Whiskey Myers – Tornillo – CD-Review

Ich muss zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich Whiskey Myers bis dato im Southern Rock-Genre nicht so gebührend auf dem Schirm hatte, wie es hätte sein sollte. Klar, wir haben hier über ihre CD „Mud“ berichtet und auch schon ein kurzes Interview gemacht und die meisten ihrer Werke besitze ich auch, aber so ist zum Beispiel ihr letztes Album in 2019, das immerhin Platz1 der Country Billboard Charts und Platz 6 der allgemeinen Charts erreicht hat, ein echter Durchbruch gewesen.

Fairerweise muss ich sagen, dass dieses auf den üblichen Kanälen, soweit ich mich erinnere, hier auch nicht angeboten worden war. Jetzt ist aber ihr neues Werk „Tornillo“ wieder in der Hand von unseren Freunden von Oktober Promotion gelandet und ich bin auch echt froh, dass es so gekommen ist. Eine Wahnsinnsscheibe!

Benannt ist sie nach der Stadt an der Grenze von Texas zu Mexico, die für ihr Auffanglager für minderjährige Mexikaner unrühmliche Schlagzeilen produziert hat. Whiskey Myers hatten den Longplayer, nur wenige Kilometer von  dort entfernt, 21 Tage isoliert im 2.300 Hektar großen Sonic Ranch Studio,  eingespielt.

Das Titelstück und der Opener zugleich, nur mit Trompeten gespielt, erinnert an Beerdigungsbegleitung und erscheint mir als Synonym für die dortigen bedrückenden Verhältnisse, mit kritischem Unterton behaftet zu sein. Apropos Bläser, die haben Whiskey Myers zum ersten Mal deutlich spürbar integriert. Allerdings ohne, dass es auf den Wecker geht, eher um sehr geschickt, ähnlich wie Lynyrd Skynyrd auch zum Teil sporadisch, den treibenden Groove der meisten Songs zu verstärken. Paradebespiel dafür ist das herrlich folgende „John Wayne“.

Gerade Skynyrd-Fans werden bei rassigen Songs wie „Feet’s“ (eine Art Mischung aus „MCA“, „T For Texas“ und „Smokestack Lightnin'“), „Mission To Mars“ (unterstützt vom Backgroundgesang der McCrary Sisters) und dem blues-rockigen „Bad Medicine“ (großartige E-Soli, starke BGVs wieder von den Schwestern) eine Träne im Auge verdrücken und sich fragen, ob ihre alten Helden, sich nochmals für ein letztes Album auf diesem Niveau aufraffen können.

Gegen Ende wird es besonders großartig. Bei „Heavy On Me“ klingt es wie eine Session zwischen den Stones und den Allman Brothers, „Other Side“ wirkt wie eine Southern Rock-Variante von „All Along The Watchtower“ und das schwermütige „Heart Of Stone“ setzt im Stile der ebenfalls für Furore sorgenden Kollegen von The Steel Woods, mit melancholischer Akustikgitarre, Mollpianotönen und grummelnden Streichern, ein weiteres eindrucksvolles Ausrufezeichen zum Abschluss der CD.

Mit „Tornillo“ ist Whiskey Myers ein echter Geniestreich gelungen. Man findet die Scheibe (ohne jeden kleinsten Durchhänger) mit jedem Hördurchgang immer noch ein Stückchen besser. Die Texaner um Sänger Cody Cannon setzen sich damit in diesem Jahr eindeutig an die Spitze des Southern Rock-Genres und sind bei mir persönlich ein ganz heißer Kandidat für das beste Album in 2022. Absoluter Kauftipp!

Label Wiggy Thump Records (2022)) 
Stil: Southern Rock

01. Tornillo
02. John Wayne
03. Antioch
04. Feet’s
05. Whole World Gone Crazy
06. For The Kid
07. The Wolf
08. Mission To Mars
09. Bad Medicine
10. Heavy On Me
11. Other Side
12. Heart Of Stone

Whiskey Myers
Whiskey Myers bei Facebook
Oktober Promotion