Ich habe immer so das Gefühl, dass die gediegene Blues-Klientel den Begriff ‚Weiterentwicklung‘ scheut, wie der Teufel das Weihwasser. Gerade im Fall Joe Bonamassa habe ich es schon so oft vernommen, dass alles, was der aus New York stammende Musik-Tausendsassa heute betreibt, reflexartig verdammt wird und auf seine (angeblich) brillanten Anfangstage verwiesen wird.
Ich persönlich sehe das allerdings komplett anders, ich finde, dass er sich, besonders seit seiner Zusammenarbeit mit Musikern der Nashville-Extraklasse-Garde und auch vor allem gesanglich deutlich gegenüber den Frühzeiten verbessert hat. Dazu verfolgte er von Beginn an, was ich als völlig legitim erachte, einen klaren Plan, sich mit seinem extravaganten Können und Talent, aus der Überschaubarkeit der kleinen und mittleren Locations herauszuspielen.
Und mit mir haben das scheinbar auch die am gestrigen Abend anwesenden ca. 4.500 Zuschauer in der ansprechend gefüllt aussehenden bestuhlten Lanxess-Arena so gesehen, die von der Altersstruktur sehr schön durchmischt gewesen ist. Heißt wohl, dass es Bonamassa mittlerweile gelingt, die in diesem Metier oft festgefahrenen Altersstrukturen zu durchbrechen und die Blues (Rock)-Musik auch für nachfolgende Generationen attraktiv zu gestalten. Von daher, aus meiner Sicht, alles richtig gemacht.
Der Gig an diesem Abend in der Domstadt, um es vorwegzunehmen, war absolut fantastisch, der bis dato eindeutig beste Auftritt, den ich von ihm plus seinem aktuellen Begleitensemble, bestehend aus der kräftigen Rhythmusfraktion Calvin Turner und Lamar Carter, den Backgroundsängerinnen Jade MacRae und Danniele De Andrea, sowie den etatmäßigen Begleitern Josh Smith und Reese Wynans, erlebt habe.
Wir hatten Plätze ganz vorne in der Nähe der Bühne, der Sound war wunderbar transparent. Joe wirkte von Beginn an locker wie nie, allein schon die beiden ruhigeren Sachen in der Anfangsphase „24 Hour Blues“ und „Self Inflicted Wounds“ waren phänomenal. Sehr stark präsent von Beginn an waren die beiden Backgroundsängerinnen, die mit ihrer ansteckenden Ausstrahlung und ihren kräftigen Vokalorganen einen herrlichen Counterpart zum Fronter abgaben.
Auch alle anderen Akteure wurden diesmal deutlich stärker eingebunden (der agile und viel Power gebende Carter mit Drumsolo innerhalb von“ Just Got Paid“, Altmeister Wynans mit Orgel- und HT-Soli (z. B. „Lazy Poker Blues“) sowie vielen gefühlvollen Untermalungen bei Joes Soli (grandios u. a. beim progressiven „The Last Matador Of Bayonne“) und sogar Rhythmusgitarrist Josh Smith konnte sich diesmal als Solist bei einigen Gelegenheiten profilieren („Self Inflicted Wounds“, „Shout About It“, „Lazy Poker Blues“, dazu schöne Twins mit Joe bei „Mountain Time“).
Joe selbst spielte sich, egal, ob auf den unterschiedlichen Gibson -oder Fendermodellen unterwegs, zum Teil in einen wahren Rausch und demonstrierte nachhaltig seine unglaubliche Fingerfertigkeit. In den ruhigeren Phasen seiner Soli (da erwies sich die Audienz erstaunlich empathisch, es waren überhaupt keine ‚Dazwischenquatscher‘ auszumachen) gab es mehrfach echte Gänsehautmomente.
Spätestens nach der Vorstellung der Band und den stehenden Ovationen der gesamten Arena für Reese Wynans (quasi für seine musikalische Lebensleistung), ging es dann stehend (viele strömten dann vorne an die Bühne) in eine fulminante Zweithälfte mit weiteren Highlightsongs wie „Heart That Never Waits“, „It Is Safe To Go Home“ und dem „Lazy Poker Blues“.
Der unterhaltsame Reigen der vielen, dem Blues angelehnten Stilen (klasse Songauswahl und auch -anordnung), die hier perfekt gemischt wurden, ging dann zum Ende in die Southern-Phase über, wo ZZ Tops „Just Got Paid“ mit einem nahezu infernalen Instrumentalteil geboten wurde, und mit dem Fan-Favoriten „Mountain Time“ (mit ABB-Flair), Wasser auf unsere speziellen Mühlen gegossen wurde.
Fazit: Auch wenn Eric Clapton zuschauertechnisch vielleicht momentan immer noch größeren Zuspruch im Genre genießen sollte, hat ‚Smokin‘ Joe‘ in aktiver, kreativer und spielerischer Hinsicht längst das Zepter im Blues-Olymp übernommen. Die reale Nummer 1 des 21. Jahrhunderts heißt demnach mittlerweile eindeutig Joe Bonamassa!
Vielen Dank an Mark Dehler von Netinfect Promotion, der uns dieses tolle Ereignis ermöglicht hat!
Line-up:
Joe Bonamassa (lead vocals, electric guitar)
Josh Smith (electric guitar)
Reese Wynans (keys)
Calvin Turner (bass)
Lamar Carter (drums)
Dannielle De Andrea (vocals)
Jade MacRae (vocals, percussion)
Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus
Joe Bonamassa
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Lanxess Arena, Köln