Dean Zucchero – Song For The Sinners – CD-Review

Ich kenne, wenn ich ehrlich bin, eigentlich wenig Bassisten, die als Solokünstler explizit, im Mittelpunkt von Rock- und Bluesmusik-Alben stehen. Spontan fallen mir da Paul McCartney zu seinen Wings-Zeiten, Sting und Jack Bruce ein, aber dann hört es auch schon auf.

Im Fall des hierzu besprechenden Werks von Dean Zucchero ist das zwar offiziell dann so, eigentlich haben wir es mehr mit einem Konzeptalbum zu tun, wo Dean zwar die Musik bestimmt, beziehungsweise die Fäden zieht, aber insgesamt eher eine zurückhaltende Rolle einnimmt. Man kann also sagen, er gibt hier nicht nur an den vier Saiten, sondern auch imaginär den Groove vor.

Der Blues aus dem Süden mit all seinen Facetten ist der gemeinsame Nenner, die bei jedem Lied wechselnden Leadsänger mit ihren unterschiedlichen Stimmen vermitteln weiteren variierenden Unterhaltungswert.  Wenn weiblicher Gesang, ob an der Front oder im Hintergrund, mit integriert ist,  taucht immer wieder der Name Tiffany Pollack auf, die damit auch einen Stempel aufsetzt. Selbstredend, dass Dean auf diesem Werk ausnahmslos klasse-Musiker um sich versammelt hat.

Neben bekannteren Namen wie Victor Wainwright, Little Fredie King, Albert Castiglia ist mit Mike Zito der wohl prominenteste Interpret an Bord, der sich mit dem emotionalen Blues Rocker „Tone Of The City“ auch den besten Track des Werkes herausgepickt hat. Starker unter die Haut gehender Tobak, ist auch das eine wenig an Johnny Cash reminiszierende, unterschwellig countryeske Storytelling-Stück „Suicide For Jesus“, das von Dean (Bass) lediglich mit Ron Hotstream (lead vocals, guitars) in bewusst reduzierter Art performt wurde.

Insgesamt weiß man nach dem Hören der CD gut, woher Dean Zucchero seinen exzellenten Ruf in der Branche her hat. Das Album wäre aus meiner Sicht sehr gut als Soundtrack für einen Krimi oder ein Drama geeignet, das irgendwo rund um New Orleans spielt. Und falls nicht, ist  „Song For The Sinners“ in jedem Fall eine sehr abwechslungsreiche und starke Blues & More-Scheibe, mit der es sich zu beschäftigen lohnt.

Pugnacious Records (2025)
Stil: Blues & More

Tracks:
01. Biting Through
02. South Side
03. Lullaby
04. She’s Saturday Night
05. Crawfish No More
06. Shine
07. Tone Of The City
08. Mama’s Bottle
09. Never Fade Away
10. Cold Shot
11. Suicide For Jesus
12. Fowl Play

Dean Zucchero
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T. G. Copperfield – All In Your Head – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Seine drei vorhergehenden Alben („Snakes & Dust“, „Out In The Desert“ und „Steppenwolf„) hatte T. G. Copperfield als staubige Wüstentriologie inszeniert. Nun kehrt er mit “All In Your Head” zur härteren Blues-Rock Gangart zurück, ohne die Southern-Roots Orientierung zu vernachlässigen.

Den Aufschlag für das 10-teilige Set übernimmt der Titel “Mule” und verbreitet einen intensiven Vorgeschmack – ein Heavy-Rock-Stallgeruch, der unter die Haut geht. Sympathische Gitarren zünden ihre Riffs bei “I’m On My Way” und lassen die Handschrift ihres Songwriters aufblitzen. Nach dem ebenso starken “Have Mercy On Me” folgen ohne Mitleid, schweißtreibend und mächtig “Living On A Knife” und “Kicked Down By Love” und übernehmen die Regie über ein bis dahin Track-by-Track groovendes Kraftpaket.

Bevor die noch massivere zweite Hälfte der Scheibe einsetzt, lohnt sich ein Blick auf den Backkatalog der letzten acht Jahre: Elf Soloalben und das vorliegende Werk präsentieren in kurzen Abständen handgemachte Songs aus unterschiedlichen Stilrichtungen – auf einem Terrain, das hierzulande oft als schwierig gilt.

Copperfields beeindruckender Beitrag, sich immer wieder neu zu erfinden und mit propulsiver Kraft durchzustarten, ist rekordverdächtig. Hervorragend unterstützt wurde er auf “All In Your Head” vom Megaphon-Studios-Tonkünstler Martin Meinschäfer (u. a. Henrik Freischlader) sowie seinen Kumpanen von der Electric Band: Michael Hofmann (Drums), Claus Bäcker (Keyboards) und Don Karlos (Bass).

Hohe Ansprüche stellt Copperfield auch an seine Lyrics im Beiheft und befasst sich in den Stories u.a. mit der menschlichen Psyche, komplexen Gedankenspielen und infernaler Katastrophenstimmung. Ebenso anspruchsvoll sind die Themen, die er in leidenschaftliche, teils fast wütende Arrangements verpackt – untermalt von genau der richtigen Portion Gitarrenpower.

Charakteristisch für diese kraftstrotzende Inspiration des 45-jährigen Sängers und Gitarristen sind deutlich die letzten vier Songs der LP. Mit “Redemption Blues” – durchaus als früher CCR-Track geeignet – und “World War III” wird das Finale vorbereitet. Das Interesse daran belohnt allemal der Titeltrack des Albums – ein Southern Blues Rock mit meisterhaften E-Gitarren-Soli. Die Scheibe erfährt ihre abschließende Krönung mit einem Foot-Stomping-Finale, das sprichwörtlich abgerundet wird: “The Needle Hit The Groove” erinnert in klassischer Slow Blues-Interpretation sowie durch die Gitarren- und Piano-Spielweise an historische Fleetwood Mac feat. Otis Spann Aufnahmen – eine brillante Inszenierung mit ‚Wiederhörbedarf‘.

T. G. Copperfield hat es erneut spielend geschafft, die Vielfalt seiner musikalischen Schaffenskraft in einem Longplayer zu vereinen. “All In Your Head” ist ein großzügiges Studiowerk und einmal mehr der Versuch, uns mit seinen musikalischen Wertvorstellungen anzustecken. Längst etabliert, muss er seine Wurzeln auch im Storytelling nicht mehr beweisen – wohl wissend, dass ein rastloses Talent ebenso sein Publikum braucht. Die im März beginnende, ausgedehnte Tournee kommt mit “All In Your Head” am 5. April u. a. nach Köln und bietet dem Publikum ausgiebig Gelegenheit, ihn live zu sehen.

Timezone (2025)
Stil: Blues, Blues Rock, Southern Rock

Tracks:
01. Mule
02. I’m On My Way
03. Not Your Game
04. Have Mercy On Me
05. Living On A Knife
06. Kicked Down By Love
07. Redemption Blues
08. World War III
09. All In Your Head
10. The Needle Hit The Groove

T. G. Copperfield
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Brooke-Lynn Promotion

Joe Ely – Love And Freedom – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Joe Ely hat für sein neues Soloalbum „Love and Freedom“ einen vergrabenen Schatz gehoben. Die dreizehn Tracks des Albums (neun Eigenkompositionen und vier Coverversionen), die sich mit Einwanderung, Armut, Krieg, Gerechtigkeit, Liebe, Freiheit und anderen sozialen Themen beschäftigen, hatte Ely bereits vor Jahrzehnten aufgenommen und gespeichert. Leider waren sie dann in Vergessenheit geraten, bis Ely sie im letzten Jahr zufällig wiederentdeckte.

Sie wieder zu beleben erschien als eine Herausforderung, weil Teile der Mehrspuraufnahmen schlichtweg verschwunden waren. Die Restaurierung gelang dann schließlich mit Hilfe von Lloyd Maines, einem Freund und Produzenten, der den Stücken u. a. Akustik-, Slide-Gitarre und Bass hinzufügte. Letztendlich ist eine bemerkenswerte und authentische CD entstanden, welches sich als neunundzwanzigstes Album perfekt in die lange Liste der Vorgängeralben einreiht.

Der Opener „Shake ´Em Up“ ist auch gleichzeitig die erste Singleauskopplung aus „Love And Freedom“. Sie kommt recht schwungvoll mit leichten Americanaanleihen rüber und mutet wie eine Ode an die Würfelspiele im Wilden Westen an. „Adios Sweet Marie“ startet mit ungewöhnlichen Akkordeonklängen, die an volkstümliche Musik aus Österreich erinnern, tatsächlich aber von den Problemen an der Grenze zwischen Texas und Mexiko handelt. „Magdalene“ ist dann die erste Coverversion des Albums. Eine ruhige Ballade, die ursprünglich von Guy Clark stammt.

Ruhig geht es dann auch mit dem Woody-Guthrie-Klassiker „Deportee“ (Plane Wreck at Los Gatos)“ weiter, bei dem der Singer-Songwriter Ryan Bingham mit seiner leicht rauen Stimme den Gesangspart übernimmt und mit Townes Van Zandts Song „Waiting Around To Die“ liefert Ely einen weiteren schmissigen Song mit Tanzpotential ab. Eine weitere schöne Country-Ballade ist „Sergeant Baylock“ (sie erinnert streckenweise an Lou Reeds „Take A Walk On The Wild Side“), in der Ely mit einem Polizeibeamten in Lubbock abrechnet, der ihn unerbittlich schikanierte.

Zum Dahinschmelzen schön ist der bedächtige Americana-Song „Sake of the Song“ und in „Here’s to the Brave“ besingt Joe Ely die amerikanischen Ureinwohner. Kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September besuchte er den Ground Zero. Unter dem Eindruck des Gesehenen entstand dann der Song „No One Wins“. Abgerundet wird das Album durch schwungvolle Songs über soziale Gerechtigkeit: „Today It Did“, „Band of Angels“, „What Kind of War“ und „Surrender to the West“.

In Summe ist „Love And Freedom“ ein überzeugendes und äußerst abwechslungsreiches Opus, welches stark durch Country- und Americana-Einflüsse geprägt ist. Mir hat es wahnsinnig gut gefallen und ich denke, dass es viele Anhänger finden wird.

Label: Rack ´Em Records / Thirty Tigers
Stil: Blues

Tracks:
01. Shake ´em Up
02. Adios Sweet Dreams
03. Magdalene
04. Deportee
05. Waiting Around To Die
06. Sgt. Baylock
07. Today I Did
08. Band Of Angels
09. Sake Of The Song
10. Here‘s To The Brave
11. What Kind Of War
12. No One Wins
13. Surrender To The West

Joe Ely
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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Larkin Poe – Bloom – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Die Verleihung des Grammy Awards für “Blood Harmony” 2024 haben Larkin Poe nur als kurze Auszeit genutzt. Das neue Studiowerk “Bloom” war damals bereits in der Mache. Gemeinsam mit Co-Produzent Tyler Bryant haben sie erstmals alle Stücke geschrieben. Die Inspiration für den neuen Longplayer ist geprägt durch die familiäre Synergie-Atmosphäre und Erfahrungen der letzten Jahre, also weit über eine nur musikalische Partnerschaft hinaus.

Mit dem ersten Song “Mockingbird” beginnt gleich der blues-rockige Teil einer insgesamt sehr vielfältigen Produktion. Nachdenkliche Lyrics über Wendungen im Leben und die Reflexionen bis hin zum Wechsel von Perspektiven bestimmen den Titel. Die Leichtigkeit der Komposition fließt bei “Easy Love Pt. 1” zwischen Southern- und Blues Rock sowie Rebeccas elektrisierender Voice-Power. “Pt. 2” des Tracks folgt erst mit Abstand und in Balladenform. Meghans Guitarwork und der zarte Refrain “You make it easy” verleihen dem Liebeslied nun einen grundlegend anderen Charakter.

Eine betont ruhigere Klangfülle bringt auch “Little Bit” in die Songliste. Zuversicht und Verbundenheit strahlen im swingenden Country-Southern-Style. Erneut ein lyrisches Kleinod, das teils härtere Soundelemente mit schönen Storytelling verbindet. Kein Geheimnis machen die Lovell Sisters aus den frühen Einflüssen ihrer Musik. Neben typischem Bluegrass Folk war Southern Rock der Allmans, aber ebenso geradliniger Fleetwood Mac-Sound u. a. je ein Baustein. Bei “Bluephoria” treffen Freude und Leid aufeinander, werden musikalisch rifflastig verwoben und psychedelisch klingende Passagen bestimmen die Komposition. Die Lead-Single erinnert trotz hartem Rock’n’Roll Outfit, lyrisch inspiriert, an die Memphis Blues Legende Furry Lewis. Schnelle Blues Rock-Vibes treibt “Nowhere Fast” vor sich her. Ein krachendes Solo lässt den Wüstensand förmlich aus den Boxen rieseln und Billy Gibbons gibt seinen Segen.

Ein erstaunlich erfrischender Ideenreichtum lässt “If God Is A Woman” im Masterpiece-Format entstehen. Das elektrisch ausgerichtete Delta Blues-Stück konkurriert im Ohr mit dem nachfolgenden “Pearls”: düster und heavy treibende Gitarrenriffs und Rebeccas Stimme verursachen eindeutig Herzschlag-Blues. Als Slide-Topper und Highway-Country Song zugleich bringt “Fool Outta Me” die big wheels in Bewegung, ein altes Blues-Rock-Herz geht auf und relaxed beim wunderbar melodiösen “You Are The River”. Ein Eagles-/Poco-Country Rock schlingert in zeitgemäßer Interpretation vorbei und beruhigt die Anspannung. Diese Dramaturgie einer gesundheitsfördernden Cool-down Übung übernimmt zum Schluss “Bloom Again”. Meghan beschreibt die Idee des langjährigen Tom Petty-Weggefährten und Larkin Poe Freundes Mike Campbell: Er schlug vor, einen Song zu schreiben, der im Stile der Everly Brothers unsere Geschwister-Harmonie präsentiert. Ein modernes Country-Rock/Folk-Finale, das auch von Emmylou Harris stammen könnte, und ein Gänsehaut-Solo als “Zugabe” setzen den Schlussakkord.

Die ehemals “kleinen” Schwestern der Allman Brothers haben sich längst vom Adjektiv befreit und mit dem Album “Bloom” deutlich die Avantgarde-Rolle in der amerikanischen Roots-Musik übernommen. Selten klang eine Eigenproduktion Genre übergreifender dirty Southern- und raw Blues-Rock Tracks mit Country- Anleihen so tiefgreifend überzeugend. In diesem Jahr feiern Larkin Poe das 15-jährige Bestehen. Der nächste Grammy ist nur eine Frage der Zeit.

Tricki-Woo (2025)
Stil: Roots Rock, Blues, Blues Rock, Southern Rock

Tracks:
01. Mockingbird
02. Easy Love Pt. 1
03. Little Bit
04. Bluephoria
05. Easy Love Pt. 2
06. Nowhere Fast
07. If God Is A Woman
08. Pearls
09. Fool Outta Me
10. You Are The River
11. Bloom Again

Larkin Poe
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Another Dimension

Robben Ford & The Blue Line – Live At Montreux 1993 – CD/DVD-Review

Review: Stephan Skolarski

Das traditionsreiche Musikfestival von Montreux hat in seiner mittlerweile fast 60-jährigen Historie immer wieder legendäre Konzertereignisse veranstaltet. Die nachträgliche Veröffentlichung von Aufnahmen für das breite Publikum wurde leider oft erst viel später ermöglicht. Der Auftritt von Robben Ford & The Blue Line, der mittlerweile über 30 Jahre zurückliegt, ist nun von Repertoire Records als CD-/DVD-Package aufgelegt worden. Neben Ford sind Roscoe Beck am Bass und Tom Brechtlein, Drums, mit von der Partie. Die Tracklist der CD- und DVD-Versionen unterscheidet sich nicht.

Die Setlist beginnt mit “I Don’t Play”, einem von Willie Dixon komponierten Little Walter-Klassiker (1960), der durch das Guitar-Masterclass-Niveau elegant von rund zwei Originalminuten auf begeisternde neun angehoben wird – eine Mindblowing-Soloarbeit von Robben Ford, der auch heute immer noch zu den leider weniger bekannten E-Gitarristen zählt. Gleich zu Anfang wird deutlich: eine außerordentliche Virtuosität und ein geniales Improvisationstalent bestimmen die Richtung. Die alte Cream-Nr. “Politician” (Jack Bruce) in der 68er “Wheels of Fire” Aufnahme mit Clapton Overdubs versehen, bekommt bei Fords Live-Version eine brillant-kreative und erfrischende Guitar-Linie. Eine ebenso eigenständige Interpretation und insoweit nur eingeschränkt als Cover zu bezeichnen, ist der 3. Titel “Worried Life Blues”. Einer der am meisten “gecoverten” Blues-Titel (ursprünglich “Someday Baby Blues” (1935) von Sleepy John Estes) entwickelt sich auch in der Montreux-Fassung zum beeindruckenden Robben Ford-Klassiker, einem “Schatzkästchen” Blues-Track mit preziös-artigen Solopassagen.

Bereits in jungen Jahren durfte der heute 73-jährige in der Band von Jimmy Witherspoon auftreten, George Harrison auf der US-Tour 1974 begleiten, Alben von u. a. Joni Mitchell, Little Feat und Bob Dylan tragen auch seine musikalische Handschrift. Insofern gehört Songwriting zum Selbstverständnis des veritablen Musik-Theoretikers und Sängers (Buchtitel “Blues Guitar Phrasing Mastery”). Die 3 Eigenkompositionen im Mittelteil des Konzertes (“You Put Me To The Bone”, “Step On It” und “Busted Up”) sprechen für sich und werden so zur Blues, Rock, Fusion, Jam Vorzeige-Performance der exzellenten Guitar-Kunst ausgebaut. Als weiterer, absoluter Höhepunkt des Auftritts folgt J. B. Lenoirs “Mama Talk To Your Daughter” aus dem Jahre 1954. Die alte Blues-Nummer ist breit angelegt und bietet neben den Soli von Ford aber vor allem Roscoe Beck am 6-saitigen Bass die Zeit, einen ausschweifenden Part zu absolvieren. Die Zugabe bringt mit “Tell Me I’m Your Man” zum Abschluss noch einen schönen Blues Rock aus eigener Feder und beendet nach rund 55 Minuten die etwas kurze Lehrstunde in Sachen Blues.

Die Scheibe „Live At Montreux 1993“ von Robben Ford & The Blue Line ist ein musikalisches Blues-Highlight – als DVD wird sie zudem zu einem visuellen Genuss, der die virtuose Brillanz dieser Performance eindrucksvoll in Szene setzt. Robben Ford, der 2016 nochmals für einen weitaus längeren Auftritt nach Montreux eingeladen wurde, spielt vor seiner Australien-Tournee übrigens im Februar erneut ein seltenes Big Band Konzert beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt.

Repertoire (2024)
Stil: Blues, Blues Rock

Tracks:
01. I Don’t Play
02. Politician
03. Worried Life Blues
04. You Cut Me To The Bone
05. Step On It
06. Busted Up
07. Mama Talk To Your Daughter
08. Tell Me I’m Your Man

Robben Ford
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Repertoire Entertainment

Greg Nagy – The Real You – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Greg Nagy ist ein vielseitiger Musiker, dessen Songwriting, Gesang und Gitarrenspiel zu einem erfrischend ehrlichen Sound zusammenfinden, wobei er Elemente aus Soul, R&B, Rock und Gospel miteinander mischt. So auch auf seiner Debütveröffentlichung „Walk That Fine Thin Line“, dem Nachfolgealbum „Fell Toward None“ und seinem dritten Werk „Stranded“. Bemerkenswert ist, dass Nagy seine Messlatte von Album zu Album immer etwas höher gehängt hat und diese nun in seinem neuesten Oevre „The Real You“ bereits verdammt hoch hängt. Es ist ein 11 Stücke umfassendes, sehr abwechslungsreiches Album, das man so schnell nicht leid wird. Vielen Songs gemein ist, dass sie mit präzisen und teils nostalgisch wirkenden Bläsersätzen aufwarten, gleichwohl aber auch Gitarrenlicks im Chicaostyle-Blues einbinden.

Nagy eröffnet sein Werk mit einem gefälligen, souligen Popsong namens „The Real You“, in dem bereits hier leicht nostalgische Bläsersätze ein tragendes Gerüst bilden. Mit dem Folgestück „Mississippi Blues“ setzt er sodann einen starken Kontrapunkt in Form eines gefühlvollen Deltablues mit Akustikgitarre und Mundharmonika. Ruhig fließt auch der Song „Crazy“ dahin, ein verträumter, balladesker Slowblues mit 70ger Jahre-Charme. Kangvolle Keyboardteppiche wabern durch den Chicagoblues „Never Mine“. Mit „Come To Poppa“ folgt ein recht heavy-rockiger Blues, dessen Stil von kräftigem Gebläse mit jaulender Gitarrenuntermalung geprägt ist. Dann wieder ruhige Töne: der Beatles-Klassiker „Something“ in neuem Gewand, hier als Duett mit der Sängerin Thornetta Davis.

„Cornell Ala King“, ein flotter, eingängiger Instrumental-Shuffle, weckt anschließend den dahingeschmolzener Zuhörer wieder auf, um ihn dann in den balladesken Midtempoblues „Baby, What Took Your Love Away From Me“ zu entlassen. Das für mich interessanteste Stück auf der Scheibe ist aber der Titel „Where Do We“, das mit analogem Vinylgeknister beginnt und zu dem sich der verkratzte Sound einer Akustikgitarre gesellt. All das geht schließlich in einen schönen Southernblues mit viel Charme über. Das Album endet hernach mit zwei Slowbluesnummern. In „All I Need (Is You)“ bespielt Nagy seine Akustikgitarre im Fingerpickingstyle und mit „The Joke“ klingt die CD, getragen von Pianoklängen und dezenter Percussionuntermalung, aus.

Greg Nagy dürfte hierzulande wohl noch nicht so bekannt sein, aber mit „The Real You“ wird sich das sicherlich schnell ändern. Der Longplayer ist stilistisch und musikalisch sehr abwechslungsreich und macht beim Hören so richtig Spaß, ohne auf die Dauer langweilig zu werden. Greg Nagy dürfte hierzulande noch ein Geheimtipp sein, nichtsdestotrotz gibt es von mir für seinen Silberling eine dringende Kaufempfehlung.

Eigenproduktion (2024)
Stil: (Soul) Blues

Tracks:
01. The Real You
02. Mississippi Blues
03. Crazy
04. Never Mine
05. Come To Poppa
06. Something
07. Cornell Ala King
08. Baby, What Took Your Love Away From Me
09. Where Do We
10. All I Need (Is You)
11. The Joke

Greg Nagy
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Ben Poole – 24.11.2024 – blues, Rhede – Konzertnachlese

Ben Poole beendet, wie schon in den letzten Jahren traditionell, seine Herbst Tour im blues im beschaulichen Rhede und hat als Gast seinen brüderlichen Freund Guy Smeets dabei. Etwas später als geplant betritt Poole gegen 19:30 Uhr die Bühne im gut gefüllten blues und es folgen über zwei Stunden Blues Rock der härteren Gangart mit vielen jammenden Passagen und starken Gitarrensoli, an denen auch der Niederländer Smeets einen gehörigen Anteil hat.

In die vorrangig eigenen Songs baut Poole auch einige Coverversionen ein, von denen die knapp 15-minütige Zugabe von „Fire & Water“ von Free eines der Highlights des Abends ist. Das vom Publikum gefeierte „Dont´t Cry For Me“ beginnt nicht mit einem Keyboard-Intro, den Part übernimmt Amadeo mit einem gefühlvollen Bassintro, bevor der Rest der Band, zunächst balladesk einsteigt, um mit einem explosiven Zwischenteil die Decke im blues abheben zu lassen. Dabei jagt eine Solopassage von Poole die folgende von Smeets.

Schon während des Konzerts beginnt die Band das Ende der Tour gebührend zu feiern, als Ben seinen Tourmanager mit auf die Bühne holt und alle gemeinsam erst mal gemeinsam mit einem Pinecken anstoßen, um danach direkt wieder wie entfesselt weiterzumachen.

Zwei Stunden krachender Blues Rock vergehen so im Fluge und an den Gesichtern der Fans lässt sich ablesen, dass es ein besonderer Abend war. Von Beginn an war der Funke von der Bühne aufs Publikum übergesprungen, was neben der musikalischen Leistung auch am sympathischen Auftreten der Band lag, in deren Gesichtern sich die Spielfreude widerspiegelte.

Das ausgewogene Licht und der transparente Sound hatten einen nicht unerheblichen Anteil an dem gelungenen Abend, dass zu erwarten ist, dass im November 2025 auch die Ansage folgen könnte „Same Procedere As Every Year“, mit dem einen oder anderen Erfrischungsgetränk während der Show.

Line-up:
Ben Poole – vocals, guitars
Steve Amadeo – bass
Ollie Dixon – drums, backing vocals
Special Guest:
Guy Smeets – guitar, backing vocals

Text & Bilder: Gernot Mangold

Ben Poole
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blues Rhede

Beth Hart – You Still Got Me – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Das inzwischen schon fast als Klassiker eingestufte Vorgängeralbum “A Tribute To Led Zeppelin” (2022) hat die Wartezeit etwas verkürzt: Nun hat Beth Hart ihr insgesamt 11. Studiowerk “You Still Got Me” vorgelegt; eine leidenschaftlich emotionale Produktion, gefüllt mit überstarken Songs, die unter die Haut gehen. Die hochtalentierte, Grammy-nominierte, US-Singer/Songwriterin (u. a. mit 3 European Blues Awards) veröffentlicht seit 1993 eigene Solo-Scheiben und hat insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Joe Bonamassa (u. a. “Black Coffee”) zurecht jede Menge weitere Fans erreicht. Jetzt vertiefen die Storytelling-Tracks und kraftvollen Kompositionen diese Verbindung.

Maßgeblich beteiligt war wieder Kevin Shirley, der bereits die Longplayer mit Bonamassa und das Solo-Album “Bang Bang Boom Boom” (2012) produzierte. Los geht die Scheibe mit “Savior With A Razor”, einem rockigen Opener, angeführt von Slashs Guns N’ Roses-Gitarre, während Beths Stimme die mitreißende Hymne vorwärts treibt. “Sie (Beth) ist eine unglaubliche Sängerin und Texterin…und eine echte Freundin. Sie ist unglaublich”, lobt Slash die Zusammenarbeit, die sich ebenso auf sein neues Studioalbum “Orgy Of The Damned” erstreckt. Dieses Teamplayer-Format schätzt auch Blues-Gitarrist Eric Gales, der auf dem zweiten Stück “Sugar N My Bowl” die elektrische Saitenzauberei übernahm. Das neben diesen groovigen Funk-Soul Tracks selbstverständlich Platz ist für bluesige und jazzige Chansons, z. B. “Drunk On Valentine”, ist typisch Hart; Etta James und Ella Fitzgerald sind dabei durchaus in Reichweite.

Überraschend findet sich jedoch ebenfalls ein moderner Old School Country-Rock in der Tracklist und bringt eine dicke Danksagung an den Man In Black (“Wanna Be Big Bad Johnny Cash”). Der Sprung in die folgende Klavierballade “Wonderful World” ist für Beth Hart nur ein kleiner und ein zusätzliches, unbedingtes Meisterstück des Albums, welches die Interpretin als überragende, soulige Stilistin feiert. Permanent im Gedächtnis bleibt der post break-up Song “Little Heartbreak Girl” und erhebt nicht zuletzt durch den einfallsreichen Klavier Tempo-Wechsel den berechtigten Anspruch, in die erste Reihe der Rock-Balladen aufzusteigen: Lyrisch eine Empowerment-Hymne, die einen Hauch von Traurigkeit, aber einen Sturm von Optimismus versprüht.

Kein Weg vorbei führt eindeutig am Titelsong. “I Still Got You” ist ein Masterpiece Love Story Track, eine Heart and Soul Ballade, die vielleicht nur Beth Hart in dieser charismatisch intensiven Weise singt und damit an Janis Joplin ebenso erinnert. Die filmreife Interpretation und die puren Emotionen des Gesangs heben den powervollen Epos in die obere “Etage” essentieller Musikstücke, eine Naturgewalt an Substanz und Inspiration, jedoch leider wegen der Länge von 6 Minuten kaum radiotauglich. Dabei ist es durchaus der Mut zu den überlangen Balladen, der dem Album “I Still Got You” insgesamt die persönliche Signatur, die berührende Authentizität und die seltene Magie verleiht, die Beth Hart als unbändige Sängerin und Musikerin erfolgreich ausstrahlt. Erleben kann man sie mit dem neuen Album auch auf Deutschland-Tournee, z. B. im November in Köln, Hamburg oder Berlin.

Mascot Label Group (2024)
Stil: Blues Rock, Soul

Tracks:
01. Savior With A Razor (feat. Slash)
02. Suga N My Bowl (feat. Eric Gales)
03. Never Underestimate A Gal
04. Drunk On Valentine
05. Wanna Be Big Bad Johnny Cash
06. Wonderful World
07. Little Heartbreak Girl
08. Don’t Call The Police
09. You Still Got Me
10. Pimp Like That
11. Machine Gun Vibrato

Beth Hart
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Hamburg Blues Band – 05.10.2024 – Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertnachlese

Zu den Klängen von Hans Albers Reeperbahn-Song betritt die Hamburg Blues Band die Bühne mit dem Ton eines Nebelhorns eines Schiffs. Die Band nimmt von da an die Fans auf eine rasante Fahrt mit knackigen Rock- und Blues- Songs. Gert Langes prägnante Stimme bringt den Blues in die Stücke und im zweiten Teil des Konzerts stößt der mittlerweile 84-jährige Chris Farlowe dazu und zeigt, dass er stimmlich noch voll auf der Höhe und dazu noch ein humorvoller Entertainer ist.

Krissy Matthews fegt zuweilen wie ein Irrwisch über die Saiten und setzt mit seinen gold-glitzernden Schuhen für einen schmunzelnden Seitenhieb von Farlowe. Reggie Worthey am Bass und Eddie Filip an den Drums sorgen wie gewohnt für eine fette Rhythmusarbeit. Nach etwa 100 Minuten beendet das Nebelhorn die zuweilen emotionale musikalische Reise der Hamburg Blues Band an diesem Abend.

Neben den eigenen Songs wie „Stony Times“ oder „Try Me Again“ kann Matthews mit „Hairdrying Drummer Man“ einen eigenen Track beisteuern und auch Farlowe bringt mit „I´ll Sing The Blues For You“ und „Shaky Grounds“ eigene Stücke. Stark ist auch, wie die Band, neben einigen eingestreuten Coversongs, den Small Faces-Hit „All Or Nothing“ gewissermaßen wiederbelebt.

Die Fans, die an dem Abend im Piano waren, werden ihr Kommen nicht bereut haben, wer weiß, wie oft man Chris Farlowe noch als Gastmusiker begrüßen darf.

Line-up:
Gert Lange (lead vocals, electric guitar)
Krissey Matthews (lead guitar, vocals)
Reggie Worthey (bass, vocals)
Eddie Filip (drums)
Special guest: Chris Farlowe (lead vocals)

Text und Bilder: Gernot Mangold

Hamburg Blues Band
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Musiktheater Piano

Jade MacRae – In My Veins – Digital-CD-Review

Wer als Backgroundsängerin in Joe Bonamassas Band über Jahre hinweg erfolgreich partizipiert, ist, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, für deutlich mehr prädestiniert, als nur ein paar schöne laszive Aahs, Oohs oder Uuhs. Jade MacRae, die wir jetzt auch schon sehr oft live erlebt haben, zeigt als Fronterin auf ihrem neuen, nur digital veröffentlichen Studio-Album „In My Veins“, dass sie Gesangsblut in ihren Adern mitgegeben bekommen hat.

Nebenbei sei bemerkt, dass die Protagonistin übrigens auch einen Universitätsabschluss als Pianistin und Violinistin vom Sydney Conservatorium Of Music hat.

Die 10 Tracks hatten ihren Ursprung während der Pandemie-Zeit, wo sich jede Menge  innerlicher Frust angestaut hatte und wurden später mit Leuten wie Kirk Fletcher (Gitarre, u. a. Ex-Fabulous Thunderbirds, Eros Ramazotti) , Lachy Doley (Voc, Hammond u. a. Jimmy Barnes, Glenn Hughes), Mahalia Barnes (Voc, u. a. Joe Bonamassa Band, Tochter von Aussie-Rocklegende Jimmy Barnes), Karen Lee Andrews (australische Sängerin(Ms Murphy)) und Jades Eltern, der renommierten Jazz-Sängerin Joy Yates und Fusion/Modern Jazz-Pianist Dave MacRae,und auch von Joe Bonamassa weiterentwickelt.

Der Gitarrenmeister himself liefert dabei auf dem sicherlich stärksten Stück des Werkes, dem slow-bluesigen „Early In The Morning“ eine packendes E-Solo, dass der ohnehin schon fesselnden Atmosphäre im Verlauf noch weitere dramatische Tiefe vermittelt.

Weitere Anspieltipps meinerseits sind der lässig groovende Opener „Out Of Sight“, das heftig und aggressiv  dahingeschossene Soulfeuer in „Shots Fired“, aber natürlich auch die ruhigeren Sachen wie „Reckoning“, das anprangernde „How Can We Live“, in denen Jade ihre ganze emotionale Verzweiflung der Pandemiezeit stimmlich in ihre Songs einbringt sowie auch das finale famose „Better This Time“ mit dem fast improvisiert wirkenden Instrumentalteil im Endbereich des Tracks.

Joe Bonamassa beschreibt sie als eine der talentiertesten Musikerinnen, die er je getroffen habe und in dieser Kombination von Seelenfülle und technischer Gewandtheit nur sehr selten vorkommt. Jade MacRaes neues Album „In My Veins“ untermauert dieses Statement mit tollen, spannenden und abwechslungsreichen Songs, handelnd von von Selbstliebe, positivem Denken in einer Zeit generationen-übergreifender Panik, Optimismus und dem Triumph über das Grauen. Und das mit einer Stimme, die im Blues-Soul-Bereich ihresgleichen sucht.

Eigenproduktion (2024)
Stil: Blues, Soul & More

01. Out Of Sight
02. Rose Coloured Glasses
03.  Little Joy
04. Early In The Morning
05. Eyes To The Sky
06. Shots Fired
07. Reckoning
08. How  Can We Live
09. In My Veins
10. Better This Time

Jade MacRae
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Brooke Lynn Promotion