New Country-Duos haben eigentlich immer klasse Karten in Nashville, sofern Sie sich als substantiell und nachhaltig erweisen, als auch mit guter Strategie unterwegs sind. Montgomery Gentry, Brooks & Dunn oder Big & Rich aus eher schon vergangener Zeit, Florida Georgia Line, die Brothers Osborne, Maddie & Tae und eben auch Dan + Shay dienen als Vorzeigebeispiele aus jüngeren Tagen.
Dan Smyers und Shay Mooney machen nunmehr seit zehn Jahren als Duo zusammen Musik und haben in der Zeit mehr als 11 Milliarden Streams, insgesamt 49 Platin- und Gold-Zertifizierungen allein in den USA aufzuweisen und mehrere internationale #1-Singles sowie Auszeichnungen en masse angehäuft.
Im kommenden Frühjahr werden sie dann sogar als Coaches in der 25. Staffel der Emmy-ausgezeichneten Sendung „The Voice“ in den Staaten mitwirken. Als erstes Coaching-Duo in der Geschichte der Sendung werden sie neben Reba McEntire, John Legend und Chance the Rapper zu sehen sein.
Nun bringen sie mit „Bigger Houses“ ihren 5. Longplayer auf den Markt. Auch dieser lässt in Sachen Hitpotential keine Wünsche offen, jeder Song der insgesamt 12 vertretenen Tracks ist tatsächlich ein weiterer Hitkandidat! Klar, dass bei Ihnen die Kernkompetenz in den Lead- und Harmoniegesangskünsten liegt, ich habe allerdings selten ein Werk zu Ohren bekommen, wo Country- und Pop-Elemente so exzellent verschmelzen, ohne auch nur den geringsten Vorwurf der Berechenbarkeit aufkommen zu lassen.
Das ist in erster Line auch ein Verdienst der Nashville-Studio-Musiker, die eine wunderbar leichtverträgliche Musikkost mit fluffigen Melodien und Refrains avisieren und die countrytypischen Instrumente wie Fiddle Steel, HT-Piano, Bariton-E-Gitarren Dobro oder Mandoline absolut fein dosiert mit einfließen lassen.
Am Ende bekommt man ein Konglomerat, das dezent in Eagles-/Midland-Arealen („Heartbreak On The Map“, „Neon Cowgirls“, „Bigger Houses“) wildert, aber überwiegend den einstigen Glanz der Rascal Flatts ganz stark wieder aufleben lässt.
Auch wenn das reine Coverbild was Anderes suggeriert, Dan + Shay lieben es scheinbar gerne ‚big‘. „Bigger Houses“ wir in diesem Jahr einer der ganz großen Abräumer werden. Absolut hochwertiger Countrypop, der einfach gute Laune macht. Mit das beste Album in ihrer bisherigen Karriere.
Warner Music (2023) Stil: New Country
01. Breakin‘ Up With A Broken Heart 02. Save Me The Trouble 03. Heartbreak On The Map 04. Always Gonna Be 05. For The Both Of Us 06. Then Again 07. Heaven + Back 08. What Took You So Long 09. Missing Someone 10. We Should Get Married 11. Neon Cowgirls 12. Bigger Houses
Vor über fünf Jahren spielten die Delta Saints das letzte Mal in der Krefelder Kulturrampe. Damals stand im Raum, dass es die letzte Tour der Band sei und zumindest eine Pause eingelegt werden soll. Nachdem die Band jetzt für ein Konzert in Nashville im Frühjahr aufspielte, gelang es Teenage Head Music wieder, die Band für eine kurze Europatournee zu gewinnen. Eine der sieben Stationen ist somit erneut die Krefelder Kulturrampe, in der die Band bereits einige begeisternde Auftritte hatte.
So war es nicht verwunderlich, dass Pille Peerlings die Band vor ausverkauften Haus begrüßen durfte. Es entwickeln sich etwa 100 Minuten, in der die Delta Saints agierten, als hätte es die lange Pause nicht gegeben. Schon vom ersten Song geht das Publikum bei fast tropischen Klimabedingungen frenetisch mit und es entwickelt sich ein unvergesslicher Musikabend und viele Fans fragen sich nach dem Konzert, ob dies eine einmalige kurze Reunion war oder der Beginn eines Neuanfangs.
Neben den stark, auf den Punkt gespielten eigenen Songs, wo „California“, „Heavy Fammer“, „Death Letter Jubilee“ und der Rausschmeißer „A Bird Called Angola“ herausragten, performtet die Band auch eine eindrucksvolle Version des Otis Redding-Klassikers „Hard To Handle“.
Wie in der Kulturrampe üblich, gesellten sie die fünf Musiker nach der Show im Kneipenbereich am Merchandising-Stand unter das Publikum und runden so einen tollen Konzertabend ab, der Lust auf mehr macht oder einfach als sentimentale Erinnerung stehen bleibt. Er hat in jedem Fall Pille in seinem letzten Jahr als Rampenverantwortlichen, nach dem Konzert sichtlich ein Tränchen der Rührung ins Gesicht getrieben.
Line-up: Ben Ringel (lead vocals, guitars, percussion) Dylan Fitch (electric guitar) David Supica (bass) Vincent “Footz” Williams (drums) Nate Kremer (keys, percussion)
Nachdem Lori McKenna auf ihrem letzten Album „The Balladeer“ eher die typische Singer-/Songwriter-Klientel bedient hatte, nimmt sie drei Jahre später mit ihrem neuen Werk „1988“ wieder mehr Kurs in Americana-/roots-rockigere Gefilde. Das Album hat sie nach dem Jahr benannt, in dem sie mit ihrem Mann Gene das Ehebündnis geschlossen hat. Beide sind heute noch verheiratet und haben fünf Kinder.
Ja, beim Titel „1988“ denkt man natürlich automatisch daran, wie das Jahr damals persönlich für einen selbst gelaufen ist und ich muss schon etwas innerlich recherchieren, bis man es wieder halbwegs einordnen kann. 5 Jahre nach meinem Abitur im Jahr 1983, trafen wir uns alle erstmalig wieder zu einer gemeinsamen Feier (ich fristete zu dieser Zeit noch dem Junggesellendasein), eine Tradition die wir von da an alle 5 Jahre bis zum heuteigen Tag fortführen, im kommenden November sind es dann 40 Jahre, unfassbar…
Sportlich hatte ich mit zwei erfolgreichen Tischtennis-Bundesliga-Saisons (83/84 und 86/87) bereits den Zenit meiner Karriere überschritten, auch wenn es mir drei Jahre später 1990 noch gelang, in der 2. Bundesliga eine komplette ungeschlagene Halbserie mit 17 siegreichen Spielen in Folge hinzulegen, was von keinem Spieler mehr in den zehn folgenden Jahren bis zu meinem Ausscheiden aus dem höherklassigen Ballsport wiederholt werden konnte.
Beruflich befand ich mich nach Wehrdienst in der Sportfördergruppe in Köln, Ausbildung zum Industriekaufmann in Paderborn noch in der Findungsphase, bis ich 1991 dann im Medienbusiness gelandet bin, dem ich bis zum heutigen Tage noch verbandelt bin.
Musikalisch fördert meine LP-/CD-Sammlung nicht viel im Jahr 1988 Herausragendes zu Tage, der Southern Rock wurde mit dem Einzug von Synthesizer-Klängen zum Teil übel kommerzialisiert (u. a. 38 Special „Rock’N’Roll Stragedy“, Outlaws „Soldiers Of Fortune“), so würde ich hier das Debüt von Melissa Etheridge, „Long Cold Winter“ von Cinderella und die wohl eher unbekanntere Scheibe „Memory In The Making“ von einem John Kilzer als Highlights in der Retrospektive hervorheben.
2005 hatte ich dann mal das Vergnügen, die Grammy-dekorierte Protagonistin beim Blue Highways Festival (u. a. mit Interpreten wie Bernie Leadon, Jim Lauderdale, Son Volt, Kelly Willis und Chuck Prophet) im kleinen Saal der Vredenburg in Utrecht live erleben zu dürfen.
So kann sich Lori im Rahmen ihrer eigenen Musikveröffentlichungen ein gewisses Maß an Entscheidungsfreiheit gönnen, diesmal also, wie anfangs erwähnt, etwas roots-rockiger im Ambiente. So dominieren Gesang, Akustik- und typisch gespielte E-Gitarren samt Bass- und Drum-Rhythmus-Grundlage das Geschehen, ganz dezent klingen auch mal Organtöne durch.
Die Texte mit den eingängigen Refrains sind gewohnt intelligent und überwiegend autobiografisch angefärbt, die Musik hat was von den Chicks (auch der Stimmähnlichkeit zu Natalie Maines geschuldet – „The Old Woman In Me“, „Happy Children“), Sheryl Crow (u. a. „Killing Me“), einem weiblichen Will Hoge („Days Are A Honey“, „The Town In Your Heart“), Miranda Lambert („1988“) oder auch viel unterschwelliges Tracy Chapman-Flair („Growing Up“, „Wonder Drug“, „Letting People Down“) und weiß bis zum ultimativen Abschluss, dem schmerzhaften „The Tunnel“ durchgehend zu begeistern.
“I like doing solo shows, but I really like it when we’re all together, That’s another reason why this record sounds the way it does. I really wanted it to sound like a band, because it’s so fun to play live that way“, so McKenna zu ihrem neuen, von Dave Cobb produzierten und mit eingespielten neuen Werk „1988“. Die Zielvorgabe ist aus meiner Sicht perfekt umgesetzt! Mit das stärkste Album ihrer Karriere!
CN Records-Thirty Tigers/Membran (2023) Stil: Americana
Tracks: 01. The Old Woman In Me 02. Happy Children 03. Killing Me (feat. Hillary Lindsey) 04. Days Are A Honey 05. 1988 06. Growing Up 07. Wonder Drug 08. The Town In Your Heart 09. Letting People Down 10. The Tunnel
Ich glaube bei jedem interessierten Musikhörer, natürlich auch bei mir, ist es ein natürlicher Reflex, beim Auftauchen des Namen Zimmerman, spontan an Bob Dylan zu denken. Um direkt die Antwort in diesem Fall hier zu geben, bei Bailey Zimmerman handelt es es sich nicht um einen Nachfahren des berühmten Singer/Songwriters, sondern um den Sohn einer Autoverkäuferfamilie aus Louisville, einer Kleinstadt in Illinois.
Baileys Werdegang verlief über einen Job in einer Metzgerei („da habe ich gelernt, Rehe zu häuten“), auf dem Bau einer Gaspipeline und das in die Wiege gelegte Veredeln von Pickup-Fahrzeugen. Also nix mit Vitamin-B-geförderter Karriere, Musik wurde nur mal so nebenbei gemacht. Die befreundete Trucker-Gemeinde (für die er oft auftrat) gab dann den entscheidenden Anstoß für seine Karriere.
Ein ins Netz gestellter Song, geschrieben mit seinem Freund Gavin Lucas, ging mithilfe dieser Trucker-Fans viral, und seitdem überschlugen sich die Ereignisse. Major-Vertrag mit Warner Music, die Debüt-EP „Leave The Light On“ samt erfolgreicher Singles war in den USA 2022 das meist gestreamte Country-Debüt aller Zeiten und genreübergreifend das am häufigsten gestreamte Debüt des Jahres.
Amazon Music erkor ihn im Jahr 2022 zum “Artist to Watch” , YouTube dekorierte ihn 2022 zum “Trending Artist on the Rise” und Billboard zeichnete ihn mit dem “Country Rookie of the Month” aus. Jetzt gibt es folgerichtig das Debütalbum „Religiously“ mit satten 16 Songs.
Beim Blick in die Credits fällt sofort auf, dass sowohl beim Songwriting (Bailey hat die meisten Stücke mit geschrieben) als auch bei der musikalischen Umsetzung (überragend hier der omnipräsente Tim Galloway – acoustic guitar all tracks;, banjo tracks 1–4, 6, 8, 12, 13, 15, 16; bouzouki tracks 1, 2, 10, 11, 14, 15; electric guitar tracks 1–5, 9–11, 13, 15, 16; mandolin tracks 3, 10, 14, 15); slide guitar track 3, dobro track 13, bass guitar track 16) viele Namen auftauchen, die man bis dato bei Alben der Nashville-Zunft eher selten wahrgenommen hat, was der Sache allerdings überhaupt keinen Abbruch tut.
Ganz im Gegenteil hier spürt man an allen Ecken und Enden, dass man das bisherige Nashville-Etablissement ordentlich aufmischen möchte. Zimmerman brilliert von Beginn an beim emotional gesungenen Titellied mit seiner ausdrucksstarken rauchigen Stimme, die von Produzent Austin Shawn (wieder so eine eher unbekannte Person) herrlich transparent und klar in Szene gesetzten Instrumente sind eine Wonne für’s Gehör.
Spätestens beim folgenden, mit epischer Note versehenen „Warzone“ (erinnert an Skynyrds „The Last Rebel“) hat man den Protagonisten schon ins Herz geschlossen. „Fix’n To Break“ klingt so, als wenn Bryan Adams ins New Country-Milieu gewechselt wäre. Und so gibt sich ein Track nach dem anderen bis zum finalen Ohrwurm „Is This Really Over?“ die Klinke in die Hand, und man fragt sich nach knapp 53 kurzweiligen Minuten, ob tatsächlich schon Schluss ist.
Am Ende kann man den momentanen Hype um den Youngster absolut nachvollziehen. Eine weitere Auszeichnung, nämlich der des ‚Sounds Of South-Newcomer des Jahres 2023‘, dürfte ihm so gut wie sicher sein. Bailey Zimmerman liefert mit „Religiously“ eine deutliche Kampfanasage an die derzeit dominierenden Kollegen wie Morgan Wallen, Luke Combs, Brantley Gilbert, Jason Aldean & Co. Auch, wenn man es sicher nicht vergleichen kann, zumindest vom Erfolg her, hat er das damalige Debüt des großen Bob Dylan erstmal klar in die Tasche gesteckt…
Elektra Nashville / Warner (2023) Stil: New Country
Tracks: 01. Religiously 02. Warzone 03. Fix’n To Break 04. Forget About You 05. Chase Her 06. FallIin Love 07. You Don’t Want That Smoke 08. Found Your Love 09. Rock Aand A Hard Place 10. Other Side Of Lettin‘ Go 11. Pain Won’t Last 12. Where It Ends 13. God’s Gonna Cut You Down 14. Fadeaway 15. Get To Gettin‘ Gone 16. Is This Really Over?
Wenn man als musikalisch talentiertes Kind bereits das Wort ‚Rock‘ im Familiennamen integriert hat, müsste der Lebensweg, besonders in den Staaten, eigentlich schon so etwas wie vorbestimmt sein. Nalani Rothrock kam schon mit 8 Jahren mit der Musik in Berührung, war bereits mit 12 schon Bestandteil der Band ihres Vaters, der dann auch ihr Songwriting und Bühnenpräsenz maßgeblich beeinflusste.
Die innige Bekanntschaft mit dem Gitarristen und Songwriter Joshua Lamkin 2011 war dann der endgültige Beweggrund nach Nashville zu ziehen, um in Music City Fuß zu fassen. Als großes Glück, vor allem wenn man ihr aktuelles Werk „The Rock House Sessions (Extended Cut)“ durchgehört hat, dürfte auch das dortige Kennenlernen des mehrfach Grammy-dekorierten Kevin McKendree, zu bezeichnen sein, der für seine Zusammenarbeit mit vielen namehaften Größen wie u. a. Little Richard, John Hiatt, Delbert McClinton, Buddy Guy oder Lee Roy Parnell bekannt ist.
Der hat nämlich diese Scheibe nicht nur in seinem eigenen Studio The Rock House in Franklin, Tennessee, produziert, sondern auch seine filigranen Fertigkeiten als Keyboarder mit eingebracht. Dazu hat er den smooth-relaxten Opener „Everytime I Close My Eyes“ zusammen mit Nalani und Joshua mit komponiert.
Ok, mit einer Rockmusikscheibe, hat das Ganze natürlich nur ganz marginal was zu tun (vielleicht am ehesten noch bei „Just Before I Go“) , aufgrund ihrer Stimme, die wie ein Mix aus Bonnie Raitt, Susan Tedeschi und Norah Jones klingt, liegt es natürlich nahe, sich in den Sphären des Southern Soul und des Blues (dazu mit ganz dezenten unterschwelligen Jazz- und Countrynoten bei „Fool For You“ mit quäkender Trompete von Andrew Carney, beziehungsweise beim country-bluesigen, in bester Bonnie Raitt-Manier performten „Try“) zu bewegen, was dann hier auch vorzüglich umgesetzt wird.
Mit dabei auch der uns bestens bekannte Weltklasse-Bassist Steve Mackay, der uns ja bestens von Joe Bonamassa– und Peter Frampton-Konzerten bekannt ist. Dazu gesellen sich dann noch Leute wie Kenneth Blevins und Lynn Williams (beide Drums), Bryan Brock (Percussion) sowie die Backgroundsängerinnen Nicole Boggs, Jonell Mosser und Jackie Wilson. Das gesamte Konglomerat in seiner überwiegend ‚laid-back‘ gespielten Art eignet sich bestens als Lounge- oder Barroom-Hintergrund, aber auch auf der Veranda oder der Terrasse zum gemütlichen Relaxen und Runterkommen.
Nach zwei grandiosen Killerballaden in der zweiten Hälfte („Midnight“ und „Goodbye“), weiß auch das abschließende „Hey Little Bird“ (aus der Feder von Lamkin) von Vogelgezwitscher ummantelte, mit Pinseldrums, leichten Bariton-Slide-Streicheleinheiten (Joshua, wie auch über das ganze Werk hinweg, mit akzentuiertem, sehr effektvollen Spiel, jedoch immer im Dienste der Protagonistin) und Kendrees sanftem Orgelhall, besonders auch in leicht ins Ohr gehender, lyrischer Hinsicht zu gefallen („Hey little bird way up in the tree, c’mon, spend a little time with me…“).
Am Ende erhält man mit „The Rock House Sessions (Extended Cut)“ von Nalani Rotrock ein jetzt mit neun Stücken umfassendes, sehr kurzweiliges Album, das in allen Belangen überzeugt. Nashville darf sich über eine weitere großartige Singer/Songwriterin, ein echtes ‚Rot(h)kelchen‘ des Southern Soul Blues, in seine Reihen erfreuen. Wunderbar!
Jolani Music Group (2022) Stil: (Southern) Soul / Blues
01. Everytime I Close My Eyes 02. Fool For You 03. Just Before I Go 04. Hold On 05. How Long 06. Midnight 07. Goodbye 08. Try 09. Hey Little Bird
Es gibt eigentlich nur zwei Künstler, die in Nashville in den letzten Jahren die Country-Alben-Charts nach Belieben beherrschen. Einer davon ist der aus Charlotte, North Carolina stammende Luke Combs, der knapp neun Monate nach „Growin‘ Up“ mit „Gettin‘ Old“ quasi Teil 2 eines ursprünglich zusammen geplanten Doppel-Albums am Start hat.
Combs ist mit all seinen bis vier dato erschienen Werken (das erste „This One’s for You“ stammt aus 2017!) aktuell immer noch unter den Top-15 platziert, das momentane „Gettin‘ Old“ kratzt nach drei Nr.1-Longplayern in Folge mit Platz 2 ganz kräftig an der Pole-Position. Der Bursche trifft einfach den (New) Country-Nerv der Zeit.
Die Erfolgsrezeptur ist dabei seit Beginn eigentlich recht ähnlich. Eine unbändige Kreativität beim Songwriting (er schreibt fast so gut wie alle Lieder mit), die dann halt in immens viele Stücke mit leicht merkbaren und mitsingbaren (Alltags-) Texten mündet. Dazu eine Top-Einspielung und Produktion durch die bekannten Musiker-Größen in diesem Metier, wohlfühlig veredelt mit seiner warm-rauchigen Raspelstimme, die zu den Songs einfach hervorragend passt.
Der Opener „Growin‘ Up And Gettin‘ Old„, (eine melancholische Midtempoballade mit emotionalem Refrain und tollen E-Gitarren) stellt quasi das Verbindungsglied zwischen beiden Werken dar und bildet wie so oft die Richtschnur für die folgenden siebzehn Tracks.
Als nicht ganz so glücklich empfinde ich bisherige Single-Auswahl, auch wenn das Fiddle-dominierte (Paul Franklin) „Love You Anyway“ sicherlich ein schönes Lied ist, gibt es aus meiner Sicht hier mit „See Me Now“, „Take You With Me“ oder „Tattoo On A Sunburn“ deutlich vielversprechendere Tracks. Auch beim zweiten Versuch mit dem Cover von Tracy Chapmans „Megastück „Fast Car“ gelingt Luke zwar eine absolut starke Nummer, die die Ausstrahlung des 80er-Hits der US-Singer/Songwriterin aber dennoch nicht erreichen kann.
Die Southern Rock-Freunde in unserem Magazin werden mit dem coolen swampig-shuffligen „A Song Was Born“ und dem zünftigen, Charlie Daniels-umwehten „Fox In The Henhouse“ (tolle Orgel-/E-Gitarren-Kombination als Solo) belohnt. Ansonsten geben sich in der Regel balladeske Midtempotracks und etwas temporeichere Nummern bis zum abschließenden Piano-untermalten „the Part“, meist im Wechsel, die Klinke in die Hand.
„Gettin‘ Old“ ist alles andere als ein Synonym für Altersmüdigkeit zu sehen, der gerade mal 33-jährige Luke Combs wird zweifellos auch die nächsten Jahre im New Country-Geschäft ordentlich aufmischen. Er bleibt sich treu: Pures New Country-Vergnügen ohne jeden Anflug von etwaigen Pop-Attitüden. Einen weiteren großen Clou kann er auch bei uns landen: Am 6. Oktober wird er nämlich im Rahmen seiner World Tour 2023 in der Barclays Arena in Hamburg auftreten. Wenn er die voll kriegt, wäre das der Hammer!
River House / Columbia (Sony) (2023) Stil: New Country
01. Growin‘ Up And Gettin‘ Old 02. Hannah Ford Road 03. Back 40 Back 04. You Found Yours 05. The Beer, The Band, And The Barstool 06. Still 07. See Me Now 08. Joe 09. A Song Was Born 10. My Song Will Never Die 11. Where The Wild Things Are 12. Love You Anyway 13. Take You With Me 14. Fast Car 15. Tattoo On A Sunburn 16. 5 Leaf Clover 17. Fox In The Henhouse 18. The Part
Kommen wir mal wieder zu den bisherigen musikalischen Versäumnissen in meinem Leben. Die in Ohio aufgewachsene Elle King, Tochter von Comedian Rob Schneider und des ehemaligen Modells London King, ist wieder so ein Fall. Sie ist seit 2015 im Business unterwegs und har bereits zwei Alben veröffentlicht, die unbemerkt an mir vorüber gegangen sind.
Ich bin auf ihren Namen erstmals bewusst im Rahmen des bald erscheinenden Stones-New Country-Samplers (kein April-Scherz!) gestoßen, der uns bereits zur Besprechung vorliegt (der geschätzte Kollege Segets wird hier demnächst seine Eindrücke dazu schildern), wo sie eine sehr gelungene Version von „Tumbling Dice“ mit beisteuert.
Daraufhin habe ich mir noch ihr gerade, seit kurzem auf dem Markt befindliches Album „Come Get Your Wife“ mit freundlicher Unterstützung von Sony Music zur Besprechung besorgt. Und es hat sich zweifellos gelohnt. Schon mit den ersten lässigen Banjo-Introtönen des hier insgesamt auch überragend agierenden Todd Lombardo und ihrer grandiosen Stimme, die man zunächst eher im Indie-Pop verorten würde, bahnt sich beim Opener „Ohio“ ein ganz besonderes Gebräu an, das auch im weiteren Verlauf durchgehend zu begeistern weiß.
Elle hat neben einigen klug ausgesuchten Fremdkompositionen den überwiegenden Teil der Tracks mit einigen Co-Writern selbst komponiert, dazu hat sie, abgesehen von einem Lied, auch die Produktion zusammen mit Star-Producer Ross Coppermann übernommen. Apropos Ross Copperman: Ich hoffe, ich tue ihm nicht unrecht, gefühlt bringe ich ihn immer mit sehr modernen Produktionen, oft mit den heute üblichen technischen Spielereien in Sachen Keyboards, Loops etc., in Verbindung, um auch eine gewisse Pop-Kompatibilität zu gewährleisten.
Keine Ahnung, ob Elle direkt ein Veto eingelegt hat, aber hier wurde eine knackige, organische (New) Countryplatte mit vielen Facetten erschaffen, die mit allen klassischen Countryinstrumenten von den bekannten Nashville-Studio-Könnern eingespielt wurde, trotzdem aber auch ungemein modern und kräftig wirkt.
Für das eher kommerzielle Moment gibt es mit Miranda Lambert („Drunk (And I Don’t Wanna Go Home„) und Dierks Bentley (beim launigen Barsong „Worth a Shot„) zwei prominente Duett-Partner, die dann auch als Singles vorab erschienen sind. Ziemlich melodisch geht es in der ersten Hälfte auch noch beim grandiosen, mit herrlichem Gospelflair umgarnten Southern Christian Rock-Song „Try Jesus“ (könnte auch von Third Day sein) und dem flockigen „Lucky“ zu, hier sei aber auch noch das rotzig-frech gesungene, slide-trächtige Southern-Redneck-Country-Stück „Before You Meet Me“ zu erwähnen.
Mit „Tulsa“ wendet sich das Blatt zu deutlich traditioneller konzipierten Klängen, wobei immer wieder das Banjo oder auch Steel (Dan Dugmore) involviert sind. „Crawlin‘ Mood“ sowie das textlich zwiespältige „Bonafide“ schlagen in die gleiche Kerbe – traditionell, aber absolut knackig und ohne Staub von gestern.
Das treibende „Blacked Out“ (mit klasse E-Solo) wird sicherlich die Southern-Freunde begeistern und das folgende „Out Younder“ überzeugt mit seinem coolen Country Rock-Groove. Und wie es dann auf einer durch und durch begeisternden Scheibe eben so ist, gibt es am Ende mit „Love Go By“ noch eine gospelige Killer-Country-Soul-Nummer, die mich entfernt an „Wrecking Ball“ von Eric Church erinnert.
Wenn Rob McNelly am Anfang nur in die E-Saiten greift und sich Elle zunächst mit ihrer eigenwilligen Stimme darüberlegt, ist Gänsehaut garantiert. Sobald dann auch noch die restlichen Instrumente und die Gospel-Harmoniegesänge einsetzen, ist man zum Ausklang vollends geflasht. Ein Hammersong!
Mein Tipp zu Elle Kings „Come Get Your Wife“ kann von daher nur ohne jedes ‚Wenn und Aber‘ lauten: „Kommt Leute, schnappt euch dieses megastarke Album!“
RCA Nashville / Sony (2023) Stil: New Country
01. Ohio 02. Before You Meet Me 03. Try Jesus 04. Drunk (And I Don’t Wanna Go Home) feat. Miranda Lambert 05. Lucky 06. Worth a Shot feat. Dierks Bentley 07. Tulsa 08. Crawlin‘ Mood 09. Bonafide 10. Blacked Out 11. Out Yonder 12. Love Go By
Es gab eine Zeit, da war Shania Twain tatsächlich die Königin sowohl des Country als auch des Pop. Sie war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, mit einem der bekanntesten Producer der Rockmusik verheiratet, parallel rauschte die MTV-Video-Welle durch unsere Fernsehgeräte. Ihr Album „Come On Over“ von 1997 schoss in beiden Genres durch die Decke.
Auch beim Nachfolger „Up!“ 5 Jahre später hielt dieser Trend noch an. Als im Jahr 2003 ihre Stimme aufgrund einer diagnostizierten Lyme-Borreliose-Erkrankung streikte und auch noch später die Ehe mit Robert ‚Mutt‘ Lange in die Brüche ging, wurde es recht still um die erfolgsverwöhnte Kanadierin.
Den Thron bestiegen in der Zwischenzeit die Underwoods, Swifts, Adeles, Lady Gagas, Rhihannas und Co. Die Major-Labels und besonders ihre Fans ließen sie allerdings nicht fallen und so kämpfte sich Shania mit ihrem 2017 erschienenen Album „Now“ mit einer Doppel-Nr. 1 (US-Country- und Pop-Charts) wieder in die gewohnten Regionen zurück.
Jetzt mit ihrem sechsten Longplayer „Queen Of Me“, diesmal unter Republic Nashville/Universal-Fahne, startet die mittlerweile 57-jährige Künstlerin, die, wie es Booklet und Coverbild suggerieren, immer noch sehr attraktiv wirkt, einen erneuten Comeback-Versuch. Sie liefert zwölf, wie gewohnt, melodisch eingängige Popsongs, alle selbst mit diversen Co-Writern verfasst, die das Anforderungsprofil in Sachen Mission eines erneuten Nr. 1-Werkes tadellos erfüllen.
Besagte Haupt-Co-Writer wie David Stewart, Mark Crew, Dan Priddy, Adam Messinger, Mark Ralph und Tyler Joseph übernahmen, dann auch die Produktion und den Löwenanteil der Instrumente, bzw. des heute üblichen Programming. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, ist es, dass die Songs demnach etwas synthetisch rüberkommen und auch ihre Stimme in der Tat nicht mehr ganz so wie früher klingt (man braucht etwas Gewöhnungszeit).
Nichtsdestotrotz haben gerade die Kernsongs wie „Best Friend“ und das shufflige „Giddy Up!“ spürbares Hit-Potential. Mir gefallen allerdings eher die flockig-gitarren-untermalten Tracks wie „Inhale/Exhale Air“, „Got It Good“ und das pettyeske „Not Just A Girl“ mit am besten. Ich war zwar nie ein großer Queen-Fan, aber die Umsetzung des Titelstücks (mit den Queen-typischen Gesangselementen) ist klasse gemacht.
„This album is dedicated to my fans worldwide. Music made for YOU from my heart, for all your inspiration“ steht dann am Ende des Booklets. Die Kämpferin Shania Twain hat geliefert, demnächst wird sie für eine UK-Tour auch in Europa wieder präsent sein. Jetzt liegt es an genau ihren Fans, sie zumindest temporär wieder mal als Königin des Pop auf den Thron zurück zu hieven.
Republic Nashville (2023) Stil: Pop
01. Giddy Up! 02. Brand New 03. Waking Up Dreaming 04. Best Friend 05. Pretty Liar 06. Inhale/Exhale Air 07. Last Day Of Summer 08. Queen Of Me 09. Got It Good 10. Number One 11. Not Just A Girl 12. The Hardest Stone
Allein schon für das hippieeske und doch so stylisch sowie wunderbar farblich abgestimmte Outfit hätte die aus Baskin, Louisiana stammende Lainy Wilson (mittlerweile natürlich in Nashville ansässig) auf dem Cover ihres neusten Albums „Bell Bottom Country“ in Sachen Haute Couture eine absolute Bestnote verdient. Aber auch musikalisch steht das vierzehn Stücke umfassende (13 davon von Lainey mitgeschrieben), von James Joyce in herrlichem Sound produzierte Gesamtwerk in Nichts nach.
Die mittlerweile 30-jährige Singer-Songwriterin, die Dolly Parton und Lee Ann Womack als ihre großen Vorbilder benennt, und 2020 mit der Single „Things A Man Oughta Know“ ihren Durchbruch schaffte, legt jetzt ihre zweite Scheibe auf einem Major-Label nach und befindet sich in kreativer Höchstform. Ich habe selten eine CD einer weiblichen Künstlerin im Player liegen gehabt, die mich sofort komplett mitgenommen und begeistert hat.
Zum einen gefällt mir ihre freche, mit einem Southern-Akzent versehene Stimme, die ich irgendwo zwischen Miranda Lambert, Stevie Nicks und Susannah Hoffs einordnen würde, und natürlich das in allen Belangen von wunderbarer Diversität geprägte Songmaterial, das am Ende einen exzellenten Balance-Act zwischen verhaltem modernen und traditionellen Countryelementen meistert.
Die beiden Opener „Hillbilly Hippie“ (CCR meets The Bangles) und das mit treibendem Refrain bestückte „Road Runner“ versetzten sofort in beste euphorisierende Laune, bevor man dann mit der grandios performten, melancholischen Ballade „Watermelon Moonshine“ wieder runtergekühlt wird. Das auf dem Fuße folgende funk-counryrockige coole „Grease“ flutscht dann mit enormer Power wieder wie Öl aus den Boxen.
Und so wird man im weiteren Verlauf mit angenehmen und bewegenden Midtempornummern (zum Teil mit balladeskem Einschlag) wie „Week-End“, „Me, You, And Jesus“, „Heart Like A Truck“ (nicht nur des pathetischen Titels wegen für mich eine potentielle Nr.1-Single) „Atta Girl“ und „Live Off“ (starker emotionaler Gesang der Protagonistin) sowie launigen Tracks der Marke „Hold My Halo“, „This One’s Gonna Cost Me“ (Led Zep-Flair), dem „Ghost Riders“-umwehten „Wildflowers And Wild Horses“ und dem countryesk verpackten 4 Non Blondes-Hit „What’s Up (What’s Going On)“ als Rausschmeißer durch ein stimmiges Wechselbad der Höremotionen geleitet. Irgendwo dazwischen, nicht zu vergessen, der herrliche Countryschunkler „Those Boots (Deddy’s Song)“ mit grandioser Akustik- und E-Gitarrenuntermalung.
Am Ende bin ich heilfroh, dass ich diese Scheibe, die schon im Oktober erschienen ist und mir fast durchgerutscht wäre, doch noch zum Reviewen erhalten habe. Diesen authentischen, instrumentell hervorragend eingespielten ‚Schlaghosen-Country‘ von Lainey Wilson hört man einfach gerne. Man merkt auf diesem bis in die Haarspitzen unter dem Hut motivierten Werk zu jeder Zeit, dass die junge Dame hoch hinaus will! Hats off, Lainey!
Broken Bow Records (2022) Stil: New Country
Tracks: 01. Hillbilly Hippie 02. Road Runner 03. Watermelon Moonshine 04. Grease 05. Week-End 06. Me, You, And Jesus 07. Hold My Halo 08. Heart Like A Truck 09. Atta Girl 10. This One’s Gonna Cost Me 11. Those Boots (Deddy’s Song) 12. Live Off 13. Wildflowers And Wild Horses 14. What’s Up (What’s Going On)
Ich glaube jeder, der sich als Fan von Rockmusik bezeichnet und eine dementsprechende Sammlung an Tonträgern besitzt, wird in dieser sicherlich „Frampton Comes Alive“ aus dem Jahr 1976 inkludiert haben, eines der wohl bekanntesten und erfolgreichsten Live-Alben aller Zeiten.
Auch ich besitze sie als Doppel-LP und habe sie mir als Verfechter der CD natürlich dann irgendwann auch in digitaler Version zugelegt. Das ist aber schon lange her und ich muss zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich trotz meiner unzähligen Konzertbesuche bis dato, den mittlerweile in Nashville lebenden Briten nie live gesehen habe. Umso schöner, dass der Veranstalter Sparkassenpark Mönchengladbach, uns jetzt die Möglichkeit in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric HALLE dazu ermöglicht hat.
Zunächst konnte aber der britische Gitarrist und Songwriter Jack Broadbent für eine knappe halbe Stunde sich mit seinem eigenwilligen Stil, der sich überwiegend in Deltablues-Sphären bewegte, u. a. mit Tracks aus seinem aktuellen Werk „Ride“, als Alleinunterhalter der Audienz vorstellen.
Der als „New master of slide guitar“ gerufene Musiker wirbelte dabei wie von einer Tarantel gestochen mit einem Flachmann auf dem Hals seiner Gitarre herum und erntete nach dem finalen Ray Charles-Cover-Stück „Hit The Road Jack“ den gebührenden Applaus für eine engagierte und sympathische Performance.
Während der kurzen Pause kam eine humorvolle Ansage an unsere Handy-infizierte Spezies, doch diese bitte nur im Rahmen der ersten drei Stücke zu benutzen und es dann auszuschalten. Dies führte zum Einen, dass am Anfang eine große Meute in Richtung Fotograben stürmte, aber von den Ordnern dann wieder schnell in die Schranken verwiesen wurde. Für diese wurde es dann natürlich auch ab Stück 4 zum reinsten Spießroutenlauf mit den immer wieder aufleuchtenden Displays, denn Respekt und eine gewisse Regelakzeptanz, scheinen sich in dieser Ego-Gesellschaft leider zu Fremdworten entwickelt zu haben.
Dazu hatte ich auch noch das Glück in kurzer Entfernung einen Besucher der Marke Wichtigtuer neben mir zu haben, der durch regelmäßige Zwischenrufe seine scheinbar mangelnde Aufmerksamkeit im bisherigen Leben, auf diese Art und Weise zu kompensieren versuchte.
Ansonsten stimmte aber alles an diesem Abend (Sound, Licht, Stimmung) und ich muss schon vorab konstituieren, dass dieses Konzert mit Abstand das absolute Jahreshighlight darstellte und auch in meiner persönlichen Alltime-Favorite-Liste sicherlich unter den ersten Zehn landen würde.
Im Gegensatz zum Gig von Joe Bonamassa vor gut einem halben Jahr an gleicher Stelle, präsentierte sich hier ein Protagonist, bei dem trotz seiner charismatischen Bühnenpräsenz das Kollektiv nie außer Acht gelassen wurde, sprich, sein ebenfalls hochkarätiges Begleitensemble, bestehend aus Nashville-Paradebassist Steve Mackey (der war übrigens bei beiden Konzerten die gemeinsame Schnittmenge), Drummer Dan Wojciechowski, Co-Gitarrist Adam Lester und dem überragenden Rob Arthur (keys, electric and acoustic guitar, vocals) wurde von seiner Seite deutlich der gebührende Respekt (musikalisch wie auch menschlich) gezollt.
Frampton, durch seine tückische fortschreitende Muskelerkrankung IBM deutlich gezeichnet, musste den Gig auf dem Stuhl sitzend vollziehen, demnach passten sich auch die anderen Musiker entsprechend an, lediglich Rob Arthur war durch das ständige Wechseln der Keys und zwischenzeitlich zu den Gitarren (da saß er dann auch wie die anderen) läuferisch unterwegs.
Zum Glück scheint die Motorik des mittlerweile über Siebzig-jährigen in Armen und Händen noch nicht entscheidend beeinträchtigt zu sein, Peter glänzte mit seinen unzähligen quirligen, aber auch sehr gefühlvollen Gitarreneinlagen, auch seine Stimme hat nichts von ihrer Markanz und Ausstrahlung verloren.
Apropos Stimme: Es gab natürlich vor so gut wie jedem Stück eine Anekdote aus seinen Glanzzeiten, da u. a. war von einem sondergefertigtem grünen Bob Ludwig-Drumkit und von einer bei einem Flugzeugcrash verloren geglaubten Les Paul-Gitarre die Rede, die über Ebay und andere wundersame Weisen wieder in Framptons Besitz gelangt sind (und an diesem Abend auch zum Einsatz kamen), Scheidung, Gitarrenkaufsucht, wilden Parties in seinem Haus in der Nähe der Abbey Road, wo an einem regnerischen Abend plötzlich ein wildfremdes Pärchen vor der Tür stand und für gleich drei Wochen am Stück um Unterkunft bat (daraus entstand „The Lodger“), zwei feuchtfröhlichen Wochen mit Alvin Lee und Gattin von drei geplanten auf den Bahamas, wo nichts ging, in denen aber eigentlich ein Album entstehen sollte oder wie man den Zorn von Panama-Diktator Manuel Noriega wegen eines gecanzelten Gigs auf sich zog und nur mit viel Glück aus dem Land entschwinden konnte. Alles natürlich in klarstem Gentleman-Englisch und mit jeder Menge eigenwilligem britischem Humor überliefert.
Klar, dass neben Sachen wie dem standesgemäßen Opener „Baby (Something’s Happening)“, „Lying“, „It’s A Plain Shame“, „All I Wanna Be Is By Your Side“, „I’ll Give You Money“, die alle ihre besonderen Momente hatten und zum Teil auch durch die große Leinwand im Hintergrund visuell sehr passend unterlegt wurden, die Hitstücke wie „Show Me The Way“, „Lines On My Face“, „Baby I Love Your Way“ oder „Do You Feel Like We Do“ (mit den bekannten Talkbox-Einlagen) im Fokus, aber auch das in einer starken Instrumentalversion gebrachte „Georgia On My Mind“ oder das Soundgarden-Cover „Black Hole Sun“ und die beiden Tracks aus Peters Humble Pie-Zeit, „4 Day Creep“ und „I Don’t Need No Doctor“, wussten absolut zu gefallen.
Als das Quintett dann am Ende noch eine Killerverson vom Beatles-Klassiker „While My Guitar Gently Weeps“ nachlegte, gab es kein Halten mehr auf den Stühlen. Mehrminütige Standing Ovations zogen den sichtlich bei der letzten Vorstellung seiner Europa-Tournee gerührten Vollblutmusiker nochmals zu seinem Mikro zurück und er bedankte sich bei allen Involvierten auf herzlichste Weise. Auch wenn man Frampton ansah, dass er realisierte, dass es vermutlich sein letzter Auftritt in Düsseldorf war, verabschiedete er sich doch mit einem optimistisch gestimmten „Never Say Never“.
Wir erwidern: „Alles Gute Peter Frampton, was immer da noch kommen mag! Danke für dieses grandiose Musikerlebnis!“
Line-up: Peter Frampton (lead vocals, electric and acoustic guitar, talk box, percussion) Steve Mackey (bass) Rob Arthur (keys, electric and acoustic guitar, vocals) Dan Wojciechowski (drums) Adam Lester (electric and acoustic guitar, vocals)