
Über den Sinn und Zweck, eine CD, die 2022 herausgekommen ist, nochmals unter einem anderen Titel in 2023 zu veröffentlichen, möchte ich mich hier garnicht auslassen.
Die CD „Keepin‘ It Hot“ von Jim Kahr wurde mir nach dem Gig der Tas Cru Band im Rheinberger to hoop mit der Bitte um Besprechung überreicht und im Rahmen meiner Berufsehre komme ich dem jetzt nach.
Weder die Vorveröffentlichung noch der Name Jim Kahr waren mir, Blues-Freunde und auch der Künstler selbst mögen es mir verzeihen, bis dato völlig unbekannt, somit kann ich recht unvoreingenommen an das Werk herangehen.
Die Recherche ergab, dass der Protagonist aus Chicago stammt und in der Vergangenheit schon mit klingenden Namen der Blues-Geschichte wie Jimmy Rodgers, Koko Taylor, Lightning Hopkins, Charlie Musselwhite und John Lee Hooker zusammengearbeitet hat.
Nach dem Hören machte sich sofort Erleichterung bei mir breit, die Scheibe, die insgesamt 13 Eigenkompositionen von Kahr und zwei modern umgesetzten Live-Coverversionen zweier Soul-Klassiker („Ain’t No Sunshine“ von Bill Withers und „It’s A Man’s World“ von James Brown in einer ausgiebigen 9-Minuten-Fassung) beinhaltet, kommt überhaupt nicht, wie befürchtet, altbacken daher, sondern bietet entspannte, sehr gut gespielte, ja, fast zeitlose Blues Rock-Atmosphäre zum Genießen im heimatlichen Wohnzimmer.
Nicht zuletzt auch ein Verdienst des mittlerweile verstorbenen, 7-fachen Grammy-Gewinners Jim Gaines, der hier als Produzent mit Hand angelegt hat. Kahr, der auf diesem Werk den Blues/Blues Rock in all seinen Facetten präsentiert, merkt man aufgrund der Songstrukturen an, dass er am Ende eher die Bühne, anstatt des Studios bevorzugt, meine ich jedenfalls herauszuhören.
Bestes Beispiel ist dafür schon der melodisch dahingroovende Opener „Big City Struggle“. Diesem tollen Song wird am Liedende durch einen irgendwie die Harmonie zerstörenden Rhythmuswechsel samt durchaus tollem, fast Southern Rock- kompatiblen E-Gitarren-Solo, die bis dato potentielle Radiotauglichkeit genommen. Ich hätte hier ‚Strophe-Refrain-songdienliches E-Gitarrensolo-Strophe-Refrain-Ende‘ als Aufbau gewählt.
Gut gefallen mir auch die immer wieder eingeflochtenen weiblichen Backgroundgesänge wie zum Beispiel beim Hammer-Slowblues „Hurtin‘ In The Morning“, mit dezentem progressiven Pink-Floyd-Touch im Solo-Part gegen Ende des Liedes.
Herrlich das fast schon Southern Rock-verwandte, aufmunternde „Better Days Are Comin'“. Auch der erneut sehr atmosphärische Slowblues „Got To Be A Way“ (wieder mit Southern-E-Solo am Ende) ist eine Songperle. Der verspielte launig-bumpige Titelsong mit scheppernden Drums und integriertem Bass-E-Gitarren-Schlagabtausch ist eigentlich eher was für eine Live-Performance.
Late-Night-Barroom-Atmosphäre im „Smooth Operator“-Ambiente versprüht das relaxte, Saxofon-bestückte „Listen To The Message“, ebenfalls ein Highlight des Werkes.
„Nothin‘ To Lose“ und das den Studioteil abschließende „Broken Man“ , beide mit schönen Akustikgitarren verziert, erbringen den Beweis, dass Kahr auch im bluesigen Countrymetier durchaus ansprechende Ideen vorzuweisen hat.
Gut, am Ende darf natürlich, wenn man sich schon im Blues-Genre bewegt und aus Chicago stammt, die heimatliche Huldigung nicht fehlen. Und dann ist sie auch präsent, meine geliebte nöhlige Harp bei „Chicago My Town“, für die Kahr mit Ron Sorin eine Koryphäe auf diesem Gebiet eingebunden hat.
Der Live-Part zum Schluss mit den bereits o. a. Stücken (hier sind andere Musiker involviert), offeriert dann Kahrs Passion für hingebungsvoll live gespielten Soul Blues. Danke an Jim Kahr-Deutschland-Betreuer Martin Scheschonka für die tolle Scheibe, die auch in Zukunft sicher mal öfter in meinem Player landen wird.
Pepper Cake / ZYX Music (2023)
Stil: Blues, Blues Rock
Tracks:
01. Big City Struggle
02. Wonderin‘ Why
03. With Somebody
04. Hurtin‘ In The Morning
05. Better Days Are Comin‘
06. Got To Be A Way
07. Keepin‘ It Hot
08. Listen To The Message
09. Landin‘ On You
10. Nothin‘ To Lose
11. Like The Way You Do
12. Chicago My Town
13. Broken Man
14. Ain’t No Sunshine (live)
15. It’s A Man’s World (live)