Douwe Bob – Where Did All The Cool Kids Go? – CD-Review

Review: Michael Segets

In den Niederlanden ist Douwe Bob eine Hausnummer. 2012 gewann er eine Castingshow und startete 2016 für sein Heimatland beim Eurovision Song Contest in Stockholm. Alle seine Alben belegten einen Top-Ten-Platz in den niederländischen Charts und seine Singles stehen dem kaum nach. Die beiden Auskopplungen „This World Is Our Home” und „Nothing To Lose” seines aktuellen Albums „Where Did All The Cool Kids Go?“ setzten sich ebenfalls in den nationalen Rankings fest.

Seine musikalischen Grundlagen sieht der in Amsterdam geborene Songwriter im Country und Americana der 1950er bis 1970er Jahre. Während sein Album „Born To Win, Born To Lose“ (2021) diese Spuren noch deutlicher verfolgte, wendet sich Douwe Bob auf seinem neuen Longplayer stärker dem Pop zu. Die Scheibe ist sehr klar und glatt produziert. Dass Douwe Bob gute Songs schreiben kann, beweist er weiterhin, die Arrangements kommen jedoch ohne Ecken und Kanten aus, sodass Überraschungen weitgehend ausbleiben. Das Titelstück wäre beispielsweise als Roots Rocker sicherlich cooler geworden. So bleibt die Uptempo-Nummer eher flach. Ebenso hätte „Nothing To Lose“ das Potential zu einem richtig guten Beitrag, wenn es mit etwas mehr Biss präsentiert würde. Als Rock-Pop-Song setzt er sich hingegen nicht in meinen Gehörgängen fest. Angesichts des Erfolgs der Single hören das die Niederländer wohl anders.

„Feel It Coming“ stellt für mich den besten Song des Longplayers dar. Das sanfte und semi-akustisch performte Stück geht in Richtung Americana. Die Anleihen an seine musikalischen Inspirationsquellen scheinen bei „Chase My Heart Away (Hero)“ und „You Got Me“ ebenfalls durch. Bei seinen Kompositionen tritt immer wieder zutage, dass Douwe Bob nicht nur als Songwriter, sondern auch als Sänger durchaus etwas zu bieten hat. Vor allem bei den langsameren Songs („Light Of My Life“, „Nights In Tokyo“, „Nothing At All“) oder bei dem Duett mit Jennifer Ewbank („Sailing“) kommt seine angenehme Stimme zum Tragen. Die Arrangements sind eingängig, wirken aber vor allem bei den Titeln im Midtempo „Step Outside“ harmlos.

Die enge Verbindung zum Musikbusiness wurde Douwe Bob Posthuma, so der Geburtsname, in die Wiege gelegt. Er ist der Sohn von Designer Simon Posthuma. Dieser gründete die Designergruppe The Fool, die Kostüme für die Hollies und die Beatles entwarf. Vor allem mit der Bemalung der Instrumente von John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Eric Clapton und Jack Bruce verewigte sich Simon Posthuma in der Popgeschichte.

Douwe Bob führt mit seinem aktuellen Album „Where Did All The Cool Kids Go?” seine Erfolgsgeschichte in den Niederlanden fort. Die radiotauglichen Songs sind gefällig, aber die poppigen Arrangements verdecken das Potential der Stücke. Die Scheibe ermöglicht so einen leichten Genuss, der kaum nachhaltig in Erinnerung bleibt.

V2 Records – Bertus (2024)
Stil: Pop

Tracks:
01. Where Did All The Cool Kids Go?
02. Chase My Heart Away (Hero)
03. Light Of My Life
04. Step Outside
05. Nights In Tokyo
06. You Got Me
07. This World Is Our Home
08. Sailing (ft. Jennifer Ewbank)
09. Nothing To Lose
10. Feel It Coming
11. Long Way Home
12. Nothing At All

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Mary Chapin Carpenter – The Dirt And The Stars – CD-Review

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Review: Michael Segets

Wenn ich an die Musik von Mary Chapin Carpenter denke, kommen mir die Ohrwürmer „He Think He’ll Keep Her” und „I Belong To You“, das sie zusammen mit John Jennings einspielte, in den Sinn. Die Single „Secret Keepers“ von ihrer neuen CD „The Dirt And The Stars” erreicht (fast) die Qualität meiner beiden All-Time-Favoriten.

Seit mehr als dreißig Jahre ist Chapin Carpenter im Geschäft und feierte in der Mitte der 1990er ihre größten Charterfolge im Country-Bereich. Die vielfach ausgezeichnete und mit fünf Grammys geehrte Musikerin veröffentlichte im Schnitt alle zwei Jahre ein Studioalbum und ist jetzt bei Nummer 16 angelangt. Wie beim vorangegangenen „Sometimes Just The Sky“ (2018) tat sie sich wieder mit dem Produzenten Ethan Johns (Paul McCartney, Kings Of Leon) zusammen und besuchte erneut die Real World Studios von Peter Gabriel.

Mit Ausnahme des schon erwähnten „Secret Keeper“ und „American Stooge“, das mich etwas an Sheryl Crows Debüt erinnert, sind die Songs im unteren Tempobereich zu verorten. Die Balladen werden von Chapin Carpenters angehemer, manchmal samtiger Stimmer getragen. Der Gesang und die Band haben einen vollen Klang.

Mal setzt das Klavier Akzente („All Broken Hearts Break Differently”, „Where The Beauty Is”), mal steht die Begleitung durch die akustische Gitarre („Nocturne”), im Vordergrund. Beim Titeltrack und einigen weiteren Stücken kommt Chapin Carpenters langjähriger Gitarrist Duke Levine mit Soli zum Zuge, was die Songs zusätzlich aufwertet.

Besonders gelungen sind der eingängige Opener „Farther Along And Further In“, „Asking For A Friend“, bei dem Chapin Carpenter eine Zerbrechlichkeit in ihren Gesang legt, die eine hohe Intensität erzeugt, sowie das sanfte „Everybody’s Got Something”. Stilistisch ähnlich aber mit weniger Wiedererkennungswert sind die Balladen „It’s OK To Feel Sad“, „Old D-35“ oder „Where The Beauty Is“ gelagert.

Inhaltlich decken die Texte eine breite Palette von Themen ab. Neben Seitenhieben auf die politische Kultur in den Vereinigten Staaten kommen introspektive Gedanken über das Älterwerden oder Herzensangelegenheiten zur Sprache. Die meisten Songs entstanden an ihrem Küchentisch, wobei Chapin Carpenter bei Wanderungen in der Umgebung von Charlottesville, Virginia, weiter an ihnen feilt. Dafür hatte sie aufgrund der Corona-bedingten Verschiebung ihrer Tour mit Shawn Colvin genug Zeit. Das Album eignet sich dann auch als Wegbegleiter bei unaufgeregten Spaziergängen.

Mit „The Dirt And The Stars“ legt Mary Chapin Carpenter ein ruhiges Americana-Album vor, das sich in die Reihe ihrer Veröffentlichungen eingliedert, ohne dabei abzufallen oder besonders hervorzustechen. Von den gewohnt souverän performten Songs bleiben einige im Gedächtnis, insgesamt fehlen jedoch die Überraschungen, die das Werk etwas abwechslungsreicher gemacht hätten.

Lambent Light Records – Thirty Tigers/Membran (2020)
Stil: Americana

Tracklist:
01. Farther Along And Further In
02. It’s OK To Feel Sad
03. All Broken Hearts Break Differently
04. Old D-35
05. American Stooge
06. Where The Beauty Is
07. Nocturne
08. Secret Keepers
09. Asking For A Friend
10. Everybody’s Got Something
11. Between The Dirt And The Stars

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