
Review: Michael Segets
Paul Thorn hat im letzten Jahr die sechste Dekade seines Lebens abgeschlossen. Ein Album wie „Life Is A Vapor“ kann auch nur jemand machen, der auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückblickt und weiß, wo er steht. Thorn nutzt das Album gleichsam als Rück- und Ausblick auf sein Leben. Bereits das Cover, gespickt mit Erinnerungsstücken sowie einem Grabstein, auf dem zwar das Geburtsdatum steht, das Todesdatum jedoch noch ausgespart ist, verbildlicht die Thematik des Werks.
Die Songstrukturen sind Old School, ohne angestaubt zu wirken. Die Titel haben einen wiedererkennbaren Chorus, was ich sehr begrüße. Gelegentlich wird eine Bridge und ein Gitarrensolo eingebaut wie beim starken „I’m Just Waiting“. Mehr braucht Thorn nicht, um seine Hörer einzufangen.
Das neue Album fällt rockiger aus als das vorangegangene „Never Too Late To Call“. Während auf der CD aus dem Jahr 2021 die Balladen überwogen, dreht Thron nun das Verhältnis um. Neben dem mit etwas Slide gewürzten Liebeslied „I Knew“ und dem akustisch gehaltenen, zum leichten Schunkeln einladenden Abschluss „Old Melodies“ finden sich zwar auch weitere Beiträge („Life Is A Vapor”, „Geraldine And Ricky“), die langsamer gehalten sind, der Grundtenor der Scheibe ist jedoch durch die flotteren Stücke geprägt. Diese werden mal ohne viele Schnörkel geradeheraus gespielt („I Love You Like A Cigarette“), mal geben Bläser den Stücken eine Prise Soul mit („Tough Times Don’t Last“, „She Will“).
Thorn verfolgt keine aggressive Spielart des Rocks. Die Songs scheinen Thorn locker von der Hand zu gehen und wirken entspannt, obwohl die Texte Tiefe haben. Die Lyrics sind dann auch der Punkt, die „Life Is A Vapor“ zu einem bemerkenswerten Longplayer machen. Die Geschichten und Gedanken sind aus dem Leben gegriffen und mit einer Prise Humor und überraschenden Einfällen gewürzt. Ein Beispiel aus „Chicken Wing“, das es mir besonders angetan hat, lautet: „I’m in the winter of my live. / I love my dog. I like my wife. /I wash the dishes. I sweep the floor. / I keep a 12 gauge behind the door.” Ich weiß nicht, ob Thorn einen Hund oder noch eine Frau hat, aber autobiographische Züge treten in den Texten auf. So verarbeitet er eine Erinnerung an seinen Mentor John Prine beim Titeltrack. Einen amüsanten Seitenhieb auf den gealterten Jackson Browne kann Thorn sich nicht verkneifen („Wait“). Wer im Glashaus sitzt …
Auch wenn das Leben nur Schall und Rauch ist, bleibt nichts übrig, als das Beste daraus zu machen und sich von Tiefschlägen nicht aus der Bahn bringen zu lassen. So könnte die Message lauten, die das Album des ehemaligen Profiboxers durchzieht. In Thorns Texten schwingt Gelassenheit und Zuversicht mit, die wahrscheinlich erst im gesetzteren Alter zu erreichen sind.
Für Paul Thorns „Life Is A Vapor“ kann eine uneingeschränkte Empfehlung für Hörer der reiferen Generation ausgesprochen werden. Das Album bietet gute Songs zwischen Americana und Rock, die der alten Schule folgen. Hervorragend sind die Texte, die Stories erzählen und dabei Lebensweisheiten mit einer Prise Humor verbreiten.
Prepetual Obscurity Records – Thirty Tigers/Membran (2025)
Stil: Americana/Rock
Tracks:
01. Tough Times Don’t Last
02. Courage My Love
03. She Will
04. Chicken Wing
05. Life Is Just A Vapor
06. Geraldine And Ricky
07. I’m Just Waiting
08. I Knew
09. Wait
10. I Love You Like A Cigarette
11. Old Melodies
Paul Thorn
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