Joe Bonamassa – 29.04.2025, Rudolf-Weber-ARENA, Oberhausen – Konzertbericht

6.000 Besucher in der vollen Rudolf-Weber-ARENA zu Oberhausen sprechen eine deutliche Sprache. Joe Bonamassa hat sich mit harter, beharrlicher und vor allem kreativer Arbeit an die Spitze der Blues Rock-Champions-League gespielt und Größen wie z. B. Eric Clapton & Co., wenn man ehrlich ist, die mittlerweile nur noch von ihrem Ruhm vergangener Tage zehren, insgesamt gesehen, längst hinter sich gelassen.

Viele werfen ihm eine gewisse Sterilität, Unnahbarkeit und Berechenbarkeit in negativer Hinsicht vor, ich bin da allerdings anderer Meinung. Wenn ich zu seinen Konzerten innerhalb der Woche gehe, weiß ich, dass mir keine mittelklassige Vorband samt Umbaupause droht, die mir den Schlaf in der Nacht rauben wird, dass mich pünktlich ab 20:00 Uhr eine immer wieder variabel gestaltete Setlist und knapp zwei Stunden anspruchsvoll gestaltete Musik (meist inklusiv einer Zugabe) erwartet, präsentiert von absoluten Weltklasse-Musikern.  Um 22:00 Uhr ist Ende der Veranstaltung! Punkt! Man fährt zufrieden ab nach Hause, und ist einigermaßen ausgeschlafen wieder für den nächsten Tag im Beruf gewappnet.

Allein schon der Auftakt mit dem grandiosen, mir noch nicht bekannten „Hope You Realize It (Goodbye Again)“ war der Hammer, der alles beinhaltete, was das Können dieses hochklassigen Musikers und seines ihn umgebenden Kollektivs ausmacht:

Eine fulminante Rhythmusuntermalung mit dem groovenden Calvin Turner am Bass, dem kraftvoll polternden Drummer Lamar Carter, der sich brav als Zweitgitarristen unterordnende Josh Smith (insgesamt mit zwei Solopassagen im weiteren Verlauf), die herrlich frech singenden und agilen Backgroundröhren Dannielle De Andrea und Jade MacRae, die unverwüstliche Keyboard-Legende Reese Wynans mit schwurbelnder Orgel, tollem Piano und atmosphärischen Synthie-Klängen und natürlich der Protagonist himself mit unzähligen filigranen E-Gitarren-Solo-Ausflügen (an seinen vielen unterschiedlich genutzten Gitatrrenmodellen).

„Mit „Dust Bowl“ und dem herrlichen „Twenty-Four Blues“ war die Endorphine-Ausschüttung, bereits frühzeitig in beachtliche Regionen gelangt. Gleiches gilt für die grandiose, dezent progressive Ballade „Driving Towards The Daylight“, mit mein persönliches Highlight des Abends.

„The Last Matador Of Bayonne“ und das fantastisch groovende „The Heart That Never Waits“  waren die nächsten Knüller auf der Setlist. Auch Led Zeppelin– Nostalgiker kamen zum Ende auf ihre Kosten. Ohne die Background-Damen wurde „How Many More Times“ in der Bonamassa-Variante präsentiert, am Ende noch mit einem kurz-integrierten Freddie King-„The Hunter“-Intermezzo (wo Mac Rae und De Andrea wieder zurückkehrten) und einem energiegeladenen Power-Drum-Solo von Lamar Carter.

Die obligatorische 1-Song-Zugabe erfreute sicherlich dann auch noch die Southern Rock-Anhänger wie mich unter den Anwesenden. Der Bonamassa Fan-Favorit „Mountain Time“, besonders in Joes Soloeinlagen mit viel Marshall-Tucker– und Allman Brothers-Espirit, war ein perfekter Abschluss, der am Ende nochmals eindrucksvoll untermauerte, dass Joe Bonamassa im Blues Rock-Geschehen aktuell das Maß aller Dinge ist.

Vielen Dank an Mark Dehler von Netinfect Promotion, der uns erneut dieses tolle Ereignis ermöglicht hat!

Line-up:
Joe Bonamassa (lead vocals, electric guitar)
Josh Smith (electric guitar)
Reese Wynans (keys)
Calvin Turner (bass)
Lamar Carter (drums)
Dannielle De Andrea (vocals)
Jade MacRae (vocals, percussion)

Bild: Gernot Mangold (Archiv)
Text: Daniel Daus

Joe Bonamassa
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Netinfect Promotion
Rudolf-Weber ARENA, Oberhausen

Popa Chubby & Friends – I Love Freddie King – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Trotz einer seltenen Wirbelsäulenerkrankung meldet sich Popa Chubby mit einer Schar der besten Bluesgittaristen zurück, um gemeinsam mit Ihnen den großen Freddie King zu ehren und zu feiern.

Mit Beiträgen von Joe Bonamassa, Mike Zito, Christone ‘Kingfish’ Ingram, Eric Gales, Albert Castiglia, Arthur Neilson and V.D. King spielte er mit seiner Band (Mike Merrit – Bass, Andrei Koribanics III – Schlagzeug, Mike DiMeo – Keyboards, Harold Horowitz – Trompete, Curbs Hotgrefe – Tenor- und Baritonsaxophone und der Sängerin Eliza Neals) innerhalb von drei Tagen elf der großartigsten Stücke des 1976 viel zu früh verstorbenen Freddie King ein.

Mit dabei sind frühe Werke wie z. B. „Love Her With A Feeling“ von Kings aller erstem Album „Freddie King Sings“ oder mehrere Instrumentals von seinem 1961‘er Album „Let‘s Hide Away And Dance Away With Freddie King“.

Aber auch spätere Titel aus den Jahren 1971 bis 1974 („I‘m Going Down“, „My Credit Didn‘t Go Through“, „Big Legged Woman“, „She’s A Burglar“, „Pack It Up“ und „Same Old Blues“ haben Popa Chubby und seine All-Star-Gastgitarristen zu neuen Ehren verholfen.

Für Popa Chubby ist Freddie King laut eigenem Bekunden seine lebenslange Muse, deren Musik ihn für immer in seinen Bann gezogen hat. Diese Leidenschaft, gepaart mit dem außergewöhnlichen Talent seiner Gastmusiker, ließ so eine großartige Hommage an Freddie King entstehen.

„I Love Freddie King“ ist also ein Muss für alle Blues-Fans und Gitarrenliebhaber oder wie Popa Chubby es zusammenfasst: “I love Freddie King! We all love Freddie King“.

Gulf Coast Records (2025)
Stil: Blues Rock

Tracks:
1. I‘m Going Down feat. Joe Bonamassa
2. Love Her With A feeling feat. Albert Castiglia
3. My Credit Didn‘t Go Through feat. Eric Gales
4. Big legged Woman feat Christone ‚Kingfish‘ Ingram
5. She’s A Burglar feat. Mike Zito
6. Hideaway feat. Arthur Neilson
7. The Stumble feat. Albert Castaglia
8. San Ho Zay feat. Arthur Neilson
9. Pack It Up mit Popa Chubby und The East Band
10. Heads up feat. Arthur Neilson
11. Same Old Blues feat. V.D. King

Popa Chubby
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Janiva Magness – Back For Me – CD-Review

Oh, eine neue Scheibe von Kim Carnes dachte ich scherzhaft, als ich auf das CD-Cover mit der hellmähnigen Dame blickte, die uns unsere amerikanischen Freunde von Devious Planet mal wieder zum Besprechen gesendet hatte. Aber Scherz beiseite, hier handelte es sich natürlich nicht um die Künstlerin, die mit der Adaption von „Bette Davis Eyes“ einen One-Hit Wonder‘ schaffte, sondern um die mir bis dato, Asche auf mein Haupt, nicht bekannte Blues -Sängerin Janiva Magness, die ihr aber durchaus etwas ähnlich sieht und auch dezente stimmliche Parallelen aufweist.

„Back For Me“ heißt das neue Werk, das ausschließlich mit viel Feingefühl ausgesuchte Fremdkompositionen enthält (u. a. von Doyle Bramhall II und Bill Withers). Produziert hat es ihr Langzeitweggefährte Dave Darling, der hier auch Gitarre spielt und sporadisch mit Backing Vocals agiert.

Um sich haben die beiden mit Ian Walker (bass), W.F. Quinn Smith (drums) und Sascha Smith (keys) eine tolle Stammformation versammelt, die mit diversen zum Teil namhaften Gastmusikern veredelt wird.

Die vielfach Award-gekrönte Künstlerin wird direkt schon mit dem von Darling geschriebenen Opener „Masterpiece“ von keinem Geringeren als Joe Bonamassa und seiner Stempel-aufsetzenden E-Gitarren-Arbeit begleitet. „Ich habe schon eine Menge Fehler in meinem Leben gemacht, aber du bist mein Meisterstück“ singt sie hier mit von Selbsterkenntnis umwehter, wütender Stimme im Refrain.

Der direkt folgende Titelsong (mit einem Hauch von  „Purple Rain“-Spirit) ist eine großartige bluesige Ballade, bei der stimmlich Ähnlichkeiten zu Dale Krantz aufkommen, Toll hier die klirrenden E-Fills und das Southern Rock-trächtige Solo.  Gleiches gilt auch für die tolle Version von Doyle Bramhalls II „November“.

Das mit psychedelischer 70er-Note umwitterte „Holes“ enthält mit Sue Foley eine weitere Gitarren-Präsenz. „Southern-Fans dürften Spaß an „I Was Good To You Baby“ haben. Ein tolles HT-Piano Bridge mit Slide Solo und der rotzige wiederum Krantz-ähnliche Gesang lassen Erinnerungen an „One Good Man“ der Rosssington Collins Band aufkommen.

Von weiteren Zitaten und Reminszenzen an frühere Klassiker sind dann noch Tracks wie „Do I Need You“ (I Can’t Stand The Rain“) und das finale „Hittin‘ On Nothin'“ („Hit The Road Jack“) geprägt, letzteres mit Jesse Dayton als weiterem namhaften Gast an der E-Gitarre.

Es ist immer wieder erstaunlich, mit wieviel unbekannter Musik man trotz eines vermeintlich großen Backgrounds, immer wieder konfrontiert wird und positiv überrascht wird. Janiva Magness, die jetzt mit „Back For Me“ ihr bereits 17. Album herausbringt, zählt zweifellos dazu. 

Sollte sich der immense Backkatalog der Protagonistin auf ähnlich hervorragendem Niveau befinden, hat der geneigte Blues Rock-Fan, dem es so wie mir geht, noch ordentlich Recherche-Arbeit vor sich! Für „Back For Me“ gilt jedenfalls schonmal ‚magnessificent music‘!

bluélan Records (2025)
Stil: Blues Rock

Tracklist:
01. Masterpiece
02. Back For Me
03. The Same Love That Make Me Love
04. November
05. Holes
06. I Was Good To You Baby
07. You Can Bring Me Flowers
08. Down So Low
09. Do I Need You
10. Hittin‘ On Nothin‘

Janiva Magness
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Jade MacRae – In My Veins – Digital-CD-Review

Wer als Backgroundsängerin in Joe Bonamassas Band über Jahre hinweg erfolgreich partizipiert, ist, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, für deutlich mehr prädestiniert, als nur ein paar schöne laszive Aahs, Oohs oder Uuhs. Jade MacRae, die wir jetzt auch schon sehr oft live erlebt haben, zeigt als Fronterin auf ihrem neuen, nur digital veröffentlichen Studio-Album „In My Veins“, dass sie Gesangsblut in ihren Adern mitgegeben bekommen hat.

Nebenbei sei bemerkt, dass die Protagonistin übrigens auch einen Universitätsabschluss als Pianistin und Violinistin vom Sydney Conservatorium Of Music hat.

Die 10 Tracks hatten ihren Ursprung während der Pandemie-Zeit, wo sich jede Menge  innerlicher Frust angestaut hatte und wurden später mit Leuten wie Kirk Fletcher (Gitarre, u. a. Ex-Fabulous Thunderbirds, Eros Ramazotti) , Lachy Doley (Voc, Hammond u. a. Jimmy Barnes, Glenn Hughes), Mahalia Barnes (Voc, u. a. Joe Bonamassa Band, Tochter von Aussie-Rocklegende Jimmy Barnes), Karen Lee Andrews (australische Sängerin(Ms Murphy)) und Jades Eltern, der renommierten Jazz-Sängerin Joy Yates und Fusion/Modern Jazz-Pianist Dave MacRae,und auch von Joe Bonamassa weiterentwickelt.

Der Gitarrenmeister himself liefert dabei auf dem sicherlich stärksten Stück des Werkes, dem slow-bluesigen „Early In The Morning“ eine packendes E-Solo, dass der ohnehin schon fesselnden Atmosphäre im Verlauf noch weitere dramatische Tiefe vermittelt.

Weitere Anspieltipps meinerseits sind der lässig groovende Opener „Out Of Sight“, das heftig und aggressiv  dahingeschossene Soulfeuer in „Shots Fired“, aber natürlich auch die ruhigeren Sachen wie „Reckoning“, das anprangernde „How Can We Live“, in denen Jade ihre ganze emotionale Verzweiflung der Pandemiezeit stimmlich in ihre Songs einbringt sowie auch das finale famose „Better This Time“ mit dem fast improvisiert wirkenden Instrumentalteil im Endbereich des Tracks.

Joe Bonamassa beschreibt sie als eine der talentiertesten Musikerinnen, die er je getroffen habe und in dieser Kombination von Seelenfülle und technischer Gewandtheit nur sehr selten vorkommt. Jade MacRaes neues Album „In My Veins“ untermauert dieses Statement mit tollen, spannenden und abwechslungsreichen Songs, handelnd von von Selbstliebe, positivem Denken in einer Zeit generationen-übergreifender Panik, Optimismus und dem Triumph über das Grauen. Und das mit einer Stimme, die im Blues-Soul-Bereich ihresgleichen sucht.

Eigenproduktion (2024)
Stil: Blues, Soul & More

01. Out Of Sight
02. Rose Coloured Glasses
03.  Little Joy
04. Early In The Morning
05. Eyes To The Sky
06. Shots Fired
07. Reckoning
08. How  Can We Live
09. In My Veins
10. Better This Time

Jade MacRae
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Brooke Lynn Promotion

Robert Jon & The Wreck – Red Moon Rising – CD-Review

Über die Erfolgsgeschichte von Robert Jon & The Wreck hatte ich ja bereits anlässlich ihres letzten Auftritts in der Krefelder Kulturrampe ein wenig philosophiert, jetzt liefert das Quintett knapp zehn Monate später schon wieder mit „Red Moon Rising“ den nächsten Studio-Longplayer ab, diesmal sogar mit der für sie recht ungewöhnlich hohen Anzahl von zwölf Tracks.

Und selbstredend, wie kann es anders sein, begleitet von intensivem Touren in Europa, den Staaten und dann wieder in Europa. Ich stelle mir gerade vor, der öffentliche Apparat (bis auf ganz wenige Ausnahmen) in unserem Staate wäre einem so intensiven Arbeitsvolumen ausgesetzt, das ganze Land befände sich vermutlich aufgrund einer Massen-Burnout-Welle in kürzester Zeit verwaltungstechnisch auf dem Niveau von Haiti…

„In Qualität steckt das Wort ‚Qual‘!“ sagte einst Felix Magath, als er seine Schützlinge mit dem Medizinball um die Tartanbahn schickte. Die Promoter/Managements der Band hier in Europa und in den Staaten scheinen trotzdem immer wieder die richtige Balance in Sachen Belastung zu finden, um ihrer weiterhin ungehemmt erscheinenden positiven Kreativität nicht im Wege zustehen.

Beim neuen Album gefallen mir auf den ersten Blick schon das schöne atmosphärische Cover-Artwork, als auch das gelungene Wortspiel, sich vermutlich auf den alten CCR-Klassiker („Bad Moon Rising“) beziehend, auch wenn es laut Band um all den Glauben, die Mythen und Traditionen rund um den Blutmond geht, der Wiedergeburt und Veränderung symbolisiert.

Alles wirkt wieder sehr melodisch, auch bei den flotteren und härteren Sachen („Stone Cold Killer“, „Hold On„). Viele Keys-Varianten von Jake Abernathie, Harmoniegesänge, das auf den Punkt gebrachte E-Solo von Henry James (oft in der Slide-Variante), ab und zu mal Twins mit Leader Robert Jon, der über das gesangliche Zepter seine gewohnte Aura verbreitet, gehören diesmal zum Grundmuster. Dazu kommt der Rhythmus von Andrew Espantman und Warren Murrel auf gewohnt hohem Standard-Niveau.

Die durchgehend guten und abwechslungsreichen Tracks (keine Füller) kommen mir als Verfechter des 4-Minuten-Liedgutes besonders entgegen. Zu meinen Favoriten zählen u. a. das episch anmutende „Ballad Of A Broken Hearted Man„, der groovige Titelsong, der obligatorische Ohrwurm „Down No More“ (dezente Band Of Heathens-Note), die Allman-Brothers-umwehten „Worried Mind“ und „Give Love“ als auch der ‚Ted Nugent meets The Outlaws‚-Track „Rager“.

Produziert hat Kevin Shirley, veröffentlicht wird die Scheibe über Joe Bonamassas Journeyman Records. Man darf sich schon bald auf die Live-Präsentation der neuen Stücke freuen. Der nächste Schritt zu noch mehr Popularität ist gekonnt vollzogen!

Journeyman Records (2024)
Stil: Southern Rock

Tracks:
01. Stone Cold Killer
02. Trouble
03. Ballad Of A Broken Hearted Man
04. Red Moon Rising
05. Dragging Me Down
06. Hold On
07. Down No More
08. Help Yourself
09. Worried Mind
10. Give Love
11. Rager (CD Bonus Track)
12. Hate To See You Go (CD Bonus Track)

Robert Jon & The Wreck
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Another Dimension

Joe Bonamassa – Live At The Hollywood Bowl With Orchestra – BluRay-/CD-Review

Review: Jörg Schneider

Einmal im kultigen Hollywood Bowl aufzutreten, ist nach eigenem Bekennen schon immer der Traum von Joe Bonamassa gewesen. Letztes Jahr im August hat er ihn sich dann erfüllt und ist dort mitsamt Orchester zu Gast gewesen. Das gesamte Konzert wurde nicht nur aufgenommen, sondern auch als Video mitgeschnitten und erscheint nun mit etwas Verschiebung (ursprünglich war der 17. Mai als VÖ geplant) als CD/DVD bzw. CD/BluRay und Doppel-LP (Vinyl, 180-Gramm) sowie in anderen digitalen Formaten.

Mit dem Live-Album liefert Joe Bonamassa eine unvergleichliche Mischung aus Blues, Rock und Klassik ab. Die orchestrale Unterstützung aus 40 Musikern, darunter so namhafte Hollywoodmusiker wie z. B. David Campbell, Trevor Rabin und Jeff Bova, sorgt auf jeden Fall für einen satten, vollen Sound, bei dem alle Instrumente, nicht nur die des Orchesters, klar identifizierbar sind.

Fast alle der insgesamt elf Titel sind mindestens 7 Minuten lang, was genügend Raum für grandiose Orchesterarrangements lässt und die Songs für seine Fangemeinde neu erlebbar macht. So ist z. B. der „24 Hour Blues“ eine absolut elektrisierende Live-Version des Bobby „Blue“ Bland Klassikers, der auch auf Bonamassa’s aktuellem Studioalbum „Blues Deluxe Volume 2“ vertreten ist.

In der Vergangenheit gab es bislang nur, abgesehen von einzelnen Jazz-Rock-Gruppen wie die legendären „Blood, Sweat And Tears“, wohl nur zwei echte Rockbands, die Rock und Klassik kombiniert haben. Und das ist schon verdammt lang her. Da waren Deep Purple mit ihrem Live-Album „Concerto For Group And Orchestra with The Royal Philharmonic Orchestra“ (1969) und die Progressive-Rock-Band The Nice, insbesondere auf ihrem 1968‘er Studioalbum „Ars Longa, Vita Brevis“. Viele solcher Ansätze hat es bis dato also nicht gegeben. Insofern kann „Live At The Hollywood Bowl with Orchestra“ mit Recht als weiterer Meilenstein in der Karriere von, und dieses Wortspiel sei hier erlaubt, Tausendsassa Bonamassa betrachtet werden.

Obwohl das Album musikalisch eine absolute Perle ist, werden eingefahrene Hardcore-Bluespuristen aller Voraussicht nach eher nicht zum Kauf schreiten.

Für Bonamassa-Fans sowie alle, die bereit sind etwas über den Tellerrand des Blues (Rocks) hinauszuschauen, wird es allerdings mit Sicherheit eine kleine Offenbarung sein.

Eine Genuss ist auch der einer auf BluRay-Disc veröffentlichte Konzertmitschnitt. Diesen gibt es zusammen mit einem wertigen, 20-seitigen Booklet und einer CD in einem nett gestalteten Schuber. Die BluRay-Disc startet obendrein mit einem sehr schönen Klassikintro und ist optisch sowie klanglich ein Leckerbissen, der die tolle Live-Atmosphäre in der Hollywood-Bowl und natürlich auch Bonamassas Gesang und seine Gitarre kraftvoll rüberbringt. Daher: volle Punktzahl für eine Kaufempfehlung!

Provogue Records/Mascot Label Group (2024)
Stil: Blues

Tracks:
01. One Door Overture
02. Curtain Call
03. Self Inflicted Wounds
04. No Good Place
05. Ball Peen Hammer
06. The Last Matador
07. Prisoner
08. Heartaches
09. John Henry
10. 24 Hour Blues
11. Sloe Gin

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Black Country Communion – V – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Die ruhelose Umtriebigkeit des US-Blues-Rock Gitarristen und Songschreibers Joe Bonamassa hat nach langen Jahren das Bandprojekt Black Country Communion (BCC) wieder ins Studio geholt. Die Reunion bringt mit dem Album “V” die spannende Vitalität der Supergruppe zurück auf den Plattenteller. Zur Erinnerung: BCC wurde 2010 von Joe Bonamassa (Guitar und Vocals), Glenn Hughes (Vocals und Bass), Jason Bonham (Drums) und Derek Sherinian (Keyboards) gegründet. Seitdem sind vier Studio- und ein Live-Album entstanden, sowie die Kompilation “The Story So Far”.

Der mit 72 Jahren unverändert stimmgewaltige Glenn Hughes ist nach einer Interimszeit bei The Dead Daisies (und zwei Longplayern) wieder in die erste Reihe des Rampenlichts zurückgekehrt. Auch Drummer Jason Bonham hat seinen “Ausflug” zur Band von Sammy Hagar ausklingen lassen und Derek Sherinian war mit seinen Projekten (u. a. Sons of Apollo) ausgelastet. Bonamassa konnte derweil mit seinen Solo- und Side-Aktivitäten vier Top 10 Alben in Europa einfahren. Eine größere Zahl von Tournee- und Gastperformances (z. B. mit Beth Hart, Joanne Shaw Taylor, Orianthi), sowie diversen Beschäftigungen als Produzent, Songwriter etc., waren zu bewältigen. “V” musste daher etwas länger warten.

Gelohnt hat es sich jedoch allemal, denn die Lead-Single “Stay Free” erfüllt bereits durchweg die hohen Erwartungen: funkig, bombastisch, guitar-rockin‘ mit der unverwechselbaren Stimme von Glenn Hughes. Anregungen von Led Zeppelin– und Stevie Wonder-Songs finden ihre Reminiszenzen in neuen, kreativen Synergien. Gleichwohl ist “Stay Free” ein authentischer Powerhouse-Track geworden. Diese 70er Jahre Hard-Rock-Energie wird in “Red Sun”, der zweiten Single-Auskopplung, kongenial übergeleitet. Purer Rock-Spirit aus den besagten Gründerjahren, den Glenn Hughes u. a. mit Deep Purple prägte und nun fast Soundgarden-like in moderner Rockperfektion charakterisiert.

Produziert wurde das Ganze übrigens wieder von Kevin Shirley, einem langjährigen Wegbegleiter der Band. In einem kurzen Beitrag bringt Shirley die Begeisterung auf den Punkt: “Sie haben sehr schnell einen einzigartigen Sound gefunden. Diesmal ist er zielgerichteter, die Riffs sind härter, und es gibt Hooks. Es ist das zusammenhängenste Album, voller Seele und Härte, und ich denke, es wird der Maßstab für Black Country Communion sein!” Herausgekommen sind dabei kantig – groovende Songs, z. B. “Enlighten” oder “You’re Not Alone” oder epische Rockballaden, z. B. “Love And Faith” und “Restless”, die ihren Earcatcher-Status im Vergleich zu berühmten 70er Jahre Vorbildern behaupten können. Heimlicher “Hauptdarsteller” der gesamten Tracklist ist dabei Sänger Glenn Hughes, der auch im letzten Stück “The Open Road” den brillanten Bonamassa-Guitar-Parts seine Great Voice of Rock entgegen hält.

Mit unbändiger Dynamik und kompromissloser Verkörperung einer modernen Fusion aus Classic-UK-Hard Rock und US-Blues Rock Elementen haben Black Country Communion beeindruckende Aufnahmen geschaffen. “V” ist ein weiteres bemerkenswertes und wegweisendes Album, das ihre einzigartige Handschrift trägt.

Mascot Label Group/J&R Adventures (2024)
Stil: Blues Rock

Tracks:
01. Enlighten
02. Stay Free
03. Red Sun
04. Restless
05. Letting Go
06. Skyway
07. You’re Not Alone
08. Love And Faith
09. Too Far Gone
10. The Open Road

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Joe Bonamassa – 09.04.2024, Lanxess Arena, Köln – Konzertbericht

Ich habe immer so das Gefühl, dass die gediegene Blues-Klientel den Begriff ‚Weiterentwicklung‘ scheut, wie der Teufel das Weihwasser. Gerade im Fall Joe Bonamassa habe ich es schon so oft vernommen, dass alles, was der aus New York stammende Musik-Tausendsassa heute betreibt, reflexartig verdammt wird und auf seine (angeblich) brillanten Anfangstage verwiesen wird.

Ich persönlich sehe das allerdings komplett anders, ich finde, dass er sich, besonders seit seiner Zusammenarbeit mit Musikern der Nashville-Extraklasse-Garde und auch vor allem gesanglich deutlich gegenüber den Frühzeiten verbessert hat. Dazu verfolgte er von Beginn an, was ich als völlig legitim erachte, einen klaren Plan, sich mit seinem extravaganten Können und Talent, aus der Überschaubarkeit der kleinen und mittleren Locations herauszuspielen.

Und mit mir haben das scheinbar auch die am gestrigen Abend anwesenden ca. 4.500 Zuschauer in der ansprechend gefüllt aussehenden bestuhlten Lanxess-Arena so gesehen, die von der Altersstruktur sehr schön durchmischt gewesen ist. Heißt wohl, dass es Bonamassa mittlerweile gelingt, die in diesem Metier oft festgefahrenen Altersstrukturen zu durchbrechen und die Blues (Rock)-Musik auch für nachfolgende Generationen attraktiv zu gestalten. Von daher, aus meiner Sicht, alles richtig gemacht.

Der Gig an diesem Abend in der Domstadt, um es vorwegzunehmen, war absolut fantastisch, der bis dato eindeutig beste Auftritt, den ich von ihm plus seinem aktuellen Begleitensemble, bestehend aus der kräftigen Rhythmusfraktion Calvin Turner und Lamar Carter, den Backgroundsängerinnen Jade MacRae und Danniele De Andrea, sowie den etatmäßigen Begleitern Josh Smith und Reese Wynans, erlebt habe.

Wir hatten Plätze ganz vorne in der Nähe der Bühne, der Sound war wunderbar transparent. Joe wirkte von Beginn an locker wie nie, allein schon die beiden ruhigeren Sachen in der Anfangsphase „24 Hour Blues“ und „Self Inflicted Wounds“ waren phänomenal. Sehr stark präsent von Beginn an waren die beiden Backgroundsängerinnen, die mit ihrer ansteckenden Ausstrahlung und ihren kräftigen Vokalorganen einen herrlichen Counterpart zum Fronter abgaben.

Auch alle anderen Akteure wurden diesmal deutlich stärker eingebunden (der agile und viel Power gebende Carter mit Drumsolo innerhalb von“ Just Got Paid“, Altmeister Wynans mit Orgel- und HT-Soli (z. B. „Lazy Poker Blues“) sowie vielen gefühlvollen Untermalungen bei Joes Soli (grandios u. a. beim progressiven „The Last Matador Of Bayonne“) und sogar Rhythmusgitarrist Josh Smith konnte sich diesmal als Solist bei einigen Gelegenheiten profilieren („Self Inflicted Wounds“, „Shout About It“, „Lazy Poker Blues“, dazu schöne Twins mit Joe bei „Mountain Time“).

Joe selbst spielte sich, egal, ob auf den unterschiedlichen Gibson -oder Fendermodellen unterwegs, zum Teil in einen wahren Rausch und demonstrierte nachhaltig seine unglaubliche Fingerfertigkeit. In den ruhigeren Phasen seiner Soli (da erwies sich die Audienz erstaunlich empathisch, es waren überhaupt keine ‚Dazwischenquatscher‘ auszumachen) gab es mehrfach echte Gänsehautmomente.

Spätestens nach der Vorstellung der Band und den stehenden Ovationen der gesamten Arena für Reese Wynans (quasi für seine musikalische Lebensleistung), ging es dann stehend (viele strömten dann vorne an die Bühne) in eine fulminante Zweithälfte mit weiteren Highlightsongs wie „Heart That Never Waits“, „It Is Safe To Go Home“ und dem „Lazy Poker Blues“.

Der unterhaltsame Reigen der vielen, dem Blues angelehnten Stilen (klasse Songauswahl und auch -anordnung), die hier perfekt gemischt wurden, ging dann zum Ende in die Southern-Phase über, wo ZZ Tops „Just Got Paid“ mit einem nahezu infernalen Instrumentalteil geboten wurde, und mit dem Fan-Favoriten „Mountain Time“ (mit ABB-Flair), Wasser auf unsere speziellen Mühlen gegossen wurde.

Fazit: Auch wenn Eric Clapton zuschauertechnisch vielleicht momentan immer noch größeren Zuspruch im Genre genießen sollte, hat ‚Smokin‘ Joe‘ in aktiver, kreativer und spielerischer Hinsicht längst das Zepter im Blues-Olymp übernommen. Die reale Nummer 1 des 21. Jahrhunderts heißt demnach mittlerweile eindeutig Joe Bonamassa!

Vielen Dank an Mark Dehler von Netinfect Promotion, der uns dieses tolle Ereignis ermöglicht hat!

Line-up:
Joe Bonamassa (lead vocals, electric guitar)
Josh Smith (electric guitar)
Reese Wynans (keys)
Calvin Turner (bass)
Lamar Carter (drums)
Dannielle De Andrea (vocals)
Jade MacRae (vocals, percussion)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Joe Bonamassa
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Netinfect Promotion
Lanxess Arena, Köln

Joe Bonamassa – Blues Deluxe 2 – CD Review

Review: Jörg Schneider

Im August 2003 veröffentlichte Joe Bonamassa sein „Blues Deluxe“ Album. Und nun zwanzig Jahre und etliche Werke später erblickt im Oktober der Nachfolger „Blues Deluxe 2“ in den Verkaufsregalen das Licht der Plattenläden. Und genau wie damals enthält die Scheibe nahezu ausschließlich Coverversionen von Songs des „Who is Who“ der Bluesbarden. Nur zwei der insgesamt 10 Tracks stammen aus Bonamassas Feder bzw. der von Josh Smith, der auch auf Bitten von Bonamassa das Album produziert hat.

Beide „Blues Deluxe“-Alben bieten also eine gute Gelegenheit auf die Entwicklung eines stürmischen 26 Jahre alten Bluesgitarristen hin zum einem gereiften Blueser im Alter von 46 Jahren zu blicken. Der „Twenty-Four Hour Blues“ von Bobby “Blue” Bland (übrigens auch als Singleauskopplung erschienen) bildet den fulminanten und auch gesanglich absolut überzeugenden Auftakt der Scheibe und schließt mit einem unglaublichen Gitarrensolo von Bonamassa ab.

Ähnlich mitreißend auch das leicht funkige „It’s Hard But It’s Fair“ von Bobby Parker sowie das mit flotten Bläsersätzen durchsetzte „Well, I Done Got Over It“, im Original von Guitar Slim. Mit dem nächsten Track knöpft sich Bonamassa den Ronnie Earl-Klassiker „I Want To Shout About It“ vor. Hier als beschwingter Gute-Laune-Party-Kracher mit fetzigen Saxophon- und Keyboardeinlagen und einer herzigen Hintergrundsängerin, ein Song zu dem man unweigerlich das Tanzbein schwingen möchte.

„Win-O“ (von Pee Wee Crayton) ist dann die erste zumindest anfangs ruhigere Nummer, die vom Meister gesanglich gefühlvoll und mit einem tollen Gitarrensolo gegen Ende des Songs vorgetragen wird, anfangs begleitet von Pianoklängen im Stil alter Barmusik, die sich aber im Laufe des Songs zu wildem Pianogeklimper aufschaukeln. Das stakkatohafte, hektische und von Bläsern getragene „Hope You Realize It (Goodbye Again)“ stammt schließlich von Bonamassa himself unter Beteiligung von Tom Hambridge, dem auch als weißer Willie Dixon bekannten Bluesmusiker und Produzenten.

Der nächste neu interpretierte Klassiker „Lazy Poker Blues“ wurde ursprünglich von Fleetwood Mac veröffentlicht und taucht hier als schweißtreibende Rock‘n‘Roll Nummer im Boogie-Woogie-Gewand auf mit hämmerndem Piano auf, bevor Albert Kings „You Sure Drive a Hard Bargain“ eine etwas soulig-bluesig Stimmung mit ungewöhnlichem Ausklang aufkommen lässt.

Und auch Kenny Neals’ Song „The Truth Hurts“ wird von Joe Bonamassa deutlich spritziger als das Original adaptiert. Den ruhigen Schlussakkord dieses wahnsinnig guten Albums setzt letztendlich ein Song, den Josh Smith eigens für Bonamassa geschrieben hat. „Is It Safe To Go Home“ ist ein melodiöser Slowblues, der den Protagonisten stimmlich sehr fordert, aber auch äußerst einfühlsam von ihm vorgetragen wird.

Mit Reese Wynans an den Keyboards, Calvin Turner am Bass, Lamar Carter am Schlagzeug, Kirk Fletcher und Josh Smith an den Gitarren ist Joe Bonamassa ein mehr als würdiges Nachfolgealbum zu der „Erstausgabe“ von „Blues Deluxe“ gelungen. Der direkte Vergleich der beiden Blues Deluxe Scheiben zeigt, dass sein Gitarrenstil deutlich tiefergehender und intensiver geworden ist, ebenso wie seine stimmlichen Fähigkeiten auf der neuen Scheibe wesentlich ausdrucksstärker sind als 20 Jahre zuvor.

Was wahrscheinlich gar nicht so auffällt, hört man sich einzelne CDs aus seiner Laufbahn als Bluesgitarrist an, aber der unmittelbare Vergleich bringt es zu Tage: Joe Bonamassa kehrt auf diesem Album gereifter zu den Wurzeln seiner Musik zurück. Es ist ein großartiges Album, das, möchte man es sich kaufen, sicherlich jeden Cent wert ist.

Provogue Records (2023)
Stil: Blues

Tracks:
01. Twenty-Four Hour Blues (Bobby “Blue” Bland*)
02. It’s Hard But It’s Fair (Bobby Parker*)
03. Well, I Done Got Over It (Guitar Slim*)
04. I Want to Shout About It (Ronnie Earle & The Broadcasters*)
05. Win-O (Pee Wee Crayton*)
06. Hope You Realize It (Goodbye Again) (written by Joe Bonamassa & Tom Hambridge)
07. Lazy Poker Blues (Fleetwood Mac*)
08. You Sure Drive a Hard Bargain (Albert King*)
09. The Truth Hurts, feat. Kirk Fletcher and Josh Smith (Kenny Neal*)
10. Is It Safe To Go Home (written by Josh Smith)
* Originalinterpreten

Joe Bonamassa
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Marc Broussard – S.O.S. 4: Blues For Your Soul – CD-Review

Es soult ganz schön im Blues in diesen Tagen. Nachdem das Jungtalent Connor Selby in unserem Magazin mit seinem souldurchtränkten Bluesalbum vorgelegt hat, wird heute, am gleichen Tag, auch das neue Werk von Marc Broussard, „S.O.S. 4: Blues For Your Soul“, veröffentlicht, und wer wäre für solch eine Art von Musik nicht mehr prädestiniert als der aus Louisiana stammende Singer-Songwriter mit seiner grandiosen Stimme?

Das ungewöhnliche an meiner Beziehung zu Broussard ist, dass sie eigentlich durch ein Melodic Rock-Ding ausgelöst wurde. Im Rahmen eines Interviews mit dem The Ladder-Gitarristen Gerhard Pichler lernte ich einen Bekannten von ihm kennen, der mir damals Broussards Frühwerke (wie u. a. „Carenco“ oder „Keep Coming Back“) wärmstens empfiehl. Diese besorgte ich mir dann auch wenig später und war in der Tat begeistert.

Live sah ich ihn dann erstmals 2015 im Musiktheater Piano in Dortmund vor sehr spärlicher Kulisse und dann nochmals drei Jahre später im diesmal rappelvollen Pitcher in Düsseldorf. Seit er albentechnisch hier bei uns deutlich besser promotet wird, scheint auch der Bekanntheitsgrad mit zu steigen. Den nächsten Step dürfte Marc jetzt im Rahmen seiner S.OS.-Cover-Alben-Reihe (Save Our Souls) machen, die mit der Idee von ihm ins Leben gerufen wurden, Geld für die unterprivilegierte Jugend in den Staaten zu sammeln.

Hierfür konnte er nämlich diesmal keinen geringeren als Joe Bonamassa gewinnen, der für den Longplayer nicht nur sein eigenes Label zur Verfügung stellte, sondern auch auf drei Tracks ganz kräftig mit in die Saiten greift, wie u. a. beim famosen Little Milton-Klassiker „That’s What Love Will Make You Do“, der hier mit ein Highlight darstellt.

Broussard dazu: „Little Milton in Angriff zu nehmen, war eine gewaltige Aufgabe. Er hatte eine epische Stimme, die mich eingeschüchtert hat. Ich hoffe nur, ich bin ihm gerecht geworden. Ich wollte es nicht übertreiben, aber wir wollten ihm unseren Stempel aufdrücken. Ich bin so froh, dass wir das geschafft haben.“

Auch in Sachen Produktion sind Smokin Joe und sein langjähriger Kollege und Kooperationspartner Josh Smith, der hier beim deltabluesigen „Locked Up In Jail (Prison Blues)“ seine E-Gitarre herrlich grummeln lässt, mit involviert. Mit JJ Grey bei “ Asked for Water“ und Eric Krasno bei „I Like To Live the Love“ standen weitere, in diesem Magazin bekannte Größen parat, die für zusätzlichen Glanz im Retro-umwobenen Soul-Blues-Konglomerat sorgen.

Aus dem Rahmen fällt ein wenig das recht aggressiv und psychedelisch performte Son House-Stück „Empire State Express“, bei dem man bei entsprechender Lautstärke doch schon gute Nerven und Durchhaltevermögen mitbringen muss.

Am Ende ist dann mit den beiden relaxten Nummern „Driving Wheel“ und „When Will I Let Her Go“ nochmals Bonamassa-Time. Wenn man ganz fies sein möchte, könnte man unterstellen, dass der stimmlich ja nicht unbedingt eine Übergröße abgebende, aber immer nach Perfektion strebende Blues Rock-Gigant (obwohl er sich in den letzten Jahren in dieser Hinsicht ja deutlich verbessert hat) auf diesem Werk mal die Gelegenheit genutzt hat, zu prüfen, wie sich seine Musik mit einem phänomenalen Sänger wie Marc Broussard anhört…

Aber das ist natürlich völliger Quatsch. Hier geht es wirklich eindeutig um die gute Sache und dieser werden Broussard, Bonamassa & Co. absolut gerecht. Ein regelrechtes Freudenfest für Blues- und Soul-Freunde der guten alten Retroschule, von absoluten Klasseleuten und einem begnadeten Sänger perfekt in die heutige Zeit transformiert. Somit steht jetzt schon fest, dass für diese an „S.O.S. 4: Blues For Your Soul“ von Marc Broussard kein Weg vorbei führen wird.

Überaus erfreulich ist auch, dass Marc in diesem Jahr im September wieder in unseren Sphären live zu sehen sein wird, u. a. auch wieder im Musiktheater Piano in Dortmund (siehe dazu auch unsere Konzerttipps).

Ktba Records (Rough Trade) (2023)
Stil: Soul Blues Rock

Tracks:
01. I’ve Got To Use My Imagination
02. I’d Rather Drink Muddy Water
03. That’s What Love Will Make You Do (feat. Joe Bonamassa)
04. Cuttin‘ In (feat. Roddie Romero)
05. Dreamer
06. Empire State Express
07. Love The Time Is Now (feat. Bobby Junior)
08. I Asked For Water (feat. JJ Grey)
09. I Like To Live The Love (feat. Eric Krasno)
10. Locked Up in Jail (Prison Blues) (feat. Josh Smith)
11. Driving Wheel (feat. Joe Bonamassa)
12. When Will I Let Her Go (feat. Joe Bonamassa)

Marc Broussard
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