Todd Snider – Live: Return Of The Storyteller – CD-Review

Review: Michael Segets

Wie vieles, was Todd Snider so produziert, hat der Titel „Return Of The Storyteller“ eine gewisse Doppelbödigkeit. Zum einen ist er eine Referenz an Sniders früheres Live-Album „The Storyteller“ (2011), zum anderen spielt er auf die Zeit nach der Hochphase der Pandemie an, in der nun wieder Konzerte möglich sind. In Sniders One-Man-Show blitzt immer wieder sein Sinn für Humor auf. Schon der erste Blick auf die Tracklist, die mit „Big Finish“ beginnt und mit „Opening Statement“ endet, offenbart seine teils skurrilen Gedankengänge.

Vierzehn weitere Songs umfasst der Zusammenschnitt mehrerer Auftritte aus der jüngeren Zeit, angereichert durch zahlreiche Zwischenbemerkungen und Anekdoten. Snider präsentiert sich dabei tatsächlich als Storyteller. Da die längeren erzählenden Passagen auf der CD einzeln gesplittet sind, können diese leicht weggelassen werden, wenn man sich bei mehrmaligen Hören auf die Musik konzentrieren möchte.

Die Auswahl der Stücke umfasst die gesamte Schaffensperiode von Snider. Angefangen bei „Alright Guy“ von seinem Debüt aus dem Jahr 1994, bis hin zu Titeln seiner beiden letzten Longplayer „Cash Cabin Sessions, Vol. 3“ (2019) und „First Agnostic Church Of Hope and Wonder“ (2021). Meine Favoriten dieser Alben finden sich auch auf der aktuellen Live-Scheibe wieder: „Like A Force Of Nature“, das im Studio mit Jason Isbell im Duett gesungen wurde, und „Handsome John“, mit dem Snider John Prine ehrt.

Sniders Inspirationsquellen sind vielfältig. Wer hätte gedacht, dass der ehemalige republikanische Vorsitzende der US-Notenbank Alan Greenspan den Anstoß für „In Between Jobs“ gab? Snider erinnert darüber hinaus an mehrere verstorbene Songwriter. Auch wenn sich keine Werke von John Prine, Jerry Jeff Walker, Neal Casal, Johnny Cash oder Colonel Bruce Hampton in der Interpretenskala von SoS finden, so sind sie dort doch präsent. Man denke an das Tribute „Highway Butterfly: The Songs Of Neal Casal“, auf dem auch Snider mitwirkte, oder an „Jerry Jeff“ von Steve Earle. Die Geschichten, die Snider zum Besten gibt, sind kurzweilig und amüsant. Insgesamt nehmen sie allerdings viel Raum ein.

Die Songs werden durch die Ausführungen von Snider in ein nicht gekanntes Licht gerückt. Zudem verändert sich die Wirkung der nun mit Gitarre und Mundharmonika interpretiert Stücke. Von seiner letzten CD, die mit ihrem funkigen Einschlag nicht so recht überzeugte, sind „Sail On, My Friend“ sowie „Turn Me Loose (I’ll Never Be The Same)” entnommen. Vor allem der letztgenannte Titel gewinnt in seiner akustischen Live-Version. Einen repräsentativen Eindruck von Sniders Performance vermittelt die erste Single „Just Like Old Times“, die im Original von „The Devil You Know” (2006) stammt. Weitere Anspieltipps sind „Play A Train Song” und „Too Soon To Tell”.

Bei Tood Sniders „Live: The Return Of The Storyteller” ist der Titel Programm. In Singer/Songwriter-Manier zieht Snider einen akustischen Querschnitt durch sein fast dreißigjähriges musikalisches Schaffen. An seinen Erinnerungen und Erlebnissen dieser Zeit lässt er in teils ausführlichen und amüsanten Anekdoten die Hörer teilhaben, sodass die Musik fast schon in den Hintergrund tritt.

Label: Aimless Records – Thirty Tigers/Membran (2022)
Stil: Singer/Songwriter

Tracks:
01. Big Finish
02. [Col. Bruce Hampton Ret.]
03. Turn Me Loose (I’ll Never Be The Same)
04. [East Nashville]
05. Play a Train Song
06. [Old Man Shakes Fist at Sky]
07. Too Soon to Tell
08. Like a Force of Nature
09. [John Prine]
10. Handsome John
11. [Hard Luck Love Song]
12. Just Like Old Times
13. [Speakneck Speedball]
14. Roman Candles
15. The Very Last Time
16. Sail on, My Friend
17. [Being Outdoors]
18. Ballad of the Devil’s Backbone Tavern
19. Alright Guy
20. [Free Bird]
21. [Sock Water]
22. Just Like Overnight
23. [Alan Greenspan]
24. In Between Jobs
25. [Where Will I Go]
26. Working on a Song
27. Opening Statement

Todd Snider
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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Various Artists – Highway Butterfly: The Songs Of Neal Casal – CD-Review

Review: Michael Segets

Nicht jeder SoS-Leser besitzt eines der vierzehn Alben von Neal Casal in seiner Sammlung, aber ich würde wetten, dass sich zumindest ein Track, auf dem er mitwirkte, in ihrem jeweiligen Archiv findet.

Casal war Mitglied bei The Cardinals, der Begleitband von Ryan Adams , sowie bei der Chris Robinson Brotherhood. Er spielte bei Beachwood Sparks und GospelbeacH („You Don’t See Me Crying“), Hazy Malaze („Soul Gets Lost“) und Circles Around the Sun („All The Luck In The World”, „Bird With No Name“), die ihn auf dem Tribute würdigen. Auch bei Hard Working Americans – zusammen mit Todd Snider – sowie bei The Skiffle Players war Casal aktiv. Als Sessionmusiker stellte der Multiinstrumentalist seine Fähigkeiten einer Vielzahl von Künstlern zur Verfügung. So arbeitete er unter anderem mit Todd Thibaud , Lucinda Williams, Tift Merritt, Amanda Shires und Willie Nelson zusammen.

Von außen betrachtet, würde man von einer erfüllten Karriere ausgehen. Casal schied allerdings 2019 mit fünfzig Jahren freiwillig aus dem Leben. Sein Freund und Manager Gary Waldman stieß das Tribute-Projekt an. Dave Schools (Widespread Panic) und Jim Scott produzierten das Werk mit, das schnell einen ungeahnten Umfang annahm. Ursprünglich auf achtzehn Songs angelegt, versammelt es in der Endfassung nun 41, die auf drei CDs beziehungsweise fünf LPs festgehalten sind. Als das Vorhaben bekannt wurde, meldeten sich viele Musiker, die mitwirken wollten. Letztlich nahmen 130 an dem Projekt teil.

Darunter sind viele Interpreten vertreten, die bei SoS keine unbekannten sind: Steve Earle & The Dukes („Highway Butterfly“),Shooter Jennings („Maybe California”), Susan Tedeschi & Derek Trucks („Day In The Sun“),Warren Haynes („Free To Go”), The Allman Betts Band („Raining Straight Down”) und Marcus King („No One Above You”).

Daneben steuern viele hierzulande nicht so geläufige Musiker ihre Versionen der Casal-Songs bei und hinterlassen so selbst eine Visitenkarte, um sich mit ihren Werken in Zukunft auseinanderzusetzen. Besonders „Detroit Or Buffalo“, performt von Jonathan Wilson und Hannah Cohen, sticht durch den erdigen Sound auf der ersten CD hervor. Auf der zweiten Scheibe überzeugt das rockige „Willow Jane“, das Britton Buchanan beiträgt, der bei The Voice in Amerika durchstartete. Angie McKenna singt „Fell On Hard Times“, welches in Ergänzung mit dem letzten Stück („I Will Weep No More“ – Robbie Robb) auf der dritten CD die Facetten des Songwritings von Casal eindrucksvoll belegt.

Die Zusammenstellung verdeutlicht Casals Talent. Sein eigener Stil im Bereich harmonischer und melodiöser Americana-Songs scheint auch bei den versammelten Interpretationen der anderen Musiker durch. Einzig der Song „Death Of A Dream“ erhält durch J Mascis (Dinosaur Jr.) eine völlig andere Ausrichtung, indem er ihn in einer Independent Rock-Version präsentiert. Bemerkenswert ist sicherlich auch das Lebenszeichen von Puss N Boots („These Days With You“), dem Alternative Country-Trio mit Nora Jones.

Dass das Projekt so eine große Resonanz gefunden hat, zeugt von dem Ansehen, das Neal Casal unter seinen Kolleginnen und Kollegen genoss. Möglicherweise spielte auch der Umstand eine Rolle, dass die Erlöse der Neal Casal Music Foundation zugutekommen. Die gemeinnützige Organisation unterstützt unter anderem die musikalische Bildung von Schülerinnen und Schüler in New York und New Jersey.

„Highway Butterfly: The Songs Of Neal Casal“ ist ein liebevoll gestaltetes Juwel geworden. Die Vinyl-Ausgabe enthält viele Extras wie die Songtexte, Aufkleber, Poster und unveröffentlichte Fotos. Casal betätigte sich auch als Fotograph, wobei das 48-seitige Booklet einen Einblick in diese Seite seines Schaffens gibt.

Obwohl Neal Casal zu Lebzeiten der ganz große Durchbruch verwehrt blieb, hinterlässt er ein beeindruckendes Werk, das durch eine Vielzahl von Musikern auf dem Tribute „Highway Butterfly: The Songs Of Neal Casal“ ins Gedächtnis gerufen wird. Ehemalige Weggefährten, Größen der Americana-Szene und Newcomer zollen ihm ihren Respekt und zeigen zugleich Casals Gabe, sensible und melodiöse Songs zu verfassen.

Neal Casal Music Foundation – Royal Potato Family (2021)
Stil: Americana

Tracks:
CD 1
01. Traveling After Dark – Aaron Lee Tasjan
02. Need Shelter – Jaime Wyatt
03. You Don’t See Me Crying – Beachwood Sparks & GospelbeacH
04. No One Above You – Marcus King
05. Feathers For Bakersfield – Fruit Bats
06. All The Luck In The World – Billy Strings & Circles Around the Sun
07. Sweeten The Distance – Dori Freeman & Teddy Thompson
08. Time Down The Wind – Hiss Golden Messenger
09. Me & Queen Sylvia – Johnathan Rice
10. Wisest Of The Wise – Mapache
11. Freeway To The Canyon – Phil Lesh & The Terrapin Family Band
12. Feel No Pain – Leslie Mendelson
13. Detroit Or Buffalo – Jonathan Wilson & Hannah Cohen
14. Day In The Sun – Susan Tedeschi & Derek Trucks

CD 2
01. Bird With No Name – Jimmy Herring & Circles Around The Sun
02. Maybe California – Shooter Jennings
03. White Fence Round House – Vetiver
04. December – Todd Sheaffer
05. Grand Island – Courtney Jaye
06. Superhighway – Oteil Burbridge & Nick Johnson & Steve Kimock & John Morgan Kimock & Duane Trucks
07. Willow Jane – Britton Buchanan
08. Too Much To Ask – Kenny Roby & Amy Helm
09. Time And Trouble – Bob Weir & Jay Lane & Dave Schools
10. Death Of A Dream – J Mascis
11. The Cold And The Darkness – Tim Heidecker
12. Free To Go – Warren Haynes

CD 3
01. So Far Astray – Rachel Dean
02. Highway Butterfly – Steve Earle & The Dukes
03. Angel And You’re Mine – Victoria Reed
04. Pray Me Home – Jason Crosby
05. Lost Satellite – Lauren Barth
06. The Losing End Again – Jesse Aycock
07. These Days With You – Puss N Boots
08. Cold Waves – Tim Bluhm & Kyle Field
09. Best To Bonnie – Zephaniah Ohora & Hazeldine
10. Let It All Begin – The Mattson 2
11. You’ll Miss It When It’s Gone – Cass McCombs & Ross James & Joe Russo & Farmer Dave Scher & Dave Schools
12. Fell On Hard Times – Angie McKenna
13. Raining Straight Down – The Allman Betts Band
14. Soul Gets Lost – Hazy Malaze & Jena Kraus
15. I Will Weep No More – Robbie Robb

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