Red Beard – It Ain’t Been Easy – CD-Review

Wenn ich darüber nachdenke, welche Bands aus Europa mir eigentlich am besten gefallen, komme ich um die von den Kanaren stammende Band Red Beard aus der Teenage Head Music-Familie nicht herum. Jetzt erst recht nicht, nachdem ich ihr sensationell starkes neues Album „It Ain’t Been Easy“ zum x-ten Male durch den Player habe rauschen lassen.

Der Grund, warum ich mit den meisten Acts von unserem Kontinent und speziell auch aus Deutschland, oft so meine Probleme habe, ist der einfach nicht amerikanisch klingende Gesang, der für mich eine entscheidende Rolle spielt, da er ja fast immer durchgehend zu hören ist.  Und oft merkt man es einfach meilenweit gegen den Wind und auch an den meist im schulenglisch geschriebenen Texten.

Nicht so bei Red Beard, die haben mit ihrem Mastermind Jaime Jiménez Fleitas ein echtes Gesangsjuwel als Fronter und Allroundtalent (der zeichnet sich auch noch für die Gitarren sowie (HT-) Piano und klirrende Orgel, die es es natürlich ebenfalls zu Genüge gibt, zudem als Songwriter und Produzent verantwortlich), der mich immer unterschwellig an keinen Geringeren als Donnie Van Zant erinnert.

Dazu kommen noch mit Zaira Padrón und Carla Vega zwei grandiose omnipräsente Backgroundsängerinnen, die keinen Vergleich mit solchen Edel-Röhren wie u. a. Dale Krantz-Rossington, Bekka Bramlett, Joanna Cotten, etc. zu scheuen brauchen und den Songs so eine southern-typische, sexy-dreckige Tiefe beimischen. Drums und Bass werden von Jeremías Lobos und David Alvarado im Sinne des großen Ganzen vorbildlich und gekonnt bedient.

Und auch ihre Musik, wie man schon beim Vorgänger „Dakota“ hören konnte, wirkt wie aus der guten alten Southern Rock-Schule, allerdings mit dem heutigen jungen Elan von amerikanischen Zunft-Kollegen wie The Georgia Thunderbolts, The Vegabonds, Them Dirty Roses, The Steel Woods & Co.

Nach gemütlichem Beginn mit dem melodischen Southern Roots-Schwofer „Fine & Proud“ nimmt das Werk mit dem leicht Stones-angehauchten „Bye, Bye Babe“ Fahrt auf. Viele Tracks erinnern mich in ihrer Art an die Anfänge von 38 Special zu Zeiten ihrer ersten beiden Alben. Typische Songs wie deren damalige „Long Time Gone“, „I’ve Been A Mover“ oder „Who’s Been Messin'“ kommen durch den Van Zantschen Unterton und die damalige Art der E-Gitarrenarbeit als unweigerliche Assoziationen auf.

Aber auch das druckvolle Voranpreschen der Black Crowes zu ihren Debützeiten ist neben einigen Skynyrd– und ABB-typischen E-Soli (klasse hier Gidkly Rodriguez), teilweise auch mit klasse Slide und schönen Twin-Einlagen (zusammen mit Fleitas), ein durchlaufendes Stilelement.

Es geht eigentlich ansonsten durchgehend recht rockig, aber immer sehr melodisch ab, auch die in den Strophen eher im Midtempobereich angesiedelten Tracks wie „Give It My Best“, „Three Little Birds“ oder „Set Me Free“ bekommen spätestens mit dem Refrain ordentlich Power.

Den krönenden Abschluss gibt es dann auch tatsächlich mit dem für mich immer besonders wichtigen Finalstück (weil es oft aus meiner Sicht den bleibendsten Eindruck hinterlässt), in diesem Fall „Might Be Heaven Or Might Be Hell“, das wie eine southern-rockige Abwandlung des durch Joe Cocker berühmt gewordenen „With A Little Help From My Friends“ rüberkommt. Ein toller hymnischer Refrain und dazu ein klasse Schrei (vielleicht nicht ganz so intensiv wie der trinkfreudige Brite damals) von Fleitas im Bridge, heulende E-Gitarren und Orgel, einfach herrlich.

Angesichts des Titels „It Ain’t Been Easy“ werden viele, inklusiv meiner Person, in diesen schlimmen Pandemie-Zeiten, ein leidvolles Lied davon singen können, wie schwer vieles zu ertragen war und immer noch ist. Red Beard zelebrieren allerdings mit diesem fantastischen Album hier eher im Gegenteil die Leichtigkeit des Southern Rock-Daseins.

Man kann nur hoffen, dass aufgrund der hier im Lande immer noch vorherrschen Unvernunft vieler (impfunwilliger) Menschen, nicht wieder der Corona-Virus im Kulturbereich, staatlich verordnet, dazwischen grätscht und man diese tollen Lieder zum Beispiel am  27.11.21 im Dortmunder Blue Notez und am 11.12.21 in der Krefelder Kulturrampe, im Rahmen der Red Beard-Europa-Tournee (gerne mit der G2-Regel) genießen kann. Da ist Hingehen absolute Pflicht.

Eigenproduktion (2021)
Stil: Southern Rock

Tracks:
01. Fine & Proud
02. Bye, Bye Babe
03. Southern Eyes
04. It Ain’t Been Easy
05. Fly High
06. Give It My Best
07. Three Little Birds
08. Set Me Free
09. Might Be Heaven Or Might Be Hell

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Teenage Head Music

Dead Bronco – 02.05.2018, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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Matt Horan, dem Frontmann von Dead Bronco, scheint es in Krefeld zu gefallen. Gerade zehn Monate waren seit seinem ersten Gastspiel im Großmarkt verstrichen, da stand er erneut auf der Bühne der Kulturrampe, allerdings mit komplett ausgetauschter Band. Einen Tag nach dem Tanz in den Mai war das Publikum wieder in Feierlaune und in etwa so zahlreich wie beim vorjährigen Auftritt – für einen Mittwochabend also ein ordentlicher Zuspruch.

Viertel vor Neun legte die neu formierte Band nach einer kurzen Begrüßung durch „Pille“ Peerlings mit dem Instrumentalstück „Death Of An Appalachian“ los. Atmosphärische Klänge des Keyboards von Rita Sainz untermalten Joel Bruñas anfangs dominierende Banjo. Nach dem Intro gab „Scumbag“ die Marschrichtung für den Abend vor.

Diese ging in Richtung Punk und rief bei Gernot Erinnerungen an die Ramones wach. Die Country-Einflüsse, die bei dem vorangegangenen Konzert noch deutlich hörbar waren, schienen nur noch gelegentlich durch, beispielsweise bei dem Twang von „Devil’s Road“ oder bei „Stupid Man“ und „Dead Bronco“.

Als Liebeslied kündigte Matt Horan „I Hate You“ an, wobei er einräumte, das mit der Liebe nicht so richtig erklären zu können. Insgesamt zeigte sich der Bandleader wieder sehr kommunikativ und leitete mehrere Songs mit Anekdoten oder kurzen Erklärungen ein. So erzählte der 36jährige über seine eher unappetitlichen Essgewohnheiten in der Jugend, die ihn zu „Life Of Leech“ inspirierten oder die geographisch unglückliche Lage seines Hauses, die er bei „Stuck In The Mud“ verarbeitete.

Nicht ganz ernstgemeinte Zwiegespräche mit Joel Bruña und die schon fast absurden Informationen, so zum Beispiel über die in Belgien gekauften Socken des Gitarristen Adan Roiz, waren unterhaltsam und machten Spaß.

Auch sonst passierte auf der Bühne sehr viel. Horan schwang seine Hüften, sprang herum und versuchte sich an artistischen Einlagen. In Sachen Körperbeherrschung war allerdings Adrian Lopez unübertroffen. Zweimal stieg er auf seinen Upright-Bass und spielte ihn frei balancierend und quasi schwebend weiter. Das hatte ich bislang noch nicht gesehen. Vielleicht nicht ganz so beeindruckend, aber auf alle Fälle überraschend, war das Kommando „Sexy Time“, mit dem die Bandmitglieder zugleich ihren Oberkörper frei machten.

Da gab es einige Tätowierungen und Brustwarzen-Piercings zu bestaunen. Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters. Das Publikum feierte die Aktion aber auf alle Fälle. Rita Sainz, die die Band nur gelegentlich mit dem Keyboard unterstützte, war zu dem Zeitpunkt nicht auf der Bühne und wollte sich später auch nicht an dem Einfall beteiligen.

Vollen Körpereinsatz zeigte hingegen Guille Peña am Schlagzeug, der nicht nur bei „Floating Down River“ sein gesamtes Gewicht in die Bearbeitung der Felle legte und richtig wütete. Der volle Klang des Schlagzeugs sowie der sehr gut ausgesteuerte Sound war das Verdienst von Malte an den Reglern. Horan würdigte den Rampentechniker überschwänglich – einer der ernst gemeinten und angemessenen Beiträge des Sängers.

Musikalisch stand das neue Album „Driven By Frustration“ im Vordergrund. Dead Bronco spielte alle Titel der Scheibe. Die Highlights waren dabei für mich „Miss Carriage“ und „Lord Call Me Home“. Mit „Penitent Man“, „Freight Train“ und „Keg Stand“ wurden zudem rockige Stücke früherer Veröffentlichungen ausgewählt. Auch „Vampiria“ wurde kurz und knackig durchgezogen. Das Konzert hatte daher richtig Fahrt.

Für zartere Einlagen sorgte Adan Roiz, wenn er seine elektrische Gitarre gegen eine Mandoline austauschte und so etwa bei „Driven By Frustration“ einen Gegenpol zu dem exzessiven Banjo-Spiel von Joel Bruña bildete. Oftmals gelang es der Band, die brachialen Kraft des Punks zu transportieren, ohne die Melodien der Songs aus den Augen zu verlieren.

Den theatralischen Abschluss des Hauptsets bildete „Funeral Inhibited“. Dead Bronco zelebrierte eine symbolische Beerdigung bis alle Bandmitglieder auf der Bühne lagen oder von ihr verschwunden waren. Bei der Zugabe begeisterte das mir bis dato unbekannte „Lucifer’s The Light“ mit seinem Country-Einschlag. Schließlich präsentierte Dead Bronco mit „The Sheperd“ noch die Weltpremiere eines Songs für die Umweltorganisation Sea Shepherd, zu dem es jetzt einen brandaktuellen Videoclip gibt.

Dead Bronco haben es musikalisch und mit ihrer Bühnenshow krachen lassen. Der gut aufgelegte Matt Horan sorgte für einen kurzweiligen, mit Humor gewürzten Abend.

Line-up:
Matt Horan (lead vocals, acoustic guitar)
Joel Bruña (banjo, vocals)
Adan Roiz (electric guitar, mandolin, vocals)
Rita Sainz (keyboard)
Adrian Lopez (upright bass)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Michael Segets

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Kulturrampe Krefeld

The Electric Alley, 08.12.2017, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

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The Electric Alley bildeten gestern Abend für Gernot und mich, den Abschluss (sofern wir uns nicht noch für irgendetwas Ungeplantes spontan entscheiden sollten) eines intensiven Konzertjahres 2017, in dem wir alleine aus unserer lieb gewonnenen Kulturrampe satte 19 mal berichtet haben.

Nachdem ich am Montag bei Chantel McGregor aufgrund der ungeheuren Fülle an Aufgaben und dementsprechenden Belastungen in meinem richtigen Job, mal gepasst hatte, war die Präsenz beim Deutschland-Debüt, des sich im Portfolio von Teenage Head Music befindlichen Quartetts aus dem spanischen Cadiz, natürlich Pflicht, zumal es noch mal die Gelegenheit gab, sich von den vielen bekannten, ebenso Musikverrückten wie u. a. Manny Montana samt Ehefrau, KR-Ikone Mario Scholten (hatte angesichts des herrlichen Wetters großzügig den Vorzug im gemütlichen Outdoor-Bereich an der Kasse bekommen), Techniker Malte, SoS-Mitarbeiter Michael Segets und natürlich ‚Mr. Kulturrampe‘ Pille aus dem alten, noch bestehenden Jahr zu verabschieden (und bereits die ersten Pläne für 2018 zu schmieden).

Um die 60 Zuschauer sorgten für einen Erstaufritt der jetzt gerade nicht mega-mäßig bekannten Iberer für einen ordentlichen Rahmen, die auch für mich Neuland waren, da Gernot den Review zu ihrem immer noch aktuellen Album „Get Electrified!“ von 2015  geschrieben hatte.

Der unterhaltsame engagierte Gig, der sich stilistisch überwiegend im Bereich des melodischen Hard Rocks einordnen lässt, untermauerte im Prinzip Gernots verfasste Thesen, die Band samt ihres eigenständig kreierten Materials, in die Nähe der bekannten Interpreten des Genres wie Alice Cooper, Aerosmith, Bon Jovi oder Guns’n Roses zu rücken. Aus meiner Sicht könnte man durchaus auch noch Acts wie AC/DC, Black Crowes, House Of Lords, Little Caesar, etc. in den erweiterten Dunstkreis aufnehmen.

Und so spielten sich die vier Musiker, angeführt von Sänger und Gitarrist Jaime Moreno (dessen in Düsseldorf lebende Schwester zum Gig angereist war) mit viel Dampf (eröffnet wurde mit dem fetzigen „Up In Flames“) durch ausgewählte Tracks ihrer beiden Alben „Backward States Of Society“ und „Get Electrified!“. Lead Gitarrist Nando Perfumo glänzte mit vielen quirligen Soli auf seiner schwarzen Les Paul, der athletische Sergio Reyes Gamaza am Bass (einmal mit toller Gesangskurzeinlage) und Drummer Rafa Gonzales bildeten eine überaus kraftvolle Rhythmusfraktion.

Der Bezug zu unserem Magazin wurde durch das, mit einem integrierten „Can’t You See“-Intermezzo verzierte, southern rockige „Live While You’re Alive“ gewahrt, das aus meiner Sicht neben Stücken wie „Go Go Go“ (vielleicht der Song mit dem höchsten Wiedererkennugswert), den atmosphärischen Midtempotracks „Free My Soul“ (sehr emotional gesungen) und „Eagles Fly Solo“ (teils soulig, teils hymnisch), auch zu den Highlights des Hauptteils zählte.

Die stürmischen „Alley, Alley“-Rufe der begeisterten anwesenden Rampen-Besucher wurden mit zwei Zugaben, u. a. mit dem Titelstück des 2015er-Werkes „Get Electrified!“ angemessen zufriedengestellt. Insgesamt ein knackiger Abend mit The Electric Alley, der zum vorgezogenen Wochenausklang mal so richtig die Ohren durchgepustet hat.

Unser Dank nochmals an alle Beteiligten, die dazu beigetragen haben, dass in solchen, mit viel Herzblut bedachten Locations wie der Kulturrampe, noch unzählige weitere niveauvolle musikalische Auflagen dieser Art folgen mögen. Man sieht sich im neuen Jahr bei Rhino Bucket!

Line Up:
Nando Perfumo – Lead Guitar, Background Vocals
Jaime Moreno – Lead Vocals, Electric Guitar
Sergio Reyes Gamaza – Bass, Background Vocals
Rafa Gonzales – Drums

Bilder: Gernot Mangold
Bericht: Daniel Daus

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