Tab Benoit – I Hear Thunder – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Sehr, sehr lange hat Tab Benoit nichts mehr von sich hören lassen. Endlich nun ist sein neuestes Werk erschienen. „I Hear Thunder“ ist sein erstes Studioalbum seit sage und schreibe 13 Jahren!

Im Laufe der Jahre hat sich Tab Benoit anscheinend zu härteren Bluesriffs hin entwickelt. Auf seinem neuen 10-piece-Album ist der Blueser aus Baton Rouge, Louisiana dem Swamp Blues bzw. Lousiana Blues zwar im Wesentlichen treu geblieben, aber es dominiert eine etwas härtere Gangart, die sich auch in dem Opener „I Hear Thunder“ offenbart. Der Song wartet, einem Donnerhall gleich, mit heftigen Gitarrenriffs auf.

In manch anderen Stücken sind dann wieder auch durchaus funkige und Chicago-Style-artige Elemente zu hören. „The Ghost Of Gatemouth Brown“ ist ein Paradebeispiel dafür. In den Bereich Countryblues hingegen passen Songs wie „Still Gray“, „Overdue“ oder „Watching The Gators Roll In“, erstere sind ruhige Slowbluestitel und letzterer ist ein melodischer, sanft dahin fließender Bayoublues.

Die übrigen Tracks „Inner Child“, „Why, Why“, „Little Queenie“, „I’m A Write That Down“ und „Bayou Man“ pflügen, sägen und stampfen mit viel Energie durch das Album, dass es eine ware Freunde ist und passend dazu ergänzt Benoits erdiger Gesang alle Songs.

Großen Anteil am gelungenen Sound der Scheibe hat sicherlich auch die Gitarrenlegende Anders Osborne. Benoit und Osborne präsentieren sich auf dem Album als kongeniale Gitarristen, aber auch George Porter, Bassist der Meters, überzeugt mit seinem Groove. Als Gast bespielt er seinen Bass z. B. in den Stücken „Little Queenie“ und „I‘m A Write That Down“. Außerdem begleitet er Tab Benoit auch auf seiner aktuellen Tour zusammen mit den beiden Tourmates Terence Higgins (Schlagzeug) und Corey Duplechin (Bass).

„I Hear Thunder“ ist bereits am 30. August bei Whiskey Bayou Records erschienen. Insgesamt ein starkes Album mit zehn knackigen Tracks, aufgenommen, gemischt und gemastert vom Meister Tab Benoit himself.

Label: Whiskey Bayou Records (2024)
Stil: Blues

Tracks:
01. I Hear Thunder
02. The Ghost Of Gatemouth Brown
03. Still Gray
04. Inner Child
05. Watching The Gators Roll In
06. Overdue
07. Why, Why
08. Little Queenie
09. I‘m A Write That Down
10. Bayou Man

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Bruce Katz Band – Back In Boston Live – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Mit 100 Sitzplätzen ist The Fallout Shelter, Norwood bei Boston, MA., eine bemerkenswerte Venue. Zugleich Broadcast und Recording Studio mit High-End-Audio und Videoproduktion, sowie Live Streams auf Youtube, wird die legendäre Institution getragen von der gemeinnützigen Grassroots Cultural Organisation. Neben vielen anderen haben z. B. auch Larkin Poe vor fast 10 Jahren die “Extended Play Sessions” im Fallout Shelter als Promotion-Chance genutzt.

Und so haben wohl die Erlebnisse seiner Studienzeit am Berkeley College of Music und seine dortige Professur (1995 – 2010) eine Rolle gespielt und den genialen Piano, Organ-Keyboarder (und Bassisten) Bruce Katz nun wieder in seine ehemalige Heimatstadt gezogen, um die neue Scheibe “Back In Bosten Live” im Fallout Shelter einzuspielen. Die mit neun Eigenkompositionen und zwei Cover-Stücken vollgepackte Konzertaufnahme lässt an der Live-Power der exzellenten Band von Beginn an nicht den geringsten Zweifel, wobei es sich überwiegend um Instrumentals handelt, die in ihrer Intensität den Gesang leicht entbehren können.

Ein Highlight des Longplayers ist die fast 10-minütige Version des Allman Brothers/Dickie Betts Titels “In Memory of Elizabeth Reed”, inklusive eines outstanding Drum-Solo-Parts und Keyboard/Guitar Variationen. Zwei 9-Minuten-Tracks (“Get Your Groove” und “Gray’s Jam”) gehören zu den weiteren Konzerthöhepunkten. Die nicht nur vom Titel her groovenden und jammenden Rhythmen treibt Bruce Katz zusammen mit Gitarrist Aaron Lieberman, Gastmusiker Jesse Williams (u. a. North Mississippi Allstars) am Bass, und Schlagzeuger Livio Pop, durch grandiose Solo-Einlagen furios in ausgiebig breite Klangsphären.

Die pure Begeisterung beim Publikum steigert den Eindruck der kraftvollen Live-Performance. Aaron Lieberman, der auch die Gesangsparts übernimmt, hat mit dem 1934er Leroy Carr-Klassiker “Blues Before Sunrise” seine absolut herausragende Vocal-Nummer, deren krönende Piano-Passagen des mittlerweile 72-jährigen Bandleaders den seinerzeit sehr populären Blues-Interpreten Carr auszeichnen.

Auch der Boogie-Woogie und Rock’n’Roll “Don’t Feel So Good Today” (Jerry Lee Lewis hätte seine pure Freude!) rückt den Oldie-Charakter in den Vordergrund der Aufnahme. Chuck Leavell selbst Pianist und Keyboarder (in den 70ern u.a. Allman Brothers und inzwischen Musical Director der Rolling Stones) bringt es treffend auf den Punkt: “Bruce Katz …has fingers full of fire…whether on piano or hammond…”.

Die phänomenale Klangwelt aus Blues, Jazz, Soul und Jam-Band-Rock von Bruce Katz und seiner Band ist auf “Back In Boston Live” jederzeit präsent und steigert sich zu einer mehr als elektrisierenden Performance. Der Stellenwert dieser hochgradig gelungenen Produktion einer weitverzweigten American Roots Music Experience ist jedoch ebenso geprägt durch die unmittelbar hautnahe Atmosphäre im Fallout Shelter. Natürlich findet die CD-Release-Party dort am 13.09.2024 ebenfalls statt.

Dancing Rooster Records (2024)
Stil: Blues, Jazz, Soul

Tracks:
01. The Czar
02. Blues Before Sunrise
03. In Memory Of Elizabeth Reed
04. Don’t Feel So Good Today
05. Get Your Groove
06. Gary’s Jam
07. Dreams Of Yesterday
08. Take The Green Line
09. BK’s Broiler
10. Just An Expression
11. For Brother Ray

Bruce Katz Band
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Memphis Royal Brothers – Same – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Die Memphis Royal Brothers sind ein Zusammenschluss der talentiertesten Musiker aus Memphis, einige von ihnen sind Grammy-Gewinner und Grammy-Nominierte. Und sogar ein Oscar-Preisträger gehört der illustren Gesellschaft an. Die Truppe besteht nicht nur aus Gitarristen, Keyboarden, einem Drummer und Sängerinnen und Sängern, sondern wird auch durch eine Vielzahl von Bläsern (Saxophon, Trompete, Posaune), Stringsplayern (Geige, Cello und Bratsche) verstärkt. Ende Juli haben sie nun ihr erstes, selbstbetiteltes Album veröffentlicht.

Der Gitarrist Gary Bolen und sein Bruder Richard Bolen, der an dem Werk als Co-Produzent beteiligt ist, ließen sich zu diesem Longplayer durch den 2014’er Dokumentarfilm „Take Me To The River“ von Martin Shore inspirieren. Ein Film über amerikanische Soulmusik und das legendäre Label „Stax Records“. Und so ist es nicht erstaunlich, dass die Songs der „Memphis Royal Brothers“ stark vom Memphis-Soul, Blues und Americana beeinflusst sind und natürlich in den historischen Royal Studios in Memphis eingespielt wurden. Alle Stücke auf der CD sind Neukompositionen, an denen der Gitarrist Gary Bolan vielfach beteiligt war.

Herausragend ist für mich „Goin‘ South“. Hier glänzt Charlie Musslewhite an der Bluesharp und mit total relaxtem Gesang; ein Track, der die schwüle Hitze des Südens zu vermitteln vermag. Und dann sind da noch die Tracks mit Wendy Moten als Sängerin bzw. auch Solistin. In „Brand New Heart“, einem Song mit Country- / Americana Einschlag, liefert sie zusammen mit Jim Lauderdale die gesangliche Grundlage und in dem Slowblues „Ready To Use“ brilliert sie als einfühlsame Solistin.

Aber auch die übrigen Songs machen einfach nur Spaß. Die Bläsersektion spielt mit ihrem Groove kraftvoll und auf den Punkt genau, während sie u. a. von den Stax-Legenden Steve Potts am Schlagzeug, Michael Toles (Rhythmusgitarre), Charles Hodges und Lester Snell (Keyboards) unterstützt wird. Allen voran ist hier der flotte Schwofer „Good God I Got The Blues“ zu nennen. Darüber hinaus enthält „Gimmie Back The Keys To My Cadillac“ eine nette musikalische Überraschung in Form eines Zwiegespräches zwischen Sänger und Sängerin. Schließlich endet die Scheibe mit dem Slowblues „I Fall To Pieces“, eingeleitet von einem zarten Pianointro.

Die Memphis Royal Brothers haben mit ihrem Album dem Grunde nach ein musikalisch traditionelles Werk abgeliefert, das aber die Atmosphäre des Memphis-Souls verfeinert mit Blues- und Americana-Klängen auf melodische Art und Weise in die Gegenwart zu transportieren weiß. Für jeden der acht Tracks gibt‘s aus meiner Sicht klare 5 Sterne!

Royal Records / Mother West (2024)
Stil: Blues

Tracks:
01. Good God I Got The Blues
02. Goin‘ South
03. Brand New Heart
04. Ready To Rise
05. Gimmie Back The Keys To My Cadillac
06. Hot Night In June
07. What Mothers Do
08. I Fall To Pieces

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Johnny Ray Jones – Mystic Chiefs – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Die Mystic Chiefs, das sind die Musiker von Johnny Ray Jones‘ Allstar Band und gleichzeitig auch die Namensgeber für das erste Studioalbum dieser Truppe. Und die Liste der Bandmitglieder liest sich wie ein „Who is Who“ der Blues- und Rootsmusiker: der Gitarrist Junior Watson (u. a. Canned Heat und William Clarke), der Harpspieler Tex Nakamura (War) und der Perkussionist Stephen Hodges (Tom Waits), um nur drei herauszugreifen.

Auf „Mystic Chiefs“, welches auch das dritte Album des südkalifornischen Bluesers J. R. Jones ist, präsentiert er elf mitreißende Blues- und Rootsongs, Einige davon sind gekonnte Neuinterpretationen von Klassikern der Blueslegenden Sonny Boy Williamson („Trying To Get Back On My Feet“, „My Younger Days“), Willie Dixon („Don‘t Go No Further“, hier wunderbar relaxed und layed back dargeboten sowie „I‘m Ready“), James Moore („Shake Your Hips“) und anderen. Weitere Songs stammen aus dem Repertoire der L. A. Blueser The Red Devils, die Jones zeitweilig begleitete (u. a. „Automatic“, „Devil Woman“, „No Fighting“).

Das Album führt vom traditionellen Chicago Blues der 60’er Jahre à la Paul Butterfield, Mike Bloomfield oder Charlie Musselwhite hin zum L.A. Roots Rock der 80‘er und 90‘er Jahre, wie ihn z. B. die „Blasters“ und „The Red Devils“ gespielt haben. Alle Songs klingen sehr authentisch, nicht zuletzt auch wegen Jones‘ Stimme, die immer ganz leicht aus dem Off zu kommen scheint und irgendwie ein Analogfeeling hervor zu zaubern vermag. Die Scheibe dürfte also bei den Älteren unter unserer Leserschaft unweigerlich Erinnerungen an die “gute, alte Zeit“ aufkommen lassen. Und „I Wish You Would“ ist sogar von „Break On Through“ der Doors durchdrungen.

Carl Sonny Leyland liefert am Piano einen unglaublich guten Job ab, sei es bei „Automatic“ einem flotten Boogie-Woogie oder bei „Shake Your Hips“, einem Boogie im Stile von Canned Heat, aber auch dem Slowblues „My Younger Days“ weiß er Leben einzuhauchen. Nicht unerwähnt bleiben sollten auch Tex Nakamura‘s Leistungen mit der Mundharmonika, viele der Songs werden maßgeblich von seiner mitreißenden Spielkunst getragen.

Mit „Mystic Chiefs“ liefert Jones, der u. a. schon mit John Mayall, Walter Trout und Big Joe Turner auf der Bühne gestanden hat, ein straightes und zündendes Bluesalbum mit Clubfeeling ab. Der Umstand, dass es keine Liveaufnahmen sind,, schmälert dieses Gefühl absolut nicht. Ich kann ruhigen Gewissens sagen, dass diese 5-Sterne-Scheibe schon jetzt zu meinen All-Time-Favorites gehören wird.

Moondogg Records (2024)
Stil: Blues

Tracks:
01. Automatic
02. Trying To Get Back On My Feet
03. Devil Woman
04. Don‘t Go No Farther
05. Shake Your Hips
06. I Wish You Would
07. I‘m Ready
08. No Fightin‘
09. Sugar Sweet
10. My Younger Days
11. I‘ll Be Around

Johnny Ray Jones
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Mark Hummel – True Believer – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Mark Hummel ist seit knapp 50 Jahren im Bluesbiz und hat sich in dieser Zeit als virtuoser Mundharmonikaspieler, Sänger und Songwriter bewiesen. Sein neues, dreizehn Songs umfassendes, Album „True Believer“ macht da keine Ausnahme. Zusammen mit einer unglaublich guten Begleitband liefert er ein Album ganz im Stil des traditionellen Chicago Blues (z. B. „Stop Messin’ Round“) ab und baut dabei mitunter auch leichte Rock‘n‘Roll-Elemente ein („Ghosted“, „Jackknifed“).

Die Songs klingen alle herrlich nostalgisch, sind shuffelig oder verströmen den Geist guter, alter Barmusik („Who“). Nur zwei Stücke sind von gemächlicherer Gangart geprägt: der schmachtende Slowblues „Double Trouble“ und das schöne altmodische „Broken Heart“ mit viel Pianogeklimper. Allen Songs gemein ist Hummels hervorragendes Mundharmonikaspiel (insbesondere beim Opener „High Time For The Devil“ mit Oscar Wilson von den „Cashbox Kings“ als Sänger).

Mehr als die Hälfte der Stücke auf „True Believer“ stammen aus Hummels Feder, die übrigen sind Neuinterpretationen anderer, bekannter Bluesgrößen. Zudem wird er von erstklassigen Gastmusikern unterstützt. So ist Junior Watson als Gitarrist auf „Double Trouble“ und „Stop Messin‘ Round“ zu hören und Bob Welch verleiht „Headed For A Heartache“ am Klavier das nötige Salz in der Suppe, während Joe Beard bei „Shufflin Days“ als Gitarrist und Sänger dem Stück eine eigene Note verpasst.

Alle Nummern auf „True Believer“ machen ganz einfach Spaß. Nicht nur wegen der herausragenden Musiker, sondern weil die Songs im besten Sinne so wahnsinnig nostalgisch klingen. Die Füße wippen mit und man möchte unwillkürlich auf die Tanzfläche stürmen. Eine, wie ich finde, umwerfende, fröhliche Scheibe, die aus der Masse der Neuerscheinungen wohltuend heraussticht.

Rockinitis Records (2024)
Stil: Blues

Tracks:
01. High Time For The Devil
02. Ghosted
03. Headed For A Heartache
04. Double Trouble (Otis Rush)
05. What The Hell (Elvin Bishop)
06. Jackknifed
07. Stop Messin Round (Peter Green)
08. Broken Heart (B. B. King)
09. Who („Little Walter“ Jacobs)
10. Mr. Two/Third
11. The Toddle („Little Walter“ Jacobs)
12. Lil Electric Car
13. Shufflin Days

Mark Hummel
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Sauce Boss – The Sauce – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Manche Musiker kommen schon auf eigenartige Ideen. So auch der aus Florida stammende Bluesgitarrist Bill Wharton. Der fing nämlich in den 80er Jahren an, verschiedene Rezepte mit Paprika auszuprobieren. Die Gerichte fanden in seiner Nachbarschaft großen Anklang und Bill Wharton begann während seiner Konzerte seine Zuhörer mit „Gumbo“, einem Südstaaten-Eintopf mit unterschiedlichsten Zutaten, zu bekochen. Dem Publikum gefiel das und es wurde zu seinem Markenzeichen. Seitdem hat er seinen Spitznamen „Sauce Boss“ weg und besitzt ein Monopol für Blues ‚n‘ Gumbo.

Genauso, wie ein anständiges Gumbo-Gericht feurig-scharf ist und aus verschiedensten Zutaten besteht, genauso ist dieses Album, welches der Chef-Saucier größtenteils im Alleingang und mit viel, viel Slidegitarre bestreitet. Nur auf einer handvoll Songs sind zusammen mit ihm seine Mitstreiter Damon Fowler und Neal Goree an den Gitarren und Brett Crook am Schlagzeug zu hören.

Die Scheibe bietet mit ihren 12 Songs ein abwechslungsreiches Menü flotter und rhythmischer Stücke z. B. „Little Rhythm And Blues“, dem Beatles-Cover „The Word“ oder auch „I Will Play For Gumbo“, wo seine Stimme durchaus leichte Erinnerungen an Taj Mahal hervorruft. Und bei vielen Songs vermag man gar nicht zu glauben, dass Bill Wharton alle Instrumente gleichzeitig als „Ein-Mann-Band“ spielt.

Aber auch ein paar schöne, zum Träumen anregende Balladen, hat der Boss beigesteuert („Don‘t Know How To Tell You“, „Lonely Crowd“ im Dylan Stil und „Left Hand Smile“ mit Americana-Attitude). Sehr hörenswert auch „Down By The Sea“. Der Song ist eine Solonummer mit Hawaii typischen Klängen, gespielt auf einer National Steel-Guitar aus dem Jahr 1933 und verbreitet ein sorgloses Urlaubsfeeling. Genauso leichtfüßig und beschwingt kommt „Stop Breaking Down“ daher.

Nicht auf Hawaii, sondern im tiefen Süden der USA lässt sich der atmosphärisch dichte „Delta 9 Blues“ mit vielen, vielen fließenden Slideklängen verorten. Das kurze Instrumental „Space Ocean“ hingegen setzt einen Kontrapunkt zu den übrigen Stücken. Es bietet einen leicht psychedelisch-sphärischen Sound untermalt von Meeresrauschen. Und mit der stark „geslideten“ Interpretation von „Gloria“, im Original von Van Morrison, steht ein weiterer gelungener Coversong auf der Trackliste.

Es ist schwierig die Scheibe in eine reine Blues-Schublade zu stecken, da Sauce Boss die Grenzen zwischen den Genres verwischt: er steckt alle Zutaten in einen Topf, rührt gut um und heraus kommt seine spezielle Gumbo-Sauce. Das ist nicht negativ gemeint, sondern durchaus positiv zu verstehen, liefert es doch neue musikalische Dimensionen und Hörerlebnisse. Die Scheibe macht einfach nur Spaß und liefert Musik für alle Lebenslagen. Ach ja, das Album ist bereits seit dem 7.Juni im Handel.

Swampside Records (2024)
Stil: Blues

Tracks:
01. Little Rhythm And Blues
02. The Word
03. Delta 9 Blues
04. Space Ocean
05. Down By The Sea
06. Stop Breakin‘ Down
07. Don‘t Know How To Tell You
08. I Will Play For Gumbo
09. Lonely Crowd
10. Gloria
11. Little Rhythm And Blues Reprise
12. Left Handed Smile

Sauce Boss
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Sugaray Rayford – Human Decency – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Zwei Jahre nach seinem Award-gekrönten Album “In Too Deep” hat der US-amerikanische Soul-Blues-Sänger und Songschreiber Sugaray Rayford (B.B. King, Entertainer of the Year 2020) bereits seinen neuen Longplayer “Human Decency” am Start. Die Scheibe wurde, wie die drei erfolgreichen Vorgänger, von Songwriter Eric Corne (u. a. John Mayall, Lucinda Williams, Walter Trout) produziert und listet neun eigene Kompositionen.

Als Lead-off Single gibt “Run For Cover” sogleich Volldampf und pusht Sugarays außergewöhnliche Stimmkraft zum Sound der Bläsersection – ein echter Powersong. Die stampfende Soul-Rock Speed-Nr. “Ain’t That A Man” belebt die gute alte Sam & Dave Memphis-Soul-Time, und zusätzlich wird klassischer Soul im Stile von Solomon Burke in “Strawberry Hill” frisch aufgelegt. Country-Sänger Sam Morrow darf sich im Duett von “Stuck Between” als funkiger Soul-Blues-Interpret beweisen und auch hier leistet die Bläsertruppe, getragen von Joe Sublett, am Saxophon (u. a. Taj Mahal, Stevie Ray Vaughan, B.B. King Band) und Mark Pender, Trompete, (Ex E-Street Band) mehr als ganze Arbeit.

Dementsprechend ist auch der Titelsong “Human Decency” ein auffallend groovender R&B-Track und wird seinen Platz in Radio-Playlists sicher schnell finden. Autobiographische Texte sind im letzten Song (“Aha”) ein Teil Sugarays persönlicher Erinnerungen und bringen dazu noch einmal typischen Soul-Blues-Sound aus der frühen Blütezeit der 60er Jahre.

Sugaray Rayford, der leidenschaftlich in den Lyrics menschliche Probleme und Alltagssorgen sozialkritisch aufgreift, hat ein neues Kapitel der traditionsreichen US-Soul-Music aufgeschlagen. Sein aktuelles Album “Human Decency” verbindet die Elemente aus klassischen und modernen Soul-Blues-Melodien mit rauen und funkigen R&B Vibes – eine Award-verdächtige Mischung und auf jeden Fall durch und durch eine echte “Soulman” Produktion.

Forty Below (2024)
Stil: Soul, Rhythm ’n’ Blues, Blues

Tracks:
01. Failing Upwards
02. Human Decency
03. Stuck Between
04. Strawberry Hill
05. Run For Cover
06. Dirty Rat
07. Ain’t That A Man
08. Hanky Panky Time
09. Aha

Sugaray Rayford
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Devious Planet

Markey Blue Ric Latina Project – Blue Eyed Soul – CD-Review

Dem Vorgänger-Album „Jumpin‘ The Broom“ des Markey Blue Ric Latina Projects hatte ich ja bereits ausführlich meine Bewunderung gezollt, jetzt liegt mit „Blue Eyed Soul“ der Nachfolger vor. Hinter dem Projekt steht das Ehepaar Jeannette Markey und Eric B. Latina, beides erfahrene Musiker, die sich über diverse andere Projekte kennen- und lieben gelernt haben und schließlich nun schon seit längerem gemeinsam zu Werke schreiten.

Während ich den letzten Longplayer noch im Southern Soul verortet hatte, geht es auf diesem Silberling eher in die klassische Richtung des bluesigen Souls, allerdings in der absoluten ‚Laidback‘-Variante. Tiefenentspannung ist größtenteils angesagt, meistens so sanft und geschmeidig, dass mir die gute Sade mit ihren smoothen Songs auch immer wieder im Kopf herumschwirrt.

Allein sechs der zwölf Tracks haben es auch wieder zu TV-Präsenz geschafft und selbst Stax-Gitarrenlegende Steve Cropper, hätte bei „Baby I’m Crying“ („I couldn’t get the song out of my head“) am liebsten direkt mitgezupft. Das beschriebene Terrain ist natürlich prädestiniert für Markeys tolle Stimme (die kann aber vermutlich wirklich alles singen)…, Latina, lässt dabei in typischer Manier seine transparenten E-Gitarrenklänge, untermalend, füllend oder filigran in Solo-Manier einfließen.

Die anderen Instrumente wie Drums, Bass, BGVs, Horns und Keys sind diesmal durch diverse weitere Musiker mehrfach und somit sehr variabel besetzt, wobei besonders die Keyboarder mit ihrem akzentuierten Spiel, als auch einige Bläserzutaten, ebenfalls einen entscheidenden Beitrag leisten.

Während Markey Blue dazu rät, sich beim Hören der Scheibe ein Glass Wein einzugießen, sich zurückzulehnen und sich von diesen chilligen Soul/Blues-Vibes berieseln zu lassen, würde ich dem eher träumerisch veranlassten Menschen auch den eiskalten Longdrink an Deck eines schönen Boots, das dem stimmungsvollen abendlichen Sonnenuntergang entgegensegelt, als Alternative ins Spiel bringen. Auf jeden Fall tolle höchstmelodische Soul-/Blues-Musik, um, wie auch immer, die Seele einfach mal baumeln zu lassen.

Soul O Sound Records (2024)
Stil: Blues / Soul

Tracks:
01. Crazy Without You
02. Raining Down On Me
03. So Much
04. Baby I’m Crying
05. Yes I Do
06. Set My Heart Free
07. When I Close My Eyes
08. Can’t Let You Go
09. Me Missing You
10. Come On
11. With You
12. What Am I Gonna Do

Markey Blue Ric Latina Project
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Jesse Dayton – The Hard Way Blues – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Jesse Dayton wuchs im Südosten von Texas auf. Da liegt es nahe, dass er von Blues, Rockabilly, Country, aber auch vom Punk und Gothic geprägt wurde. Und die meisten dieser Einflüsse finden sich natürlich auch auf seiner neuen Scheibe „The Hard Way Blues“ wieder. Und sie machen es schwierig seinen Stil in eine bestimmte Schublade zu packen. Es ist weder reiner Blues oder Blues Rock, noch Country oder Americana, noch ist es Texas Blues, aber eine wilde, mitunter dreckige, Mischung aus alledem, wobei allerdings die Countryeinflüsse auf dieser Scheibe gefühlt überwiegen.

Irgendjemand hat für diesen wilden Stilmix mal den Begriff „Outlaw Country“ geprägt. Ein Stil also, der sich an keine gewohnten Konventionen hält und die Grenzen der Genres vermischt. Genau deshalb strahlt Jesse Daytons neues Album, das er innerhalb von nur einer Woche aufgenommen hat, wohl so viel Drive und pure Energie aus.

„The Hard Way“, der titelgebende Opener der Scheibe zum Beispiel, fängt relativ harmlos an, brennt dann aber in einem hochfrequenten Rhythmus ein Rock’n’Roll-Feuerwerk mit knallharten 70‘er Jahre-Riffs ab. Ähnlich ist auch „Night Brain“ mit einem gefälligen Fingerpicking-Intro konzipiert, sich dann aber im weitern Verlauf zu einem dreckig, schrammeligen Song entwickelt. Ruhiger, aber nicht weniger eindringlich, geht es anschließend mit „Talkin‘ Company Man Blues“ weiter, der übrigens auch im Refrain durch einen tollen Hintergrund Chor besticht.

Richtig fröhlich geht es in dem Country-Song „Baby‘s Long Gone“ zu. Mit kraftvoller Dynamik, Rock‘n‘Roll Hooks und dezenten Chicago Blues-Elementen hingegen präsentiert sich „Novasota“, während „Ballad Of Boyd Elder“ eine schöne Ballade mit Countryflair ist, aber dennoch rockig und energiegeladen daherkommt. Und im bittersüßen „Angel In My Pocket“ beweist Jessy Dayton seine Qualitäten als Liedermacher an der Akkustikgitarre. Melodiös und beschaulich mit Countryzutaten ausgestattet, geht der Longplayer sodann mit „Huntsville Prison Rodeo“ weiter, was seine Fortsetzung im balladesken „Esther Pearl“ findet. Zum guten Schluss wartet die Scheibe dann noch mit „God Ain’t Makin’ No More Of It“, einem rockig-harten Rausschmeißer mit leichter Boogie Woogie-Attitude auf.

„The Hard Way Blues“ hat mich total fasziniert. Die abwechslungsreiche Platte weist so viele kraftvolle Sounds und rockige Tracks auf, gepaart mit reichlich Countryeinlagen, dass es eine Freude ist, sie nicht nur einmal zu hören. Jesse Dayton zeigt sich zudem nicht nur als Gitarrenvirtuose, sondern auch als eloquenter Geschichtenerzähler. Das Album bekommt von mir daher eine absolute Kaufempfehlung. Ab dem 31. Mai ist es im Handel.

Blue Élan Records (2024)
Stil: Blues Rock & More

Tracks:
01. The Hard Way
02. Night Brain
03. Talkin‘ Company Man Blues
04. Baby‘s Long Gone
05. Navasota
06. Ballad Of Boyd Elder
07. Angel In My Pocket
08. Huntsville Prison Rodeo
09. Esther Pearl
10. God Ain‘t Makin‘ No More Of It

Jesse Dayton
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Henrik Freischlader – 26.05.2024 – Zeche, Bochum – Konzertbericht

Pünktlich um 18 Uhr betritt Henrik Freischlader mit seiner Band die Bühne in der anständig gefüllten Zeche in Bochum. Die Besetzung der Band mag für manche Fans etwas überraschend sein. Mit Hardy Fischötter an den Drums und Rene Pütz am Bass schrumpft die Band im Vergleich zu den letzten Jahren zu einem Trio, wie schon bei Lash, eine der ersten Bands, als Freischlader damals auch mit Pütz Anfang der 2000er Jahre Musik machte.

Fischötter und Pütz legen dabei einen Rhythmus vor, der Freischlader alle Spielräume gibt, sich an seinen Gitarren auszulassen. Mehrfach erhält er für seine Soli verdienten Szenenapplaus vom Publikum. In der Setlist spannt er einen Bogen aus seiner Anfangszeit mit „Dissapointed Woman“ bis zum letzten Album mit „Free“.

Herausragend aus einem starken Konzert sind die letzten drei Songs. Das epische „The Sky Is Crying“ läutet gewissermaßen das ‚finale furioso‘ ein. Beim etwa 20-minütigen „Breakout“ mit jammenden Phasen verlässt Freischlader nach einigen Minuten die Bühne und überlässt diese seiner Band.

Pütz legt ein, über mehrere Minuten gehendes Bass Solo hin, was von den Fans mit entsprechenden Applaus belohnt wird. Fischötter begleitet das Solo seines Kollegen zunächst eher dezent, danach selbst zu zeigen, was an den Drums möglich ist. Als Freischlader die Bühne wieder betritt, kehrt das Trio wieder ins Thema des Songs zurück und beendet unter dem Applaus der Fans zunächst den Gig.

Lautstarke Zugabeforderungen lassen das Freischlader & Co. schnell wieder auf die Bühne zurückkehren, um mit einer Eextended Version von „Bad Dreams-Wolkenwinde“ einen tollen Blues-Abend in der Zeche abzuschließen. Einen nicht unerheblichen Anteil an dem gelungenen Abend, der Wolfgang Stolt von Impuls Promotion ein Lächeln ins Gesicht zauberte, haben auch der Mischer, der für einen transparenten Sound sorgte und der Lichttechniker, der mit abwechslungsreichen Effekten die Musiker klasse ausleuchtete.

Line-up:
Henrik Freischlader– lead vocals, guitars
Rene Pütz – bass
Hardy Fischötter – drums

Text & Bilder: Gernot Mangold

Henrik Freischlader
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Impuls Promotion
Zeche, Bochum