräumte, hat Stapleton quasi mit jedem neu erscheinenden Werk quasi den Platz an der Pole-Position der Billboard Country-Charts abonniert. Auch „Higher“, soviel kann vorweg genommen werden, dürfte in dieser Hinsicht keine Ausnahme bilden.

Wieder mal liefert der Protagonist mit 14 Tracks einen üppigen und hochklassigen Longplayer, der von Dave Cobb, Morgane Stapleton und ihm selbst produziert und im RCA Studio A in Nashville aufgenommen wurde. Neben ihm (Gesang, Akustikgitarre, E-Gitarre, Slide-E-Gitarre) sind auf dem Album auch Cobb (Akustikgitarre, E-Gitarre), J.T. Cure (Bass), Paul Franklin (Pedal Steel), Derek Mixon (Schlagzeug), Morgane (Hintergrundgesang, Synthesizer, Tamburin) und Lee Pardini (Orgel, Klavier) instrumentell involviert.

Allein schon die beiden southern-umwehten E-Gitarren-Soli (zunächst Slide im Mittelteil und konventionell im Ausklang) beim melancholischen Country-Opener „What Am I Gonna Do“ lassen den Rezensenten ins Schwärmen geraten. Auch das im Anschluss folgende „South Dakota“ ist eindeutig Stoff für Southern Rock-Liebhaber.

Der Star des Albums ist die außergewöhnliche Stimme Stapletons, die man wirklich unter Millionen sofort heraushört. Dieses Pfund weiß der für seine Effizienz bekannte Star Producer Dave Cobb natürlich zu nutzen und hat das musikalische Drumherum, das man hier auch durchaus als vielschichtig bezeichnen kann,  dementsprechend einfühlsam angepasst.

So gibt es auf dem Country-Fundament neben Southern Rock-Ingredienzien auch blues-soulige- („Think I’m In Love With You“, „Loving You On My Mind“) und folkige Elemente („The Bottom“, „Mountains Of My Mind“) zu bestaunen. Herrlich, wenn Chris bei manch tollen Songs wie z. B. „Loving You On My Mind“ oder dem grandiosen Titelstück „Higher“ von seiner rotzig frechen Stimme teilweise spielend leicht in kreischende Falsetto-Sphären umschwenkt.

Was mir auf diesem Werk besonders gut gefällt ist, dass durch viele Tracks ein Hauch von bekannten Stücken weht, die aber tatsächlich nur in der Assoziation hervorgerufen werden. Das atmosphärische „The Fire“, das von Fleetwood Mac-Flair durchzogen ist oder das fulminante „White Horse“, das an große Clapton-/Winwood-Zeiten erinnert, dienen als Paradebeispiele.

Daneben gibt es viele kleine Country-Ohrwürmer mit weinender Steel und schönen Harmoniegesängen von Ehefrau Morgane wie „Trust“ (mit wunderschönem Text), „It Takes A Woman“, „The Day I Day“ oder „Weight Of Your World“. Etwas aus dem Rahmen fällt eigentlich nur der finale Track „Mountains Of My Mind“, wo Stapleton lediglich zur Akustikgitarrenbegleitung singt. Hört sich wie eine Art Demosong an, der noch auf weitere instrumentelle Ausfeilung wartet, aber natürlich zum Schluss nochmals Chris‘ exquisite Stimmkunst besonders unterstreicht.

Am Ende stellt sich mir nach dieser beeindruckenden CD eigentlich nur die Frage, ob der mehrfach Grammy- und Award-gekrönte Chris Stapleton, der eh schon ganz oben im New Country-Olymp steht, mit „Higher“ noch höher hinaus kann. Sein Anspruch in dieser Hinsicht ist hier jedenfalls omnipräsent. Ein ganz heißer Kandidat bei mir für das Album des Jahres.

Mercury Records Nashville (2023)
Stil: New Country

Tracks:
01. What Am I Gonna Do
02. South Dakota
03. Trust
04. It Takes A Woman
05. The Fire
06. Think I’m In Love With You
07. Loving You On My Mind
08. White Horse
09. Higher
10. The Bottom
11. The Day I Die
12. Crosswind
13. Weight Of Your World
14. Mountains Of My Mind

Chris Stapleton
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Oktober Promotion
Universal Music Group

Exile – A Million Miles Later – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Mit dem neuen Studiowerk “A Million Miles Later” feiert die US-Country Rock-Band Exile ihr 60-jähriges Bestehen. Exile? Ja, es ist wirklich die Band, die 1977 mit dem Titel “Kiss You All Over” einen Billboard Platz 1 belegte und die ebenfalls in Europa und insbesondere in Deutschland (u. a. 1978 mit “You Thrill Me”) erfolgreich war. Bei uns weniger bekannt sind allerdings die 10 Number-One-Hits von Exile in den US-Country-Charts, z. B. “Woke Up In Love” (1983), “Crazy For Your Love” (1984), “Hang On To Your Heart” (1985), “It’ll Be Me” (1986) – um nur einige zu nennen – sowie viele weitere, höhere Platzierungen in den Folgejahren bis 1991.

Die Single “Rough Around The Edges”, ein schneller Gitarren- und Piano- lastiger Country Rock spricht für die unveränderte Leidenschaft der Band, das “Geburtstagsalbum” mit 15 Eigenkompositionen und einer Cover-Version zu performen. Mit dem eigentlichen Opener “A Million Miles Later” beginnt der Mid-Tempo Country-Sound der Scheibe und variiert in schöner Abwechslung southern-gefärbte Klänge (“Too Far Gone”), lockere Refrain-Melodien (“Daydreamin’”) oder auch einfühlsame slow-acoustic Nummern (z. B. “Valentine Sky”).

Ganz wie in den besonders erfolgreichen Country-Charts-Zeiten prägen die lässig-entspannten Stücke (“Nothin’ But A Thang”), die unterschiedlichen Gute-Laune-Songs – vom Americana Country “Paint The Town” bis zum Sonnenschein-Reggae “This Ain’t Nothin’“ – die bleibenden Eindrücke der Produktion. Über den akustischen Gospel-Country-Track “Down In Cool Water” – in Begleitung der in Tennessee sehr bekannten Musikgruppe The Isaacs – findet der Longplayer abschließend relaxt den Weg zur Cover-Version von “Sixteen Tons”, dem legendären Tennessee Ernie Ford-Klassiker aus dem Jahre 1955.

Das Anniversary-Album “A Million Miles Later” der tatsächlich bereits 1963 in Richmond, Kentucky, formierten Band Exile verbindet ihren über lange Zeit beliebten Country-Rock-Sound mit neuen Einflüssen. Und so feiert Exile ein rundes Jubiläum mit einer äußerst erfreulichen Bilanz, die mit einem zwinkernden Blick vor allem auf die erfolgsverwöhnte Bandhistorie in den 80ern nostalgische Züge nicht verbergen kann.

Clearwater Records (2023)
Stil: Country Rock / New Country

Tracks:
01. A Million Miles Later
02. Too Far Gone
03. After You
04. Daydreamin‘
05. Keep On Pushin‘
06. Valentine Sky
07. Nothin‘ But a Thang
08. Paint The Town
09. This Ain’t Nothin‘
10. Rough Around The Edges
11. Nothing But Sunshine Now
12. Never Lets Go
13. Down In Cold Water
14. Just To Get Home
15. Sugar Free
16. Sixteen Tons

Exile
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Two Side Moon Promotions

Pam Jackson – Dream A Little Bigger – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Die “grüne Insel” ist weltweit bekannt für ihre musikalische Tradition. Die Wurzeln der ursprünglichen, irischen und hierzulande häufig nur als Folklore bekannten Musikszene reichen dabei weit darüber hinaus und begründen eine Reihe eigener Genres. Zu dieser typischen, irischen “Roots-Music” gehört ganz natürlich der Bereich der Country Music, der dort eine Award-gekrönte Liga bespielt.

Seit über einem Jahrzehnt zählt die Sängerin Pam Jackson zu den beliebtesten Country-Künstlerinnen Erins, wie die Insel im Gälischen heißt. Die 1977 geborene Dublinerin wurde bereits im Jahr 2010 als “Best New Female Country Artist” ausgezeichnet und hat nun ihr neues Album “Dream A Little Bigger” vorgestellt. Die Scheibe verdient es von Anfang an, an diesen etwas größeren Traum des Album-Titels gemessen zu werden und dieser hält, was er verspricht.

Die Track-Liste startet mit der Klavier-Ballade “A Line In A Song”, einer herrlichen akustischen Harmonie aus zarten Lyrics und Pam Jacksons überragendem Stimmvolumen, das gleich danach beim folgenden Titel-Song unmittelbar erkennen lässt, was mitreißender Country Rock in Erinnerung an vergangene, rockige Country-Jahre bedeutet. Die weiterhin beachtliche Abfolge ausdrucksstarker Balladen-Titel (wie “Last Love Standing”, der Country-Hymne “Stay”, oder der Abschieds-Story “A Plane To Miss”) wechselt mit hervorragend dargebotenen, schnellen Rock-Songs (so z. B. “Every Other Woman”, dem Rock’n’Roll-Track “Fly On The Wall” oder dem Ohrwurm-Highlight “Web Of Lies”).

“Dream A Little Bigger” ist ein “traumhaftes” Gesamtwerk, das verschiedene Stilrichtungen kunstvoll zusammenfügt und traditionelle Sounds neben Modern Rock und Old-School-Kompositionen wirken lässt. Auch wimmernde Steel- und Fiddle-Sounds, wie bei “Bad Taste” und “Unlove Me” wurden nicht vergessen. Zwei Cover-Versionen, zum einen der Eddy RavenKlassiker “I Got Mexico” und zum Abschluss der Reba McEntireHit “Angel On My Shoulder”, runden die empfehlenswerte Scheibe stilsicher ab.

Pam Jackson, die mehrmals die “Hot Country Music Award Show” im irischen TV moderierte und ihre eigene Radiosendung (“Jackson’s Jamboree”) präsentierte, hat zusammen mit Produzent David Arkins ein Award-verdächtiges 13-Track-Album aufgenommen. Nach ihrer umjubelten EP “Let The Healing Start” (2019) bewegt sich Pam Jacksons irische Country-Music mit „Dream A Little Bigger” auf dem hohen Niveau der US-amerikanischen Konkurrenz.

AGR Television Records (2023)
Stil: Country

Tracks:
01. A Line In A Song
02. Dream A Little Bigger
03. Last Love Standing
04. Stay
05. A Plane To Miss
06. Every Other Woman (Every Other Man)
07. Fly On The Wall
08. Web Of Lies
09. The Most
10. I Got Mexico
11. Bad Taste
12. Unlove Me
13. Angel On My Shoulder

Pam Jackson
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AGR Television Records

Various Artists – A Tribute To The Judds – CD-Review

Ich muss zu meiner eigenen Schande mal wieder gestehen, dass ich nicht eine einzige Platte von The Judds alias Mutter Naomi (leider letztes Jahr verstorben) und Tochter Wynonna Judd,, in meiner nicht gerade kleinen Sammlung von Country-/New Country-Scheiben stehen habe. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass sich meine Begeisterung für traditionell angehauchte Damen-Countrymusik lange in Grenzen hielt und erst in den letzten Jahren so ein wenig aufgeblüht ist.

Das Solo-Debüt von Wynonna im Jahre 1992 war allerdings auch eine der ersten Genre-CDs, die ich mir in der zu dieser Zeit langsam aufkommenden New Country-Euphorie (ausgelöst durch Garth Brooks) hier zugelegt habe. Wenn ich jetzt diesen wunderbar von ‚Jung und Älter‘ der Szene umgesetzten Tribute Sampler anhöre, wird mir erst richtig bewusst, wie viele Songs des mit unzähligen Auszeichnungen prämierten Duos ich trotzdem kenne, beziehungsweise sich, auf welchen Wegen auch immer, in mein Langzeitgedächtnis eingeschlichen haben.

Das schöne an dieser Scheibe ist natürlich die Diversität, die durch die Einbindung der vielen mannigfaltigen Gesangscharaktere gewährleistet ist und den Stücken einen neuen Reiz geben, ohne die Achtung vor den Originalen abzulegen. Gerade auch die involvierten Musiker wissen hier genau, was zu tun ist, dass diese Strukturen in ihren Grundfesten erhalten bleibt.

Wenn man sich bei den ersten zwei Tracks alleine die involvierte Damen-Prominenz (Reba McEntire, Carly Pearce, Jennifer Nettles, Gabby Barrett, Lainey Wilson und Dolly Parton) anhört, erahnt man den Stellenwert, den das Duo in Nashville inne hatte.

Und so werden alle Register auf Höhe des heutig gespielten Traditional-Country gezogen: Klirrende Akustikgitarren, klimperndes Piano, weinende Steel, knarziges Dobro (klasse bei „John Deere Tractor“), eine bräsige Southern Harp („I Know Where I’m Going“) und typische E-Gitarren begleiten in allen Tempi und Stimmungen, die oft markanten Stimmen der Künstler wie u. a. von   LeAnn Rimes, Gwen Stefani, Blake Shelton oder Jamey Johnson.

Flottere Stücke wie „Have Mercy“ oder „Had A Dream (For The Heart) “ erinnern von Akustikgitarrenspiel her an die Art wie Skynyrd auf der damaligen „Endangered Species“ agiert hat.

Am Ende gibt es dann mit dem Duett von Trisha Yearwood und Wynonna herself ganz großes Diven-Gesangskino beim „I Heard It Through The Grapevine“-umwehten, swampigen  Countryblueser „Cry Myself To Sleep“. Den Rausschmeißer bestreitet dann der angesagte Rapper Jelly Roll in einem weiteren Duett mit der R&B-Sängerin K. Michelle samt The Fisk Jubilee Singers-Gospel-Chor in Form von „Love Can Build A Bridge“,als eine Art „We Are The World“-Country-Nummer.

Danach sind die gut 50 Minuten wie im Fluge hinüber, und man ist ist sich der Bedeutung der Judds für die Zeit ihres erfolgreichen Wirkens eindeutig bewusst. Ein toller Sampler, den man sich zu vielen Gelegenheiten in den Player legen kann. Eine wunderbare Verneigung vor einem großen Stück Country Musik-Zeitgeschichte in Nashville. Ein klares Must-Have!

Track List:
01. Girls Night Out – Reba McEntire, Carly Pearce, Jennifer Nettles, Gabby Barrett
02. Mama He’s Crazy – Lainey Wilson and Dolly Parton
03. Why Not Me – Megan Moroney
04. Grandpa (Tell Me ‘Bout The Good Old Days) [feat. Sonya Isaacs] – Cody Johnson
05. Rockin’ With The Rhythm Of The Rain – Ashley McBryde and Shelly Fairchild
06. Young Love (Strong Love) – Ella Langley and Jamey Johnson
07. Have Mercy – LeAnn Rimes
08. Love Is Alive – Gwen Stefani and Blake Shelton
09. Had A Dream (For The Heart) – Wendy Moten and O.N.E The Duo
10. I Know Where I’m Going – Barnett, Lynne & West
11. Let Me Tell You About Love – Carl Perkins and Raul Malo
12. John Deere Tractor – Rob Ickes & Trey Hensley and Molly Tuttle
13. Cry Myself To Sleep – Wynonna Judd and Trisha Yearwood
14. Love Can Build A Bridge – Jelly Roll, K. Michelle, and The Fisk Jubilee Singers

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Charley Crockett – Live From The Ryman Auditorium– CD-Review

Review: Michael Segets

2019 sah ich Charley Crockett mit circa fünfzig anderen Besuchern in der Kulturrampe live. Seinerzeit hatte er bereits erste Erfolge in den USA zu verzeichnen. Seitdem ging seine Karriere allerdings steil bergauf. Ein Traum, den wohl jeder Musiker in und um Nashville hegt, ist ein Auftritt im Ryman Auditorium, das 2500 Zuschauer fasst. Crockett verwirklichte ihn durch unermüdliche Präsenz in Medien und Öffentlichkeit, die er sich nicht zuletzt durch die hohe Schlagzahl von Veröffentlichungen verdiente. Vor ausverkauftem Haus spielte der Texaner im letzten Jahr ein souveränes Konzert, dessen Mitschnitt 23 Titel umfasst und nun als sein erstes Live-Album erscheint.

Crockett performt – wie es auch für seine Longplayer typisch ist – eine Mischung aus eigenen Songs und Covern, denen er seine spezielle Note mitgibt. Den Schwerpunkt bei der Titelauswahl legt er auf sein aktuelles Studio-Album „The Man From Waco“. Die Eröffnung des Auftritts bestreitet Crockett mit fünf Tracks dieses Werks. Neben eingängigen Country-Schwofern wie „Time Of The Cottonwood Trees“ berücksichtigt er staubige Balladen („The Man From Waco“) und flottere Midtempo-Stücke („Black Sedan“). Später folgen dann mit „Odessa“, „Name On A Billboard“ und „I’m Just A Clown“ weitere Songs des Longplayers.

Crockett und seine fünfköpfige Begleitband zeigen sich glänzend aufeinander abgestimmt. Die Songs wirken etwas erdiger als die Studio-Versionen, entfernen sich aber nicht allzu weit von diesen. Die Nuancen die Crockett in die sorgsam arrangierten Interpretationen einbringt, sorgen aber dafür, dass mir die meisten Stücke live noch besser gefallen.

In der ersten Hälfte des Konzerts folgt eine Reihe von Honky Tonk-Titeln, die mit viel Twang versehen sind. „Between The House And Town“, „The Valley“, „Jukebox Charley“ und „Music City USA“ bleiben hier zu nennen. Wie Crockett berichtet, gab es nach dem Titelstück seines Albums aus dem Jahr 2021 wohl minutenlange Standing Ovations, die vernünftigerweise für die Veröffentlichung herausgeschnitten wurden.

Den Auftritt setzt Crockett dann mit einer Würdigung seines verstorbenen Freundes James Hand fort. Er spielt ein Medley von dessen „Midnight Run“ sowie „Lesson In Depression“ und schiebt „Don’t Tell Me That“ nach. Anschließend unternimmt Crockett einen Streifzug durch sein bisheriges musikalisches Schaffen. Von fast jede seiner Veröffentlichungen stellt er mindestens einen Track vor. Der einzige Beitrag, der sich nicht auf einem seiner Alben findet, stammt von Townes Van Zandt („Tecumseh Valley“).

Von seinem Debüt „A Stolen Jewell“ ist „Trinity River“ entnommen, das er für „The Man From Waco“ erneut eingespielte. Der Song wurde ebenso wie das wunderschön harmonische „Jamestown Ferry“ vor der Veröffentlichung des Albums herausgegeben. In den Videos sieht man die Gestaltung der Bühne und bekommt einen Eindruck von dessen dezenter Ausleuchtung. Crockett orientierte sich dabei nach eigener Aussage an dem Auftritt von Johnny Cash am selben Ort. Die Veröffentlichung eines Konzertfilms zur gesamten Show steht in den Startlöchern und soll Ende September über YouTube zugänglich sein.

Bei der Songauswahl in der zweiten Hälfte liegt der Fokus auf dem New Traditional Country, für den Crockett mittlerweile als ein Hauptvertreter gelten kann. Bei „I Feel For You“, das weniger intensiv als die Studioversion wirkt, mischt sich etwas Soul hinein. Mit „Travelin‘ Blues“ bringt Crockett nochmal eine neue, bluesige Facette in seinen Sound. Insgesamt deckt das Konzert die Bandbreite seines musikalischen Schaffens ab. Das eine oder andere Highlight seiner Scheiben, wie „Borrowed Time“ oder „Run Horse Run“ hätte ich mir noch auf der Setlist gewünscht, aber so bleibt noch genug Material für ein weiteres Live-Album.

Mit „Live From The Ryman Auditorium“ liefert Charley Crockett einen Beweis für die Qualität seiner Songinterpretationen, die live nichts von ihrer Kraft einbüßen. Zum Kennenlernen des aufstrebenden Country-Stars eignet sich die CD oder Doppel-LP hervorragend, da sie das Spektrum seiner Musik widerspiegelt. Die Fans von Crockett werden die alternativen und ersten offiziellen Live-Versionen seiner Stücke sowieso nicht missen wollen.

Mitte September besuchte Crockett im Rahmen seiner Europa-Tour Hamburg, Frankfurt und Berlin. Die gebuchten Säle fassten zwischen 800 und 1500 Besucher. Die Zeiten, in denen Crockett in Deutschland vor einer Handvoll Leuten spielte, sind nun endgültig vorbei. Im Oktober und November supportet er Chris Stapleton und Dwight Yoakam in den USA. Im Dezember plant er zusammen mit Ryan Bingham ein Konzert.

Son Of Davy – Thirty Tigers (2023)
Stil: Country

Tracks:
01. Cowboy Candy
02. Time Of The Cottonwood Trees
03. Just Like Honey
04. Black Sedan
05. The Man From Waco
06. Between The House And Town
07. Odessa
08. The Valley
09. Jukebox Charley
10. Music City USA
11. Midnight Run & Lesson In Depression
12. Don’t Tell Me That
13. Welcome To Hard Times
14. Name On A Billboard
15. Jamestown Ferry
16. I Feel For You
18. Travelin’ Blues
19. Trinity River
20. I’m Just A Clown
21. Goin’ Back To Texas
22. Tecumseh Valley
23. Paint It Blue

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Keegan McInroe – Agnes – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Die Kulisse einer kleinen, 100 Jahre alten Kirche im ehemaligen Minenarbeiterort Terlingua, Texas., diente als Live-Aufnahmestudio für Keegan McInroes neues Album “Agnes”. Offenbar ein toller Ort, denn der aus Fort Worth, Tx., stammende Songwriter, Sänger, Gitarrist, Weltenbummler und Poet hat auf seinem 6. Longplayer die außergewöhnliche Atmosphäre des verlassenen Gebäudes hörbar eingefangen. Das eigenständige Spektrum aus Old Blues, Old Country, Folk und Americana eröffnet die Trackliste mit dem dunkel sich dahinschleppenden Blues Titel “Old Road”.

Die starke Inszenierung des manchmal etwas an Tom Waits erinnernden Gesangs verleiht dem erstklassigen Blues-Song auch durch die raue Guitar/Harp Kombination ein düsteres Flair. Sehr ähnlich bewegt sich “Boom Or Bust”, im schnellen Blues Rhythmus und sozialkritischen Anti-Kriegs-Lyrics hat das Stück ebenfalls immer eine neue Runde verdient. Dieses interessante Dark-Blues-Konzept wird auf “Man In The Ground” noch einmal variiert, zeigt aber nur einen kleinen Teil von McInroes Songwriting Qualitäten.

Vielfach sind es die kleinen Anleihen bei erfolgreichen Stilrichtungen, die in durchweg guten Eigen- und Co-Kompositionen (z.B. “Old Road” mit Gitarrist Matt Tedder) kreativ eingearbeitet wurden. So prägen schöne Kris Kristofferson Storytelling-Ansätze die eingängige Americana-Ballade “La Puerta” und die Eagles ziehen bei “Stoned & Broken Hearted” melodisch in Bestform, wie früher ihre Country-Krise.

Unbedingt hervorzuheben sind auf jeden Fall die akustischen und poetischen Folk/Country-Tracks, wie der Titelsong “Agnes”. Herausragende Dichtkunst trifft auf ein Leonard Cohen Vorbild im Duett. Bei “Then You’ll Know” ist die Gesellschaftskritik textlich und politisch aktuell auf die Umweltzerstörung bezogen, die in den USA auch vor allem die Native Americans belastet. In der ursprünglichen Tradition der amerikanischen Liedermacher aus der Folkbewegung (z.B. Woody Guthrie, Pete Seeger und Bob Dylan) ist der “Talkin’ Site Unseen Blues”, ein gutes Beispiel eines akustischen Guitar Blues und Geschichtenerzählers, der sein Handwerk versteht. Hierzu gehört ohne Zweifel die letzte Boogie-Nummer „Chisos Mission Blues” – in Dylanschen Sprechgesang beim berühmten „Subterranean Homesick Blues”.

Keegan McInroe hat über die Jahre seiner Karriere bereits u.a. mit Leon Russell, Otis Taylor und der Band Of Heathens auf der Bühne gestanden und schon vor über 10 Jahren Tourneen in Deutschland absolviert. Sein American Roots Blues und Country-Folk ist in dem neuen Album “Agnes” mit bodenständigen Lyrics sehr eindrucksvoll an diejenigen adressiert, die eine ungehobelte musikalische Handschrift mögen. McInroe ist im Herbst wieder in Deutschland auf Tour.

Eigenproduktion (2023)
Stil: Americana, Country, Roots Rock

Tracks:
01. Old Road
02. Agnes
03. Boom Or Bust
04. Then You’ll Know
05. Talkin’ Site Unseen Blues
06. Stoned & Broken Hearted
07. La Puerta
08. Man In The Ground
09. Chisos Mission Blues

Keegan McInroe
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Smith Music

Ben Reel – Come A Long Way – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Mit bisher 10 Studio-Longplayern hat der nordirische Singer/Songwriter Ben Reel über die Jahre tatsächlich ein beachtliches Songbook aufgebaut. Mit Blick auf diese Zeitspanne betitelt Reel daher sein neues Album dementsprechend passend mit “Come A Long Way”. Die aktuelle Scheibe des inzwischen 51-jährigen Musikers wurde im Homestudio, in South Armagh produziert und die 11 Eigenkompositionen schildern Ben Reels persönliche Wahrnehmungen und Erinnerungen aus den unterschiedlichen Dekaden, eingefangen in einer Mixtur aus Rock, Folk, Alternativ-Country, Soul, Blues und Gospel-Bestandteilen.

Die CD beginnt mit den Roots-Rock beeinflussten Stücken “Don’t Fight It Baby” und “Hunter”, Songs, die sich klanglich zugleich Orbison- und Springsteen-like orientieren. Die Folk-, Blues und Country-Rock typischen Storyteller “Hardwired Blues”, “I Get It” und “Old Whore” vermitteln ihre tiefgründigen Geschichten und musikalischen Atmosphären auch über frühe, charakteristische Dylan-Akzente, die in sich zeitgleich Old School und modern inspiriert sind, und zum Teil einen melancholisch wimmernden Harmonica-Sound als Stilmittel einsetzen.

Ausgestattet mit einem Pogues-Balladen-Dress (z.B. “A Rainy Night In Soho”) und angelehnt an Billy Joels wortreiche Lyrics-Rückblende (z. B. “We Didn’t Start The Fire”), bietet der über 7-minütige Track “From The Day I Was Born” eine politisch-zeitkritische Erinnerung Reels an “…there was war…” Ereignisse der letzten 50 Jahre und bestimmt damit wesentlich ein “Come A Long Way” Kernthema der Scheibe, obwohl, so Reel, die originäre Idee für die thematische Anregung von Frank Sinatras Welthit “It Was A Very Good Year” gekommen sei.

Der gleichnamige Albumtitelsong ist insofern ebenfalls geprägt von persönlichen Kindheitsreflexionen, die Reel in leichten Neil Young-Reminiszenzen “verkleidet”. “Loretto On My Mind”, die postume Würdigung einer nahen Angehörigen, weckt durch eine kraftvolle Roy Orbison Intensität entsprechend starke Emotionen. Grundsätzlich ist “Come A Long Way” durchweg ein sehr gefühlsbetontes Album, das seine Wirkung auch in Gospel/Soul/Blues-Rock Stücken, wie “Let The Road Rise” (70er Delaney & Bonnie Style) und “The Finish Line” (u. a. Sam Cooke, Steve Miller) zum Ausdruck bringt. Der Abschluss der Produktion ist mit “I Shall Be Redeemed”, einer schönen Gospel-Blues-Ballade, in gleicher Weise hervorragend inszeniert.

Ben Reel hat in seinem neuen Album “Come A Long Way” (übrigens ein tolles, den Wandel der Zeit spiegelndes Coverbild – Anmerkung der Red.) verschiedene Musikstile des modernen Songwritings in einem großartigen Songbook zusammengefasst und mit sensibel poetischen Texten versehen, die auf dem langen Weg seiner Karriere ganz private “Bilder” reflektieren. Das Ergebnis ist ein Longplayer, der den charismatischen und engagierten Musiker erneut als kreativen Botschafter seiner irischen Heimat bestätigt.

Eigenproduktion (2023)
Stil: Roots-Rock, Alternativ Country

Tracks:
01. Don’t Fight It Baby
02. Hunter
03. Hardwired Blues
04. From The Day I Was Born
05. Come A Long Way
06. Let The Road Rise
07. Loretto On My Mind
08. I Get It
09. Old Whore
10. The Finish Line
11. I Shall Be Redeemed

Ben Reel
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