Todd Snider – Crank It, We’re Doomed – CD-Review

Review: Michael Segets

Todd Snider veröffentlicht mit „Crank It, We’re Doomed” kein neues Album, sondern ein altes, das seinerzeit nie den Weg in die Verkaufsregale gefunden hatte. 2007 überkam Snider ein kreativer Overflow. Die Songs sprudelten und ein Doppelalbum wurde in Angriff genommen. Snider kam zu einem Punkt, an dem das Konzept des Albums verschwamm: Er hatte politisch motivierte Lieder und andere; Er bediente sich seiner Empfindung nach zu vieler Stilrichtungen. Eine durchgängige Linie war verloren und so verschwand das Album schließlich in der Versenkung.

Völlig vergebens war die investierte Arbeit jedoch nicht. Auf seinen nächsten Studioalben erschienen fünf Songs – zum Teil mit anderen Titeln – und sechs als neue Einspielungen. Neben den sechs ursprünglichen Versionen gibt es also vier weitere Stücke auf „Crank It, We’re Doomed”, die so noch nie gehört wurden. Die Entscheidung, das Album nun doch noch herauszubringen, lag vor allem daran, dass Snider nun den roten Faden des Werks erkannte: Es geht um einen Mann, der den Verstand verliert.

Die stilistische Vielfalt störte den Künstler schließlich nicht mehr. Tatsächlich bedient sich Snider mehrmals beim Blues wie beim Opener „From A Dying Rose“ oder bei „Doll Face“, das durch seinen Sprechgesang geprägt ist. Den Sprechgesang treibt Snider bei „What Make You Do It“ auf die Spitze. Der Track wird fast a cappella performt, lediglich im Hintergrund ist entfernt die Rhythmussection zu hören. Einen Wechsel zum Bluesrock vollzieht „Slim Chance Is Still A Chance“. Hier tritt ein kräftiger Backgroundgesang hinzu, der auch „Mission Accomplished“ Drive gibt.

Die Single „Juice“ scheppert schön und weist schon in Richtung Roots Rock, der mit „Handleman’s Revange“ auf dem Longplayer vertreten ist. Die andere Seite der Fahnenstange bilden dann „The War On Terror“, das mit akustischer Gitarre und dezenter Mundharmonika in der Folk-Tradition steht, oder das sanfte „Mercer’s Folly“.

„America’s Favorite Pastime“ bringt mit Geige und Orgel, die auch bei „The Last Laugh“ auffällt, nochmal neue Klänge auf die Scheibe. Das Stück findet sich bereits auf „The Excitement Plan“ (2009) und rangiert neben dem zwischen Folk und Country stehenden „West Nashville Grand Ballroom Gown“ auf den Spitzenplätzen der Titel. In die Kategorie alternative Country fallen „But Seriously Folks“ und der lockere Roadhouse-Schwofer „Don’t Tempt Me“ mit Loretta Lynn, die zudem an dem zuerst 2009 veröffentlichten Song mitschrieb. Ein weiterer prominenter Gastmusiker ist Kris Kristofferson auf dem abschließenden „Good Fortune“.

Dass seit dem Entstehen bereits sechzehn Jahre vergangen sind, merkt man dem Album nicht an. Die stilistische Bandbreite auf „Crank It, We’re Doomed”, die seinerzeit ein Grund dafür war, dass Todd Snider das Album auf Eis legte, wirkt nicht störend. Wie bei anderen Werken greift er auch hier in mehrere Schubladen, was quasi zwangsläufig dazu führt, dass nicht jedes Stück begeistert. Aber es finden sich wie üblich außergewöhnlich gute Songs auf der Scheibe. Die Veröffentlichung hat musikalisch etwas zu bieten und richtet sich nicht nur an historisch interessierte Fans.

Aimless Records – Thirty Tigers/Membran (2023)
Stil: Americana, Blues and more

Tracks:
01. From A Dying Rose
02. Juice
03. Handleman’s Revenge
04. Dpn’t Tempt Me
05. The War On Terror
06. America’s Favorite Pastime
07. Doll Face
08. But Seriously Folks
09. West Nashville Grand Ballroom Gown
10. Mercer’s Folly
11. What Made You Do It
12. The Last Laugh
13. Mission Accomplished
14. Slim Chance Is Still A Chance
15. Good Fortune

Todd Snider
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Thirty Tigers
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Margo Price – Strays – CD-Review

Review: Michael Segets

Margo Price war bislang vor allem in der Country-Sparte erfolgreich. Hohe Plazierungen in den entsprechenden amerikanischen und englischen Charts sprechen für sich. Darüber hinaus blickt sie auf mehrere Auszeichnungen sowie eine Grammy-Nominierung zurück. Auf ihrem vierten Studioalbum „Strays“ erweitert Price ihre musikalische Bandbreite. Mit ihrem countrytypischen Sopran konnte sie stimmlich oftmals in die Nähe der kürzlich verstorbenen Loretta Lynn gerückt werden. Nun zeigt Price auch gesanglich neue Facetten im Bereich des Rock, Pop und Americana.

In der ersten Hälfte von „Strays“ schlägt Price rockige Töne an. Der Opener und zugleich die erste Single „Been To The Mountain“ mit seinen leicht psychodelisch angehauchten Gesangseinsprengseln gibt dabei bereits die Richtung vor, die „Light Me Up“ fortführt. Dieses Highlight der CD beginnt sanft, nimmt dann Fahrt auf, um anschließend wieder das Tempo rauszunehmen. Price spielt hier raffiniert mit den Spannungskurven. Das I-Tüpfelchen setzt Mike Campbell (Tom Petty, The Dirty Knobs) an der E-Gitarre. Ebenfalls sehr gelungen ist die zweite Single „Change Of Heart“, das harmonisch rockt, ohne dabei glatt zu wirken.

Die Stücke auf dem Album sind durchgängig mit großer Bandbesetzung arrangiert. Eine Ausnahme bildet „Lydia“. Die akustische Gitarre von Price wird dort lediglich von Cello und Geigen begleitet. Als eher ungewöhnlich stellt sich der Einsatz von Synthesizern dar, auf den Price mehrmals zurückgreift. Nicht zuletzt deshalb erhalten einige Songs einen poppigen Touch. Am deutlichsten wird dieser bei „Radio“, das Price zusammen mit Sharon Van Etten singt. Besonders der beinahe schon als Teeny-Pop zu bezeichnende Track „Time Machine“ sticht heraus. Trotz dieser Kategorisierung hat der Song etwas und – so ungern ich das zugebe – er gefällt mir. Bei ihm war Price nicht am Songwriting beteiligt. Die anderen Titel verfasste sie meist in Kollaboration mit ihrem Mann Jeremy Ivey, von dem auch „Anytime You Call“ stammt. Bei dem unterstützen Jess Wolfe und Holly Laessig von Lucius Price am Mikro.

Entstanden sind die Songs überwiegend im Sommer 2021. Thematisch können die Texte als Rückblick auf verschiedene Krisen verstanden werden, die Price im Laufe ihres Lebens durchstehen musste. Ihre Biographie „Maybe We’ll Make It“ erschien im Oktober, sodass die Entstehung des Albums insgesamt in eine retroperspektive Phase von Price fällt. Musikalisch geht Price jedoch einen experimentelleren Weg und richtet damit den Blick nach vorn, um weitere Möglichkeiten der Selbstinterpretation auszuloten. Dass die Wahl der ersten Auskopplungen auf rockige Titel fiel, macht neugierig auf den zukünftigen Weg, den Price einschlägt.

Vor allem im hinteren Teil des Albums nimmt Price das Tempo allerdings zurück. Rudimentär sind noch einzelne Country-Einflüsse auszumachen („County Road“), aber insgesamt sind die Titel im Americana-Bereich zu verorten. Als Favorit unter diesen Stücken kristallisiert sich das atmosphärisch dunkle „Hell In The Heartland“ heraus.

Gemäß dem Albumtitel „Strays“ streunt Margo Price durch Gefilde des Rocks, Pops und Americana. Die Orientierung verliert sie bei dieser Unternehmung jenseits ihres Country-Reviers nicht. Gekonnt changieren die Songs zwischen den unterschiedlichen Stilrichtungen. Price experimentiert dabei mit vielfältigen Ausdrucksformen ohne den Boden zu verlieren. Man begleitet Price gerne bei ihrer Suche und es bleibt abzuwarten, wohin sie diese zukünftig führt: zurück zum Country oder auf zu neuen Ufern.

Loma Vista-Concord – Universal Music (2023)
Stil: Rock/Pop/Americana

Tracks:
01. Been To The Mountain
02. Light Me Up (feat. Mike Campbell)
03. Radio (feat. Sharon Van Etten)
04. Change Of Heart
05. County Road
06. Time Machine
07. Hell In The Heartland
08. Anytime You Call (feat. Lucius)
09. Lydia
10. Landfill

Margo Price
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Melissa Carper – Ramblin‘ Soul – CD-Review

Hätte ich ohne Vorabinformationen tippen müssen, aus welchem Jahrzehnt „Ramblin‘ Soul“ stammt, läge ich mindestens sechzig Jahre daneben. Klingt beispielsweise Charley Crockett mit seinem New Traditional Country und seinen Bluesinterpretationen schon Old School, dann toppt Melissa Carper dies bei weitem. Die totale Rückwärtsgewandtheit und die Weigerung irgendwelche Modernismen zu integrieren, beweist Mut und Konsequenz.

Aufgewachsen mit der Musik von Hank Williams, Patsy Cline, Loretta Lynn, Ray Charles, Elvis Presley und Jimmie Rodgers, setzte sich Carper später mit den Werken von Billie Holiday, Ella Fitzgerald, Frank Sinatra, Nat King Cole oder auch Lead Belly auseinander. Entsprechend vielfältig sind die musikalischen Stile, die auf „Ramblin‘ Soul“ mitlaufen: Blues, Soul, Jazz und Swing. Demgegenüber spielt beispielsweise der Country eine untergeordnete Rolle. Das Artwork des Covers führt daher leicht in die Irre.

Die Stücke am Anfang des Longplayers sind tendenziell stärker als die folgenden. Diese Einschätzung kann aber auch damit zusammenhängen, dass sich bei mir leichte Ermüdungserscheinungen beim Durchhören einstellen. Das Album erscheint insofern zwar homogen, dass die Songs durchweg sorgfältig arrangiert und durchaus rund sind, aber Titel, die Aufhorchen lassen, sind eher rar gesät.

Dabei sprechen mich die Uptempo-Nummern stärker an als die langsameren. „Ramblin‘ Soul“, „Zen Buddha“ und „1980 Dodge Van“ gehören daher zu meinen Favoriten. Den meiner Ansicht nach besten Song stellt „I Do What I WANNA“ dar, der vom frühen Rock’n Roll inspiriert ist. Der Western-Swing „Texas, Texas, Texas“ zählt ebenso wie das lockere „Boxers On Backwards“ zu den schnelleren Beiträgen.

Die Balladen sind oft von Doo Wop, Slide, Geige geprägt, die einen etwas süßlich schmachtenden Eindruck hinterlassen. In den Toleranzbereich fallen noch „Ain’t A Day Goes By“ und „Hit Or Miss“. „Hanging On To You” hat einen sanften Soul-Einschlag, den man mitgehen kann. Die vom Jazz beeinflussten „Holding All The Cards“ und „From What I Recall“ liegen hingegen nicht auf meiner Linie.

Wenn hier etwas kritischere Töne angeschlagen wurden, dann täuschen diese darüber hinweg, dass die Platte durchaus einen Retro-Charme versprüht und ein schlüssiges Konzept verfolgt. Auch wenn nicht alle Tracks fesseln, so sind doch einige dabei, die in ihrer quasi antiken Machart erfrischend sind.

Melissa Carper bringt mit „Ramblin’ Soul” ein für heutige Tage ungewöhnliches Album heraus, das sich an Nostalgiker richtet. Gute Musik ist zeitlos und manche Songs auf dem Werk hören sich nach alten Klassikern an. Auf Dauer fehlen dem Longplayer aber überraschende Impulse, obwohl Carper Elemente unterschiedlicher Stile, von Blues, Soul, Swing und Jazz aufnimmt.

Mae Music – Thirty Tigers (2022)
Stil: Blues and more

Tracks:
01. Ramblin’ Soul
02. Zen Buddha
03. Ain’t A Day Goes By
04. 1980 Dodge Van
05. Texas, Texas, Texas
06. That’s My Only Regret
07. Boxers On Backwards
08. I Do What I WANNA
09. Hit Or Miss
10. I Don’t Need To Cry
11. Holding All The Cards
12. From What I Recall
13. Hanging On To You

Melissa Carper
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Lucinda Williams – Funny How Time Slips Away: A Night Of 60’s Country Classics – CD-Review

Review: Michael Segets

Die vierte Folge von Lucinda Williams Cover-Projekt Lu’s Jukebox „Funny How Time Slips Away: A Night Of 60’s Country Classics” erscheint gleichzeitig mit der dritten „Bob’s Back Pages: A Night With Bob Dylan Songs“. Wie schon „Southern Soul: From Memphis To Muscle Shoals & More” richtet Williams das neue Album wieder thematisch und nicht an einem Songschreiber aus.

Williams gräbt tief in den Annalen der Country-Geschichte der 1960er Jahre. Herausgekommen ist eine Zusammenstellung, die sich an hartgesottene Liebhaber des Countrys traditioneller Machart wendet. Zwar nimmt die Stimme von Williams den Songs etwas an Süße, aber insgesamt prägt schmachtender Slide der Steel Pedal den Longplayer. „Take Time For The Tears“ ist eine Eigenkomposition, die dessen atmosphärische Ausrichtung ganz gut beschreibt.

Viele Musiker und Songs, auf die Williams zurückgreift, sind heute weitgehend in Vergessenheit geraten, wenn man kein Faible für den historische Country hat. Mit Tammy Wynette („Apartment #9“), Buck Owens („Together Again“), John Hartfold („Gentle On My Mind”) oder Carl Butler („Don’t Let Me Cross Over“) hatte ich bislang keine Berührungspunkte. Anders sieht es natürlich mit Willie Nelson aus, dessen Stück „Night Life Dig” aus dem Jahr 1960 allerdings ebenfalls vor meiner musikinteressierten Zeit lag.

Zwei Songs der Scheibe wurden auch von Elvis Presley gesungen: „Long Black Limosine“ und „Funny How Time Slips Away“. Sie stammen von Merle Haggard beziehungsweise Billy Walker. Als einziger Songwriter ist Hank Cochran mit zwei Titel vertreten („Make The World Go Away“, I Want To Go With You“). Zwischen den in der Machart sehr ähnlichen Titeln finden sich „First City“ von Loretta Lynn und der oftmals gecoverte Klassiker „I’m Movin‘ On“ von Hank Snow, die nicht nur durch ihr Uptempo herausstechen. Der kratzige, in einzelnen Passagen frech rotzige Gesang von Williams bringt frischen Wind auf die sonst eher gleichförmige Scheibe.

Der vierte Beitrag „Funny How Time Slips Away: A Night Of 60’s Country Classics” in Lucinda Williams Jukebox-Serie fällt gegenüber den bisherigen Alben der Reihe etwas ab. Dies liegt zum einen daran, dass sich die ausgewählten Originale bereits an eine spezielle Fangemeinde richten, zum anderen zeigen die Interpretationen im Gegensatz zu denen auf den vorherigen Werken eine geringere musikalische Variationsbreite. Dennoch reißt Williams mit ihrem Gesang einzelne Titel heraus.

Highway 20 – Thirty Tigers/Membran (2021)
Stil: Country

Tracks:
01. Apartment #9
02. Together Again
03. Make The World Go Away
04. Night Life Dig
05. Long Black Limosine
06. First City
07. I Want To Go With You
08. Don’t Let Me Cross Over
09. Gentle On My Mind
10. The End Of The World
11. I‘ Movin‘ On
12. Funny How Time Slips Away
13. Take Time For The Tears

Lucinda Williams
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The Flatlanders – Treasure Of Love – CD-Review

cover The Flatlanders - Treasure Of Love 300

Review: Michael Segets

The Flatlanders spielten ihr erstes Album 1972 ein, die Plattenfirma veröffentlichte es aber nicht. Nach diesem Fehlstart löste sich die Band erst einmal auf. In den folgenden Jahren kursierten einige Liveaufnahmen und Bootlegs, durch die das Trio, bestehend aus Joe Ely, Jimmie Dale Gilmore und Butch Hancock, einen legendären Ruf erwarb.

Erst 1990 kam das gemeinsame Debüt in leicht abgewandelter Form heraus und wurde ein kommerzieller Erfolg, an dem die Urheber allerdings keine Beteiligung erfuhren. Mittlerweile hatten die Musiker Solokarrieren eingeschlagen. Den Kontakt verloren die drei Freunde allerdings nie. Sporadisch ergaben sich Kollaborationen und für den Soundtrack zum Film „Der Pferdeflüsterer“ steuerten sie als The Flatlanders einen Track bei.

In der ersten Dekade der 2000er entstanden noch drei gemeinsame Alben. Ein weiteres Werk wurde begonnen, jedoch nicht vollendet, bis die Pandemie die Termin- und Tourkalender leerte. Die Zwangspause nutzten Ely, Gilmore und Hancock, um das Projekt fertigzustellen. Dafür engagierten Sie Lloyd Maines (The Chicks, Wilco, Kris Kristofferson, Loretta Lynn), der „Treasure Of Love“ zusammen mit Ely und dessen Frau Sharon produzierte.

Unter den fünfzehn Songs des Longplayers sind ältere und neuere Eigenkompositionen sowie einige Cover vertreten. The Flatlanders interpretieren „She Belongs To Me” von Bob Dylan, „Snowin‘ on Raton” von Townes Van Zandt, „Give My Love To Rose” von Johnny Cash und „Treasure of Love” von George Jones. Der Klassiker „Sittin‘ On Top Of The World“, mit dem die Band gerne ihre Konzerte beendet, beschließt auch das Album. Das Video zur ersten Single besticht durch die historischen Aufnahmen aus der frühen Bandgeschichte.

„Treasure Of Love“ umweht der Hauch der Siebziger, der bei „Ramblin‘ Man“ besonders deutlich spürbar ist. Das Album ist gradlinig produziert und verzichtet auf Modernisierungen oder Schnörkel. Die Texaner gelten als Mitinitiatoren des Alternative Country und bleiben dessen Ursprüngen in jedem Song verbunden. Die Instrumentierung bewegt sich daher auch in genretypischen Bahnen und setzt bei mehreren Stücken auf ausgiebigen Slide. Beim Opener „Moanin’ Of The Midnight Train” treffen The Flatlanders dabei genau das richtige Maß, zumal das kräftige Schlagzeug eine gelungen Gegenpol liefert.

Das Wimmern der Saiten ist auf manchen Tracks etwas viel, wie bei „The Ballad Of Honest Sam“. „I Don’t Blame You” geht in eine ähnliche Richtung, wenn es auch nicht ganz so süßlich wirkt. Besser gelungen ist die Country-Ballade „Love Oh Love Please Come Home”. Neben den getragenen Stücken präsentieren The Flatlanders einige flotte Nummern wie „Mobile Blue“ oder auch „She Smiles Like A River“. Ordentlichen Swing gibt die Band „Mama Does The Kangaroo” mit. Schließlich finden sich Bluegrass-Elemente („Satin Shoes“) und mehrstimmige Gesangseinlagen („Long Time Gone“) auf dem Album, sodass dessen Linie zwar erhalten bleibt, Variationen im Sound aber einfließen.

Wenn Charley Crockett, Colter Wall oder auch Vincent Neil Emerson als Vertreter des New Traditional Country gehandelt werden, dann vertreten The Flatlanders einen Old Alternative Country. Was vor fünfzig Jahren einen innovativen Schub in die Country-Musik brachte, klingt heute eher altbekannt. Dass die Neuauflage des Alten aber nicht schlecht sein muss, sondern durchaus einen eigenen Charme entwickeln kann, beweisen Ely, Gilmore und Hanock auf „Treasure Of Love“. Schätze liegen ja manchmal längere Zeit verborgen, bis sie wieder ans Tageslicht gehoben werden.

Rack’Em Records – Thirty Tigers/Membran (2021)
Stil: Alternative Country

Tracks:
01. Moanin’ Of The Midnight Train
02. Long Time Gone
03. Snowin’ On Raton
04. She Smiles Like A River
05. Love Oh Love Please Come Home
06. Give My Love To Rose
07. Treasure Of Love
08. Satin Shoes
09. The Ballad Of Honest Sam
10. Mama Does The Kangaroo
11. She Belongs To Me
12. I Don’t Blame You
13. Mobile Blue
14. Ramblin’ Man
15. Sittin’ On Top Of The World

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Todd Snider – Cash Cabin Sessions Vol. 3 – CD-Review

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Review: Michael Segets

Back to the roots! Nachdem Todd Snider den Entschluss gefasst hatte, sich auf seine Wurzeln zu besinnen und ein Folkalbum zu machen, hörte er sich die Aufnahmen von Woody Guthrie an und kehrte in das Cash-Cabin-Studio zurück, in dem er bereits 2015 mit Loretta Lynn einen Song aufgenommen hatte. Das Ergebnis präsentiert er nun mit „Cash Cabin Sessions Vol. 3“.

Die Nummerierung bietet Anlass für Spekulationen, bleibt aber erst mal ein Geheimnis, denn ein Vol. 1 oder Vol. 2 brachte Snider nicht heraus. Vielleicht deutet der Titel auf die Einreihung in die musikalische Tradition hin, in die er sein Werk stellt. Da sind einerseits die Einflüsse der Folkmusiker wie Woody Guthrie oder Leadbelly und andererseits die Inspiration durch Johnny Cash zu hören.

Letztgenanntem setzt er ein sehr poetisches Denkmal mit „The Ghost Of Johnny Cash“. Jack Henderson Clement, einem langjährigen Freund von Johnny Cash, gedenkt Snider bei „Cowboy Jack Clements Waltz“.

Mit gefühlvoller Gitarre und starker Stimme reflektiert Todd Snider auf „Working On A Song“ über das Songschreiben und ein wohl nie zu vollendendes Stück, an dem er seit 30 Jahren arbeitet. „Like A Force Of Nature“ ist ebenfalls ein persönlicher und äußerst gelungener Titel, bei dem Jason Isbell den Harmoniegesang übernimmt. Der Klang geht dabei in Richtung Hardpan oder Parsons Thibaud. Thematisch kreist der Song ebenso wie „Watering Flowers In The Rain“ um Freundschaft.

Ein Folkalbum lässt natürlich auch politische oder sozialkritische Töne erwarten. Dieser Erwartung entspricht Snider auf der Hälfte der Titel. Dabei zeigt Snider, dass er das Herz auf dem rechten Fleck hat. Sei es, wenn er einen unreflektierten Patriotismus anprangert, sei es, wenn er feststellt, dass es sich anscheinend nicht immer auszahlt, das Richtige zu tun. Nun melden sich also auch die Musiker, wie gerade erst Ryan Bingham, zur derzeitigen politisch-sozialen Situation in den USA vermehrt zu Wort. Aber die Intellektuellen sind sowieso nicht das Problem in den Staaten.

Eingängig sind „Just Like Overnight“ und das leicht nölig gesungene „Framed“. Sperrig hingegen wirken die mit Sprechgesang vorgetragenen „Talking Relity Television Blues“, „Timeless Response To Current Events“ und „The Blues On Banjo“. Zusammen mit den beiden kurzen Intermezzi „Dedication“ und „Explanation“ erscheint ein großer Teil der CD damit ziemlich sprechlastig.

Snider spielt alle Instrumente, d. h. vor allem akustische Gitarre und Mundharmonika, selbst. Das Werk ist stripped down und tritt damit konsequent in die Fußstapfen der Folksinger und -songwriter. Sieht man von den gesprochenen Bluesstücken ab, die zwar politisch korrekt sind, mich aber musikalisch nicht so mitnehmen, liefert Todd Snider mit „Cash Cabin Sessions Vol. 3“ ein Album mit soliden Folktiteln ab, unter denen der Opener „Working On A Song“, „Like A Force Of Nature“ und „The Ghost Of Johnny Cash“ hervorstechen.

Aimless Rec./Thirty Tigers/Alive (2019)
Stil: Folk

Tracks:
01. Working On A Song
02. Talking Reality Television Blues
03. Like A Force Of Nature
04. Just Like Overnight
05. The Blues On Banjo
06. Framed
07. The Ghost Of Johnny Cash
08. Dedication
09. Cowboy Jack Clements Waltz
10. Explanation
11. Watering Glowers In The Rain
12. A Timeless Response To Current Events

Todd Snider
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