Arlo McKinley – Die Midwestern – CD-Review

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Review: Michael Segets

Zwar schaut Arlo McKinley mit seiner Band The Lonesome Sound und zusammen mit Umphey McGee bereits auf einzelne Veröffentlichungen zurück, mit seinem Solo-Debüt „Die Midwestern” kann er aber als eine der großen Neuentdeckungen des Jahres gefeiert werden.

Während die älteren Videos, die man im Netz von dem vierzigjährigen Singer/Songwriter findet, meist stripped down Songs mit ausschließlich akustischer Gitarrenbegleitung zeigen, hat er auf dem Album einige Musiker im Rücken, die den sowieso schon guten Stücken zusätzliche Kraft mitgeben. Zusammen mit dem Produzenten Matt Ross-Spang (The Allman Betts Band, Charley Crockett, Calexico) rekrutierte McKinley die Band in Memphis, wo das Werk auch aufgenommen wurde.

Die zehn Eigenkompositionen entstanden in den letzten fünfzehn Jahren. Als Jody Prine seinem Vater John „Bag Of Bills“ vorspielte, überzeugte der Titel den im April verstorbenen Grandseigneur des Country, sodass die beiden McKinley für ihr Label Oh Boy Records unter Vertrag nahmen. Die Folkversion des Videos offenbart die Qualität von McKinley als Songwriter, verdeutlicht im Vergleich aber zugleich den Gewinn, die die Bandversion des Albums erzielt.

McKinley legt viel Ausdruck in seinen Gesang, wobei er sich nicht scheut, seine Stimme mal ohne Begleitung zur Geltung zu bringen, wie beim Einstieg zu „Walking Shoes“. Sehr stark gesungen ist auch der Opener „We Were Alright“, der zugleich ein Anspieltipp ist. Als weiteres Highlight zählt das runde „Suicidal Saturday Night”, dessen String-Arrangements an Springsteens „Western Stars“ erinnern.

Auf dem Werk finden sich keine Uptempo-Nummern, aber der Klang ist tendenziell roots-rockig. Der bereits vorab ausgekoppelte Titeltrack „Die Midwestern“ stellt dafür ein gutes Beispiel dar. Neben sanften Beiträgen wie „Once Again” oder „Whatever You Want” lässt McKinley auch gerne kräftigere elektrische Gitarren erklingen („Gone For Good“). Er gewinnt so dem Americana unterschiedliche Facetten ab. Schließlich unternimmt McKinley mit „She’s Always Around“ noch einen Ausflug in Country-Gefilde.

McKinley stand schon mit John Moreland, Ian Noe, Colter Wall, Jason Isbell und Justin Townes Earle auf der Bühne, wobei er den Vergleich mit diesen Songwritern nicht zu scheuen braucht. Der in Cincinnati ansässige McKinley hat sich in Ohio ohnehin bereits einen beachtlichen Ruf erspielt. Mit „Die Midwestern“ hätte er es verdient, auch überregional erfolgreich zu sein. Arlo McKinley beeindruckt mit dem bislang abwechslungsreichsten und kraftvollsten Americana-Album 2020.

Oh Boy Records – Thirty Tigers/Membran (2020)
Stil: Americana

Tracks:
01. We Were Alright
02. Die Midwestern
03. She’s Always Around
04. Bag Of Pills
05. The Hurtin’s Done
06. Suicidal Saturday Night
07. Once Again
08. Whatever You Want
09. Gone For Good
10. Walking Shoes

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