Ich muss gestehen, dass ich lange Zeit mit traditioneller Country-Musik nur wenig anfangen konnte, besonders was die Zeiten betraf, bevor Garth Brooks So Glanzvoll in Erscheinung trat. Das hat sich mit fortschreitenden Jahren deutlich geändert, wobei ich mich frage, ob ich mittlerweile tatsächlich alt geworden bin.
In Wahrheit liegt es aber daran , dass viele Scheiben und Produktionen heute nicht mehr so altbacken klingen und die instrumentelle Umsetzung sowie die federführenden Interpreten deutlich eingängiger daherkommen. Ein gutes Beispiel dafür sind The Doohickeys. Hinter dem Namen verbirgt sich ein medienerprobtes Duo, bestehend aus Haley Spence Brown und Jack Hackett, das sich bei Arbeiten für das TV-Satire-Magazin der University Of California kennengelernt hatte und auf einer Halloween Party seine gemeinsamen musikalischen Interessen entdeckt hatte.
Mit “All Hat, No Cattle” bringen sie jetzt ihr Debütalbum heraus, nachdem sie mit Songs wie dem country-rockigen Opener “Rein It In Cowboy”, dem Titelsong und „This Town Sucks“ sowohl bei Auftritten, social media-mäßig, als auch in Kontest-Hinsichten, bereits großes Aufsehen erregt hatten.
Und auch meine Wenigkeit attestiert ihnen ein großartiges Erstwerk, das von Anfang bis Ende einen Hörgenuss mit viel Spaß (klasse Texte, schade, dass es nicht noch für ein kleines Steckfaltblatt im DigiPak gereicht hat), stimmlicher und musikalischer Abwechslung sowie instrumenteller Feinheiten bietet. Da sind zum einen der Wechsel von weiblichen und männlichen Leadgesang in allen Variationen (dazu in klasse Harmoniegesänge mündend), als auch die wunderbar satirischen, kritischen, oft auch mit sympathischer Selbstironie angelegten Texte, wie man es auch schon bei vielen Titeln wie „Too Ugly To HItchhike“, “All Hat, No Cattle” oder „I Wish My Truck Was Bigger“ direkt erahnen kann.
Letztgenannter Track beschreibt schön einen gewissen Neid, den man in unseren Sphären gewissen männlichen SUV-Fahrern zuschreibt, die beiden gehen hier sogar noch etwas weiter, was die Art des Fahrzeugs betrifft, in Amerika denkt man ja schon seit je her etwas größer… Klasse auch, wie im abschließenden „City Folk“, gemeine Städter humorvoll mit ihren Countrywurzeln in Einklang gebracht werden.
Ganz stark auf dem von Eric Corne produzierten Werk sind vor allem die vielen instrumentellen Feinheiten (Fiddle, viel weinende und leiernde Steel, klare Akustik- und E-Gitarren) der involvierten Musiker (u. a. Adam Arcos, Matt, Tecu, Jordan Bush, Aubrey Richmond, Eugen Edwars), die sehr modern und transparent zum Vorschein kommen. So erhält man am Ende einen sehr abwechslungsreichen Mix aus Country-rockigen, zum Teil mit dezenten Southern Rock-Anleihen, flotten Bakersfield- als auch typischem Storytelling-Country.
Am Ende ist es den Doohickeys mit ihrem Debüt „All Hat, No Cattle“ eindrucksvoll gelungen, mit traditionell gehaltenem Country, den reviewenden Stadtmenschen hier, der bis dato Rinder nur vom Sehen und auf dem Teller kennt, den imaginären (Cowboy-) Hut ehrfurchtsvoll ziehen zu lassen. Eine tolle Überraschungsscheibe am Ende des Jahres, die als klarer Kauftipp attestiert wird!
Forty Delow Records (2024)
Stil: Country
01. Rein It In Cowboy
02. Can’t Beat My Ol‘ Beater
03. This Town Sucks
04. I Don’t Give A Damn About Football
05. I Wish My Truck Was Bigger
06. Farm Lawyer
07. Mr. Fix It
08. Too Ugly To HItchhike
09. All Hat, No Cattle
10. Please Tell Me You’re Sleepin‘
11. You Can’t Dance
12. City Folk