
Review: Jörg Schneider
Joe Ely hat für sein neues Soloalbum „Love and Freedom“ einen vergrabenen Schatz gehoben. Die dreizehn Tracks des Albums (neun Eigenkompositionen und vier Coverversionen), die sich mit Einwanderung, Armut, Krieg, Gerechtigkeit, Liebe, Freiheit und anderen sozialen Themen beschäftigen, hatte Ely bereits vor Jahrzehnten aufgenommen und gespeichert. Leider waren sie dann in Vergessenheit geraten, bis Ely sie im letzten Jahr zufällig wiederentdeckte.
Sie wieder zu beleben erschien als eine Herausforderung, weil Teile der Mehrspuraufnahmen schlichtweg verschwunden waren. Die Restaurierung gelang dann schließlich mit Hilfe von Lloyd Maines, einem Freund und Produzenten, der den Stücken u. a. Akustik-, Slide-Gitarre und Bass hinzufügte. Letztendlich ist eine bemerkenswerte und authentische CD entstanden, welches sich als neunundzwanzigstes Album perfekt in die lange Liste der Vorgängeralben einreiht.
Der Opener „Shake ´Em Up“ ist auch gleichzeitig die erste Singleauskopplung aus „Love And Freedom“. Sie kommt recht schwungvoll mit leichten Americanaanleihen rüber und mutet wie eine Ode an die Würfelspiele im Wilden Westen an. „Adios Sweet Marie“ startet mit ungewöhnlichen Akkordeonklängen, die an volkstümliche Musik aus Österreich erinnern, tatsächlich aber von den Problemen an der Grenze zwischen Texas und Mexiko handelt. „Magdalene“ ist dann die erste Coverversion des Albums. Eine ruhige Ballade, die ursprünglich von Guy Clark stammt.
Ruhig geht es dann auch mit dem Woody-Guthrie-Klassiker „Deportee“ (Plane Wreck at Los Gatos)“ weiter, bei dem der Singer-Songwriter Ryan Bingham mit seiner leicht rauen Stimme den Gesangspart übernimmt und mit Townes Van Zandts Song „Waiting Around To Die“ liefert Ely einen weiteren schmissigen Song mit Tanzpotential ab. Eine weitere schöne Country-Ballade ist „Sergeant Baylock“ (sie erinnert streckenweise an Lou Reeds „Take A Walk On The Wild Side“), in der Ely mit einem Polizeibeamten in Lubbock abrechnet, der ihn unerbittlich schikanierte.
Zum Dahinschmelzen schön ist der bedächtige Americana-Song „Sake of the Song“ und in „Here’s to the Brave“ besingt Joe Ely die amerikanischen Ureinwohner. Kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September besuchte er den Ground Zero. Unter dem Eindruck des Gesehenen entstand dann der Song „No One Wins“. Abgerundet wird das Album durch schwungvolle Songs über soziale Gerechtigkeit: „Today It Did“, „Band of Angels“, „What Kind of War“ und „Surrender to the West“.
In Summe ist „Love And Freedom“ ein überzeugendes und äußerst abwechslungsreiches Opus, welches stark durch Country- und Americana-Einflüsse geprägt ist. Mir hat es wahnsinnig gut gefallen und ich denke, dass es viele Anhänger finden wird.
Label: Rack ´Em Records / Thirty Tigers
Stil: Blues
Tracks:
01. Shake ´em Up
02. Adios Sweet Dreams
03. Magdalene
04. Deportee
05. Waiting Around To Die
06. Sgt. Baylock
07. Today I Did
08. Band Of Angels
09. Sake Of The Song
10. Here‘s To The Brave
11. What Kind Of War
12. No One Wins
13. Surrender To The West