Joe Bonamassa – 09.04.2024, Lanxess Arena, Köln – Konzertbericht

Ich habe immer so das Gefühl, dass die gediegene Blues-Klientel den Begriff ‚Weiterentwicklung‘ scheut, wie der Teufel das Weihwasser. Gerade im Fall Joe Bonamassa habe ich es schon so oft vernommen, dass alles, was der aus New York stammende Musik-Tausendsassa heute betreibt, reflexartig verdammt wird und auf seine (angeblich) brillanten Anfangstage verwiesen wird.

Ich persönlich sehe das allerdings komplett anders, ich finde, dass er sich, besonders seit seiner Zusammenarbeit mit Musikern der Nashville-Extraklasse-Garde und auch vor allem gesanglich deutlich gegenüber den Frühzeiten verbessert hat. Dazu verfolgte er von Beginn an, was ich als völlig legitim erachte, einen klaren Plan, sich mit seinem extravaganten Können und Talent, aus der Überschaubarkeit der kleinen und mittleren Locations herauszuspielen.

Und mit mir haben das scheinbar auch die am gestrigen Abend anwesenden ca. 4.500 Zuschauer in der ansprechend gefüllt aussehenden bestuhlten Lanxess-Arena so gesehen, die von der Altersstruktur sehr schön durchmischt gewesen ist. Heißt wohl, dass es Bonamassa mittlerweile gelingt, die in diesem Metier oft festgefahrenen Altersstrukturen zu durchbrechen und die Blues (Rock)-Musik auch für nachfolgende Generationen attraktiv zu gestalten. Von daher, aus meiner Sicht, alles richtig gemacht.

Der Gig an diesem Abend in der Domstadt, um es vorwegzunehmen, war absolut fantastisch, der bis dato eindeutig beste Auftritt, den ich von ihm plus seinem aktuellen Begleitensemble, bestehend aus der kräftigen Rhythmusfraktion Calvin Turner und Lamar Carter, den Backgroundsängerinnen Jade MacRae und Danniele De Andrea, sowie den etatmäßigen Begleitern Josh Smith und Reese Wynans, erlebt habe.

Wir hatten Plätze ganz vorne in der Nähe der Bühne, der Sound war wunderbar transparent. Joe wirkte von Beginn an locker wie nie, allein schon die beiden ruhigeren Sachen in der Anfangsphase „24 Hour Blues“ und „Self Inflicted Wounds“ waren phänomenal. Sehr stark präsent von Beginn an waren die beiden Backgroundsängerinnen, die mit ihrer ansteckenden Ausstrahlung und ihren kräftigen Vokalorganen einen herrlichen Counterpart zum Fronter abgaben.

Auch alle anderen Akteure wurden diesmal deutlich stärker eingebunden (der agile und viel Power gebende Carter mit Drumsolo innerhalb von“ Just Got Paid“, Altmeister Wynans mit Orgel- und HT-Soli (z. B. „Lazy Poker Blues“) sowie vielen gefühlvollen Untermalungen bei Joes Soli (grandios u. a. beim progressiven „The Last Matador Of Bayonne“) und sogar Rhythmusgitarrist Josh Smith konnte sich diesmal als Solist bei einigen Gelegenheiten profilieren („Self Inflicted Wounds“, „Shout About It“, „Lazy Poker Blues“, dazu schöne Twins mit Joe bei „Mountain Time“).

Joe selbst spielte sich, egal, ob auf den unterschiedlichen Gibson -oder Fendermodellen unterwegs, zum Teil in einen wahren Rausch und demonstrierte nachhaltig seine unglaubliche Fingerfertigkeit. In den ruhigeren Phasen seiner Soli (da erwies sich die Audienz erstaunlich empathisch, es waren überhaupt keine ‚Dazwischenquatscher‘ auszumachen) gab es mehrfach echte Gänsehautmomente.

Spätestens nach der Vorstellung der Band und den stehenden Ovationen der gesamten Arena für Reese Wynans (quasi für seine musikalische Lebensleistung), ging es dann stehend (viele strömten dann vorne an die Bühne) in eine fulminante Zweithälfte mit weiteren Highlightsongs wie „Heart That Never Waits“, „It Is Safe To Go Home“ und dem „Lazy Poker Blues“.

Der unterhaltsame Reigen der vielen, dem Blues angelehnten Stilen (klasse Songauswahl und auch -anordnung), die hier perfekt gemischt wurden, ging dann zum Ende in die Southern-Phase über, wo ZZ Tops „Just Got Paid“ mit einem nahezu infernalen Instrumentalteil geboten wurde, und mit dem Fan-Favoriten „Mountain Time“ (mit ABB-Flair), Wasser auf unsere speziellen Mühlen gegossen wurde.

Fazit: Auch wenn Eric Clapton zuschauertechnisch vielleicht momentan immer noch größeren Zuspruch im Genre genießen sollte, hat ‚Smokin‘ Joe‘ in aktiver, kreativer und spielerischer Hinsicht längst das Zepter im Blues-Olymp übernommen. Die reale Nummer 1 des 21. Jahrhunderts heißt demnach mittlerweile eindeutig Joe Bonamassa!

Vielen Dank an Mark Dehler von Netinfect Promotion, der uns dieses tolle Ereignis ermöglicht hat!

Line-up:
Joe Bonamassa (lead vocals, electric guitar)
Josh Smith (electric guitar)
Reese Wynans (keys)
Calvin Turner (bass)
Lamar Carter (drums)
Dannielle De Andrea (vocals)
Jade MacRae (vocals, percussion)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Lanxess Arena, Köln

Arena – 08.10.2023 – Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

Im Rahmen einer kurzen Europatour spielt die britische Prog Rock Band ihr einziges Deutschlandkonzert im Dortmunder Musiktheater Piano. Die Setlist des Konzertes umfasst Songs vom ersten Album, das 28 Jahre zurückliegt, bis zum aktuellen Werk „The Theorie Of Molecular Inheritance“. Vom ersten Song „Time Capsule“ an gehen die Fans im gut gefüllten Musiktheater begeistert mit. Im Rhytmus der Musik mitklatschen, Refrains mitsingen und im Takt der Songs mitwippen, ist angesagt.

Das Konzept der Stücke ist wie in der Vergangenheit progressiv mit Klangteppichen, wobei insbesondere durch die neuen Songs auch Elemente des Metal hinzugekommen sind. Dies mag auch Damian Wilson liegen, der erst seit 2020 dabei ist, der gestenreich die Stimmung der Songs untermalt und oft den Kontakt zu den Fans herstellt.

In eher instrumentalen Passagen hält er sich im Hintergrund oder ölt neben der Bühne seine Stimme und überlässt John Mitchel an der Gitarre und Bassist Kylan Amos das Zentrum der Stage. Gerade Mitchel kann mit einigen langen aber variablen Soli begeistern.

Drummer Mick Pointer und Keyboarder Clive Nolan, die beiden einzig verbliebenen Gründungsmiglieder, wobei der seit 1997 mitspieldende Mitchel auch schon zum Inventar gehört, stehen erhöht auf dem Podest in der zweiten Rheihe der Bühne. Dabei bringt insbesondere Nolan an den Keyboards athmpsphärische progressive Elemente in den oft harten und gut abgemischten Sound, während Pointer an den Drums ganz unaufgeregt den Takt vorgibt.

Mit „Crying For Help VII“ endet nach etwa zwei Stunden ein Konzert, bei dem Arena jederzeit für eine ausgesprochen gute Stimmung im Piano gesorgt hat, und das Publikum noch mehrere Male den Refrain singt, während die Musiker schon am Rand der Bühne stehen. Sänger Damion Wilson, der auch bei einem Song durchs Publikum ging, begibt sich direkt an den Ausgang der Kneipe des Piano, um sich mit Handschlag persönlich von den Fans zu verabschieden, was eine enorme Fannähe zeigt, aber auch zum Ausdruck bringt, wie das Publikum an dem Abend auf die Band gewirkt hat.

Ein Dank geht an Wolfgang Stolt von Impuls Promotion für die problemlose Akkreditierung und den netten Empfang, der es mit Sicherheit nicht bereut hat, mit Arena ins Dortmunder Musiktheater Piano zu gehen, das einen ansprechenden Rahmen für das Konzert zur Verfügung gestellt hat.

Line-up:
Damian Wilson – vocals
John Mitchel – guitars
Clive Nolan – Keyboards
Kylan Amos – bass
Mick Pointer – drums

Text & Bilder: Gernot Mangold

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Joe Bonamassa – 28.03.2018, Lanxess Arena, Köln – Konzertbericht

Bon_haupt

Was ist wohl in den Köpfen der beeindruckten Besucher beim Verlassen der nicht ganz ausverkauften, aber überaus gut gefüllten Kölner Lanxess-Arena nach dem großartigen Joe Bonamassa-Konzert umhergeschwirrt, fragte ich mich ganz spontan? Mein erster Gedanke war, was der Typ, sofern er noch lebt, der es Mitte der Sechziger Jahre, mit dem Spruch ‚Clapton Is God‘ in einer U-Bahn-Station im Londoner Stadtteil Islington, zu stiller Berühmtheit schaffte, wohl nach diesem Erlebnis für die Sinnesorgane, auf den Gemäuern der Domstadt zurückgelassen hätte.

Aber nach der Reihe: Pünktlich um 20:00 Uhr gingen die Lichter in der Arena kurz komplett aus und mit der Einspielung eines B.B. King-Stückes (die Alt-Blues-Experten mögen mich teeren und federn, falls es nicht so war),  wurden die Weichen für zwei außerordentlich starke Stunden der hohen zeitgenössischen Blues Rock-Schule gestellt.

Der Protagonist und seine hochkarätigen Begleitmusiker (laut O-Ton Bonamassas bei der Vorstellung vor „Slow Train“ mit die besten dieses Planeten), Michael Rhodes, Reese Wynans, Anton Fig, die Bläser-Sektion mit Lee Thornburg und Paulie Cerra, sowie die beiden agilen Backgroundsängerinnen Jade MacRae und Juanita Tippins, setzten mit „King Bee Shaketown“ als Opener, „Evil Mama“ und dem starken „Just Cause You Can“ zunächst auf neueren Stoff.

Hier muss ich direkt den wunderbar transparenten Sound (jeder der Beteiligten war perfekt zu hören) und die tolle Lighttshow in der Halle loben, die eigentlich nur durch ein paar Scheinwerfereffekte und einen, sich im Farbenspiel stetig verändernden Vorhang hinter der Bühne, stilvolle Eleganz verbreitete.

Joe, mittlerweile auch zu einem richtig starken Sänger herangereift, konzentrierte sein fulminantes Spiel auf insgesamt vier verschiedene Gitarrenmodelle, wobei die Gibson Les Paul den Schwerpunkt des Abends bildete. Nashville-Urgestein Reese Wynans, vor kurzem noch für seine Beteiligung bei Stevie Ray Vaughan in die Rock And Roll Hall Of Fame aufgenommen, präsentierte sprichwörtlich die gesamte Klaviatur seines Tastenkönnens.

Michael Rhodes wechselte auch oft das Arbeitsgerät und pumpte routiniert seinen Tieftöner-Part, während Anton Fig  in bewährt guter Manier trommelte. In der Bläser-Gilde hatte diesmal Paulie Cerra gegenüber Lee Thornburg etwas Übergewicht. Er hatte deutlich mehr Solo-Pluster-Parts und durfte beim bärenstarken „Slow Train“, ebenso wie zuvor die beiden Background-Röhren Mac Rae und Tippins, mal die Lead vocals übernehmen.

Als meine Favoriten des Abends entpuppten sich das balladeske „How Deep This River Runs“, das melodische „Mainline Florida“ (mit schönem Southern Rock-E-Solo) und die komplette Schlussphase mit den Tracks „Driving Toward The Daylight“, dem furiosen „Boogie With Stu“ (Wynans mit HT-Geklimper), das poltrig shuffelnde „Last Kiss“ und das zur reinen Männersache erklärte, fett rockende „How Many More Times“ (Joe, Michael, Reese und Anton im Quartett, die Sängerinnen und Bläser hatten die Bühne verlassen) zum Abschluss des Hauptteils.

Das krönende Finale gab es mit der atmosphärischen, unter die Haut gehenden Killerballade „Sloe Gin“, bei der Joe nochmals ein majestätisches E-Gitarren-Solo auf seiner Paula abließ. Einfach herrlich! Nach exakt zwei Stunden war dann Schicht.

Um aber nochmal zum Anfang zurückzukehren. Da Gernot keine Sprühdose im Auto hatte, das nass-kalte Sauwetter und die wenig aufmerksamkeitsträchtige Gegend, in der wir geparkt hatten, nicht dazu animierte, sich ebenfalls in irgendeiner Form zu verewigen, nutze ich für mein Statement lieber bequemer Weise dieses Magazin, da ja vermutlich auch ein paar Leutchen den Artikel lesen und gegebenenfalls, verbreiten werden.

Als jemand, der als bekennender Atheist, es nicht so mit dem Allmächtigen hat und auch mit Superlativen in Bezug zu Menschen eher sorgsam agiert, halte ich nach dieser starken Leistung ein ‚Bonamassa Is Good‘ für eine, im Sinne der Sache, vielleicht nicht ganz so dick auftragende, aber dafür umso ‚weltlichere‘ Würdigung…

Vielen Dank an Mark Dehler von Netinfect Promotion, der uns dieses tolle Ereignis ermöglicht hat!

Line-up:
Joe Bonamassa (lead vocals, electric guitar)
Michael Rhodes (bass)
Reese Wynans (keys)
Anton Fig (drums)
Juanita Tippins (vocals)
Jade MacRae (vocals)
Lee Thornburg (trumpet)
Paulie Cerra (sax, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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