Chris Stapleton – Higher – CD-Review

Seit seinem Schwenk vom erfolgreichen Songlieferant für das ‚Who Is Who‘ der Neshville-New Countrymusiker-Elite (u. a. George Strait, Kenny Chesney, Tim McGraw, Luke Bryan), über zwei eher bedeutungslose Bandbeteiligungen (The SteelDrivers und die Southern Rock-Combo The Jompson Brothers) zum eigenständigen Solo-Interpreten, ging es für den aus Lexington, Kentucky, stammenden Chris Stapleton nur noch hoch hinaus.

Ab seinem Debütalbum „Traveller“ im Jahr 2015, das sofort bei den ACM-Awards abräumte, hat Stapleton quasi mit jedem neu erscheinenden Werk quasi den Platz an der Pole-Position der Billboard Country-Charts abonniert. Auch „Higher“, soviel kann vorweg genommen werden, dürfte in dieser Hinsicht keine Ausnahme bilden.

Wieder mal liefert der Protagonist mit 14 Tracks einen üppigen und hochklassigen Longplayer, der von Dave Cobb, Morgane Stapleton und ihm selbst produziert und im RCA Studio A in Nashville aufgenommen wurde. Neben ihm (Gesang, Akustikgitarre, E-Gitarre, Slide-E-Gitarre) sind auf dem Album auch Cobb (Akustikgitarre, E-Gitarre), J.T. Cure (Bass), Paul Franklin (Pedal Steel), Derek Mixon (Schlagzeug), Morgane (Hintergrundgesang, Synthesizer, Tamburin) und Lee Pardini (Orgel, Klavier) instrumentell involviert.

Allein schon die beiden southern-umwehten E-Gitarren-Soli (zunächst Slide im Mittelteil und konventionell im Ausklang) beim melancholischen Country-Opener „What Am I Gonna Do“ lassen den Rezensenten ins Schwärmen geraten. Auch das im Anschluss folgende „South Dakota“ ist eindeutig Stoff für Southern Rock-Liebhaber.

Der Star des Albums ist die außergewöhnliche Stimme Stapletons, die man wirklich unter Millionen sofort heraushört. Dieses Pfund weiß der für seine Effizienz bekannte Star Producer Dave Cobb natürlich zu nutzen und hat das musikalische Drumherum, das man hier auch durchaus als vielschichtig bezeichnen kann,  dementsprechend einfühlsam angepasst.

So gibt es auf dem Country-Fundament neben Southern Rock-Ingredienzien auch blues-soulige- („Think I’m In Love With You“, „Loving You On My Mind“) und folkige Elemente („The Bottom“, „Mountains Of My Mind“) zu bestaunen. Herrlich, wenn Chris bei manch tollen Songs wie z. B. „Loving You On My Mind“ oder dem grandiosen Titelstück „Higher“ von seiner rotzig frechen Stimme teilweise spielend leicht in kreischende Falsetto-Sphären umschwenkt.

Was mir auf diesem Werk besonders gut gefällt ist, dass durch viele Tracks ein Hauch von bekannten Stücken weht, die aber tatsächlich nur in der Assoziation hervorgerufen werden. Das atmosphärische „The Fire“, das von Fleetwood Mac-Flair durchzogen ist oder das fulminante „White Horse“, das an große Clapton-/Winwood-Zeiten erinnert, dienen als Paradebeispiele.

Daneben gibt es viele kleine Country-Ohrwürmer mit weinender Steel und schönen Harmoniegesängen von Ehefrau Morgane wie „Trust“ (mit wunderschönem Text), „It Takes A Woman“, „The Day I Day“ oder „Weight Of Your World“. Etwas aus dem Rahmen fällt eigentlich nur der finale Track „Mountains Of My Mind“, wo Stapleton lediglich zur Akustikgitarrenbegleitung singt. Hört sich wie eine Art Demosong an, der noch auf weitere instrumentelle Ausfeilung wartet, aber natürlich zum Schluss nochmals Chris‘ exquisite Stimmkunst besonders unterstreicht.

Am Ende stellt sich mir nach dieser beeindruckenden CD eigentlich nur die Frage, ob der mehrfach Grammy- und Award-gekrönte Chris Stapleton, der eh schon ganz oben im New Country-Olymp steht, mit „Higher“ noch höher hinaus kann. Sein Anspruch in dieser Hinsicht ist hier jedenfalls omnipräsent. Ein ganz heißer Kandidat bei mir für das Album des Jahres.

Mercury Records Nashville (2023)
Stil: New Country

Tracks:
01. What Am I Gonna Do
02. South Dakota
03. Trust
04. It Takes A Woman
05. The Fire
06. Think I’m In Love With You
07. Loving You On My Mind
08. White Horse
09. Higher
10. The Bottom
11. The Day I Die
12. Crosswind
13. Weight Of Your World
14. Mountains Of My Mind

Chris Stapleton
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Exile – A Million Miles Later – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Mit dem neuen Studiowerk “A Million Miles Later” feiert die US-Country Rock-Band Exile ihr 60-jähriges Bestehen. Exile? Ja, es ist wirklich die Band, die 1977 mit dem Titel “Kiss You All Over” einen Billboard Platz 1 belegte und die ebenfalls in Europa und insbesondere in Deutschland (u. a. 1978 mit “You Thrill Me”) erfolgreich war. Bei uns weniger bekannt sind allerdings die 10 Number-One-Hits von Exile in den US-Country-Charts, z. B. “Woke Up In Love” (1983), “Crazy For Your Love” (1984), “Hang On To Your Heart” (1985), “It’ll Be Me” (1986) – um nur einige zu nennen – sowie viele weitere, höhere Platzierungen in den Folgejahren bis 1991.

Die Single “Rough Around The Edges”, ein schneller Gitarren- und Piano- lastiger Country Rock spricht für die unveränderte Leidenschaft der Band, das “Geburtstagsalbum” mit 15 Eigenkompositionen und einer Cover-Version zu performen. Mit dem eigentlichen Opener “A Million Miles Later” beginnt der Mid-Tempo Country-Sound der Scheibe und variiert in schöner Abwechslung southern-gefärbte Klänge (“Too Far Gone”), lockere Refrain-Melodien (“Daydreamin’”) oder auch einfühlsame slow-acoustic Nummern (z. B. “Valentine Sky”).

Ganz wie in den besonders erfolgreichen Country-Charts-Zeiten prägen die lässig-entspannten Stücke (“Nothin’ But A Thang”), die unterschiedlichen Gute-Laune-Songs – vom Americana Country “Paint The Town” bis zum Sonnenschein-Reggae “This Ain’t Nothin’“ – die bleibenden Eindrücke der Produktion. Über den akustischen Gospel-Country-Track “Down In Cool Water” – in Begleitung der in Tennessee sehr bekannten Musikgruppe The Isaacs – findet der Longplayer abschließend relaxt den Weg zur Cover-Version von “Sixteen Tons”, dem legendären Tennessee Ernie Ford-Klassiker aus dem Jahre 1955.

Das Anniversary-Album “A Million Miles Later” der tatsächlich bereits 1963 in Richmond, Kentucky, formierten Band Exile verbindet ihren über lange Zeit beliebten Country-Rock-Sound mit neuen Einflüssen. Und so feiert Exile ein rundes Jubiläum mit einer äußerst erfreulichen Bilanz, die mit einem zwinkernden Blick vor allem auf die erfolgsverwöhnte Bandhistorie in den 80ern nostalgische Züge nicht verbergen kann.

Clearwater Records (2023)
Stil: Country Rock / New Country

Tracks:
01. A Million Miles Later
02. Too Far Gone
03. After You
04. Daydreamin‘
05. Keep On Pushin‘
06. Valentine Sky
07. Nothin‘ But a Thang
08. Paint The Town
09. This Ain’t Nothin‘
10. Rough Around The Edges
11. Nothing But Sunshine Now
12. Never Lets Go
13. Down In Cold Water
14. Just To Get Home
15. Sugar Free
16. Sixteen Tons

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Various Artists – A Tribute To The Judds – CD-Review

Ich muss zu meiner eigenen Schande mal wieder gestehen, dass ich nicht eine einzige Platte von The Judds alias Mutter Naomi (leider letztes Jahr verstorben) und Tochter Wynonna Judd,, in meiner nicht gerade kleinen Sammlung von Country-/New Country-Scheiben stehen habe. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass sich meine Begeisterung für traditionell angehauchte Damen-Countrymusik lange in Grenzen hielt und erst in den letzten Jahren so ein wenig aufgeblüht ist.

Das Solo-Debüt von Wynonna im Jahre 1992 war allerdings auch eine der ersten Genre-CDs, die ich mir in der zu dieser Zeit langsam aufkommenden New Country-Euphorie (ausgelöst durch Garth Brooks) hier zugelegt habe. Wenn ich jetzt diesen wunderbar von ‚Jung und Älter‘ der Szene umgesetzten Tribute Sampler anhöre, wird mir erst richtig bewusst, wie viele Songs des mit unzähligen Auszeichnungen prämierten Duos ich trotzdem kenne, beziehungsweise sich, auf welchen Wegen auch immer, in mein Langzeitgedächtnis eingeschlichen haben.

Das schöne an dieser Scheibe ist natürlich die Diversität, die durch die Einbindung der vielen mannigfaltigen Gesangscharaktere gewährleistet ist und den Stücken einen neuen Reiz geben, ohne die Achtung vor den Originalen abzulegen. Gerade auch die involvierten Musiker wissen hier genau, was zu tun ist, dass diese Strukturen in ihren Grundfesten erhalten bleibt.

Wenn man sich bei den ersten zwei Tracks alleine die involvierte Damen-Prominenz (Reba McEntire, Carly Pearce, Jennifer Nettles, Gabby Barrett, Lainey Wilson und Dolly Parton) anhört, erahnt man den Stellenwert, den das Duo in Nashville inne hatte.

Und so werden alle Register auf Höhe des heutig gespielten Traditional-Country gezogen: Klirrende Akustikgitarren, klimperndes Piano, weinende Steel, knarziges Dobro (klasse bei „John Deere Tractor“), eine bräsige Southern Harp („I Know Where I’m Going“) und typische E-Gitarren begleiten in allen Tempi und Stimmungen, die oft markanten Stimmen der Künstler wie u. a. von   LeAnn Rimes, Gwen Stefani, Blake Shelton oder Jamey Johnson.

Flottere Stücke wie „Have Mercy“ oder „Had A Dream (For The Heart) “ erinnern von Akustikgitarrenspiel her an die Art wie Skynyrd auf der damaligen „Endangered Species“ agiert hat.

Am Ende gibt es dann mit dem Duett von Trisha Yearwood und Wynonna herself ganz großes Diven-Gesangskino beim „I Heard It Through The Grapevine“-umwehten, swampigen  Countryblueser „Cry Myself To Sleep“. Den Rausschmeißer bestreitet dann der angesagte Rapper Jelly Roll in einem weiteren Duett mit der R&B-Sängerin K. Michelle samt The Fisk Jubilee Singers-Gospel-Chor in Form von „Love Can Build A Bridge“,als eine Art „We Are The World“-Country-Nummer.

Danach sind die gut 50 Minuten wie im Fluge hinüber, und man ist ist sich der Bedeutung der Judds für die Zeit ihres erfolgreichen Wirkens eindeutig bewusst. Ein toller Sampler, den man sich zu vielen Gelegenheiten in den Player legen kann. Eine wunderbare Verneigung vor einem großen Stück Country Musik-Zeitgeschichte in Nashville. Ein klares Must-Have!

Track List:
01. Girls Night Out – Reba McEntire, Carly Pearce, Jennifer Nettles, Gabby Barrett
02. Mama He’s Crazy – Lainey Wilson and Dolly Parton
03. Why Not Me – Megan Moroney
04. Grandpa (Tell Me ‘Bout The Good Old Days) [feat. Sonya Isaacs] – Cody Johnson
05. Rockin’ With The Rhythm Of The Rain – Ashley McBryde and Shelly Fairchild
06. Young Love (Strong Love) – Ella Langley and Jamey Johnson
07. Have Mercy – LeAnn Rimes
08. Love Is Alive – Gwen Stefani and Blake Shelton
09. Had A Dream (For The Heart) – Wendy Moten and O.N.E The Duo
10. I Know Where I’m Going – Barnett, Lynne & West
11. Let Me Tell You About Love – Carl Perkins and Raul Malo
12. John Deere Tractor – Rob Ickes & Trey Hensley and Molly Tuttle
13. Cry Myself To Sleep – Wynonna Judd and Trisha Yearwood
14. Love Can Build A Bridge – Jelly Roll, K. Michelle, and The Fisk Jubilee Singers

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Jason Aldean – Highway Desperado – CD-Review

Der aus Macon, Georgia stammende Jason Aldean, zählt seit seinem erfolgreichen Debüt-Werk im Jahre 2005 zu den großen Top-Stars der New Country-Szene. Auch alle folgenden Werke konnten den Nimbus eines Top-10-Albums wahren, gleich sieben davon schafften es bis an die Pole-Position.

„Highway Desperado“ ist nun schon seine 12. Platte und hat schon vor Erscheinen mit der vorab ausgekoppelten Single „Try That In A Small Town“ (sowohl Nr. in den Billboard Country-Charts als auch in den Billboard Top 100) für mächtig Zündstoff gesorgt.

Das polarisierende Video prangert mit Gewaltszenen von Demonstrationen, die man in unseren Sphären aus Städten wie Hamburg und Berlin kennt, die Zustände in Metropolen an, und suggeriert nicht nur textlich, dass solche Dinge auf dem Land nicht möglich wären, bzw. anders geregelt würden, was man natürlich als äußerst fragwürdig, auch zurecht als diskussionswürdig, u. a. zum Beispiel im Hinblick auf Verherrlichung von Waffengebrauch und Selbstjustiz, erachten kann.

Ich denke Aldean hier allerdings böse Absichten zu unterstellen, wäre vermessen, schließlich ist er ja schon selbst bei einem seiner Gigs fast Opfer eines Amokschützen geworden. Nichtsdestotrotz ein klasse Country Rock-Song mit viel Southern-Touch.

Zur Einstimmung bietet der Opener „Tough Crowd“ direkt den Stoff, den wohl kein anderer aktuell besser in Szene setzen kann. Eine emotionale Aldean-Hommage an seine Fans. Ein Studiosong, der passend zur Thematik mit Stadion-Livegeräuschen vorn, in der Mitte und am Ende untermalt und ergänzt wurde.

Danach gibt es fortwährend  eingängigen Stoff (meist von seinen Bandmitgliedern Kurt Allison und Tully Kennedy mit diversen weiteren prominenten Co-Writern kompositorisch in Szene gesetzt) , der manchmal so ein wenig ‚Bryan Adams goes Country‘-Touch aufweist (u. a. „Knew You’d Come Around“, „Get Away From You“. Knackig produziert hat natürlich ein weiteres Mal sein Langzeitweggefährte Michael Knox.

Jason selbst ist an den beiden Stücken „Hungover In A Hotel“ (melancholische Ballade mit Powerrefrain) und dem grandiosen Titelstück „Highway Desperado“ als finalem Touchdown beteiligt, den man als würdigen Nachfolger seines Megastücks „My Kinda Party“ deklarieren darf. Epischer Southern Rock-Stoff vom Feinsten.

Jason Aldean bietet auf seinem 14 Stücke umfassenden neuen Album „Highway Desperado“ ein durchgehendes Hitkonglomerat mit Stadion-tauglichem Arena-Country Rock. Man sieht förmlich vorm geistigen Auge seine Audienz die Strophen und Refrains der eingängigen Tracks mitsingen.

Der fleißige Protagonist mit der unverkennbaren Stimme, füllt mit diesem Werk so ein wenig das momentane Vakuum, dass seine Hauptkonkurrenten Luke Combs und Morgen Wallen mit ihren schon einige Monate zurückliegenden Alben hinterlassen haben.

Zudem bietet er mit seinen Top-Nr.1-Hit „Try That In A Small Town“ aufsehen- und diskussionswürdigen Stoff von besonders medialem Interesse. So geht Business in den Top-Regionen. Rein musikalisch gesehen, durchaus mit das packendste und beste Album seiner Karriere. 

Broken Bow Records (2023)
Stil: New Country

01. Tough Crowd
02. Let Your Boys Be Country
03. Knew You’d Come Around
04. Hungover In A Hotel
05. Try That In A Small Town
06. Whiskey Drink
07. Whose Rearview
08. I’m Over You
09. Rather Watch You
10. Breakup Breakdown
11. Get Away From You
12. Changing Bars
13. From This Beer On
14. Highway Desperado

Jason Aldean
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Dustin Lynch – Killed The Cowboy – CD-Review

Der einst von Justin Moores Manager entdeckte Dustin Lynch hat seit seinem Einstieg in die New Country-Szene mit seinem nach sich selbst betitelten Nr.1-Album , bis zum heutigen Tage eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Alle vier Nachfolger landeten unter den Top-10, beziehungsweise Top-5 in den Billboard Country-Charts, lediglich das letzte „Blue In The Sky“ musste sich mit Platz 9 begnügen, obwohl es mit „Thinking ‚Bout You“ wohl Dustins bis dato größten Singleerfolg hervorbrachte.

Der beim arrivierten Broken Bow Records-Label (beherbergen u. a.  auch Jason Aldean, Lainey Wilson, Parmalee, Chase Rice) unter Vertrag stehende Künstler bringt jetzt mit „Killed The Cowboy“ seinen 6. Longplayer auf den Markt. Bei knapp der Hälfte der Tracks war er diesmal als Mitsongschreiber beteiligt, ihm zur Seite standen viele Namen, die man in Nashville immer wieder in den Credits wiederfindet und auch Zach Crowell als involvierter Produzent und Songwriter ist natürlich eine Hausnummer.

Auch auf dem neuen Werk präsentiert sich der Protagonist, wie ich ihn seit Beginn an kenne: Ausdrucksstarke Stimme, gut ins Ohr gehende, knackige, zum Teil auch launige  New Countrytracks (u. a. „Honky Tonk Heartbreaker„, „If I Stop Drinkin’, „Breakin’ Up Down“, das herrlich 90er-umwehte „Trouble With This Truck“), ein paar pathetisch performte Midtempotracks und Powerballaden (u. a. „George Strait Jr.“, „Lone Star“, „Long Way Home“), wobei hier die Übergänge zum Teil als fließend charakterisiert werden können.

Mit dem Opener und Titelsong „Killed The Cowboy“ zugleich offeriert Lynch direkt, wie heute eine Modern Day Cowboy Ballade zu klingen hat. Starker Auftakt. Auch das folgende „Honky Tonk Heartbreaker“ mit seinem partytauglichen Text („… Do you like tequila?, She said that’s my middle name…“, Refrain: „I think she might be a honky tonk heartbreaker, she’s gonna hurt somebody up in this bar, I think she might be a honky tonk heartbreaker, lucky for me, I got a honky tonk heart!“), und besonders das tolle „Chevrolet“, bei dem die ebenfalls beim Label angebundenen Jelly Roll gesanglich mit von der Partie sind, sowie die erwähnten „Trouble With This Truck“ (herrlich shufflige Retro E-Rhythmus-Gitarre und Solo), und die ruhigeren „Lone Star“ und „Long Way Home“ gegen Ende, wissen bei mir persönlich zu gefallen.

Es gibt natürlich auch ein paar Soundspielereien (Loops und Voice-Effekte), auf die in Nashville aktuell scheinbar immer noch nicht verzichtet werden kann, aber als wirklich störend kann man das wirklich nicht bezeichnen. Insgesamt lässt Grand Ole Opry-Mitglied Dustin Lynch mit „Killed The Cowboy“ diesmal sehr akzentuiert seine Muskeln spielen, sendet aber die klare Botschaft aus, dass sein Platz in der Riege der bekannten Mitstreiter seiner Art wie Jason Aldean, Brantley Gilbert, Justin Moore & Co. weiterhin nicht anfechtbar ist.

Broken Bow Records (2023)
Stil: New Country

01. Killed The Cowboy
02. Honky Tonk Heartbreaker
03. George Strait Jr.
04. Chevrolet (feat. Jelly Roll)
05. If I Stop Drinkin’
06. Only Girl In This Town
07. Breakin’ Up Down
08. Trouble With This Truck
09. Blue Lights
10. Lone Star
11. Listen To The Radio
12. Long Way Home

Dustin Lynch
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Lime Tree Music

Dan + Shay – Bigger Houses – CD-Review

New Country-Duos haben eigentlich immer klasse Karten in Nashville, sofern Sie sich als substantiell und nachhaltig erweisen, als auch mit guter Strategie unterwegs sind. Montgomery Gentry, Brooks & Dunn oder Big & Rich aus eher schon vergangener Zeit, Florida Georgia Line, die Brothers Osborne, Maddie & Tae und eben auch Dan + Shay dienen als Vorzeigebeispiele aus jüngeren Tagen.

Dan Smyers und Shay Mooney machen nunmehr seit zehn Jahren als Duo zusammen Musik und haben in der Zeit mehr als 11 Milliarden Streams, insgesamt 49 Platin- und Gold-Zertifizierungen allein in den USA aufzuweisen und mehrere internationale #1-Singles sowie Auszeichnungen en masse angehäuft.

Im kommenden Frühjahr werden sie dann sogar als Coaches in der 25. Staffel der Emmy-ausgezeichneten Sendung „The Voice“ in den Staaten mitwirken. Als erstes Coaching-Duo in der Geschichte der Sendung werden sie neben Reba McEntire, John Legend und Chance the Rapper zu sehen sein.

Nun bringen sie mit „Bigger Houses“ ihren 5. Longplayer auf den Markt. Auch dieser lässt in Sachen Hitpotential keine Wünsche offen, jeder Song der insgesamt 12 vertretenen Tracks ist tatsächlich ein weiterer Hitkandidat! Klar, dass bei Ihnen die Kernkompetenz in den Lead- und Harmoniegesangskünsten liegt, ich habe allerdings selten ein Werk zu Ohren bekommen, wo Country- und Pop-Elemente so exzellent verschmelzen, ohne auch nur den geringsten Vorwurf der Berechenbarkeit aufkommen zu lassen.

Das ist in erster Line auch ein Verdienst der Nashville-Studio-Musiker, die eine wunderbar leichtverträgliche Musikkost mit fluffigen Melodien und Refrains avisieren und die countrytypischen Instrumente wie Fiddle Steel, HT-Piano, Bariton-E-Gitarren Dobro oder Mandoline absolut fein dosiert mit einfließen lassen.

Am Ende bekommt man ein Konglomerat, das dezent in Eagles-/Midland-Arealen („Heartbreak On The Map“, „Neon Cowgirls“, „Bigger Houses“) wildert, aber überwiegend den einstigen Glanz der Rascal Flatts ganz stark wieder aufleben lässt.

Auch wenn das reine Coverbild was Anderes suggeriert, Dan + Shay lieben es scheinbar gerne ‚big‘. „Bigger Houses“ wir in diesem Jahr einer der ganz großen Abräumer werden. Absolut hochwertiger Countrypop, der einfach gute Laune macht. Mit das beste Album in ihrer bisherigen Karriere.

Warner Music (2023)
Stil: New Country

01. Breakin‘ Up With A Broken Heart
02. Save Me The Trouble
03. Heartbreak On The Map
04. Always Gonna Be
05. For The Both Of Us
06. Then Again
07. Heaven + Back
08. What Took You So Long
09. Missing Someone
10. We Should Get Married
11. Neon Cowgirls
12. Bigger Houses

Dan + Shay
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Oktober Promotion

Joshua Ray Walker – What Is It Even? – CD-Review

Wenn man auf dem Coverbild dieses androgyn anmutende Schwergewicht sieht und ihn dann beim Opener seines neuen Albus „What It is Even?“ voller Inbrunst und Herzschmerz „I’m Crying cuz I love you!“, Mark und Bein erschütternd, jauchzen hört, bevor dann die Instrumente einsetzen, ahnt man sofort, dass man es nicht mit einem alltäglichen Review zu tun bekommt.

Nach drei eigenständigen Werken, hat sich der 1991 in Dallas, Texas, geborene Joshua Ray Walker, der vom US-amerikanischen Rolling Stone zum „faszinierendsten jungen Songwriter der Country-Musik“ bezeichnet worden ist, entschieden, ein komplettes Cover-Werk mit Songs seiner weiblichen Lieblingsinterpreten zu veröffentlichen. Die Idee kam auf der Terrasse der Mercury Lounge in Tulsa, Oklahoma, als er und sein Drummer Trey Pendergrass darüber sinnierten, wie wohl Whitney Houstons „I Wanna Dance With Somebody“ in einer Version der Blues Brothers umgesetzt worden wäre.

Und so hat er sich an elf, mir mehr oder weniger bekannte Tracks, weiblicher Protagonisten aus der Pop- und Countryszene herangewagt und dies, um es vorweg zu nehmen,  mit einem überaus gelungenen Ergebnis, da hier der Anspruch omnipräsent erscheint, jedem Song ein wirklich neues ‚Gesicht‘ zu geben.

Es macht regelrecht Spaß, die Originale mit der Walker-Version zu vergleichen. Auch  wenn der wahrlich gute Auftaktsong dem Rap-Touch des Lizzo-Originals in seiner blues-souligen Variante, trotzdem nicht ganz das Wasser reichen kann, überzeugt schon das nachfolgende „Linger“ (The Cranberries) mit einer Midland-mäßigen Countryschnulze, herrlich ist hier besonders die Flöten-/Stil-Kombination im Soloteil. In die gleiche Richtung gehen dann Sachen wie Chers „Believe“, LeAnn Rimes‚ „Blue“ und die zum Original stark abweichende Fassung von „Goodbye Horses“ (Q Lazarus).

Traurige Aktualität bekommt natürlich, angesichts des Todes von Sinéad O’Connors vor ein paar Tagen, „Nothing Compares 2 U“, das recht poppig belassen wurde. Kommen wir zu den markantesten und gelungensten Liedern. Grandios wie aus der „Cheap Thrills“-Dancefloor-Nummer Sias hier ein zünftiger Tex-Mex-Western-Schunkler gezaubert wurde. Dolly Partons Heuler „Joshua“ wurde in ein swampiges Country-Stück mit Cash-Note modifiziert.

Um den R&B-Schmuse-Song „Halo“ in eine derartig zünftige Bluegrass-Uptempo-Nummer zu verwandeln, gehört schon viel Kreativität und musikalische Klasse, da wird der guten Beyoncé, falls sie den Song mal zu Gehör bekommen sollte, vermutlich direkt die Schminke aus ihrem hübschen Gesicht fallen. Das abschließende pianogetränkte „Samson“ (Regina Spektor) bekommt durch den männlichen Gesang eine dezente Elton John-Note.

Ach ja, und dann wäre ja noch das eingangs beschriebene „I Wanna Dance With Somebody“ von Whitney Houston. Es hat tatsächlich den souligen Uptempo-Drive der Blues Brothers und ein bisschen Steel-Gitarre  wurde auch noch inkludiert, und ist somit eine ebenso spaßige Angelegenheit, die das lohnenswerte Gesamtwerk „“What It is Even?“ endgültig abrundet.

Ab dem 11. August begibt sich Joshua Ray Walker auf seine erste Headline-Tour durch Europa und Großbritannien, die ihn in unseren Sphären auch ins Blue Shell nach Köln führen wird.

Anbei Tourdaten:

11. August – Kristiansand, Norwegen – Vaktbua
13. August – Oslo, Norwegen – Cosmopolite Scene
14. August – Trondheim, Norwegen – Trykkeriet
15. August – Bergen, Norwegen – Ole Bull
17. August – Stavanger, Norwegen – Tou Scene
18. August – Bodø, Norwegen – Parkenfestivalen
20. August – Stockholm, Schweden – Rootsy Live Stockholm
22. August – Göteborg, Schweden – Pustervik
23. August – Malmö, Schweden – Folk å Rock
25-26.August – Kopenhagen, Dänemark – Tønder
27.August – Lutterworth, UK – The Long Road
28. August – Hamburg, Deutschland – Nachtwache
30. August – Nijmegen, Die Niederlande – Merleyn
31. August – Amsterdam, Die Niederlande – Het Zonnehuis
02. September – London, UK – Oslo Hackney
03. September – Newcastle, UK – The Cluny 2
04. September – Glasgow, UK – The Hug and Pint
05. September – Manchester, UK – The Deaf Institute
06. September – Brighton, UK – The Prince Albert
08. September – Köln, Deutschland – Blue Shell
09. September – Enschede, Die Niederlande – Tuckerville
10. September – Berlin, Deutschland – PRIVATCLUB

Soundly Music (2023)
Stil: New Country & More

01. Cuz I Love You
02. Linger
03. I Wanna Dance With Somebody
04. Believe
05. Cheap Thrills
06. Blue
07. Goodbye Horses
08. Nothing Compares 2 U
09. Joshua
10. Halo
11. Samson

Joshua Ray Walker
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Lime Tree Music

Lori McKenna – 1988 – CD-Review

Nachdem Lori McKenna auf ihrem letzten Album „The Balladeer“ eher die typische Singer-/Songwriter-Klientel bedient hatte, nimmt sie drei Jahre später mit ihrem neuen Werk „1988“ wieder mehr Kurs in Americana-/roots-rockigere Gefilde. Das Album hat sie nach dem Jahr benannt, in dem sie mit ihrem Mann Gene das Ehebündnis geschlossen hat. Beide sind heute noch verheiratet und haben fünf Kinder.

Ja, beim Titel „1988“ denkt man natürlich automatisch daran, wie das Jahr damals persönlich für einen selbst gelaufen ist und ich muss schon etwas innerlich recherchieren, bis man es wieder halbwegs einordnen kann. 5 Jahre nach meinem Abitur im Jahr 1983, trafen wir uns alle erstmalig wieder zu einer gemeinsamen Feier (ich fristete zu dieser Zeit  noch dem Junggesellendasein), eine Tradition die wir von da an alle 5 Jahre bis zum heuteigen Tag fortführen, im kommenden November sind es dann 40 Jahre, unfassbar…

Sportlich hatte ich mit zwei erfolgreichen Tischtennis-Bundesliga-Saisons (83/84 und 86/87) bereits den Zenit meiner Karriere überschritten, auch wenn es mir drei Jahre später 1990 noch gelang, in der 2. Bundesliga eine komplette ungeschlagene Halbserie mit 17 siegreichen Spielen in Folge hinzulegen, was von keinem Spieler mehr in den zehn folgenden Jahren bis zu meinem Ausscheiden aus dem höherklassigen Ballsport wiederholt werden konnte.

Beruflich befand ich mich nach Wehrdienst in der Sportfördergruppe in Köln, Ausbildung zum Industriekaufmann in Paderborn noch in der Findungsphase, bis ich 1991 dann im Medienbusiness gelandet bin, dem ich bis zum heutigen Tage noch verbandelt bin.

Musikalisch fördert meine LP-/CD-Sammlung nicht viel  im Jahr 1988 Herausragendes zu Tage, der Southern Rock wurde mit dem Einzug von Synthesizer-Klängen zum Teil übel kommerzialisiert (u. a. 38 Special „Rock’N’Roll Stragedy“,  Outlaws „Soldiers Of Fortune“), so würde ich hier das Debüt von Melissa Etheridge, „Long Cold Winter“ von Cinderella und die wohl eher unbekanntere Scheibe „Memory In The Making“ von einem John Kilzer als Highlights in der Retrospektive hervorheben.

2005 hatte ich dann mal das Vergnügen, die Grammy-dekorierte Protagonistin beim Blue Highways Festival (u. a. mit Interpreten wie Bernie Leadon, Jim Lauderdale, Son Volt, Kelly Willis und Chuck Prophet) im kleinen Saal der Vredenburg in Utrecht live erleben zu dürfen.

Schon damals konnte man ihr Potential als brillante Songwriterin erahnen, was nicht zuletzt durch unzählige Credits für Stars der New Country-Szene wie u. a. Faith Hill, Sara Evans, Tim McGraw, Keith Urban, Little Big Town, Carrie Underwood, Taylor Swift und sogar auch für Lady Gaga in vermutlich finanzielle Unabhängigkeit mündete.

So kann sich Lori im Rahmen ihrer eigenen Musikveröffentlichungen ein gewisses Maß an Entscheidungsfreiheit gönnen, diesmal also, wie anfangs erwähnt, etwas roots-rockiger im Ambiente. So dominieren Gesang, Akustik- und typisch gespielte E-Gitarren samt Bass- und Drum-Rhythmus-Grundlage das Geschehen, ganz dezent klingen auch mal Organtöne durch.

Die Texte mit den eingängigen Refrains sind gewohnt intelligent und überwiegend autobiografisch angefärbt, die Musik hat was von den Chicks (auch der Stimmähnlichkeit zu Natalie Maines geschuldet – „The Old Woman In Me“, „Happy Children“), Sheryl Crow (u. a. „Killing Me“), einem weiblichen Will Hoge („Days Are A Honey“, „The Town In Your Heart“), Miranda Lambert („1988“) oder auch viel unterschwelliges Tracy Chapman-Flair („Growing Up“, „Wonder Drug“, „Letting People Down“) und weiß bis zum ultimativen Abschluss, dem schmerzhaften „The Tunnel“ durchgehend zu begeistern.

“I like doing solo shows, but I really like it when we’re all together, That’s another reason why this record sounds the way it does. I really wanted it to sound like a band, because it’s so fun to play live that way“, so McKenna zu ihrem neuen, von Dave Cobb produzierten und mit eingespielten neuen Werk „1988“.  Die Zielvorgabe ist aus meiner Sicht perfekt umgesetzt! Mit das stärkste Album ihrer Karriere!

CN Records-Thirty Tigers/Membran (2023)
Stil: Americana

Tracks:
01. The Old Woman In Me
02. Happy Children
03. Killing Me (feat. Hillary Lindsey)
04. Days Are A Honey
05. 1988
06. Growing Up
07. Wonder Drug
08. The Town In Your Heart
09. Letting People Down
10. The Tunnel

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Thirty Tigers
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Bailey Zimmerman – Religiously – CD-Review

Ich glaube bei jedem interessierten Musikhörer, natürlich auch bei mir, ist es ein natürlicher Reflex, beim Auftauchen des Namen Zimmerman, spontan an Bob Dylan zu denken. Um direkt die Antwort in diesem Fall hier zu geben, bei Bailey Zimmerman handelt es es sich nicht um einen Nachfahren des berühmten Singer/Songwriters, sondern um den Sohn einer Autoverkäuferfamilie aus Louisville, einer Kleinstadt in Illinois.

Baileys Werdegang verlief über einen Job in einer Metzgerei („da habe ich gelernt, Rehe zu häuten“), auf dem Bau einer Gaspipeline und das in die Wiege gelegte Veredeln von Pickup-Fahrzeugen. Also nix mit Vitamin-B-geförderter Karriere, Musik wurde nur mal so nebenbei gemacht. Die befreundete Trucker-Gemeinde (für die er oft auftrat) gab dann den entscheidenden Anstoß für seine Karriere.

Ein ins Netz gestellter Song, geschrieben mit seinem Freund Gavin Lucas, ging mithilfe dieser Trucker-Fans viral, und seitdem überschlugen sich die Ereignisse. Major-Vertrag mit Warner Music, die Debüt-EP „Leave The Light On“ samt erfolgreicher Singles war in den USA 2022  das meist gestreamte Country-Debüt aller Zeiten und genreübergreifend das am häufigsten gestreamte Debüt des Jahres.

Amazon Music erkor ihn im Jahr 2022 zum “Artist to Watch” , YouTube dekorierte ihn 2022 zum “Trending Artist on the Rise” und Billboard zeichnete  ihn mit dem “Country Rookie of the Month” aus. Jetzt gibt es folgerichtig das Debütalbum „Religiously“ mit satten 16 Songs.

Beim Blick in die Credits fällt sofort auf, dass sowohl beim Songwriting (Bailey hat die meisten Stücke mit geschrieben) als auch bei der musikalischen Umsetzung (überragend hier der omnipräsente Tim Galloway – acoustic guitar all tracks;, banjo tracks 1–4, 6, 8, 12, 13, 15, 16; bouzouki  tracks 1, 2, 10, 11, 14, 15; electric guitar tracks 1–5, 9–11, 13, 15, 16; mandolin tracks 3, 10, 14, 15); slide guitar track 3, dobro track 13, bass guitar track 16) viele Namen auftauchen, die man bis dato bei Alben der Nashville-Zunft eher selten wahrgenommen hat, was der Sache allerdings überhaupt keinen Abbruch tut.

Ganz im Gegenteil hier spürt man an allen Ecken und Enden, dass man das bisherige Nashville-Etablissement ordentlich aufmischen möchte. Zimmerman brilliert von Beginn an beim emotional gesungenen Titellied mit seiner ausdrucksstarken rauchigen Stimme, die von Produzent Austin Shawn (wieder so eine eher unbekannte Person) herrlich transparent und klar in Szene gesetzten Instrumente sind eine Wonne für’s Gehör.

Spätestens beim folgenden, mit epischer Note versehenen „Warzone“ (erinnert an Skynyrds „The Last Rebel“) hat man den Protagonisten schon ins Herz geschlossen. „Fix’n To Break“ klingt so, als wenn Bryan Adams ins New Country-Milieu gewechselt wäre. Und so gibt sich ein Track nach dem anderen bis zum finalen Ohrwurm „Is This Really Over?“ die Klinke in die Hand, und man fragt sich nach knapp 53 kurzweiligen Minuten, ob tatsächlich schon Schluss ist.

Am Ende kann man den momentanen Hype um den Youngster absolut nachvollziehen. Eine weitere Auszeichnung, nämlich der des ‚Sounds Of South-Newcomer des Jahres 2023‘, dürfte ihm so gut wie sicher sein. Bailey Zimmerman liefert mit „Religiously“ eine deutliche Kampfanasage an die derzeit dominierenden Kollegen wie Morgan Wallen, Luke Combs, Brantley Gilbert, Jason Aldean & Co. Auch, wenn man es sicher nicht vergleichen kann,  zumindest vom Erfolg her, hat er das damalige Debüt des großen Bob Dylan erstmal klar in die Tasche gesteckt…

Elektra Nashville / Warner (2023)
Stil: New Country

Tracks:
01. Religiously
02. Warzone
03. Fix’n To Break
04. Forget About You
05. Chase Her
06. FallIin Love
07. You Don’t Want That Smoke
08. Found Your Love
09. Rock Aand A Hard Place
10. Other Side Of Lettin‘ Go
11. Pain Won’t Last
12. Where It Ends
13. God’s Gonna Cut You Down
14. Fadeaway
15. Get To Gettin‘ Gone
16. Is This Really Over?

Bailey Zimmerman
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Oktober Promotion

Kip Moore – Support: Jillian Jacqueline – 14.05.2023, Kantine, Köln – Konzertbericht

Sound Of Nashville-Time in der Kölner Kantine. Sonnyboy Kip Moore hatte sich mit Band zum ersten Mal in seiner Karriere in der Domstadt angesagt und auch noch die Künstlerkollegin Jillian Jacqueline als Support mitgebracht.

Die Kantine war an diesem Sonntag-Abend rappelvoll und, was sofort auffiel, sehr schön mit jüngeren und älteren Menschen durchmischt, die aktuelle New Countrymusik scheint, im Gegensatz zu vielen anderen Musikrichtungen, generationenübergreifende Wirkung zu entfalten.

Pünktlich um 19:00 Uhr betrat dann die von Kenny Rodgers entdeckte Jillian Jacqueline die Bühne, die schon mit vielen klangvollen Namen wie u. a. Billy Dean, Susy Boguss, Vince Gill, Keith Urban oder Richard Marx zusammengearbeitet hat.

Ihr reizender Charme und auch die mittlerweile gesammelte Routine half ihr, die Aufgabe, ganz allein, nur mit der Akustikgitarre behangen, in einer guten halben Stunde, die Leute auf den Protagonisten einzustimmen, problemlos zu bewältigen.

Mit toller Stimme, humorvollen Ansagen (u a. über ihre Ehe) und klarem Gitarrensound, hatte sie mit älteren Stücken wie  „Hate Me“, „Sugar And Salt“, „God Bless This Mess“ und „Better With A Broken Heart“, „Bandwagon“ und „Hurt Somebody“ (alle drei vom aktuellen Longplayer „Honestly“) schnell die Audienz auf ihre Seite gezogen und  reichhaltigen Applaus für sich eingeheimst.

Eine halbe Stunde später ging es dann mit  Kip Moore und seiner Band nach einem stimmungs- und lichtintensiven Einspieler direkt mit dem Titelstück des neuen Albums „Damn Love“ sehr poppig los. Mit „Bittersweet Company“ wurde dann der Bogen aber sofort zu einem bunten Mix aus Heartland Rock (Bruce Springsteen, Bryan Adams & Co. ließen zum Teil grüßen), knackigem und balladeskem New Country als auch zum Southern Rock gespannt.

Kip und seinem spielfreudigen Ensemble merkte man richtig an, dass sie an diesem Abend ordentlich Lust hatten, hier einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. So gab er sich äußerst kommunikativ zwischen den Tracks, sang sich förmlich die Seele aus dem Leib und wusste auch mit wechselndem Gitarrenspiel (elektrisch und akustisch) zu überzeugen.

Dabei ließ er auch seinen Mitspielern immer wieder Raum, um sich mit dem einen oder anderen Solo zu ‚zeigen‘. Gut gefiel mir die sich schön aufbauende Setliste, die erheblich dazu beitrug, dass sich die Stimmung überaus dynamisch auflud.

Songs wie „Plead the Fifth“, „Reckless (Still Growin‘ Up)“, „Beer Money“ und „Red White Blue Jean American Dream“ bildeten eine erste Zwischen-Hochphase., die mit dem mir besonders zuträglichen southern-countryesken „Kinda Bar“ (mit schönem Slide“) weitergeführt wurde.

Spätestens ab „Heart’s Desire“, dem Moore-Paradestück „Somethin‘ ‚Bout A Truck“, dem im Schlussteil ungemein wuchtigen „Come and Get It“ (Hammer-Instrumentalausklang!), sowie der New Country-Hymne „Last Shot“, war es eine einzige Party, bei der es kein Halten mehr gab. „Micky’s Bar“ rahmte das neue Album  „Damn Love“ als Abschluss des Hauptteils melancholisch ein.

Bei der ersten Zugabe „Silver & Gold“ ging es noch mal flott ab, die episch anmutende Southern Rock-Ballade „The Guitar Slinger“ (mein Lieblingsstück des Gigs) bildete dann den krönenden Abschluss. eines insgesamt begeisternden Konzerts, bei dem vielleicht nur der zu viel laute Drumsound (erschlug teilweise die Transparenz der E-Gitarren) etwas besser eingestellt hätte werden können.

Ansonsten hinterließ Kip Moore mit seiner Truppe eine glänzende Visitenkarte, bei dem die Ankündigung, auf jeden Fall wieder nach Köln zurückzukehren, mit viel Wohlwollen aufgenommen wurde. Es dürfte dann von der Location her in größere Gefilde gehen. Insgesamt ein toller Sonntag-Abend!

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Semmel Concerts Entertainment GmbH
Kantine, Köln