Marc Broussard – S.O.S. 4: Blues For Your Soul – CD-Review

Es soult ganz schön im Blues in diesen Tagen. Nachdem das Jungtalent Connor Selby in unserem Magazin mit seinem souldurchtränkten Bluesalbum vorgelegt hat, wird heute, am gleichen Tag, auch das neue Werk von Marc Broussard, „S.O.S. 4: Blues For Your Soul“, veröffentlicht, und wer wäre für solch eine Art von Musik nicht mehr prädestiniert als der aus Louisiana stammende Singer-Songwriter mit seiner grandiosen Stimme?

Das ungewöhnliche an meiner Beziehung zu Broussard ist, dass sie eigentlich durch ein Melodic Rock-Ding ausgelöst wurde. Im Rahmen eines Interviews mit dem The Ladder-Gitarristen Gerhard Pichler lernte ich einen Bekannten von ihm kennen, der mir damals Broussards Frühwerke (wie u. a. „Carenco“ oder „Keep Coming Back“) wärmstens empfiehl. Diese besorgte ich mir dann auch wenig später und war in der Tat begeistert.

Live sah ich ihn dann erstmals 2015 im Musiktheater Piano in Dortmund vor sehr spärlicher Kulisse und dann nochmals drei Jahre später im diesmal rappelvollen Pitcher in Düsseldorf. Seit er albentechnisch hier bei uns deutlich besser promotet wird, scheint auch der Bekanntheitsgrad mit zu steigen. Den nächsten Step dürfte Marc jetzt im Rahmen seiner S.OS.-Cover-Alben-Reihe (Save Our Souls) machen, die mit der Idee von ihm ins Leben gerufen wurden, Geld für die unterprivilegierte Jugend in den Staaten zu sammeln.

Hierfür konnte er nämlich diesmal keinen geringeren als Joe Bonamassa gewinnen, der für den Longplayer nicht nur sein eigenes Label zur Verfügung stellte, sondern auch auf drei Tracks ganz kräftig mit in die Saiten greift, wie u. a. beim famosen Little Milton-Klassiker „That’s What Love Will Make You Do“, der hier mit ein Highlight darstellt.

Broussard dazu: „Little Milton in Angriff zu nehmen, war eine gewaltige Aufgabe. Er hatte eine epische Stimme, die mich eingeschüchtert hat. Ich hoffe nur, ich bin ihm gerecht geworden. Ich wollte es nicht übertreiben, aber wir wollten ihm unseren Stempel aufdrücken. Ich bin so froh, dass wir das geschafft haben.“

Auch in Sachen Produktion sind Smokin Joe und sein langjähriger Kollege und Kooperationspartner Josh Smith, der hier beim deltabluesigen „Locked Up In Jail (Prison Blues)“ seine E-Gitarre herrlich grummeln lässt, mit involviert. Mit JJ Grey bei “ Asked for Water“ und Eric Krasno bei „I Like To Live the Love“ standen weitere, in diesem Magazin bekannte Größen parat, die für zusätzlichen Glanz im Retro-umwobenen Soul-Blues-Konglomerat sorgen.

Aus dem Rahmen fällt ein wenig das recht aggressiv und psychedelisch performte Son House-Stück „Empire State Express“, bei dem man bei entsprechender Lautstärke doch schon gute Nerven und Durchhaltevermögen mitbringen muss.

Am Ende ist dann mit den beiden relaxten Nummern „Driving Wheel“ und „When Will I Let Her Go“ nochmals Bonamassa-Time. Wenn man ganz fies sein möchte, könnte man unterstellen, dass der stimmlich ja nicht unbedingt eine Übergröße abgebende, aber immer nach Perfektion strebende Blues Rock-Gigant (obwohl er sich in den letzten Jahren in dieser Hinsicht ja deutlich verbessert hat) auf diesem Werk mal die Gelegenheit genutzt hat, zu prüfen, wie sich seine Musik mit einem phänomenalen Sänger wie Marc Broussard anhört…

Aber das ist natürlich völliger Quatsch. Hier geht es wirklich eindeutig um die gute Sache und dieser werden Broussard, Bonamassa & Co. absolut gerecht. Ein regelrechtes Freudenfest für Blues- und Soul-Freunde der guten alten Retroschule, von absoluten Klasseleuten und einem begnadeten Sänger perfekt in die heutige Zeit transformiert. Somit steht jetzt schon fest, dass für diese an „S.O.S. 4: Blues For Your Soul“ von Marc Broussard kein Weg vorbei führen wird.

Überaus erfreulich ist auch, dass Marc in diesem Jahr im September wieder in unseren Sphären live zu sehen sein wird, u. a. auch wieder im Musiktheater Piano in Dortmund (siehe dazu auch unsere Konzerttipps).

Ktba Records (Rough Trade) (2023)
Stil: Soul Blues Rock

Tracks:
01. I’ve Got To Use My Imagination
02. I’d Rather Drink Muddy Water
03. That’s What Love Will Make You Do (feat. Joe Bonamassa)
04. Cuttin‘ In (feat. Roddie Romero)
05. Dreamer
06. Empire State Express
07. Love The Time Is Now (feat. Bobby Junior)
08. I Asked For Water (feat. JJ Grey)
09. I Like To Live The Love (feat. Eric Krasno)
10. Locked Up in Jail (Prison Blues) (feat. Josh Smith)
11. Driving Wheel (feat. Joe Bonamassa)
12. When Will I Let Her Go (feat. Joe Bonamassa)

Marc Broussard
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Another Dimension

Marc Broussard – 02.04.2015, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

Man sagt ‚Viele Wege führen nach Rom‘, ähm bzw., auf den heutigen Abend bezogen, nach Dortmund. So ähnlich erging es mir mit Marc Broussard, auf den ich vor Jahren auf eher ungewöhnliche Weise gestoßen bin. Auslöser war eine britische Melodic Rock-Band namens The Ladder, deren Musik eigentlich recht wenig Gemeinsamkeiten mit der, des aus Carencro, Louisiana stammenden Singer/Songwriters aufweist.

Das im Rahmen der CD „Sacred“ geführte Interview mit deren Gitarristen Gerhard Pichler und der anschließende, nette Kontakt zu ihm mündete in eine weitere Bekanntschaft mit einem Freund Gerhards, namens Martin Büchele, der in Wien neben einem Creativ-Studio u. a. eine Homepage in Sachen Westcoast/AOR-Musik betrieb. Unser reger Musikaustausch führte irgendwann dazu, dass er mir einen gewissen Marc Broussard näher brachte, von dem ich mir dann auch ein paar Alben zulegte, natürlich im Vorfeld des Konzertes auch seinen schönen aktuellen Silberling „A Life Worth Living“.

Ja, so kann es gehen. Und am Abend des 02. April stehe ich nun an einem Tisch vor der Bühne des mit knapp 70 Zuschauern dünn besiedelten Dortmunder Pianos (danke übrigens auch noch mal an Jenny von 3Dog Entertainment für die nette und kooperative Zusammenarbeit), um ihn das erste Mal live zu begutachten. Vor einigen Wochen hatte er ja bereits als Support des unwiderstehlichen JJ Grey, der letztes Jahr diese Location (da fast ausverkauft) zum Kochen gebracht hatte, ein bisschen germanische Luft schnuppern dürfen (u. a. Im Rahmen des Rockpalasts). Erfreulich ist, dass solch tolle Musiker mittlerweile – in den Staaten oft vor großer Kulisse spielend -, Deutschland als interessanten (Zweit-)Markt vernommen haben, wobei aller Anfang, was Zuschauerpräsenz angeht, nicht so einfach ist. Der gemeine deutsche Michel verprasst seine Moneten halt erst mal lieber für billige Amateur-Cover-Bands oder die entrückten Stars der Musikbranche, so abgehalftert sie auch sein mögen…

Marc Broussard eröffnete mit seinen beiden Mitstreitern Chad Gilmore (Drums) und Pierangelo Crescenzio (Bass – was für ein klingender Name) um 20:15 Uhr den Reigen seiner Stücke mit „Paradis“, einem ruhigen Midtempotrack. Er hatte zunächst die akustische Gitarre geschultert. Ab dem funkigen „Try Me“ streifte er dann die elektrische über. „Love And Happiness“ (mit Gospelpassage) und das leicht angejazzte „Come In From The Cold“ folgten.

Nach kurzer Akquise fürs aktuelle Album gab es mit dem cool groovenden „Weight Of The World“ auch das erste Lied aus diesem Werk zu hören. Auf Wunsch wurde dann das für einen aus Musiker Louisiana zum Stammrepertoire gehörende, launige „Mardi Gras“ eingestreut. Gänsehaut erzeugte dann die geniale Southern Soul-Ballade „Lonely Night in Georgia“, ein Hammersong! Mit dem, nach ruhigem Beginn, schön Fahrt aufnehmenden „Shine“ sowie dem melodischen „Hurricane Heart“ legte Marc nochmal zwei aktuelle Nummern nach.

Anschließend wurde der Bill Withers-Klassiker „Lovely Day“ schön mit „Saturday“ vom „Carencro“-Album als Mini-Medley in Einklang gebracht. Die einzige Single-Nr. 1 von Marc Broussard in Deutschland folgte auf dem Fuße. Sie wurde jedoch nicht von ihm selbst erzielt. Der kürzlich leider verstorbene Joe Cocker nahm den Song „Hard Knocks“ auf und heimste die Lorbeeren ein. Immerhin eine schöne Geste, eher nur Insidern bekannten Leuten wie Marc Broussard, damit in Sachen Bekanntheitsgrad und vermutlich, was Tantiemen betrifft, ein wenig auf die Sprünge zu helfen.

Das für Broussard eher unüblich hart rockende „Dyin‘ Man“ und das sich in einen fast psychedelischen Rausch steigernde „Home“ beendeten einen feinen Hauptteil. Marc ließ sich nicht lange um die vehement geforderten Zugaben bitten. Der als absoluter Familienmensch bekannte Musiker (Vater von vier Kindern) performte die Songs für seine Söhne Gibb und Gavin im Alleingang (mit Akustikklampfe). Als Rausschmeißer wurde dann wieder im Trio mit Bob Marleys „Waiting In Vain“ ein relaxtes Reggae-Feeling verströmt.

Fazit: Ein schönes Konzert mit noch Luft nach oben. Mir fehlte in jedem Fall an diesem Abend im Piano paradoxer Weise ein Klavier und Backgroundsängerinnen sowie optional noch Blasinstrumentalisten. Die würden der Musik sicherlich noch viel mehr Volumen und Intensität verabreichen. Aber klar, dass angesichts des noch nicht so erheblichen momentanen Bekanntheitsgrades und der ersten Solotour hier noch nicht das große Besteck aufgelegt wurde. Kann ja noch kommen…

Ach so. Da gab es noch ein paar junge Leute, die den ganzen Abend nichts anderes zu tun haben zu schienen, als einen Song namens „Cruel“ zu fordern. Der Protagonist hatte bereits relativ am Anfang des Gigs vermerkt, dass er das Lied nicht spielen kann, ja, sich nicht mal an seinen Text erinnern kann. Dazu quatschten sie noch despektierlich während der ruhigen Lieder. Manchmal kann auch so eine Veranstaltung wirklich grausam sein… Die Nervensägen gaben aber selbst nach dem Konzert keine Ruhe: Sie kreisten Marc ein, ein Bursche schnappte sich die Akustikgitarre und spielte ihm die Melodie vor. Der konnte sich dann tatsächlich auf ein paar Textzeilen zurückbesinnen und sang kurz mit. Anders herum somit wieder eine schöne Szene, die es wohl nur auf intimen Konzerten dieser Art zu erleben gibt.

Und dann war da noch die sympathische musik-begeisterte junge Dame aus Meerbusch, die den ganzen Gig neben mir verbracht hatte. Die angehende studierte Eventmanagerin (möchte sie zumindest laut eigener Aussage gerne werden), die den MB-Auftritt tags zuvor in Düsseldorf schon besucht hatte, tauschte sich rege mit mir über die Arbeit als Rockmusikredakteur aus und erhielt natürlich auch den einen oder anderen Interpretentipp von mir. Sie kaufte das einzig angebotene T-Shirt des Künstlers und konnte es kaum erwarten, sich das Hemd signieren zulassen. Ein Foto von ihr und Marc war natürlich ebenfalls Pflicht. Auch wenn wir gemeinsam feststellten, dass das graue Teil nicht zu den schönsten seiner Art zählt und der Verwendungszweck demnach noch offen erschien, bin ich mir ziemlich sicher, dass sie es nach dem ersten hochsensiblen Waschgang in ihrem heimischen Bett tragen wird und selig darin von der Musik des Marc Broussards träumen wird…

Line-up:
Marc Broussard (vocals, guitars)
Pierangelo Crescenzio (bass, backing vocals)
Chad Gilmore (drums, backing vocals)

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