Dean M. Collins – Land Where The Wishes Come True – CD-Review

Review: Michael Segets

In den letzten zehn Jahren brachte Dean M. Collins fünf Alben heraus. Auf dem jetzt erschienen „Land Where The Wishes Come True“ versammelt sich eine ansehnliche Riege von Musikveteranen. Kenny Aronoff (Johnny Cash, John Mellencamp), Smokin’ Brett Resnick (Kacey Musgraves, Brooks & Dunn), Justin Moses (Garth Brooks, Peter Frampton), Michael Clevelands (Alison Krauss) und Jimmy Zavalas (Bon Jovi, Tom Petty) sind einige von ihnen. Mit so viel Erfahrung im Hintergrund kann praktisch nichts schiefgehen.

Die drei Singles „Land Where The Wishes Come True”, „I Don’t Think She Knows” und „It Could Have Been Me” wurden am Anfang des Longplayers geschickt platziert. Sie stellen die stärksten Stücke des Werks dar. Bei den beiden ersten erzeugt vor allem das Schlagzeug von Aronoff eine erstklassige Dynamik. Nach dem folkrockigen Einstieg verliert das Album an Fahrt. In die folgenden Songs mischt sich gelegentlich etwas Westcoast („Here & Now“), Country („Still Gone“, „Small Worlds“) oder gar Pop („Time When We Were Close“) hinein. Die Titel sind gut hörbar und klar um die angenehme Stimme von Collins herum produziert.

Die Fidel von Michael Cleveland ist auf den meisten Tracks präsent und manchmal auch dominant („That’s All“, „Coming Home”, „Sorry (Closeout 602)”). Auffällig wimmert die Mundharmonika von Jimmy Zavala bei „Let It Go”. Neben den Singles sind das lockere „Nothing Lasts Forever” und das etwas dunklere, die Dynamik variierende „Athanasia“ hervorzuheben. Das letztgenannte Stück zählt definitiv zu den emotionalen Highlights des Albums. Insgesamt fehlen mir etwas die Ecken und Kanten in der Produktion, wobei sich auf der anderen Seite auch keine songtechnischen Ausfälle verzeichnen lassen.

Collins wuchs in Kentucky auf einer Farm auf. Später war er Pilot – zuerst beim Militär und dann bei einer privaten Fluggesellschaft. Mit seiner Karriere als Musiker lebt er einen weiteren Traum aus. Es ist alles in allem anscheinend ganz gut für ihn gelaufen, sodass der Albumtitel vermutlich sein tatsächliches Lebensgefühl widerspiegelt. In seinen Texten verarbeitet er seine Erinnerungen, die sich hauptsächlich um Familie und Beziehungen drehen. Da werden aber dann doch Rückschläge und das Bedauern von Entscheidungen thematisiert, sodass auch die Schattenseiten des Lebens anklingen.

Wenn auch nicht jeder Song von Dean M. Collins einen hohen Wiedererkennungswert aufweist, hält „Land Where The Wishes Come True” einige empfehlenswerte Tracks bereit. Mit einer beeindruckenden Line-up im Rücken präsentiert Collins sein fünftes Album, das vor allem mit den Folk Rock-Titeln punktet.

Dr. Music Records (2023)
Stil: Americana

Tracks:
01. Land Where The Wishes Come True
02. I Don’t Think She Knows
03. It Could Have Been Me
04. Here & Now
05. Nothing Lasts Forever
06. That’s All
07. Let It Go
08. Time When We Were Close
09. Still Gone
10. Athanasia
11. Coming Home
12. Small Words
13. Sorry (Closeout 602)

Dean M. Collins
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Dr. Music Records

Brandy Clark – Same – CD-Review

Review: Michael Segets

Vermutlich ist es der Rezension des Chefredakteurs zum vorangegangenen Album „Your Life Is A Record“ zu verdanken, dass Brandy Clark die orchestralen Töne auf ihrem neuen Werk deutlich reduziert hat. Die offizielle Version zur Entstehungsgeschichte zum selbstbetitelten Longplayer lautet überraschenderweise anders.

Nicht zuletzt aufgrund mehrerer biographischer Parallelen fanden Clark und Brandi Carlile schnell einen Draht zueinander, nachdem sie über eine gemeinsame Freundin bekannt gemacht wurden. Der zusammen aufgenommene Song „Same Devil“ heimste eine Grammy-Nominierung ein und legte den Grundstein für die weitere Kollaboration. Carlile produzierte das aktuelle Album von Clark und singt einen Part des Duetts „Dear Insecurity“.

Sie arbeitete auch darauf hin, dass Clark ihre Stärken als Sängerin ausspielt. So wurde kaum Overdubs verwendet, wodurch der Sound pur und unverstellt wirkt. Dennoch werden hin und wieder Streicher eingesetzt – so auch auf dem flottesten Stück „Northwest“, bei dem ihnen am Ende viel Raum gegeben wird.

Der Einstieg „Not Enough Rocks“ erinnert anfänglich an Sheryl Crow, für die Clark bereits geschrieben hat. Derek Trucks (Tedeschi Trucks Band) steuert hier seine Gitarrenkünste bei und gibt der Nummer eine rockige Note. Ansonsten finden sich hauptsächlich ruhige Songs im unteren Tempobereich auf der Scheibe. Sehr stimmungsvoll ist „She Smoked In The House“, das neben „Buried“ und dem bereits erwähnten „Northwest“ als Singles herausgegeben wurde.

Zwei starke Stücke sind gegen Ende des Werks platziert: „All Over Again“ entwickelt einen schönen Drive; „Best Ones” wird von einer Mundharmonika begleitet, die nochmal einen anderen Sound in das Album bringt. Die Klavierbegleitung steht bei „Take Mine“ im Vordergrund. Der Titel erscheint ebenso wie „Up Above The Clouds (Cecilia???s Song)” etwas altbacken. Auffälliger ist „Tell Her You Don’t Love Her”, auf dem Clark von Lucius unterstützt wird.

Selbst wenn nicht jeder Song einen Volltreffer darstellt, beweist Clark erneut, dass sie zu Recht zur führenden Riege der Songwriterinnen im Country- beziehungsweise Americana-Bereich zählt. Nicht umsonst greifen viele Kolleginnen und Kollegen auf ihre Kompositionen zurück. LeAnn Rimes und Kacey Musgraves oder Billy Currington und Toby Keith sind hier exemplarisch zu nennen.

Hat sich Clark bislang primär als Songwriterin verstanden, die auch singt, gewann sie durch die Zusammenarbeit mit Carlile mehr Selbstvertrauen als Sängerin. Dass die Selbstzweifel hinsichtlich ihres Gesangs allerdings unbegründet sind, zeigten schon ihre bisherigen Veröffentlichungen und ihre Duette wie „In The Mean Time“ mit Hayes Carll.

Brandy Clark nimmt auf ihrem vierten Album die instrumentale Unterlegung zurück und legt den Focus auf den Ausdruck der Songs und ihrer Stimme. Mit Brandi Carlile als Produzentin im Rücken sowie den Gastmusikern Derek Trucks und Lucius gelingt ihr ein über weite Strecken überzeugendes Werk, sodass es möglich erscheint, dass Clark nach zahlreichen Nominierungen in der Vergangenheit nun auch mal einen Grammy nachhause trägt.

Warner Records/Warner Music (2023)
Stil: Country, Americana

Tracks:
01. Ain’t Enough Rocks (feat. Derek Trucks)
02. Buried
03. Tell Her You Don’t Love Her (feat. Lucius)
04. Dear Insecurity (feat. Brandi Carlile)
05. Come Back To Me
06. Northwest
07. She Smoked In The House
08. Up Above The Clouds (Cecilia???s Song)
09. All Over Again
10. Best Ones
11. Take Mine

Brandy Clark
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Warner Records
Oktober Promotion

The Cactus Blossoms – Easy Way – CD-Review

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Review: Michael Segets

The Cactus Blossoms unterstützten bereits Kacey Musgraves und Lucius auf ihren Tourneen. Mit „Mississippi“ erlangten sie einigen Bekanntheitsgrad, da es der Song auf den Soundtrack der letzten Staffel von Twin Peaks schaffte. Er findet sich auch auf ihrem Debüt „You’re Dreaming”. Für den Nachfolger „Easy Way“ ließen sich The Cactus Blossoms drei Jahre Zeit. Mit ihm führen Page Burkum und Jack Torrey ihren musikalischen Weg fort.

Feine Kompositionen mit sorgfältig arrangierten Melodien prägen auch die zehn Tracks des neuen Albums. Obwohl Burkum und Torrey eine Leidenschaft für alte Country-Songs teilen, treten die Country-Anleihen im Vergleich zu ihrem Erstlingswerk etwas in den Hintergrund. Die Titel bewegen sich überwiegend im Alternative Folk. Dabei geben The Cactus Blossoms ihren Stücken einen speziellen Retro-Touch, der in dieser Konsequenz zurzeit ein Alleinstellungsmerkmal ist.

Die Arrangements lassen die Songs oft so klingen, als würden sie aus den 1950ern stammen. Sie sind sanft („Boomerang“) und harmonisch („I’m Calling You“), manchmal vielleicht etwas zu harmlos („Blue As The Ocean”). Gelegentlich mischen sich Westcoast- („I’m Calling You“), leichte Psychodelic- („Please Don’t Call Me Crazy“) und dezente Jazz-Elemente („Easy Way“) in die Kompositionen. Besonders eingängig ist „I Am The Road“, bei dem sich The Cactus Blossoms dann doch noch am Country orientieren. Die mehrstimmigen Gesangspassagen erinnern mal an The Byrds („Desperado“), mal an Simon & Garfunkel („Got A Lotta Love“).

Trotz der unterschiedlichen musikalischen Einflüsse, die sich auf dem Album wiederfinden, wirkt es insgesamt sehr homogen. Auch die Gastmusiker Michael Lewis am Saxophon und Joel Paterson an der Pedal-Steel-Gitarre fügen sich mit ihren Instrumenten unaufdringlich bei „Downtown“ beziehungsweise „See It Through“ ein.

Die aus Minneapolis stammenden Page Burkum und Jack Torrey entwerfen einprägsame Melodien und atmosphärisch dichte Songs, auch wenn sie stilistisch nicht immer auf meiner Wellenlänge liegen. The Cactus Blossoms sind ein interessantes Duo und daher ist es nicht verkehrt, „Easy Way“ für ruhige Momente im Regal zu haben.

Walkie Talkie Records/Redeye/H’ART (2019)
Stil: Alternative Folk

Tracks:
01. Desperado
02. I’m Calling You
03. Please Don’t Call Me Crazy
04. Got A Lotta Love
05. Easy Way
06. Downtown
07. Boomerang
08. See It Through
09. I Am The Road
10. Blue As The Ocean

The Cactus Blossoms
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H’ART

Kacey Musgraves – Golden Hour – CD-Review

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Aufbruch zu neuen Ufern bei Kacey Musgraves! Mit dem Labelwechsel zu MCA und dem Austausch des ihr assistierenden Produzententeams in persona der beiden Multiinstrumentalisten  Ian Fitchuk und Daniel Tashian, hat die texanische Grammy-Preisträgerin mit ihrem neuen Album „Golden Hour“ auch einen deutlich spürbaren Schwenk vom überwiegend Country-Traditionalistischem in etwas poppigere Gefilde vollzogen.

Dass es dabei im Lager der Puristen des Genres mal wieder entsetzte Aufschreie geben wird, ist damit eigentlich schon vorprogrammiert gewesen. Für mich  persönlich steht da eher eher die Art und Weise im Vordergund, wie man einen solchen Wandel einleitet.

Im Gegensatz zu einigen Kolleginnen und Kollegen, geschieht dies in Kaceys Fall, meiner Ansicht nach,  nicht in offensichtlich anbiedernder, monetär bestimmter Weise, sondern wird hier recht stilvoll, ‚leise‘ und unaufdringlich bewerkstelligt.

Fitchuk und Tashian ist es brillant gelungen, den ‚moderneren‘ Komponenten wie Loops, Vocoder, Synthies, mit prägnantem Banjo, Akustik-, E- und Steel-Gitarren (hier sind besonders die Könner wie Puss Pahl, Justin Schipper und Dan Dugmore zu erwähnen) ein schlagkräftiges Countrygewicht entgegenzubringen, sodass im Prinzip ein ‚Gesichtsverlust‘ in deutlicher Form vermieden wird.

Auf „Golden Hour“ haben wir es hier eher mit einer smoothen, als auch relaxten, teils voller Melancholie reflektierenden Laidback-Variante des Genres zu tun, die im En-Gros der Tracks wie u. a. dem herrlichen, schlafwandlerischen „Slow Burn“ (die Akustikgitarre erinnert dezent an Neil Youngs „Old Man“), „Lonely Weekend“, „Butterflies“, und „Space Cowboy“ (Eigenkomposition, nicht der der Steve Miller Band-Song) zum Ausdruck kommt.

Die eher poppigen Sachen wie „Oh, What A World“, „Happy & Sad“ oder das hitverdächtige „Velvet Elvis“ (fast ELO-verdächtiges Intro) bleiben aufgrund der tollen Instrumentierung und ihres überaus markanten Gesangs trotzdem im Toleranzbereich.

„Love Is A Wild Thing“ mit seinem Fleetwood Mac-Flair, das folkig, 70ies-umgarnte Titelstück „Golden Hour“ und die Piano-betonten Balladen „Mother“ (laut Credits in nur einer Viertelstunde geschrieben und komponiert, hier ganz im kreativen Gegensatz zu Akademikerkreisen, wo diese Zeitspanne ja vorwiegend als Entschuldigung für Verspätungen genutzt wird…) sowie „Rainbow“ als Abschluss des Werkes, bilden ein Brücke irgendwo dazwischen.

Fazit: Kacey Musgraves ist mit „Golden Hour“ ein klug eingefädelter und umgesetzter Spagat zwischen arriviertem Nashville-Stoff und stilvoller Popmusik gelungen, der eine deutlich erweiterte Klientel ansprechen wird. Geht für mich so in Richtung einer ‚Stevie Nicks des (New) Country‘.  Absolut gelungen!

MCA Records (2018)
Stil: New Country

01. Slow Burn
02. Lonely Weekend
03. Butterflies
04. Oh, What A World
05. Mother
06. Love Is A Wild Thing
07. Space Cowboy
08. Happy & Sad
09. Velvet Elvis
10. Wonder Woman
11. High Horse
12. Golden Hour
13. Rainbow

Kacey Musgraves
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Oktober Promotion
Universal Music

Josh Abbott Band – She’s Like Texas – CD-Review

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Ungemein frisch, schön knackig, locker, spritzig, aufgenommen in einem glasklaren, saftigen Sound: Die Josh Abbott Band mit einem herrlichen, traumhaft melodischen Countryrock-Juwel, das wie selbstverständlich die Trademarks der goldenen Countryrock-Tage der Siebziger (Poco, Eagles), traditionelle Countrywurzeln und die kernigen, würzigen Charakteristika der rockigen Texas/Oklahoma-Red Dirt-Bewegung (ala Eli Young Band, Wade Bowen, Cross Canadian Ragweed, Randy Rogers Band) miteinander vereint. Countryrock lebt – und wie!

Ein Konzertbesuch der Randy Rogers Band im „Blue Light“, einem kultigen Club in seiner Heimatstadt Lubbock/Texas stellte 2004 so etwas die Initialzündung für Josh Abbott dar, seine musikalischen Talente zu seinem absoluten Lebensmittelpunkt zu machen. Deren Art zu spielen, ihre Bühnenpräsenz und Rogers’Gesang, sowie die Verbundenheit mit dem Publikum faszinierten und motivierten Abbott derartig, dass er sein Studium abbrach und fortan nur noch auf die Karte Musik setzte. „I think I can do that, too“, lautete seine Maxime.

Sechs Jahre später veröffentlicht er mit seiner Band, bestehend aus Preston Wait (Fiddle, Electric guitar), Edward Villaneva (Drums), Daniel Almodova (Bass) und Gabe Hanson (Electric guitar, baritone, harmonica) mit „She’s Like Texas“ seine bereits zweite CD, nachdem er zuvor schon mit seinem Debüt bei den Kritikern („they rumble out like a Texas thunderstorm“; „honest songs about real-life emotions with strong harmonies and winsome melodic hooks“) und den Radiostationen in und um Texas herum für mächtig Furore sorgte.

Das musikalische Konzept von Josh Abbott orientiert sich naturgemäß durchaus an der Randy Rogers Band, wenngleich Abbott und seine Truppe mit diesem Album Rogers & Co. fast schon in den Schatten stellen. Wie bei Rogers spielen variabel eingesetzte Akustik/E-Gitarren (sehr stark Lead Gitarrist Gabe Hanson) und eine markante Fiddle (Preston Wait gleicht fast einem Pendant zu Brady Black) als essentieller Part neben Abbott’s charismatischer gesanglicher Präsenz (tolle, überaus angenehme, typisch texanische Red Dirt-taugliche Stimme) die dominierende Rolle. Das Songmaterial ist ohne jede Ausnahme vom Allerfeinsten!

Um zu erahnen, was das für die Zukunftsaussichten der Josh Abbott Band bedeuten könnte, braucht man kein Hellseher zu sein, sofern man die Erfolgsstory der Randy Rogers Band verfolgt hat. Für „She’s Like Texas“ konnte man zudem den überaus erfolgreichen Produzenten Erik Herbst (u.a. Eli Young Band, Bois D’Arcs, Kyle Bennett Band, Macon Grayson) gewinnen, der den Sound der JAB in noch professionellere und, das meinen wir nur positiv, sehr radiokompatible Bahnen gelenkt hat, ohne dabei auf das nötige rootsige, ursprüngliche, erdige und würzige Ambiente zu verzichten. Damit scheinen die Weichen für den ganz großen überregionalen Wurf gestellt zu sein.

Zu der großen Klasse des Albums tragen ohne Zweifel auch die klug ausgewählten Gastmusiker (u.a. Clay und Carla Corn, Gerald Jones und vor allem Virtuose Milo Deering mit seinem unwiederstehlichem Mandolinenspiel) bei, die allesamt bestens mit dem Quintett harmonieren. Dazu kommen wirklich gelungene Guestvocals, zum einen durch die exzellente Kacey Musgraves beim traumhaften Duett „Oh Tonight“ (wie eine Session der Randy Rogers Band mit den Wreckers – Musgraves klingt wie Michelle Branch; toll hier auch das bereits erwähnte grandiose Mandolinengeklirre von Milo Deering), zum anderen im Trio mit den Abbott-Kumpeln Trent Willmon und Roger Creager, die sich beim lockeren, dezent grassig angehauchten „End Of A Dead Road“ deutlich hörbar mit viel Freude die Gesangsbälle gegenseitig zuwerfen. Ganz stark dieser Song.

Das an die Eli Young Band oder No Justice erinnernde, wunderbare „All Of Sudden“ mit seinem nicht mehr aus den Ohren weichendem Refrain wurde schon im Vorfeld an die Radiostationen verschickt und erntete bereits höchste Chart-Ehren in den Texas Music-Charts. Die herrlich melodischen „The Walking Out“ und „If You’re Leaving (I’m Coming Too)“ gehen fliessend ineinander über und versprühen mit ihrem tollen E-Gitarrenrhythmus eine gewisse Heartland-Countryrock-Atmosphäre. Voller Hit-Potential stecken die flockigen „Fall In Love Again“ und „She’s Like Texas“, beide mit toller Mandolinenuntermalung, weiblichen Harmonies und Fiddle-Solo.

„Brushy Creek“ glänzt mit einem satten Hill Country-/Hillbilly-Flair, erzeugt durch Banjo und Fiddle, und erinnert mit seinen kernigen E-Gitarren-Riffs (inkl. großartigem Solo) sogar entfernt an eine countryeske Ausgabe von Lynyrd Skynyrd’s „Swamp Music“. Fröhlichen, knackigen Country mit einem Refrain zum Mitsingen bietet „I Just Wanna Love You“. Beeindruckend hier das starke Baritone-E-Gitarren-Spiel von Gabe Hanson. Das Ende der Scheibe gehört dann dem Bandleader (fast) allein, der bei „Let My Tears Be Still“ (es geht um einen kurz vor dem Tode stehenden, seine Lebensbilanz ziehenden Kriegsveteranen) zu den traurigen Pianoklängen von Gastmusiker Clay Corn eine emotionsgeladene, unter die Haut gehende Gesangsperformance abliefert und seine ganze vokale Klasse nochmals eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Josh Abbott und seine Band haben mit „She’s Like Texas“ einen tollen Longplayer hingelegt, der nachhaltig die Prognose eines amerikanischen Kritikers untermauert, der sagt: „The next big thing out of this terrific Texas music scene“! Das unterschreiben wir blind! Die CD kommt in einem schönen, 2-fach aufklappbaren Digipack mit ausführlichem, 16-seitigem Booklet, inklusive aller Texte. Hier passt alles! Begeisternder (Red Dirt)-Countryrock, wie wir ihn aus Texas lieben!

Pretty Damn Tough Records (2010)
Stil: Red Dirt

01. Road Trippin
02. All of A Sudden
03. The Walking Out
04. If You’re Leaving (I’m Coming Too)
05. Fall In Love Again
06. She’s Like Texas
07. Brushy Creek
08. Oh, Tonight
09. Hot Water
10. I Just Wanna Love You
11. End Of A Dirt Road
12. Let My Tears Be Still

Josh Abbott Band
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Bärchen Records

Kacey Musgraves – Same Trailer Different Park – CD-Review

Wundervoller, lockerer, flockiger Country/New Country! Klasse Majorlabel-Debüt von Kacey Musgraves! Eines der am meisten mit Vorschusslorbeeren bedachten und mit Spannung erwarteten Alben dieses Jahres dürfte zweifellos „Same Trailer Different Park“ von Kacey Musgraves sein. Die 24-jährige aus Sulphur Springs im Osten von Texas stammende Singer/Songwriterin hat bereits mit drei starken Independent-CD-Veröffentlichungen und einer Teilnahme beim „Nashville Star“-Contest (dort erreichte sie 2007 Platz 7) für ihr junges Alter eine durchaus eindrucksvolle Vita vorzuweisen. Unseren Lesern dürfte sie in erster Linie im Zusammenhang mit der Josh Abbott Band bekannt sein, da lieferte sie mit Bandleader Josh Abbott bei „Oh Tonight“ ein hinreißendes Duett ab.

Seit sie im letzten Jahr bei Mercury Records einen Major-Contract unterzeichnet hat und die vorab veröffentlichte Single „Merry Go ‚Round“ (melodischer, ganz dezent folkiger, herrlicher Storytelling-Countrysong mit Piano, Steel, Banjo) sowohl in den Charts direkt mit einer Top-10-Platzierung einschlug, als auch von den Kritikern mit grenzenlosem Lob überschüttet wurde, hagelte es gleich vier Nominierungen für die ACM-Awards, darunter auch zur besten weiblichen Sängerin. Mittlerweile ist nun endlich auch das heiß erwartete, komplette Album „Same Trailer Different Park“ erhältlich. Und, um es vorwegzunehmen, es ist, das meinen wir im absolut positiven Sinne, ein recht ungewöhnliches, weil fernab gängiger Chart-Klischees entstandenes Werk.

Statt der erwartet, in Nashville derzeit üblichen, kräftigen, poppigen und pompösen Inszenierung, die man vielleicht bei einer solch jungen Künstlerin erwartet hätte, bekommt man ein relativ entspannt gehaltenes, sehr organisches, durchaus traditionell strukturiertes, aber auch von leicht fokigem, bzw. Americana-behaftetem Storytelling geprägtes Countryalbum abgeliefert, das sich allein auf das gesangliche Können der Protagonistin und die feine instrumentelle Umsetzung der involvierten, hervorragenden Musiker beschränkt. Kacey, bei allen Tracks kompositorisch als Co-Writerin eingebunden, hat den Silberling zudem mit den beiden bekannten Songschreibern Luke Laird (u. a. Little Big Towns „Pontoon“, Blake Sheltons „Hillbilly Bone“) und Shane McAnally ( u. a. Kenny Chesneys „Come Over“, The Band Perrys „Better Dig Two“) selbst produziert.

Ihre markante Stimme bewegt sich irgendwo in Bereichen zwischen Ashley Monroe, Michelle Branch und Miranda Lambert und kann sich auf der meist von Akustikgitarren und Banjo getragenen Untermalung (dazu gesellen sich in der Regel dezentes Drumming, Bass-, Steel-, Bariton-E-Gitarren und Piano-Elemente – überragend dabei der bei allen Saiteninstrumenten involvierte Ilya Toshinsky) wunderbar entfalten. Die klare und transparente Produktion tut ihr Übriges. So wird man immer wieder von einschmeichelnden Melodien mit einem gewissen Retro-Charme umgarnt, etwa wie beim tollen Opener „Silver Lining“, oder bei „Keep It To Yourself“. Beim vielleicht noch poppigsten Track neben dem o.a. „Merry Go ‚Round“, „Back On The Map“ weht sogar ein leichtes Fleetwood Mac-Feeling durch den Raum (Kacey in der introvertierten Art einer Stevie Nicks singend).

Ein wenig „lauter“ wird es nur beim fett stampfenden „Blowin‘ Smoke“ (der zweiten Single) und dem rhythmisch voranpreschenden „Stupid“. Hier wird mal im Stile der Pistol Annies etwas forscher „gerockt“. Interessant dürften ihre Live-Auftritte werden. Viele der jetzt sehr zurückgenommen angelegten Stücke haben eine Menge Spielraum, instrumentell noch weiter ausgebaut zu werden. Wie dem auch sei, mit „Same Trailer Different Park“ (das Album ist soeben von 0 auf 1 an die Spitze der Billboard Countryalbum-Charts „geschossen“) wird Kacey Musgraves insgesamt den hohen Erwartungen in allen Belangen gerecht. Ein für ein Majorlabel-Debüt mutiges, aber prächtig gelungenes Werk einer, das erkennt man sofort, hochbegabten Künstlerin. Hier muss man auch dem Label Mercury Records für seine Risikobereitschaft großen Respekt zollen. Kacey Musgraves hat eine sehr spannende und vermutlich erfolgreiche Zeit vor sich! Klasse, diese junge Texanerin.

Mercury Records (2013)
Stil: New Country

01. Silver Lining
02. My House
03. Merry Go ‚Round
04. Dandelion
05. Blowin‘ Smoke
06. I Miss You
07. Step Off
08. Back On The Map
09. Keep It To Yourself
10. Stupid
11. Follow Your Arrow
12. It Is What It Is

Kacey Musgraves
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Bärchen Records