Review: Michael Segets
Mit seinem starken Solo-Debüt „Tears From The Mountain” sowie dem begeisternden Auftritt in der Kulturrampe letztes Jahr, hat sich Matt Horan in mein Herz gespielt. Entsprechend gespannt war ich auf den dort angekündigten Longplayer.
Während er auf seinem ersten Album als American Folk Singer stilsicher allein mit Gitarre oder Banjo unterwegs war, holte er sich für „You Ain’t Country“ die C.A.F. Band (Country As Fuck Band) ins Boot. Eine Band im Rücken zu haben ist für Horan nichts Neues. Über eine Dekade war er der Frontmann von Dead Bronco.
Dead Bronco nahm zwar eine Tribute-EP für Hank Williams auf, die Ausrichtung der Band ging aber eher in Richtung Punk oder Dark Folk. Nach der Auflösung der Band will Horan mit seinen Soloprojekten einen anderen Weg gehen. Auf seinem aktuellen Album kehrt er zu seinen Wurzeln, die im Country liegen, zurück.
Seinem Hang zum frühen Country lässt Horan zum Abschluss des neuen Werks freien Lauf. Mit Jodeln und Pedal Steel feiert er ihn mit der Ballade „Call To My Kin“. Dieser Beitrag setzt sicherlich einen Kontrapunkt zu den anderen Stücken, obwohl zuvor der Honky Tonk „Going Insane“ mit seinem Twang musikalisch ebenfalls eher traditionellen Bahnen folgt. „Cocaine Carolina“ kann gleichfalls in die Kategorie der Stücke eingereiht werden, die sich deutlich am Country klassischer Machart orientieren.
Der bereits von Johnny Cash eingespielte Song stellt das einzige Cover neben den neun Eigenkompositionen dar. Diese schlagen meist ein ordentliches Tempo – wie der Titeltrack – an, wobei auch einzelne langsame Beiträge („Paid In Blood“) eingestreut sind.
Weit entfernt von dem oftmals glattgebügelten Sound der Marke Nashville lässt uns Matt Horan an seiner Interpretation des Country teilhaben. Seine unmittelbare und raue Auslegung typischer Genre-Elemente, teilweise angereichert durch eine alternativ-punkige Attitüde, loten dessen Möglichkeiten aus. Tradition und Progressivität stehen nebeneinander und verschmelzen bei einigen Kompositionen. „You Ain`t Country“ hält somit spannende und intensive Hörerlebnisse bereit.
Dort, wo Horan spielerisch mit den Elementen des Country umgeht, läuft er zu Hochform auf. Der Opener „That’s Evil“ und „Appalachia“ sind zwei Uptempo-Nummern, die einen herrlich ungeschliffen, wild wirkenden Sound anschlagen. Einen maßgeblichen Anteil daran hat Horans Gesang. Mit ihm punktet er ebenso bei „Abilene“ und „Prodigal Son“.
Neben dem Eröffnungstrack zählt der letztgenannte Song zu meinen Favoriten auf dem Longplayer. Ebenfalls bemerkenswert ist „Conversing With The Devil“. Bei dem Song entfernt sich Horan rhythmisch weiter vom Country als bei den anderen Tracks und erzeugt dabei eine besonders dunkle Atmosphäre.
Für den Rhythmus der C. A. F. Band sind Fernando Chiquito an den Drums und Chus Cardin am Upright Bass verantwortlich. Gabi Perez steuert Pedal Steel und Dobro bei. Mit seinem hervorragenden Gitarrenspiel unterstützte Alex Atienza Horan bereits bei der zurückliegenden Tour.
Dead Bronco kündigte noch für Mai und Juni einige Konzerte in Europa – auch wieder in der Kulturrampe – an. Nach der plötzlichen Auflösung der Band wurden die Auftritte abgesagt. Wann Horan zukünftig den alten Kontinent besucht, bleibt daher offen. Der Weltenbummler lebte in den letzten Jahren hauptsächlich in Spanien. Als junger Familienvater verlagerte er seinen Lebensmittelpunkt nun allerdings zurück nach Davie, Florida. Zu wünschen wäre, dass er sich dennoch – gegebenenfalls mit der C. A. F. Band – bald wieder in unseren Gefilden blicken lässt.
Cowboy Trash Records (2022)
Stil: Country
Tracks:
01. That’s Evil
02. Going Insane
03. Prodigal Son
04. Abilene
05. Cocaine Carolina
06. Appalachia
07. Paid In Blood
08. You Ain’t Country
09. Conversing With The Devil
10. Call To My Kin