Ben Reel – Come A Long Way – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Mit bisher 10 Studio-Longplayern hat der nordirische Singer/Songwriter Ben Reel über die Jahre tatsächlich ein beachtliches Songbook aufgebaut. Mit Blick auf diese Zeitspanne betitelt Reel daher sein neues Album dementsprechend passend mit “Come A Long Way”. Die aktuelle Scheibe des inzwischen 51-jährigen Musikers wurde im Homestudio, in South Armagh produziert und die 11 Eigenkompositionen schildern Ben Reels persönliche Wahrnehmungen und Erinnerungen aus den unterschiedlichen Dekaden, eingefangen in einer Mixtur aus Rock, Folk, Alternativ-Country, Soul, Blues und Gospel-Bestandteilen.

Die CD beginnt mit den Roots-Rock beeinflussten Stücken “Don’t Fight It Baby” und “Hunter”, Songs, die sich klanglich zugleich Orbison- und Springsteen-like orientieren. Die Folk-, Blues und Country-Rock typischen Storyteller “Hardwired Blues”, “I Get It” und “Old Whore” vermitteln ihre tiefgründigen Geschichten und musikalischen Atmosphären auch über frühe, charakteristische Dylan-Akzente, die in sich zeitgleich Old School und modern inspiriert sind, und zum Teil einen melancholisch wimmernden Harmonica-Sound als Stilmittel einsetzen.

Ausgestattet mit einem Pogues-Balladen-Dress (z.B. “A Rainy Night In Soho”) und angelehnt an Billy Joels wortreiche Lyrics-Rückblende (z. B. “We Didn’t Start The Fire”), bietet der über 7-minütige Track “From The Day I Was Born” eine politisch-zeitkritische Erinnerung Reels an “…there was war…” Ereignisse der letzten 50 Jahre und bestimmt damit wesentlich ein “Come A Long Way” Kernthema der Scheibe, obwohl, so Reel, die originäre Idee für die thematische Anregung von Frank Sinatras Welthit “It Was A Very Good Year” gekommen sei.

Der gleichnamige Albumtitelsong ist insofern ebenfalls geprägt von persönlichen Kindheitsreflexionen, die Reel in leichten Neil Young-Reminiszenzen “verkleidet”. “Loretto On My Mind”, die postume Würdigung einer nahen Angehörigen, weckt durch eine kraftvolle Roy Orbison Intensität entsprechend starke Emotionen. Grundsätzlich ist “Come A Long Way” durchweg ein sehr gefühlsbetontes Album, das seine Wirkung auch in Gospel/Soul/Blues-Rock Stücken, wie “Let The Road Rise” (70er Delaney & Bonnie Style) und “The Finish Line” (u. a. Sam Cooke, Steve Miller) zum Ausdruck bringt. Der Abschluss der Produktion ist mit “I Shall Be Redeemed”, einer schönen Gospel-Blues-Ballade, in gleicher Weise hervorragend inszeniert.

Ben Reel hat in seinem neuen Album “Come A Long Way” (übrigens ein tolles, den Wandel der Zeit spiegelndes Coverbild – Anmerkung der Red.) verschiedene Musikstile des modernen Songwritings in einem großartigen Songbook zusammengefasst und mit sensibel poetischen Texten versehen, die auf dem langen Weg seiner Karriere ganz private “Bilder” reflektieren. Das Ergebnis ist ein Longplayer, der den charismatischen und engagierten Musiker erneut als kreativen Botschafter seiner irischen Heimat bestätigt.

Eigenproduktion (2023)
Stil: Roots-Rock, Alternativ Country

Tracks:
01. Don’t Fight It Baby
02. Hunter
03. Hardwired Blues
04. From The Day I Was Born
05. Come A Long Way
06. Let The Road Rise
07. Loretto On My Mind
08. I Get It
09. Old Whore
10. The Finish Line
11. I Shall Be Redeemed

Ben Reel
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Chris Murphy – The Road And The Stars – CD-Review

Review: Michael Segets

Chris Murphy veröffentlichte letztes Jahr die kurzweilige EP „Two Rivers Crossing”. Nun legt er mit „The Road And The Stars“ eine fast siebzigminütige Werkschau nach. Der in Los Angeles ansässige Songwriter schaut mittlerweile auf 19 Alben zurück, sodass eine Zwischenbilanz durchaus angebracht erscheint. Murphy spielt mehrere Instrumente, sein favorisiertes ist die Geige. Diese kommt dann auf den vierzehn Eigenkompositionen auch ausgiebig zum Zuge.

Auf fünf Instrumentaltracks lebt Murphy seine Passion für die Violine aus. Dabei unternimmt er Streifzüge durch einige Traditionsräume. Anlehnungen an keltische („Connemara Ponies”), amerikanische („Red Mountain Blues”) oder auch osteuropäische („Music For A Feast“) Muster sind auszumachen. Die meisten Stücke wie „Kitchen Girl” sind dem Folk zuzuordnen, wobei auch andere Stilrichtungen wie der Blues („Vernon Tool & Die“) oder der Swing („I Swear I’m Going To Learn This Time“) berücksichtigt werden.

Der folk-rockige Opener „Sailing The World Alone” ist sehr eingängig, wobei die Geige nicht so dominant auftritt wie auf den meisten anderen Stücken. Auch bei „Last Of The Twickham Blackbirds” fügt sich die Geige in den Gesamtsound der Band ein und setzt lediglich melodische Akzente. Da die Geige den Sound bei den beiden Songs ergänzt und sich nicht in den Vordergrund drängt, treffen sie vollständig meinen Geschmack. Bei „Small Wonder“, sind mir die Geigenläufe etwas zu viel, obwohl der reduziertere Folktitel eine gute Anlage hat. Wenn es allerdings in eine irisch angehauchte Richtung geht, darf es auch mal etwas mehr Gefiedel sein. „Cape Horn“ ist mit seiner nautischen Thematik die richtige Untermalung in einem feucht-fröhlichen Pub, die das Guinness schneller fließen lässt.

Schließlich finden sich noch zwei Live-Tracks auf dem Longplayer, mit denen Murphy beweist, dass er sein Instrument auch unter Bühnenbedingungen beherrscht. Das achteinhalbminütige „Caves Of Killala” beginnt dramatisch und instrumental, bis nach fünf Minuten der Gesang einsetzt. Eine andere Facette präsentiert Murphy mit „Hard Bagain”. Nach einem kurzen Vorspiel legt er flott los und schmettert einen einfachen Refrain.

Chris Murphy ist ein Virtuose auf der Geige. „The Road And The Stars“ stellt quasi ein Best-Of-Album dar, auf dem er einen Einblick in die Bandbreite seiner bisherigen Veröffentlichungen gibt. Die Songs sind äußerst variantenreich, wobei sie sich überwiegend im Folkbereich bewegen. Wenn man kein eingeschworener Enthusiast von Geigenklängen ist, sondern sie lediglich gerne in der Roots-Musik hört, wird man sich wohl je nach Interessenlage unterschiedliche Perlen herauspicken.

Teahouse Records (2023)
Stil: Folk and more

Tracks:
01. Sailing The World Alone
02. Connemara Ponies
03. Red Mountain Blues
04. Last Of The Twickham Blackbirds
05. Kitchen Girl
06. Small Wonder
07. Caves Of Killala (live)
08. Hard Bagain (live)
09. Music For A Feast
10. Cape Horn
11. Vernon Tool & Die
12. High Country
13. I Swear I’m Going To Learn This Time
14.The Hunter & The Fox

Chris Murphy
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Li’l Andy – The Complete Recordings Of Hezekiah Procter (1925-1930) – Digital-Album-Review

Review: Michael Segets

Li’l Andy geht mit den Songs von Hezekiah Procter im Juni auf Europa-Tournee. In der Kulturrampe gastiert er am 20.06. Hezekiah Procter wurde um 1900 in Burningtown, Nord-Carolina, geboren. Zwischen 1925 und 1930 nahm er einige Songs auf. Infolge seiner Beteiligung an blutigen Arbeitskämpfen tauchte er unter. Über sein weiteres Leben sind nur Mutmaßungen möglich.

Dass Hezekiah Procters Musik bis dato unbekannt war, liegt darin begründet, dass die Figur und die Biographie vollständig fiktiv sind. Ersonnen hat diese Andrew McClelland alias Li’l Andy. Auch die Musikstücke sind von ihm bis auf wenige Titel geschrieben. Die Idee, eine Erzählung gleichsam als Liner Notes zu verfassen und ihr mit einem Soundtrack zusätzlich den Anschein von Authentizität zu geben, ist originell. Das Gesamtkunstwerk des in Montreal ansässigen Musikers Li’l Andy wurde durch öffentliche Mittel unterstützt und heimste bereits einige Auszeichnungen ein. Neben der digitalen Ausgabe liegt auch eine Deluxe-Edition vor, die neben einer Doppel-LP das gedruckte Buch einschließlich historisch anmutendem Bildmaterial umfasst.

Die Songs zwischen Folk und Country hören sich tatsächlich alt an und könnten durchaus hundert Jahre auf dem Buckel haben. Dieser Effekt wurde durch die Verwendung von historischem Equipment bei den Aufnahmen erzielt. Eine Reihe ungewöhnlicher oder vergessener Instrumente wie Sousaphone oder Kazoo wurde eingesetzt. Einen Einblick in die Darbietung geben die beiden Videos von „When The Fire Comes Down“ und „I See Jesus Comin’ Down The Road“.

Insgesamt verzeichnet das Werk 29 Tracks. Die ersten elf sind dabei in zwei Versionen – Wire Recorder Version und Analog Recorder Version – vorhanden. Die eine Scheibe der Vinyl-Edition enthält die Procter-Songs On Wire, die andere On Tape. Neben Li’l Andy als Hezekiah Procter schlüpfen Teilhard Frost, Sam Allison, Brian Sanderson, Bill Howard, Julia Narveson und Milton Kelly in die Rollen seiner musikalischen Weggefährten.

Auf Dauer stellen sich leichte Ermüdungserscheinungen bei der über achtzigminütigen Spielzeit ein, da die Präsentation der Stücke den heutigen Hörgewohnheiten nicht entgegenkommt. Die Motivation kann auch nicht aus ernsthaftem historischem Interesse entspringen. Stattdessen muss man sich auf die Erzählung einlassen und Freude an der Kreativität der alternativen Geschichtsschreibung empfinden. Auf der Bühne gespielt verspricht das Projekt von Li’l Andy allerdings einen außergewöhnlichen Musikabend.

„The Complete Recordings Of Hezekiah Procter (1925-1930)” von Li’l Andy basiert auf der fiktiven Biographie des Protagonisten. Eine Geschichte, die sich so hätte zutragen können, und Songs, die damals so hätten geschrieben werden können, verbindet Li’l Andy zu einem originellen und stimmigen Gesamtkunstwerk. Musikalisch und tontechnisch versetzt es in die Anfänge der modernen Folk- und Countrymusik und erweist sich daher für die heutige Zeit als etwas sperrig.

Eigenproduktion (2022)
Stil: Country, Folk

Tracks:
01. Dr Kerr’s Ballyhoo (wire recorder version)
02. Crib House Drip (wire recorder version)
03. I’m Gonna Find a New Sweetheart (wire recorder version)
04. I See Jesus Comin’ Down the Road (wire recorder version)
05. Jennie Blythe (wire recorder version)
06. When the Fire Comes Down (wire recorder version)
07. On a Summer Night Like This (wire recorder version)
08. The Palace Theater Fire (wire recorder version)
09. In the Roebuck Catalogue (wire recorder version)
10. In a Gingham Dress (wire recorder version)
11. The Whistle Waltz (wire recorder version)
12. Get Behind the Wheel (of an Auto-mobile!) (wire recorder version)
13. The Testament of Rudy Baron (wire recorder version)
14. O Joys of Joys (wire recorder version)
15. (I’ve Got Those) Lovesick Blues (wire recorder version)
16. The Least of These, My Brothers (wire recorder version)
17. God of My Life (aka “Poland”) (wire recorder version)
18. Now Shall My Inward Joys Arise (aka “Africa”) (wire recorder version)
19. Dr Kerr’s Ballyhoo (analog tape version)
20. Crib House Drip (analog tape version)
21. I’m Gonna Find a New Sweetheart (analog tape version)
22. I See Jesus Comin’ Down the Road (analog tape version)
23. Jennie Blythe (analog tape version)
24. When the Fire Comes Down (analog tape version)
25. On a Summer Night Like This (analog tape version)
26. The Palace Theater Fire (analog tape version)
27. In the Roebuck Catalogue (analog tape version)
28. In a Gingham Dress (analog tape version)
29. The Whistle Waltz (analog tape version)

Li’l Andy
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Off Label Records
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Logan Halstead – Dark Black Coal – CD-Review

Review: Michael Segets

Gerade mal 18 Lenze zählt Logan Halstead und legt ein Singer/Songwriter-Album vor, das jedem Routinier zur Ehre gereichen würde. Im Wesentlichen auf akustische Gitarre, Geige und Gesang konzentriert ist „Dark Black Coal“ ein minimalistisches Album geworden, das bei jedem Durchlauf weiter wächst.

Vor drei Jahren veröffentlichte Halstead den Titelsong, der mehrere Millionen Klicks im Internet verbucht. Durch Arlo McKinley wurde er endgültig in die Riege der aufstrebenden Songwriter aufgenommen, indem sie zusammen „Back Home“ performen. Als Inspirationsquellen führt Halstead Sturgill Simpson und Cole Chaney, dessen „The Flood“ auf dem Longplayer seinen Platz gefunden hat, an. Von Richard Thompson interpretiert Halstead „1952 Vincent Black Lightning“. Ansonsten stammen die Stücke aus seiner eigenen Feder. Lawrence Rothman (Amanda Shires, Margo Price, Courtney Love) übernahm die Produktion des Debütalbums.

Steve Earle setzte mit „Ghost Of West Virginia“ (2020) dem Leben in der amerikanischen Bergbauregion ein Denkmal. Halstead verbrachte seine Kindheit eben dort in Comfort, einem Ort mit wenigen hundert Einwohnern. Er kennt also das Leben mit dem Kohlestaub, fernab vom Glanz der Großstätte, aus eigener Erfahrung. In dieser eher trist erscheinenden Umgebung bleiben wohl nicht viele Freizeitaktivitäten für Heranwachsende. Ein Glück für die Musikwelt, dass Halstead zur Gitarre griff. Er erzählt biographisch geprägte Geschichten, die stellvertretend für viele Menschen stehen, die sich mit harter Arbeit durchschlagen und von einer besseren Zukunft träumen.

Der Einstieg in das Album ist phänomenal: „Good Ol‘ Boys With Bad Names“. Am Ende findet sich ein Edit des Tracks. Ich höre keine großen Unterschiede, aber es macht überhaupt nichts, den kurzen Song zweimal in einem Durchlauf zu hören. Weitere Highlights sind die bereits vorab veröffentlichten „Man’s Gotta Eat“ sowie das intensive „Coal River“. Zum Kreis meiner Favoriten zählt auch der an klassische Folksinger wie Woody Guthrie erinnernde Track „Far From Here“. Einzelne Titel aus dem Gesamtwerk herauszuheben, wird ihm eigentlich nicht gerecht. So stellt auch die erste Single „Kentucky Sky“ ebenso einen sehr gelungenen Song dar.

Der Longplayer erscheint homogen. Dennoch gibt es einige Nuancen zu entdecken. So mischt sich beispielsweise bei „Uneven Ground“ mal eine Mandoline ein, bei „Bluefoot“ eine Mundharmonika. Einen verhältnismäßig leichten Rhythmus schlägt Halstead bei „Mountain Queen“ an. So stellen sich keine Abnutzungserscheinungen ein, wie sie bei akustischen Folkalben gelegentlich auftreten.

Pur und unverstellt präsentiert der junge Logan Halstead sein Debüt „Dark Black Coal“, das musikalisch und textlich von einer außerordentlichen Reife zeugt. Ein vergleichbar starkes Erstlingswerk in reiner Folkmanier hat es in den letzten Jahren – vielleicht Jahrzehnten – nicht gegeben. Wenn es da keine Auszeichnungen und Preise regnet, …

Logan Halstead Records/Thirty Tigers – Membran (2023)
Stil: Folk

Tracks:
01. Good Ol’ Boys With Bad Names
02. The Flood
03. Man’s Gotta Eat
04. Dark Black Coal
05. Mountain Queen
06. Kentucky Sky
07. Coal River
08. Far From Here
09. 1952 Vincent Black Lightning
10. Uneven Ground
11. Bluefoot
12. Good Ol’ Boys With Bad Names (Edit)

Logan Halstead
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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Chris Murphy – Two Rivers Crossing – EP-Review

Review: Michael Segets

Fast zwanzig Solo-Alben oder EPs veröffentlichte Chris Murphy bereits und auf ebenso vielen von anderen Musikern wirkte er mit. Dennoch kann ich mich nicht an einen Berührungspunkt mit ihm erinnern. Dass er vor Kurzem bei dem niederländischen Label Friendly Folk Records unterschrieben hat, trägt sicherlich dazu bei, seinen Bekanntheitsgrad in Europa zu steigern. Dort erschien im vergangenen Jahr „Sovereign“, auf dem mehr als zwei Dutzend Musiker mitspielten. „Two Rivers Crossing“ bildet dazu das Kontrastprogramm.

Allein mit seiner Geige präsentiert Murphy auf der EP sechs Tracks und gibt so einen Eindruck von seinen Solo-Shows, die er im Oktober quer durch die Niederlande gibt. Da die Violine nun nicht unbedingt für Soloperformances prädestiniert ist, brachte ich dem Werk zuerst eine gewisse Skepsis entgegen. Murphy beherrscht sein favorisiertes Instrument jedoch perfekt und gewinnt ihm durch Streichen und Zupfen etliche Klangvariationen ab. Auf einzelnen Stücken setzt Murphy ein paar dezente Loops für den Rhythmus ein, ansonsten sind die Songs Gesang und Geige pur – und das funktioniert.

Das witzige, locker gespielte „Early Grave“ thematisiert eine toxische Beziehung und wurde zu Recht als Single gewählt. Dunkler erscheint „Into The Past“. Der Titel der EP ist dem ersten Vers des Songs entnommen. Die angenehme Stimme von Murphy und die eingängigen Refrains tragen die beiden Stücke. In den gestrichenen Passsagen wirkt das folgende „Complete Surprise“ beinahe schon klassisch. Der Rhythmus hingegen rückt den Titel jedoch eher in eine karibische Richtung. Die Mischung ist interessant, liegt aber nicht vollständig auf meiner Linie.

Das getragene „Long Ago“ überzeugt allerdings wieder rundum. „Wolfes Of Laredo“ steht textlich und musikalisch deutlich in der amerikanischen Folk-Tradition. Murphy, der aus der Nähe von New York stammt und sowohl italienische als auch irische Vorfahren hat, schließt sein Werk mit dem instrumentalen „Shantallow“ ab. Hier treten seine keltischen Wurzeln zutage. Als seine Inspirationsquellen, die auf der EP auch an der ein oder anderen Stelle durchscheinen, gibt Murphy den Mississippi Delta Blues, Folk, Bluegrass sowie die Latin Music an. Die 25 Minuten Spielzeit lassen dementsprechend auch keine Langeweile aufkommen.

Chris Murphy unterhält über die gesamte EP hinweg sehr gut. Überraschend abwechslungsreich gestaltet er die sechs Songs auf „Two Rivers Crossing“ nur mit seiner Geige und seiner Stimme. Die Strukturen der Stücke orientieren sich zwar an bewährten Mustern, durch das mutige, minimalistische Arrangement gelingt Murphy allerdings ein außergewöhnliches Werk, das man durchaus in seiner Sammlung haben sollte.

Friendly Folk Records (2022)
Stil: Folk

Tracks:
01. Early Grave
02. Into The Past
03. Complete Surprise
04. Long Ago
05. The Wolves Of Laredo
06. Shantallow

Chris Murphy
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Friendly Folk Records
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Loudon Wainwright III – Lifetime Archievement – CD-Review

Review: Michael Segets

Der Wunsch etwas zu hinterlassen, das überdauert, trieb Loudon Wainwright III schon in jungen Jahren um. Aus einem heute wohl nicht mehr nachzuvollziehenden Grund dachte er, dass er mit 25 Jahren versterben würde. Es ist zum Glück anders gekommen, aber das Bedürfnis, sich zu verewigen, treibt den nun 76jährigen immer noch an. In dem Bewusstsein, dass „Lifetime Archievement“ sein letztes Album sein könnte, feilte Wainwright III solange an den Songs, bis er dachte, dass er nichts mehr an ihnen verbessern kann. „Lifetime Archievement“ ist eine Reflexion auf den Prozess des Alterns und zugleich eine Momentaufnahme seines derzeitigen musikalischen Stands.

Loudon Wainwright III schaut auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurück. Neben seinen musikalischen Ambitionen widmete er sich auch der Schauspielerei und trat in Filmen („28 Tage“, „Aviator“) und im Fernsehen („M.A.S.H.“, „Ally McBeal“) auf. Als Musiker veröffentlichte er fast dreißig Alben, wobei er immer noch denkt, dass er seine Zeit hätte besser nutzen können, um mehr Song zu schreiben. Dafür, dass ihm einige gelungen sind, zeugen ein Grammy für das Album „High Wide & Handsome“ sowie die Tatsache, dass sie von Größen wie Johnny Cash und Bonnie Riatt interpretiert wurden.

Wainwright III wollte ein Album traditioneller Machart vorlegen und so kann „Lifetime Archievment“ als Folkalbum durchgehen, obwohl einige Songs zum Teil mit großer Bandbesetzung eingespielt wurden. Er präsentiert sich – nur mit Gitarre und Mundharmonika bewaffnet – auf dem wortgewaltige „I Been“ als klassischer Singer/Songwriter. Tolstoi und Sartre zitiert er bei „Fam Vac“. Der dort besungene Familienurlaub wird nicht als Urlaub mit, sondern als Urlaub von der Familie ersehnt. Die Texte von Wainwright III sind also nicht durchgängig schwere Kost, sondern tragen durchaus amüsante Züge.

Bei den Folksongs variiert Wainwright III die Begleitung, indem er mal ein Akkordeon hinzufügt („It Takes 2“) oder die Gitarre durch die Ukulele ersetzt („Fun & Free“). Besonders gelungen ist „Hell“, das trotz des Titels durch die Mandolinenbegleitung entspannt wirkt. Mit Banjo und Streichern wurde das getragene „How Old Is 75?” eingespielt. Bei „One Wish“ und „It“ verzichtet Wainwright III gänzlich auf die Instrumente und sing a cappella, bei letztgenanntem unterstützt durch Chaim Tannenbaum.

Ein Highlight stellt der flotte Bluegrass „Little Piece Of Me“ dar. Das sanfte „Back In Your Town” und das rauere „Town & Country” sind weitere. Bei meinem Favoriten „Town & Country” zahlt sich die Ergänzung durch Schlagzeug und Bläsersektion aus. Einzelne Songs, wie das Titelstück, tragen leicht sentimentale Züge, aber diese halten sich im Rahmen und sind für ein Alterswerk ja auch nicht untypisch. Insgesamt hat Wainwright III das Album gemeistert und der Pokal auf dem Cover mag dafür sprechen, dass er dies auch so sieht.

Loudon Wainwright III muss sich nichts mehr beweisen, will es aber immer noch wissen. Er blickt – zum Teil mit einem Augenzwinkern – auf sein bisheriges Leben mit erfüllten und unerfüllten Wünschen sowie mit begründeten und unbegründeten Ängsten zurück. Dies tut er vor allem mithilfe von Folksongs. „Lifetime Archievement“ ist dabei nicht puristisch, sondern unternimmt Ausflüge in Americana und Bluegrass.

Proper Records – H’Art/Bertus (2022)
Stil: Folk/Americana

Tracks:
01. I Been
02. One Wish
03. It Takes 2
04. Fam Vac
05. Hell
06. Little Piece Of Me
07. No Man’s Land
08. Back In Your Town
09. Town & Country
10. Island
11. It
12. Hat
13. Lifetime Archievement
14. How Old Is 75?
15. Fun & Free

Loudon Wainwright III
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Bertus
V2 Records

John McDonough – We’ll Answer The Call – EP-Review

Review: Gernot Mangold

Das neue Album, des in Chicago lebenden John McDonough, „We`ll Answer The Call“, erzählt die wahre Geschichte eines amerikanischen Ruderteams, das 1936 bei den olympischen Spielen in Berlin antrat, Gold zu gewinnen. Dies mag auch der Grund sein, warum es als EP erscheint, da mit den fünf Songs die Geschichte geschrieben ist.

Stilistisch bewegt sich McDonough in den Welten des Americana mit gewissen Folk und New Country-Einflüssen.
Tragendes Element ist die ausdrucksstarke und klare Stimme McDonoughs, welche zuweilen mit der eines Elton Johns oder Van Morrisons verglichen wird.

Aber auch beim Songwriting beweist er ein feines Händchen mit einprägsamen Harmonienund akzentuiert eingesetzten Instrumenten. Wenn die Gitarre bei manchen Soli slidend eingesetzt wird, werden die Songs sogar in mit einem leichten Southern-Flair umhüllt, während der Einsatz von Piano und Violine klare Elemente des Americana und Country/Folk bedienen.

So entstand trotz der eher ruhigen Songs ein sehr abwechslungsreiches Album, das bestätigt, warum McDonough in den letzten Jahren auch für Awards im Bereich Roots und Blues nominiert wurde.

Für Freunde des Americana oder des New Country ist das Album empfehlenswert und es bleibt zu hoffen, dass McDonough auch einmal in Europa touren wird.

John McDonough – vocals, acoustic guitar
Kris Farrow – lead acoustic guitar, electric guitar
Cole Gramling – piano, organ
Steve Bernal – bass, cello
Kevin Butler – drums, percussion
Cody Rathmell – backing vocals
Niamh Fahy – violin

Eigenproduktion (2022)
Stil: Americana, Folk, New Country, Singer/Songwriter

Tracklist:
01. Shooting Star
02. Love You Just For You
03. Among The Stars
04. We`ll Answer The Call
05. Point Me East

John McDonough
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Patty Griffin – Tape – Home Recordings & Rarities – CD-Review

Review: Michael Segets

Was macht man so, wenn man als Musikerin während einer Pandemie zuhause sitzt? Anscheinend googelt man sich selbst. Patty Griffin jedenfalls durchforstete das Internet, speziell diverse Streaming-Dienste, nach Treffern ihrer Stücke. Vor allem Playlists von raren Tracks weckten ihr Interesse. Was sie dort fand, riss sie zwar nicht vom Hocker, inspirierte sie aber, sich ihr persönliches Archiv vorzunehmen. Dort stieß sie auf einige Songs, die in Vergessenheit geraten waren und von denen sie denkt, dass sie nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. So wurde der Grundstein zu „Tape – Home Recordings & Rarities“ gelegt.

Letztlich schafften es zehn Titel auf das Album. Sie stammen von Heimaufnahmen, teilweise mit Band, und einer Studio-Demosession in Nashville. Die Klangqualität ist vielleicht nicht durchgehend perfekt, aber Griffin kommt es auf das Gefühl an, das die Aufnahmen rüberbringen. Dieses bei einer Performance zu aktivieren, fällt ihr nach eigener Aussage alleine leichter als in einem Studio mit etlichen anderen, technikfixierten Personen. Viele Songs transportieren tatsächlich eine intime Stimmung, unabhängig davon, ob sie sich am Klavier oder der akustischen Gitarre begleitet.

Bei den Stücken, die mit dem Klavier eingespielt wurden, entwickelt „Night“ eine besondere Atmosphäre, wobei „Forever Shall Be“ und „Sundown“ ihm nicht viel nachstehen. Aus meiner Sicht verzichtbar wäre das instrumentelle „Octaves“ gewesen. Soundtechnisch eine Nuance schwächer erscheinen die Tracks mit akustischer Gitarrenbegleitung. Vom Song her gesehen überzeugt vor allem „Get Lucky“ und wurde zu Recht als erster ausgekoppelt. Gelungen ist ebenso die Ballade „Kiss Of A Man“, bei der deutlich wird, warum Griffin als renommierte Folksängerin und Songschreiberin gilt.

Das kurze und flottere „Strip Of The Night“ sowie „One Day We Could“ sorgen dafür, dass sich die Anzahl der durch Gitarre beziehungsweise Klavier begleiteten Titel die Waage hält. Hinzu kommen noch zwei mit Band eingespielte Stücke. „Don’t Mind“ sticht auf dem Album heraus. Der Blues lebt von der Orgel, die den Song dominiert. „Little Yellow House“ passt sich hingegen nahtlos in den Kanon der übrigen Balladen ein.

Die mehrfach ausgezeichnete Musikerin aus Maine arbeitete bereits mit Emmylou Harris, Robert Plant und Buddy Miller zusammen. Mit The Chicks geht Griffin diesen Sommer erneut auf Tour und beteiligt sich ebenso bei Rodney Crowells Songwriting Camp in Nashville. Während der Konzertreise durch die USA verkauft sie eine limitierte Edition von „Tape“ stilecht als Audiocassette. Die europäischen Fans werden es schwer haben, an dieses Sammlerstück zu kommen.

In Ergänzung und zur Komplettierung der Sammlung richtet sich „Tape – Home Recordings & Rarities“ in erster Linie an die langjährigen Fans von Patty Griffin. Aus ihrem Privatarchiv stellt sie zehn, zumeist auf die Begleitung durch Gitarre oder Klavier reduzierte Songs zusammen, die sie unverstellt von ihrer sensiblen Songwriter-Seite zeigen. Für diejenigen, die mit Griffins Werk nicht so vertraut sind, stellt der Griff zu ihrem Debüt „Living With Ghosts“ aus dem Jahr 1996 die bevorzugte Wahl dar.

PGM Recordings/Thirty Tigers-Membran (2021)
Stil: Folk/Americana

Tracks:
01. Get Lucky
02. One Day We Could
03. Strip of Light
04. Don’t Mind
05. Sundown
06. Little Yellow House
07. Night
08. Kiss of a Man
09. Octaves
10. Forever Shall Be

Patty Griffin
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Matt Horan – 02.11.2021, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

Mein erster Konzertbesuch in der Kulturrampe seit März 2020 ließ die dazwischenliegende Zeit fast vergessen. Obwohl die Location im neuen Look erstrahlt, fühlte ich mich direkt wieder in die alten Zeiten zurückversetzt. Durch die bekannten Gesichter und Markus Peerlings, der es sich wie gewohnt nicht nehmen ließ, den Musiker anzukündigen, stellte sich sofort die frühere Vertrautheit wieder her.

Rampenchef „Pille“ richtete seine einführenden Worte – diesmal allerdings auf dem immer noch schrägen Bühnenrand sitzend – an die circa fünfundzwanzig Musikbegeisterten und unterstich damit die quasi intime Atmosphäre der Veranstaltung. Dass so wenige Leute den Weg in die Rampe gefunden hatten, bleibt wie so oft unverständlich, denn mit Matt Horan trat ein Singer/Songwriter an, um sein erstklassiges Werk „Tears From The Mountain“ vorzustellen. Markus Peerlings schwärmte dann auch von dem rein vokal vorgetragenen Opener „Village Churchyard“, das nach seiner Einschätzung zu den besten Albeneinstiegen der gesamten Musikgeschichte gehört.

Horan brachte den Titel an dem Abend nicht zu Gehör, sondern startete mit „Old Cold Mountain“ und ließ die beiden Stücke seiner aktuelle LP „Dreamed About Mama“ und das Traditional „High On The Mountain“ folgen. Zwischen den beiden Highlights des ersten Sets „Hills Of Mexiko“ sowie „Sorry Pretty Shiori“ zollte er seinem Vorbild Hank Williams mit „Love Sick Blues“ Tribut und schloss den „Fright Train Blues“ direkt an. Nach „Little Birdie“ performte Horan den starken Titeltrack seines Solowerks und beendete mit „Sugar Baby“ den ersten Teil des Auftritts.

Horan wechselte häufig zwischen der akustischen Gitarre und dem Banjo, wodurch er Abwechslung in seine fünfundvierzigminütige Ein-Mann-Show brachte. Vor allem, wenn er das Banjo auspackte, erhielten die Stücke einen Drive, der sich sofort auf das Publikum übertrug. Dessen Stimmung war von Anfang an begeistert, steigerte sich aber beinah ins Frenetische im Verlauf des Abends.

Da ich einen Blick auf die Setlist werfen konnte, fiel mir auf, dass mein absoluter Favorit „Led Me To The Wrong“ von Horan übersprungen wurde. Ich nutzte die Pause daher, um nachzufragen, ob er den Song noch spielt. Horan nahm den Wunsch auf und schob ihn direkt nach der Unterbrechung solo dazwischen, bevor er Alex Atienza für das zweite Set auf die Bühne holte. Atienza begleitete Horan mit akustischer Gitarre oder Mandoline und war für filigrane Zwischentöne verantwortlich. Zurückhaltend und anfänglich introvertiert wirkend, ergänzte er Horan perfekt.

Horan leitete die Stücke oft mit einigen Bemerkungen und kurzen Anekdoten ein. Besonders im zweiten Teil ließ er seiner sarkastischen Ader freien Lauf, was das Publikum honorierte. Die Atmosphäre wurde daher immer ausgelassener.

Während im ersten Set die Songs des aktuellen Albums dominierten, unternahm Horan im zweiten einen Streifzug durch sein bisheriges Werk – ergänzt durch einige Coverstücke. Unter diesen war erneut Hank Williams mit „Long Gone Lonesome Blues“ vertreten. Viele Emotionen legte Horan in „You Never Called Me By My Name“. Nach einer Serie eher getragener und wehmütiger Songs („My Love Is Gone“, „Drinking Alone“) offenbarte Horan augenzwinkernd sein Motto: Let’s make Country music sad again. Um dies zu konterkarieren streute er witzige Nummern („Big City Mama”, „Cocaine Carolina”) ein. Das Publikum ging bei allen Songs mit, selbst wenn Horan einige Jodel-Ausflüge zum Besten gab. Der Versuch, die Anwesenden in die Jodelei einzubinden, zeitigte ein – eigenwilliges – Ergebnis, das zumindest zur weiteren Auflockerung der Stimmung beitrug.

Von den Eigenkompositionen gab es seinen ersten selbstverfassten Country-Song „Take Me Home“ sowie den Soundtrack („Rambling On My Mind“) zu einem Filmprojekt zu hören. Als Frontmann von Dead Bronco besuchte er wiederholt die Kulturrampe. In Erinnerung an diese Zeit spielte er „Hard Liquor Goes Down Quicker“. Während sich Dead Bronco in Richtung Black Folk orientiert, verfolgt Horan ein anderes Bandprojekt, bei dem er sich eher dem traditionellen Country zuwendet. Für Februar ist der erste Longplayer der neuen Formation angekündigt. Als Vorgeschmack präsentierte er „Paid in Blood“. Der kraftvolle Titel gehörte zu den herausragenden Nummern des zweiten Konzertteils und schürte die Erwartungen auf die Veröffentlichung. Die aktuelle stand-alone Single „Appalachia“ brannte sich ebenfalls ins Gedächtnis ein. Atienza, der nun auch bei Dead Bronco eingestiegen ist, schrieb die Murder-Ballade gemeinsam mit Horan.

Nach der ersten Zugabe forderten die Besucher lautstark eine weitere. Sie fabrizierten dabei so viel Lärm, dass der Eindruck entstand, das Haus wäre ausverkauft. Dieser lautstarken Forderung konnte sich Horan natürlich nicht entziehen und setzte noch zwei Titel, darunter „Tennessee Boarder“, drauf.

Peerlings, der anfänglich bemerkte, dass die Konzerte von Musikern, die er klasse findet, oftmals nicht optimal besucht werden, konnte mit dem Verlauf des Abends zufrieden sein. Der Auftritt von Matt Horan mit seinem Sideman Alex Atienza war ein Beweis dafür, dass es weder viele Musiker braucht, um mitzureißen, noch ein ausverkauftes Haus, um brodelnde Konzertatmosphäre zu erleben. An dieser Stelle sei Respekt und Dank von Künstlern und Spartenpublikum an den Veranstalter ausgesprochen.

Line-up:
Matt Horan (vocals, acoustic guitar, banjo)
Alex Atienza (acoustic guitar, mandolin)

Text und Bilder: Michael Segets

Matt Horan
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Kulturrampe Krefeld

Neil Young – Carnegie Hall 1970 – CD-Review

Review: Gernot Mangold

Es gibt viele Bootlegs von Neil Young-Konzerten, zum Teil auch in recht guter Qualität. In regelmäßigen Abständen veröffentlicht Young Schätze aus seinem Fundus von Livemitschnitten. Das Konzert in der Carnegie Hall war der erste Auftritt des jungen Neil Young in der legendären New Yorker Konzerthalle und spiegelt die Frühwerke des Musikers in seiner erfolgreichen folkigen Phase kurz vor seinem damaligen Meisterwerk „Harvest“.

Die überarbeitenden analogen Tonspuren sind von einer absolut hörenswerten Qualität und so gibt es ein Solokonzert, an dem Young sich am Mikro, an der Akustikgitarre oder am Piano präsentierte. Einzeln auf die Songs einzugehen wäre wie Eulen nach Athen zu tragen.

Die insgesamt 23 Stücke sind ein Querschnitt der ersten Alben „Neil Young“, „Everybody Knows This Is Nowhere“ und „After The Goldrush“ aus den Jahren 1968 bis 1970 sowie seiner Zusammenarbeit mit Stephen Stills bei Buffalo Springfield sowie CSN&Y und es gleicht einem „Greatest Hits“-Live-Album aus der Frühphase des kanadischen Amerikaners, wo den meisten noch gar nicht bewusst war, wie prägend er sich auf die Musikwelt später auswirken würde.

In dieser Form vorgetragen, zeigt sich die unglaubliche Stärke im Songwriting, aber auch die Fingerfertigkeit als Instrumentalist. Um zwei Songs doch namentlich zu zitieren, ist es dem „Old Man“ mit diesem Livealbum gelungen, was ihm in Zeiten von „I Am A Child“ als Grundlage für seine spätere Karriere diente.

Dass er später viele dieser Songs, meist mit Crazy Horse in einem E-Gitarrengewitter erklingen ließ, ist eine Geschichte, die später geschrieben wurde. „Carnegie Hall 1970“ ist für Fans von Folkmusik ein absolut hörenswertes Werk, aber auch für die Neil Young-Anhänger aus der eher rockigen Ära ein absolut empfehlenswertes Album, um manche Songs in ihrem absoluten Ursprung zu hören.

Reprise Records/Warner Music (2021)
Stil: Folk

Tracks:
01. Down By The River
02. Cinnamon Girl
03. I Am A Child
04. Expecting To Fly
05. The Loner
06. Wonderin`
07. Helpless
08. Southern Man
09. Nowadays Clancy Can’t Even Sing
10. Sugar Mountain
11. On The Way Home
12. Tell Me Why
13. Only Love Can Break Your Heart
14. Old Man
15. After The Gold Rush
16. Flying On The Ground Is Wrong
17. Cowgirl In The Sand
18. Don`t Let It Bring You Down
19. Birds
20. Bad Fog Of Loneliness
21. Ohio
22. See The Sky About To Rain
23. Dance Dance Dance

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