Lucinda Williams – Sings The Beatles From Abbey Road – CD-Review

Review: Michael Segets

Ob man eher der Fraktion der Stones- oder der Beatles-Hörer zugehört, war in meiner Generation noch eine Glaubensfrage. Mir steht die Musik der Rolling Stones näher. Heute werden nicht mehr so tiefe Gräben zwischen den Lagern gezogen – sofern sie überhaupt noch eine Rolle in der popkulturellen Alltagswelt der Jugend spielen. Die musikgeschichtliche Bedeutung beider Bands dürfte unbestritten sein und professionelle Musikerinnen und Musiker finden in deren Musik immer noch Inspiration.

In ihrer Lu’s Jukebox-Reihe widmete sich Lucinda Williams bereits Tom Petty, Bob Dylan und eben auch den Rolling Stones. Bei ihnen sind die Verbindungen zu Williams Musik offensichtlicher als bei den Beatles. Dass sie sich nun deren Songs vornimmt, mag etwas überraschen. Vielleicht ist der Gedanke, sich dieser Band zuzuwenden, der Erinnerung an ihre Zeit als Teenager geschuldet. Egal, ob diese Spekulation stimmt: Das Experiment gelingt. Williams reduziert die poppigen Anteile der Originale und erdet die Songs, sodass man kaum merkt, dass diese zum Teil sechzig Jahre auf dem Buckel haben. Ich mag Williams Stimme und Gesang. Die Eigenheiten kommen bereits beim Opener „Don’t Let Me Down“ zum Ausdruck. Bei manchen ihrer Longplayer können ihre Interpretationen etwas anstrengend wirken, was aufgrund des eingängigen Materials auf „Lucinda Williams Sings The Beatles From Abbey Road“ aber nicht der Fall ist.

Williams wählt neben einigen Hits auch weniger bekannte Stücke aus. Sehr schöne Versionen liefert sie von „Can’t Buy Me Love“ und „Let It Be“. Als weiteren Klassiker spielt Williams „With A Little Help From My Friends“. Dem ursprünglich von Ringo Starr gesungene Titel gibt Williams zwar ihre individuelle Note, das Cover nimmt mich aber nicht ganz so mit, wie die vorher genannten. Die Songs stammen in der Regel von Paul McCartney und John Lennon. Eine Ausnahme bildet „While My Guitar Gently Weeps“, das von George Harrison geschrieben und gesungen wurde. Der Track findet sich ebenso wie „Yer Blues“, das bei Williams zum wunderbaren Swamp-Blues mutiert, auf dem „Weißén Album“ (1968).

Mit vier Tracks ist der Longplayer „Let It Be“ (1970) der Fab Four am stärksten berücksichtigt. Von diesem stammt auch „I’ve Got A Feeling“, dem Williams ein bluesrockiges Gewand gibt. Hier setzt Williams phasenweise auf einen kräftigen Harmoniegesang wie bei anderen Stücken („I’m Looking Through You“, „Rain“) auch. Dort geht er aber stärker in die Richtung, wie man es von den Engländern kennt. Dennoch transformiert die Musikern alle Songs in ihren eigenen Stil, sodass man nicht unbedingt auf die Idee kommt, dass es sich um Werke der Beatles handelt – wenn man es nicht wüsste.

Williams begab sich für die Sessions eigens nach London in The Abbey Road Studios, wo The Beatles ihre Meilensteine aufnahmen. Aus einer Randnotiz der Pressemitteilung geht hervor, dass Williams bislang als einzige namhafte Künstlerin dort Songs von den Beatles einspielte – außer natürlich die Band selbst. Vielleicht kann dies auch als Zeichen dafür gedeutet werden, dass es ein gewisses Risiko darstellt, sich an die Titel der Kultband heranzuwagen. Williams meistert die Herausforderung problemlos, indem sie die Stücke zu ihren eigenen macht.

Highway 20 – Thirty Tigers/Membran (2024)
Stil: Rock

Tracks:
01. Don’t Let Me Down
02. I’m Looking Through You
03. Can’t Buy Me Love
04. Rain
05. While My Guitar Gently Weeps
06. Let It Be
07. Yer Blues
08. I’ve Got A Feeling
09. I’m so Tired
10. Something
11. With A Little Help From My Friends
12. The Long And Winding Road

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Oktober Promotion

Charley Crockett – $10 Cowboy Chapter II: Visions Of Dallas – Digital-Album-Review

Review: Michael Segets

$10 Cowboy” wurde von Kritik und Publikum sehr positiv aufgenommen. Nach gerade mal drei Monaten schiebt Charley Crockett nun „$10 Cowboy Chapter II: Visions Of Dallas” hinterher. Ungeachtet üblicher Veröffentlichungsrhythmen gibt Crockett dann seine Musik heraus, wenn er es für richtig erachtet. Nun war anscheinend der optimale Zeitpunkt für ihn gekommen und seine Fans werden ihm das neue Album sicherlich nicht verübeln. Die Produktion der Hard-Copies dauert dann aber doch noch eine gewisse Zeit. LP und CD erscheinen am 29.11.2024.

Die selbst für Crockett ungewöhnlich schnelle Herausgabe neuen Materials hat seinen Grund darin, dass die Tracks auf „$10 Cowboy Chapter II: Visions Of Dallas” bereits bei den Sessions für „$10 Cowboy” aufgenommen wurden. Die Überlegung stand seinerzeit im Raum, ein Doppelalbum fertigzustellen, aber Crockett entschied sich für zwei getrennte Longplayer. Das von Taylor Grace geschriebene „Visions Of Dallas“ inspirierte ihn dazu, den Songs, die um thematisch um Dallas und Texas kreisen, ein gesondertes Werk zu widmen. So erklärt sich dann auch der etwas sperrige Albumtitel.

Crocketts neues Werk umfasst zwölf Tracks, von denen er die Hälfte selbst verfasst oder zumindest mitgeschrieben hat. Er covert Songs von Ringo Starr beziehungsweise Bobby Pierce („Loser’s Lounge“), den Osborne Brothers („Lonesome Feeling“), Hoyt Axon („Trouble And Misery“) sowie von Johnny Cash („Crystal Chandeliers And Burgundy”). Bei Bob Dylans „Goodbye Holly” nimmt Crockett Veränderungen am Text vor. Eigenkompositionen und Coverstücke wechseln sich ab und fügen sich nahtlos ineinander. Das Konzeptalbum hinterlässt somit einen homogenen Eindruck. Stilistisch weist es eine geringere Bandbreite auf als das vorherige, aber es gibt keine Lückenfüller.

Crockett liefert erneut New Traditional Country auf gewohnt hohem Niveau. Insidern wird das soulige „How Low Can You Go“ bekannt sein, das er bereits 2019 veröffentlichte. Ebenfalls typisch ist die Kürze der Songs. Deren Länge liegt meist unter drei Minuten und selbst der längste Track „20/20 Vision“ erreicht keine vier Minuten. „$10 Cowboy Chapter II: Visions Of Dallas” bleibt daher ein kurzes Vergnügen – aber ein Vergnügen.

Vor allem „Killers Of The Flower Moon“ ist dabei hervorzuheben. Thematisch greift der Song die Geschichte des gleichnamigen Films (2023) von Martin Scorsese auf, zu dem der im letzten Jahr verstorbene Robbie Robertson (The Band) den Soundtrack schrieb. Besonders bemerkenswert ist ebenso das sanfte „Loretta“. Dort lässt Crockett seine Stimme an manchen Stellen abfallen, was an den Gesang von Chuck Prophet erinnert.

Mit „$10 Cowboy Chapter II: Visions Of Dallas” lässt Charley Crockett keine Zweifel daran, wer der King of New Traditional Country ist. Den Mix aus Eigenkompositionen und Covern fügt Crockett in gewohnt souveräner Art zu einem stimmigen Album zusammen, mit dem er seinen Heimatstaat Texas würdigt.

Son Of Davy – Thirty Tigers/Membran (2024)
Stil: New Traditional Country

Tracks:
01. Visions Of Dallas
02. Avoiding Mirrors
03. Trouble And Misery
04. Killers Of The Flower Moon
05. Crystal Chandeliers And Burgundy
06. How Low Can You Go
07. Lonesome Feeling
08. Charlene
09. Losers Lounge
10. 20/20 Vision
11. Loretta
12. Goodbye Holly

Charley Crockett
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Oktober Promotion

T. G. Copperfield – Steppenwolf – CD-Review

Review: Michael Segets

Nach Jack McBannons kürzlich erschienenen Album „Tennessee“ kommt nun ein weiterer Longplayer in die Regale, der belegt, dass die Amerikaner kein alleiniges Abo in Sachen Americana und Roots Rock beanspruchen können. Mit „Steppenwolf“ wildert der Regensburger Tilo Georg Copperfield ebenfalls in diesen Regionen. Copperfield beeindruckt mit seinem Output: „Steppenwolf“ ist seine elfte Veröffentlichung seit 2017. Zuletzt brachte er in Kooperation mit dem Gitarristen Ben Forrester (Allen-Forrester Band, Stone Water) „Out In The Desert“ (2023) heraus.

Copperfield setzt auf Unmittelbarkeit statt auf technische Mittel und lange Überarbeitungsprozesse, um das ursprüngliche Gefühl der Songs zu erhalten. Die acht Tracks der neuen Scheibe wurden Ende Januar an zwei Tagen live in der Mühle der Freundschaft, Bad Iburg, unter der Federführung von Marcus Praed (Tito & Tarantula) eingespielt. Laut Liner Notes plante Copperfield zunächst ein auf Gitarre und Gesang reduziertes Songwriter-Werk, holte dann aber doch seine bewährten Mitstreiter Michael Hofmann (Drums, Percussion, bgv), Claus Bächer (Keys) und Alexander Schott (Bass) mit ins Boot.

Der Titel des Albums geht auf den gleichnamigen Roman von Hermann Hesse zurück. Auch andere Songs spielen auf literarische Werke an. Bekannt sein dürften „The Lord Of The Flies“ von William Golding und „The Call Of The Wild“ von Jack London. Dazu gibt es dann noch biblische Bezüge („Jonah & The Whale“). In den Texten werden zumeist innere Spannungen aufgegriffen, die sich aus der Opposition zwischen dem Drang nach einem ungebunden Leben und dem Wunsch nach Geborgenheit in der Gemeinschaft ergeben. Von dieser Thematik hebt sich „Burn In Hell“ ab, bei dem Copperfield – inhaltlich in der Tradition von Dylans „Masters Of War“ – mit Kriegstreibern abrechnet. Der Antikriegssong ist der rockigste Track auf der CD.

Der Opener „From The Cradle To The Grave“ und „The Lord Of The Flies” folgen den musikalischen Spuren von Tom Petty und dessen Schaffensphase in den 2000ern rund um „Highway Companion“. Hervorzuheben ist darüber hinaus „Jonah & The Whale“. Der locker gespielte, von den Keys getragene Song geht ins Ohr. Später tritt Bächer nochmal deutlich in Erscheinung, wenn er „The Night Is Coming Down“ mit den Klängen seines Tasteninstruments unterfüttert. Unter die Songs, die sich irgendwo im Americana bewegen, schmuggelt sich mit „Highway Café“ eine Country-Nummer der klassischen Machart dazwischen.

„Steppenwolf“ klingt nicht so erdig, wie man nach der Entstehungsgeschichte vermuten könnte. T. G. Copperfield verfolgt eine moderne Spielart des Americana, knüpft dabei gelungen an Traditionen an und lässt gelegentlich seine Affinität zum Roots Rock sowie zum Country aufblitzen.

Die CD erscheint in einem hochwertigen Digi-Pack mit stimmig gestalteten Beiheft, in dem die Songtexte sowie Liner Notes abgedruckt sind. Das Album ist sicherlich auch bei seiner diesjährigen Tour durch den Süden Deutschlands erhältlich. Er gibt Shows als Akustik Trio und mit The Electric Band. Am zwölften November ist er solo als Support von Robert Jon & The Wreck in Obertraubing zu erleben.

Timezone Records – Timezone (2024)
Stil: Americana

Tracks:
01. From The Cradle To The Grave
02. Burn In Hell
03. The Lord Of The Flies
04. My Dirty Mind
05. Jonah & The Whale
06. Highway Café
07. The Night Is Coming Down
08. The Call Of The Wild

T. G. Copperfield
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Timezone Records

Charley Crockett – $10 Cowboy – CD-Review

Review: Michael Segets

„Those folks who talk about me have never lived no life like mine.“ So lautet ein Vers aus „Good At Losing“, der Kritikern nochmal in Erinnerung ruft, dass sie nur begrenzte Kompetenzen haben, über das Werk von anderen zu urteilen. Ebenso ist es schwierig, die Authentizität der erzählten Geschichten festzustellen. Charley Crocketts neues Werk wirkt jedenfalls ehrlich, wenn es darum geht, einen Einblick in sein Leben zu geben. Er gehört zu der Spezies, die unermüdlich unterwegs ist und am laufenden Band Longplayer herausbringt. Dieses Leben on the road thematisiert Crockett auf „$10 Cowboy“ und verbindet seine Reflexionen gelegentlich mit einem Blick auf die Atmosphäre in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Songs entstanden innerhalb von zwei Monaten, die er im Bus während seiner Tour quer durch die USA verbrachte.

Mit dem neuen Album macht Crockett als Songwriter einen gewaltigen Sprung nach vorn. Sein prägnanter Gesang gibt seinen diversen Cover-Projekten einen eigenen Reiz und auch unter seinen selbstverfassten Kompositionen finden sich beachtliche Stücke, die lange Zeit nachwirken. Mit „$10 Cowboy“ gelingt ihm allerdings sein bislang bestes Album, das keinen einzigen Durchhänger aufweist. Dies liegt zum einen an den authentisch wirkenden Texten, aber zum anderen auch an den ausgearbeiteten Songstrukturen, die sowohl eingängig als auch variationsreich sind. Crockett löst sich dabei etwas stärker von den traditionellen Mustern, auf die er früher deutlicher rekurriert.

Man kann Crockett sicherlich als derzeit führenden Vertreter des New Traditional Country bezeichnen. Die klassischen Elemente des Genres greift er auf („Diamond In The Rough“, „Midnite Cowboy“), sie wirken aber nie althergebracht oder langweilig. Besonders das lockere „Ain’t Done Losing“ geht mit seinem runden Refrain ins Ohr. Die Stücke sind abwechslungsreich arrangiert. Streicher untermalen „Good At Losing“; Bläser geben „America“ Soul mit. Einen souligen Einschlag haben auch „Gettin‘ Tired Again“ sowie „Lead My Way“.

Das dylaneske „Solitary Road“, auf dem Crockett der elektrischen Gitarre Raum gibt, sticht auf dem Album hervor. Es unterstreicht die These, dass sein Songwriting eine neue Qualitätsstufe erreicht hat. Die Namen der einzelnen Tracks, wie beispielsweise der Titel der ersten Single „Hard Luck & Circumstances“, deuten bereits an, dass Crockett Rückschläge und Niederlagen verarbeitet, dabei verliert er aber den Blick für das Schöne am Wegesrand („City Of Roses“) nicht. Crockett zeigt sich als Mann, der zu seinen Entscheidungen und seine Wahl ein Leben als durchziehender Vagabund zu führen, steht.

Mit „$10 Cowboy“ legt Charley Crockett ein Meisterwerk vor, das seine bisherigen Alben übertrifft. Dabei sind weniger die einzelnen Titel, von den er bereits zuvor einige hervorragende aufzuweisen hat, sondern die Geschlossenheit des Konzepts hervorzuheben. In den Texten zieht er Bilanz über sein Leben als ständig tourender Musiker. Das ist thematisch nicht neu, aber die Tiefe der Selbstreflexion ist beachtlich. Musikalisch bleibt er zwar seiner Richtung treu, aber auch hier ist ein freier und kreativer Umgang mit den Traditionen auszumachen.

Son Of Davy – Thirty Tigers/Membran (2024)
Stil: Country

Tracks:
01. $10 Cowboy
02. America
03. Hard Luck & Circumstances
04. Good At Losing
05. Gettin’ Tired Again
06. Spade
07. Diamond In The Rough
08. Ain’t Done Losing
09. Solitary Road
10. City Of Roses
11. Lead The Way
12. Midnite Cowboy

Charley Crockett
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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Buddy & Julie Miller – In The Throes – CD-Review

Review: Michael Segets

Wenn ich anfangen würde, die Musiker aufzuzählen mit denen Buddy Miller im Laufe seiner Karriere zusammengearbeitet hat, dann müsste ich eine lange Reihe von Verlinkungen zu der Interpretenliste von SoS einfügen. Ich beschränke mich daher auf zwei kurze Hinweise: sein Mitwirken auf der aktuellen Scheibe von Lucinda Williams sowie auf Jim Lauderdale, mit dem er einen gemeinsamen Longplayer aufnahm. Die Veröffentlichung seines sechsten und bislang letzten eigenen Studioalbums liegt allerdings schon ein Dutzend Jahre zurück.

Seine Ehefrau Julie brachte eine Vielzahl von Longplayern heraus und kollaborierte mehrfach mit Patty Griffin und Größen wie John Hiatt oder Shawn Colvin. Sowohl Buddy als auch Julie sind also in der Songwriter-Szene fest verhaftet. Seit Anfang der 2000er treten die Millers als Paar in Erscheinung und scheinen sich mittlerweile auf gemeinsame Werke zu konzentrieren.

Die Songs auf „In The Throes“ schrieb Julie in einem Rutsch. Einzig „Don’t Make Her Cry“ ist ein Gemeinschaftsprojekt von Bob Dylan und Regina McCrary, dem sie den letzten Schliff mitgab. Das Ehepaar teilt sich die Gesangparts auf der CD. Die Stimme von Julie schmeichelt sich nicht unmittelbar ein, während Buddys Gesang den Songs einen weicheren Touch mitgibt. Gerade vom Zusammenklang der beiden leben die Stücke, wie beispielsweise das herausragende „Niccolo“.

Harmonisch wirken die ruhigen Tracks, bei denen Buddys Gesang im Vordergrund steht. Neben dem bereits erwähnten „Don’t Make Her Cry“ fallen „Tattooed Tear“ und „I’ll Never Live It Down“ in diese Kategorie. Alle drei Titel sind schöne Balladen, die markanteren Beiträge stellen aber die Tracks dar, auf denen Julie die Lead Voices übernimmt. So bekommt der Opener „You’re My Thrill“ eine leicht angeschrägte Note, die ihn unverwechselbar macht. In Sachen Expressivität legt das rockige Titelstück noch eine Schippe drauf. Stark ist zudem „The Painkillers Ain’t Workin‘“, bei dem Julies Stimme ebenfalls dominiert. Gurf Morlix tritt hier als Gastmusiker auf.

Einhören muss man sich bei dem bluesigen „I Been Around“, das fast schon psychodelische Züge trägt. Eingängig ist hingegen das mehrstimmig angelegte „We’re Leavin‘“ mit Stuart Duncan an der Geige. Der Refrain lädt zum Mitsingen ein, wenn man sich an dem religiös angehauchten Text nicht stört.

Emmylou Harris gibt sich bei „The Last Bridge You Will Cross“ die Ehre. Das Cello von Matt Slocum unterstreicht die getragene Stimmung der Ode an den 2020 verstorbenen Bürgerrechtler John Lewis, dem bereits Willie Nile auf „The Day The Earth Stood Still“ ein musikalisches Denkmal setzte. Die Themen der anderen Songs drehen sich zumeist um Freude und Frustration in einer Beziehung. Wer wie die Millers seit über dreißig Jahren verheiratet ist, wird davon wohl selbst ein Lied singen können. Schön ist, wenn nach dieser Zeit noch ein gegenseitiges „I Love You“ ausgesprochen wird.

Das Gemeinschaftsprojekt von Buddy und Julie Miller „In The Throes“ zeigt erneut, wie gut das Ehepaar harmoniert. Julie liefert das Songmaterial, Buddy arrangiert es kongenial. Ihr Gesang steuert expressive Töne bei, seiner stellt einen ausgeleichenden Gegenpol dar. Dabei kommt eine spannende Mischung zwischen progressiven und traditionsverbundenem Americana heraus. In diesem Genre sichern sich die Millers mit „In The Throes“ einen Platz auf der Bestenliste 2023.

New West Records – Redeye/Bertus (2023)
Stil: Americana

Tracks:
01. You’re My Thrill
02. In The Throes
03. Don’t Make Her Cry
04. Niccolo
05. I Love You
06. The Last Bridge You Will Cross
07. The Painkillers Don’t Workin’
08. Tattooed Rose
09. I Been Around
10. I’ll Never Live It Down
11. We’re Leavin’
12. Oh Shout

Buddy & Julie Miller
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V2 Records Promotion GSA

Tom Petty And The Heartbreakers – Live At The Fillmore 1997 – CD-Review

Review: Michael Segets

Die Familie Petty und Mike Campbell (The Dirty Knobs), der langjährige Weggefährte von Tom Petty, halten die Erinnerung an den Ausnahmemusiker wach. „Wildflowers & All The Rest“ war bereits ein Mammutprojekt, das von ihnen gestemmt wurde. „Live At The Fillmore 1997“ erscheint nun ebenfalls als umfangreiche Zusammenstellung, bei der zudem Ryan Ulyate und Heartbreaker Benmont Tench an der Produktion – an der sich soundtechnisch nichts auszusetzen lässt – beteiligt waren.

Wie bei dem zuvor genannten Projekt liegen unterschiedliche Veröffentlichungsversionen vor. Das kürzere Paket umfasst drei LPs beziehungsweise zwei CDs, das längere jeweils doppelt so viele Tonträger. Die Deluxe-Ausgaben bieten neben der zusätzlichen Musik ein umfangreiches Booklet und ein paar Gimmicks. Die auf Vollständigkeit der Sammlung bedachten Fans, müssen also etwas tiefer in die Tasche greifen oder auf das Wohlwollen des Weihnachtsmanns hoffen.

Tom Petty And The Heartbreakers hatten Anfang 1997 zwanzig Auftritte innerhalb eines Monats im Fillmore, San Francisco. Dabei variierte die Band die Setlist jeden Abend und einige Auftritte wurden durch Gastmusiker wie Roger McGuinn (The Byrds) und John Lee Hooker veredelt. Auf „Live At The Fillmore 1997“ sind Mitschnitte von mehreren dieser Abende vertreten, wobei der Gesamtaufbau an dem eines Konzerts orientiert ist, beginnend mit der Begrüßung und endend mit der Verabschiedung. Dazwischen sind einige, erfreulicherweise von den Musiktracks gesplittete Zwischenbemerkungen eingestreut.

Die Deluxe-Ausgaben bietet 58 Songs, unter denen 35 Cover zu finden sind. Wer „The Live Anthology“ (2009) besitzt, kennt bereits fünf Versionen. „Green Onions“ auf der Anthologie wurde ebenfalls im Fillmore aufgenommen, aber an einem anderen Tag als die aktuell veröffentlichte Variante. Insgesamt sind wenige von Tom Pettys eigenen Klassikern vertreten, was insofern Sinn macht, dass sich „Live At The Fillmore 1997“ in erster Linie an Fans richtet, die diese sowieso schon in ihrem Bestand haben.

Dennoch verzichtet die Zusammenstellung nicht auf seine bekannten Titel, die teilweise in deutlich veränderten Interpretationen gespielt werden. So sind beispielsweise Pettys frühe Hits „American Girl“ und „Even The Loosers“ akustisch gehalten. „I Won’t Back Down“, langsam und mit viel Gefühl performt, begeistert dabei ebenso wie das über zehnminütige „Mary Jane‘s Last Dance”, bei dem die Heartbreakers ihrer Spielfreude freien Lauf lassen. Darüber hinaus sind Pettys Erfolgsnummern „Runnin‘ Down A Dream“, „Free Fallin‘“ oder „You Don’t Know How It Feels” vertreten.

Als besonders interessant stellen sich die Cover dar. Das Programm umfasst Stücke von The Kinks, The Byrds oder The Rolling Stones neben frühen Titeln des Rock ’n Roll (u. a. „Bye Bye Johnny“). Positive Überraschungen stellen „You Are My Sunshine“ und „Ain’t No Sunshine“ von Bill Withers dar. Vor allem aus heutiger Perspektive ist Bob Dylans „Knockin‘ On Heavens Door“ bewegend, das Petty in seiner einzigartigen Art singt.

Petty war ein hervorragender Songwriter und Interpret, was „Live At The Fillmore 1997“ eindrucksvoll belegt. Zu der musikalischen Qualität von Tom Petty And The Heartbreakers und ihrer Liveperformanz muss an dieser Stelle wohl weiter nichts gesagt werden. Der Leader und die Band sind perfekt aufeinander abgestimmt und präsentieren sich in Topform.

Bislang unveröffentlichte Cover sowie zum Teil deutlich veränderte Versionen eigener Stücke machen „Live At The Fillmore 1997“ zu einer sinnvollen Ergänzung jeder Musiksammlung. Die Zusammenstellung aus mehreren Konzertabenden beweist, warum Tom Petty And The Heartbreakers zu einer der besten Formationen der Rockgeschichte zählen.

Warner Records/Warner Music (2022)
Stil: Rock

Tracks:
CD 1
01. Pre-show (spoken interlude)
02. Around And Around
03. Jammin’ Me
04. Runnin’ Down A Dream
05. Good Evening (spoken interlude)
06. Lucille
07. Call Me The Breeze
08. Cabin Down Below
09. The Internet, Whatever That Is (spoken interlude)
10. Time Is On My Side
11. Listen To Her Heart
12. Waitin’ In School
13. Let’s Hear It For Mike (spoken interlude)
14. Slaughter On Tenth Avenue
15. Homecoming Queen Intro (spoken interlude)
16. The Date I Had With That Ugly Old Homecoming Queen
17. I Won’t Back Down
18. You Are My Sunshine
19. Ain’t No Sunshine
20. It’s Good To Be King

CD 2
01. Rip It Up
02. You Don’t Know How It Feels
03. I’d Like To Love You Baby
04. Diddy Wah Diddy
05. We Got A Long Way To Go (spoken interlude)
06. Guitar Boogie Shuffle
07. I Want You Back Again
08. On The Street Intro (spoken interlude)
09. On The Street
10. California
11. Let’s Hear It For Scott And Howie (spoken interlude)
12. Little Maggie
13. Walls
14. Hip Hugger
15. Friend Of The Devil
16. Did Someone Say Heartbreakers Beach Party? (spoken interlude)
17. Heartbreakers Beach Party
18. Angel Dream
19. The Wild One, Forever
20. Even The Losers
21. American Girl
22. You Really Got Me
23. Goldfinger

CD 3
01. Mr. Roger McGuinn (spoken interlude)
02. It Won’t Be Wrong
03. You Ain’t Going Nowhere
04. Drug Store Truck Drivin’ Man
05. Eight Miles High
06. Crazy Mama
07. Everyone Loves Benmont (spoken interlude)
08. Green Onions
09. High Heel Sneakers
10. John Lee Hooker, Ladies And Gentlemen (spoken interlude)
11. Find My Baby (Locked Up In Love Again)
12. Serves You Right To Suffer
13. Boogie Chillen
14. I Got A Woman

CD 4
01. Sorry, I’ve Just Broken My Amplifier (spoken interlude)
02. Knockin’ On Heaven’s Door
03. Honey Bee
04. County Farm
05. You Wreck Me
06. Shakin’ All Over
07. Free Fallin’
08. Mary Jane’s Last Dance
09. Bye Bye Johnny
10. (I Can’t Get No) Satisfaction
11. It’s All Over Now
12. Louie Louie
13. Gloria
14. Alright For Now
15. Goodnight (spoken interlude)

Tom Petty
Warner Records
Oktober Promotion

Skye Wallace – Support: Vego Jazzmin Mash – 17.09.2022, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

Letzten Samstag wollte ich mit einem Freund einfach nur Livemusik genießen und war mal nicht im Auftrag des Herrn Daniel unterwegs. Im Nachhinein fand ich es aber schade, wenn die tolle Show der sympathischen Kanadierin Skye Wallace und ihrer Band bei SoS unerwähnt bleiben sollte. Daher folgen nun doch ein paar Zeilen zu einem Abend in der Kulturrampe, der in Erinnerung bleiben wird.

Dieser begann kurz vor 21 Uhr als Vego Jazzmin Mash in einem extravaganten Outfit die Bühne betrat. Die Musik war ebenso gewagt und lässt sich schwer in Kategorien beschreiben. Vielleicht trifft es Post-Grunge einigermaßen? Vego Jazzmin Mash, der sich kurz als Jan vorstellte, rockte mit kräftigen Riffs auf seiner elektrischen Gitarre, begleitet von einer Loop Station. Die Songs wurden überwiegend auf Englisch gesungen, zwei auch auf Deutsch – darunter „Autofahren. Arbeiten. Autofahren.“

Der Titel mit minimalistischem Text stach unter den Stücken heraus und hatte den größten Wiedererkennungswert. Gesanglich nicht immer ganz treffsicher, merkte man der Performance doch das Herzblut an, das Jan in seine Musik steckt. Das Rampenprogramm bietet sowieso einer bunten musikalischen Palette Raum und das Publikum ging den experimentelleren Ansatz von Vego Jazzmin Mash mit.

Zwischenzeitlich roch es auf der Bühne wohl angekokelt, sodass Jan befürchtete, die Rampe in Brand gesetzt zu haben, weil er so hart rockte. Zum Glück blieb ein Feuer und die Evakuierung aus. Mit Anspielung auf eine Textzeile von Tom Petty – the sky was the limit – leitete er dann das Finale seines Auftritts ein und räumte die Bühne anschließend für Skye Wallace.

Line-up:
Vego Jazzmin Mash (vocals, guitar, harmonica, loop station)

Nach ganz kurzen Umbaumaßnahmen kündigte Markus Peerlings die Band aus Toronto an, wobei er sich über das zahlreiche Erscheinen der Musikfreunde freute. Wallace sprach später dem Chef der Kulturrampe einen herzlichen Dank für die rundum gelungene Betreuung aus und war voll des Lobes für die Atmosphäre der Location. Die Arbeit, die Markus im Umfeld der Konzerte leistet, wird von den Künstlern hoch geschätzt und dies mag auch ein wesentlicher Grund dafür sein, dass hervorragende Bands in Krefeld gastieren und gerne wiederkommen.

Gut aufgelegt startete Wallace mit einer Auswahl von temporeichen Stücke ihres aktuellen, selbstbetitelten Albums. „Death Of Me“, „There Is A Wall“, der ältere „Mean Song 2“, „Suffering For You” und „Always Sleep With A Knife” ließen kaum eine Verschnaufpause zu. Einzig die kurzen Ansprachen von Wallace, bei denen Sie auch einige Sätze auf Deutsch formulierte, ließen etwas Zeit zum Durchatmen.

Weiter ging es mit den aus meiner Sicht stärksten Songs des Konzerts. Vor allem „Truth Be Told“ von dem für Oktober angekündigten Album begeisterte in der Liveversion. „Body Lights The Way“ mit einem kurzen Gitarrensolo von Devon Lougheed und die gradlinige Rocknummer „Everything Is Fine“ beendeten den ersten, rasanten Abschnitt des Gigs.

Wallace, die ihre Karriere als Singer/Songwriter begann, bevor sie ins Rockmetier wechselte, schickte Ihre Band anschließend in den Zuschauerraum, um ihr Frühwerk „Ain’t It Hell“ allein mit akustischer Gitarre anzustimmen. Für „Swing Batter“ holte sie Keyborderin Gina Kennedy und Bassistin Jenna Strautman als Backgroundsängerinnen zurück auf die Bühne. Bei „Keeper“ folgte Gitarrist Devon Lougheed. Nach diesem ruhigeren Teil vervollständigte dann Schlagzeuger Chris Dimas bei „Tooth And Nail“ wieder das Quintett und läutete so den rockigen Abschluss des Hauptsets ein, der an den Stil des Einstiegs anknüpfte.

„The Doubt“ war neben „Keeper“ einer der beiden noch unveröffentlichten Songs der in den Startlöchern stehenden Scheibe, die an diesem Abend zu Gehör gebracht wurden. Bei „Coal In Your Window“ und „Reaper“ flogen nochmal die langen Haare von Wallace, Kennedy und Lougheed. Besonders Kennedy zeigte sich als ständig präsenter Aktivposten und schüttelte das Tamburin temperamentvoll durch, wenn sie nicht an den Keys benötigt wurde.

Als Zugabe wählte Wallace den Bob Dylan Titel „One More Cup Of Coffee“ und das abschließende „Blood Moon“. Die Anwesenden hätten gerne noch eine zweite Zugabe gehört. Ein akustischer Ausklang wäre hier durchaus zeitlich denkbar und passend gewesen. Aber auch ohne diesen gingen viele Zuhörer nach der knapp eineinhalbstündigen Performance positiv gestimmt zum Merchandise-Stand. Wallace stand dort für Signaturen oder Gespräche bereit. Das kommende Album „Terribly Good“ hatte sie noch nicht im Gepäck, dafür aber ihre noch aktuelle CD sowie ein schön gestaltetes Booklet mit Lyrics und Stories.

Skye Wallace rockte mit ihrer Band die Kulturrampe. Frisch, unverkrampft und energiegeladen fegte das Quintett aus Kanada über die Bühne. Kurz unterbrochen von einem geschickt in der Mitte des Programms platzierten akustischen Intermezzos, gingen die Songs durchweg ein hohes Tempo. Bei der Setlist setzte Wallace vor allem auf Titel ihrer letzten CD und spielte zudem eine Reihe aktueller Stücke von ihrem Album, das im Oktober erscheint.

Line-up:
Skye Wallace (lead vocals, guitars)
Gina Kennedy (keyboard, tambourine, bgv)
Jenna Strautman (bass, bgv)
Devon Lougheed (guitar, bgv)
Chris Dimas (drums)

Text und Bilder: Michael Segets

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Kulturrampe

Cruzados – She’s … Automatic! – CD-Review

Review: Michael Segets

Ende der 1980er, als CDs noch auf dem Vormarsch waren, erstand ich den ersten selbstbetitelten Longplayer (1985) der Cruzados auf dem Wühltisch. Die Band war mir völlig unbekannt und ich griff auf gut Glück zu. Am nächsten Tag war ich wieder im Laden und staubte die zweite Scheibe „After Dark“ (1987) zum Sonderpreis ab. Dies war der wesentliche Output der Truppe, die sich auflöste als Frontmann Tito Larriva mit Tito & Tarantula eine neue Band gründete, die Mitte der 1990er nicht zuletzt durch die Mitwirkung an dem Film „From Dust Till Dawn“ größere Bekanntheit erlangte.

Etwa zu dieser Zeit drehten sich auch die beiden Cruzados-Alben das letzte Mal in meinem Player. Erst als ich durch die Konzertankündigung der Kulturrampe darauf aufmerksam wurde, dass die Band tourt, griff ich wieder ins Regal holte die alten CDs hervor und besorgte mir das neue Album.

Treibende Kraft hinter der Reanimation der Cruzados ist Songwriter und Bassist Tony Marsico, der bereits mit Bob Dylan, Neil Young, Roger Daltrey, Marianne Faithfull und Willie Nelson zusammenarbeitete. Als einziges Mitglied des ursprünglichen Quartetts suchte er Mitstreiter, mit denen er den Geist der Cruzados wieder aufleben lassen konnte. Fündig wurde er als neuen Sänger bei Ron Young von Little Caesar, der seine Gitarristen Loren Molinare und Mark Tremalgia sowie den Schlagzeuger Rob Klonel mitbrachte.

Marsico empfand das frühzeitige Ende der Cruzdados immer schon als unbefriedigend und möchte das neue Album als Reminiszenz an die beiden verstorbenen Ur-Cruzados Marshall Rohner und Chalo Quintana verstanden wissen. Das Projekt unterstützten auch andere Musiker aus der LA-Szene. So sind als Gäste unter anderem David Hidalgo und Steve Berlin von Los Lobos oder auch Dave Alvin dabei.

“She’s … Automatic!” ist eine Scheibe geworden, die von vorne bis hinten rockt, einzig unterbrochen durch die mittig platzierte Ballade „Sad Sadie“. Straight forward gehen neben dem Titeltrack auch der Opener „On The Tilt A Whirl“ und „Wing And A Prayer“. Klasse gitarrengetriebenen Rock bieten „54 Knockouts“ sowie das staubige „Nine Million Tears“. Daneben finden sich der Boogie „Let Me Down“ und das Southern-Flair versprühende „Across This Ghost Town“. In Richtung Bluesrock gehen „Son Of The Blues“, „Long Black Car“ ebenfalls wie das abschließende „Rock That Boat“.

Tony Marsico als einziges Bandmitglied der Urbesetzung lässt die Cruzados wieder auferstehen. Mit Ron Young als neuem Frontmann liefert die Band eine Scheibe ab, die ein hohes Tempo geht. Ehrlicher, handgemachter Rock, der ohne Schnörkel die Songs auf den Punkt bringt, stehen auf dem Programm. Die aktuellen Auftritte, mit denen „She’s … Automatic!” promotet wird, versprechen Highlights in der nun wieder anlaufenden Konzertsaison zu werden.

Deko Entertainment/Cargo (2022)
Stil: Rock

Tracks:
01. On The tilt A Whirl
02. Across This Ghost Town
03. Nine Million Tears
04. She’s Automatic
05. Son Of The Blues
06. Sad Sadie
07. Long Black Car
08. Let Me Down
09. Wing And A Prayer
10. 54 Knockouts
11. Rock That Boat

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Ian Noe – River Fools & Mountain Saints – CD-Review

Review: Michael Segets

„Letter To Madeline“ von Ian Noes Debütalbum „Between The Country“ (2019) tönt regelmäßig durch meine Lautsprecher. Nun präsentiert der Songwriter ein Duzend neuer Stücke, die über die letzten zwei Jahre verstreut entstanden und aufgenommen wurden. „River Fools & Mountain Saints“ festigt seinen Ruf als aufstrebender Songwriter.

Mit der lyrischen Qualität seiner Texte nimmt Noe einen Spitzenplatz unter den Storytellern seiner Generation ein. Wie der Titel schon nahelegt, spielt er mit Dualismen und entwirft damit stimmige und stimmungsvolle Charakterzeichnungen seiner Protagonisten. Narren und Heilige und alle dazwischen vom Kriegsveteranen bis zur Dealerin bevölkern seine Texte.

Inspiration holt er sich dabei von den Menschen des ländlichen Kentucky sowie von der bergigen Landschaft seiner Heimat. Naturgewalten, Isolation und Einsamkeit – nicht zuletzt wegen der Pandemie – zählen daher zu seinen Themen. Noe selbst bezeichnet sein Albums als romantisch, da es bei ihm um Befreiung geht. Allerdings muss man schon sehr genau auf die Lyrics achten, um optimistische Zwischentöne wahrzunehmen. Die meisten Songs wirken eher getragen. Stilistisch changieren sie zwischen Folk und Outlaw-Country, also irgendwo zwischen Bob Dylan und Steve Earle.

Das Album steigt mit der ersten Single „Pine Grove (Madhouse)“ ein. Der eingängige Track zählt zu den opulenter instrumentalisierten Stücken des Longplayers. Die zweite Auskopplung „River Fool“ ist typischer für den Teil seiner Songs, der einen Country-Einschlag aufweist. Wie bei „Strip Job Blues 1984“ ist eine Geige präsent, bei „Lonesome As It Gets“ eine Pedal Steel. Dies sind allesamt gute Nummern, die aber im Verlauf der CD noch getoppt werden.

Ein Song, der mich direkt überzeugt, ist „Tom Barrett“. Obwohl er unaufgeregt und gleichmäßig erscheint, entwickelt er eine dichte Atmosphäre. Dies schafft er durch die Orgel im Hintergrund und das gedämpfte Schlagzeug. „Ballard Of A Retired Man“ ist noch eine Spur ruhiger. Mit seinen starken sprachlichen Bildern lässt er einen in einer wehmütigen Stimmung zurück. „Appalachia Haze“ und „One More Night“ legt Noe ebenfalls akustisch und fast minimalistisch an. Beim letztgenannten Song überrascht der Einsatz eines Waldhorns. Noe gelingt mit ihm erneut eine wunderbar gefühlvolle Ballade.

Die elektrische Gitarre wird dann bei „POW Blues“ und dem besonders starken „Burning Down The Prairie“ ausgepackt, die zwischen Country Rock und Outlaw Country liegen. Mit den beiden Songs zeigt sich Noe nochmal von einer neuen Seite, die dem Gesamtwerk zugutekommt. Abwechslung in die Begleitung bringt zudem das Klavier bei „Mountain Saint“. Derry DeBorja (Jason Isbell And The 400 Unit ) konnte Noe für die Keyboards gewinnen. Bemerkenswert sind zudem die unterschiedlichen Klangfarben, die das Schlagzeug im Verlauf des Longplayers erzeugt.

Den Abschluss der CD bildet das Medley „Road May Flood/It’s A Heartache“. Der Hit von Bonnie Tyler hat nichts mehr von seinem Bombast, allerdings unterlegt Noe den Song passagenweise mit orchestralen Streichern. Diese bleiben aber unaufdringlich, was zeigt, dass Noe die Kunst beherrscht, seine Songs zwar instrumental auszubauen, aber nicht zu überladen.

Mit „River Fools & Mountain Saints” etabliert sich Ian Noe als hervorragender Songwriter. Das Hinhören auf die Texte und die musikalischen Nuancen lohnt sich. Die ruhigen Songs entwickeln eine atmosphärische Tiefe, in die man sich gerne hineinziehen lässt. Die rockigen und countryfizierten Titel bieten dazu einen gelungenen Ausgleich, damit Depressionen nicht aufkommen.

Lock 13 Records/Thirty Tigers – Membran (2022)
Stil: Folk, Country

Tracks:
01. Pine Grove (Madhouse)
02. River Fool
03. Lonesome As It Gets
04. Strip Job Blues 1984
05. Tom Barrett
06. Ballard Of A Retired Man
07. Mountain Saint
08. One More Night
09. POW Blues
10. Burning Down The Prairie
11. Appalachia Haze
12. Road May Flood/It’s A Heartache

Ian Noe
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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Hollis Brown – In The Aftermath – CD-Review

Review: Michael Segets

Fast 56 Jahre ist es her, dass The Rolling Stones „Aftermath“ veröffentlichten. Auf dem frühen Erfolg der Band befindet sich der Kulthit „Paint It Black“. In einer eintägigen Mammutsession spielte Hollis Brown das komplette Album Track-by-Track ein und gibt den Stücken dabei einen zeitgemäßen Sound. Während das Original noch tief den Hauch der Sixties atmet, erscheint „In The Aftermath“ als straigther Gitarrenrocker.

Unverkrampft wagt sich Hollis Brown zum Auftakt an „Paint It Black“. Kräftige Gitarren vor einem treibenden Schlagzeug, dessen besonders trockener Klang dem Titel nochmal eine Extraportion Energie mitgibt, lassen die Interpretation nicht hinter dem Original zurückstehen. Andrew Zehnal am Schlagzeug überzeugt durchgehend, so auch beim gerade heraus gespielten „Stupid Girl“. Nach dem ruhigeren „Lady Jane“, damals die zweite Single, folgt das nun vorab ausgekoppelte „Under My Thumb“. Hier nutzt Adam Bock an seinen Keys die Gelegenheit zu glänzen. Dieser Song knüpft mit seinen Anleihen am Garage-Sound an die ersten beiden an.

„Doncha Bother Me“ erinnert an den Rock’n Roll der frühen Ära vor allem durch die Gitarren, die etwas von Little Richard haben. Gelungen integriert sich hier eine schrille Mundharmonika, die auch den Schlusspunkt bei dem Titel setzt. Verhältnismäßig entspannt rockend schließt sich „Think“ an. Bei „Flight 505“ bleibt unverkennbar, dass Mick Jagger und Keith Richards die Gewährsmänner sind. Überraschend deutlich treten hingegen die Einflüsse des Country hervor, die auf „High And Dry“ zu hören sind – eine flotte, akustisch gehaltene Nummer mit viel Mundharmonika und lockerem Piano.

Mike Montali, der mit dem Gitarristen Jonathan Bonilla 2009 die Band gründete, singt „It’s Not Easy“ ziemlich cool. Das Stück hebt sich zudem durch den Backgroundgesang seiner Kollegen im Refrain von den anderen ab. Kurz vor dem Ende der Scheibe finden sich mit dem entspannten „I Am Waiting“ eine Verschnaufpause, bevor zum Abschluss das vom Blues infiltrierte „Goin‘ Home“ nochmal mächtig aufdreht. Über sieben Minuten entfacht Hollis Brown ein feuriges Finale, bei dem die Spielfreude des Quintetts aus New York, zu dem ebenfalls der noch nicht erwähnte Bassist Chris Urriola gehört, greifbar wird.

Mit „Hollis Brown Gets Loaded“ (2014) hatte sich die nach einem Song von Bob Dylan benannte Band bereits „Loaded” von The Velvet Underground als Coverprojekt vorgenommen, sodass man fast schon von einer Reihe sprechen kann. Hollis Brown interpretiert nun ein weiteres Werk, das sie musikalisch prägte. Vor diesem Background gelingt es den Männern um Montali und Bonilla eigene, kreative Longplayer auf die Beine zu stellen, wie ihr letztes Werk „Ozone Park“ beweist. Man darf also auf das nächste Lebenszeichen der Band gespannt sein.

Hollis Brown gibt dem Frühwerk der Rolling Stones „Aftermath“ einen erdigen, modernen Anstrich. Die elf Tracks des Originals werden frisch und unverkrampft abgearbeitet, sodass durch die Verjüngungskur der Klassiker zu einem neuen Hörerlebnis wird. Mit „In The Aftermath“ legt Hollis Brown eine eigenständige Rockscheibe vor, die ohne Nostalgie ihr Vorbild würdigt.

Für Stones-Fans sei noch auf die kürzlich erschienene Compilation von Lucinda WilliamsYour Are Cordially Invited … A Tribute To The Rolling Stones” hingewiesen. Über ihre Version von „Paint It Black“ kann im Vergleich mit der von Hollis Brown fachgesimpelt werden. Ansonsten gibt es keine Überschneidungen der Tracks.

Cool Green Recordings/Mascot Label Group (2022)
Stil: Rock

Tracks:
01. Paint It Black
02. Stupid Girl
03. Lady Jane
04. Under My Thumb
05. Doncha Bother Me
06. Think
07. Flight 505
08. High And Dry
09. It’s Not Easy
10. I Am Waiting
11. Goin’ Home

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Mascot Label Group