Various Artists – Live On Mountain Stage – Outlaws And Outliers – CD-Review

Review: Michael Segets

Letztes Jahr feierte die Radioshow „Mountain Stage“ ihr vierzigstes Jubiläum. Aus diesem Anlass erscheint ein Querschnitt der dort aufgetretenen Musiker: „Live On Mountain Stage – Outlaws And Outliers”. Die von Larry Groce ins Leben gerufene, wöchentlich ausgestrahlte Sendung ist nach Grand Ole Oprey die landesweite Radioshow mit der längsten Laufzeit in den USA. Sie wird normalerweise im Culture Center Theater in Charleston, West Virginia, vor Publikum aufgenommen. Im Herzen der Appalachen gelegen verschreibt sich die Show der Roots-Musik. Seit 2021 moderiert Kathy Mattea die zweistündige Sendung. Sie steuert das sanfte „Red-Winged Blackbird” dem Album bei.

Die Compilation entstand in Zusammenarbeit mit Oh Boy Records, sodass ein Beitrag des verstorbenen Labelgründers John Prine („Souvenirs”) obligatorisch ist. Daneben geben sich einige namhafte Musikerinnen und Musiker ein Stelldichein, die sich in der SoS-Interpretenskala wiederfinden: Lucinda Williams („Joy”), Eric Church
(„Sinners Like Me”), Margo Price („Hurtin’ (On The Bottle)”), Steve Earle
(„You Know The Rest”), James McMurtry („Canola Fields”) und Jason Isbell („Traveling Alone”). Besonders bemerkenswert ist der Beitrag von Wilco mit dem David-Bowie-Cover „Space Oddity“. Ebenfalls geläufig dürften The Indigo Girls sowie Alison Krauss sein, die mit „Closer To Fine” beziehungsweise „Let Me Touch You For A While” zwei Highlights des Longplayers abliefern. Die Fans der jeweiligen Musikerinnen oder Musiker kommen also in den Genuss einer höchstwahrscheinlich unbekannten Live-Performance.

Darüber hinaus bieten Various-Artist-Sampler oftmals die Möglichkeit neue Bands zu entdecken und „Live On Mountain Stage – Outlaws And Outliers” bildet da keine Ausnahme. Die markante Stimme von Andrew Martin des Duos Watchhouse („The Wolves“) lässt aufhorchen. Bei der Auswahl der Titel wurde eine ausgewogene Verteilung von weiblichen und männlichen Lead Vocals berücksichtigt. Einen Akzent setzen Bela Fleck und Abigail Washburn mit ihrem Beitrag banjogetriebenen „What’cha Gonna Do”.

Die meisten Stücke sind dem bodenständigen Americana mit fließenden Übergängen zum Folk oder Bluegrass zuzuordnen. Sie kommen ohne technische Spielereien aus und spiegeln in diesem Rahmen Varianten der traditionellen Roots-Musik wider. Tyler Childers sticht mit dem rockigen „Going Home” dabei heraus. Zwei bis drei Songs liegen nicht auf meiner Linie, aber das verwundert bei einundzwanzig Titeln unterschiedlicher Musikern nicht wirklich.

Insgesamt feiert die Radioshow Mountain Stage mit „Outlaws And Outliers“ ihr Vierzigjähriges angemessen mit einer bunten Mischung an etablierten und weniger bekannten Interpretinnen und Interpreten. Die Zusammenstellung bietet so eine Fundgrube für rare Liveaufnahmen und Neuentdeckungen. Die Palette handgemachter Musik bewegt sich vorwiegend im Americana mit einer Nähe zum Folk oder Bluegrass.

Oh Boy Records – Thirty Tigers/Membran (2024)
Stil: Americana

Tracks:
01 Wilco – „Space Oddity”
02 Watchhouse – „The Wolves”
03 Molly Tuttle – „You Didn’t Call My Name”
04 Tyler Childers – „Going Home”
05 Lucinda Williams – „Joy”
06 Eric Church – „Sinners Like Me”
07 Margo Price – „Hurtin’ (On The Bottle)”
08 Gillian Welch and David Rawlings – „One More Dollar”
09 Birds of Chicago – „Lodestar”
10 Kathy Mattea – „Red-Winged Blackbird”
11 The Indigo Girls – „Closer To Fine”
12 John Prine – „Souvenirs”
13 Steve Earle – „You Know The Rest”
14 Bela Fleck and Abigail Washburn – „What’cha Gonna Do”
15 Sierra Ferrell – „I’d Do It Again”
16 Tim O’Brien – „Cup of Sugar”
17 Rhiannon Giddens – „Black Is The Color”
18 Alison Krauss – „Let Me Touch You For A While”
19 James McMurtry – „Canola Fields”
20 Jason Isbell – „Traveling Alone”
21 Sam Baker – „Isn’t Love Great”

Thirty Tigers
Oktober Promotion

Rumer – Nashville Tears – The Songs Of Hugh Prestwood – CD-Review

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Review: Michael Segets

Die Hälfte der sechs Werke von Rumer sind Coveralben. Die britische Sängerin mit pakistanischen Wurzeln nimmt sich für „Nashville Tears“ fünfzehn Titel des amerikanischen Country-Songwriters Hugh Prestwood vor und interpretiert sie mit ihrer weichen, sanften Stimme. Für einige Jahre lebte Rumer in Arkansas und Georgia. Sie begeisterte sich dort für den Americana, den sie auf der CD mit einem europäischen Touch versieht.

Hugh Prestwood dürfte wohl nur Insidern bekannt sein, obwohl er 2006 in Nashville Songwriters Hall of Fame aufgenommen wurde. Er stammt aus El Paso, Texas, lebt in New York und arbeitet dort als Lehrer. Erste Erfolge feierte er mit Judy Collins, die für ihr Album den Titeltrack „Hard Times For Lovers“ (1978) sowie „Dorothy“ von Prestwood aufnahm. In den 1990ern landete er Hits mit Randy Travis und mit Trisha Yearwood. Für seinen Komposition „The Song Remember When“ gewann er einen Emmy. Unter anderem spielten auch Jimmy Buffet und Kathy Mattea Prestwood-Stücke.

Rumer gibt mit „Nashville Tears“ nun die Möglichkeit eine Auswahl von Hugh Prestwoods Kompositionen kennenzulernen oder neu zu entdecken. Insgesamt ist eine ruhige, glatt produzierte Scheibe herausgekommen, auf der die einzelnen Beiträge gefällig produziert sind. Mit üppigen Geigen steigt „The Fate Of Fireflies“ ein. Dabei gehört der Opener noch zu den vereinzelt eingestreuten Midtempo-Stücken.

Die Balladen sind oft mit dem Klavier begleitet, wie bei „June It’s Gonna Happen“, „Here You Are“ oder „The Snow White Rows Of Arlington“, mehrfach auch mit akustischer Gitarre (u. a. „Oklahoma Stray“). Einen deutlichen Country-Einschlag hat „Heart Full Of Rain“. Diesen weist auch die Slide-Gitarre bei „Learning How To Love“ und „Half The Moon“ – bei dem zudem eine Mandoline mitmischt – auf.

Neben den schon erwähnten „Hard Times For Lovers” und „The Song Remember When” wurden auch “That’s That“ (Michael Johnson) sowie „Ghost In This House” bereits von anderen Musikern (Alison Krauss, Shenandoah) performt. Herausragend sind „Bristlecone Pine (Ft Lost Hollow)“, das mit wimmernder E-Gitarre eine hohe Dynamik entwickelt, und „Deep Summer In The Deep South“, das sogar etwas Southern-Feeling transportiert.

Die Songs sind alle melodisch und harmonisch gesungen. In der Gesamtschau fehlt der CD in der zweiten Hälfte lediglich ein ausgeprägter Spannungsbogen. Ob Rumer mit „Nashville Tears“ an die enormen Verkäufe ihrer ersten beiden Alben – „Seasons Of My Soul“ (2010) und „Boys Don’t Cry“ (2012) – anknüpfen kann, bleibt fraglich. Viele Songs sind auf alle Fälle radiotauglich und die Charts in Großbritannien, wo sie ihre größten Erfolge feierte, sind sowieso schwer abzuschätzen.

Cooking Vinyl (2020)
Stil: Americana, Alternative Country

Tracks:
01. The Fate Of Fireflies
02. June It’s Gonna Happen
03. Oklahoma Stray
04. Bristlecone Pine (Ft Lost Hollow)
05. Ghost In This House
06. Deep Summer In The Deep South
07. Heart Full Of Rain
08. Hard Times For Lovers
09. Starcrossed Hanger Of The Moon
10. The Song Remembers When
11. That’s That
12. Here You Are
13. Learning How To Love
14. The Snow White Rows Of Arlington
15. Half The Moon

Rumer
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Cooking Vinyl
Oktober Promotion

Kathy Mattea – Right Out Of Nowhere – CD-Review

Mit fast dreißig Jahren Bühnenerfahrung und über zwanzig-jähriger Präsenz in Nashville zählt die 1959 in Cross Lane, West Virginia geborene Kathy Mattea ohne Zweifel zu den etablierten Größen von Music City. Weit mehr als ein Dutzend Longplayer, eine gute Hand voll Top-Ten-Hits, zahlreiche Auszeichnungen, wie CMA-Awards oder Grammys in den unterschiedlichsten Kategorien gelten als Indiz dafür, dass ihr Name für Abwechslung, Ausdauer und Qualität bürgt. Mattea hat trotz ihrer Country-Singer/Songwriter-Attitüde immer wieder experimentiert und versucht, unterschiedlichste Arten und Stile in ihre Musik einzuflechten, manchmal mehr, manchmal weniger kommerziell ausgerichtet.

Mit „Right Out Of Nowhere“ hat sie diesmal ein wunderbares, recht selbstbezogenes Werk abgeliefert, obwohl sie nur bei einem einzigen Song als Co-Writerin in Erscheinung tritt. Als Hintergrund kann man den Tod beider Elternteile sowie das Scheitern ihrer langjährigen Ehe vermuten. In vielen Texten drängen sich autobiographische Bezüge zur Interpretation förmlich auf. Trotz der nachdenklichen und sehr persönlich anmutenden Atmosphäre, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album zieht, ist ihr ein starkes Werk gelungen, das voller Abwechslung steckt Von Depression oder Resignation keine Spur.

Im Gegenteil, Stücke wie „Loving You, Letting You Go“, „I Hope You’re Happy Now“ oder „Give It Away“ gelten als Indiz für einen weit vorangeschrittenen, positiv zu bewertenden Verarbeitungsprozess. Kathy Matteas neue Scheibe lebt aber nicht nur von der textlichen Qualität, sondern, neben ihrer wie immer sehr variablen Gesangsperformance, auch von dem außergewöhnlichen, geradezu hervorstechenden, instrumentellen Können ihrer langjährigen großartigen Tour-Begleitband, die sich diesmal auch im Studio „austoben“ durfte.

Was Leute wie Bill Cooley (guitars, dobro), Carson Whitsett (keyboards), Eamonn O’Rourke (fiddle , mandolin), Jim Brock (drums, percussion), Rick Blackwell (bass), Randy Leago (keyboards, accordion, harmonica), Paul Martin (background vocals), Terry Wilson (background vocals), John Vezner (background vocals), aber auch Gäste wie Suzy Bogguss, Darrell Scott, die Settles Connection (alle background vocals) oder Jim Hoke (harmonica) an musikalischen Highlights abliefern, ist fast nicht zu toppen. Hier greift ein Instrument stimmungsvoll ins andere, immer wieder mit kleinen auf den Punkt gebrachten Solo-„Schlagabtäuschen“ als Sahnehäubchen vollendet.

Man merkt sofort, das hier eine richtig eingespielte Truppe zur Tat schreitet. Ein wahres Audio-Erlebnis, besonders mit dem Kopfhörer! Das Werk startet direkt mit zwei absoluten „Earcatchern“. „Right Outta Nowhere“, eine richtig entspannte Nummer, mit wunderschöner Orgeluntermalung, klasse Akkordeon-Fills und starker Gitarrenarbeit von Bill Cooley, anschließend außergewöhnlich gut gelungene Stones -Cover „Gimme Shelter“, das von einem kratzigen Akustik-Gitarrenrhythmus und fulminanter Percussion-Leistung getragen wird, inbegriffen Mandolinen-, Flöten- und Akustik-Solo-Einlagen. Prachtvoller Bluegrass-rooted Singer/Songwriter-Rock voller herrlicher Rhythmik! Toll!

Ihrem schottischen Folk-Studium Anfang der Neunziger zollt sie mit „Love’s Not Through With Me Yet“ Tribut, wo keltische Elemente (Whistle-Töne) und Country-spezifische Songstrukturen ineinander fließen. Bei Stücken wie „Hurt Some“ (mit klasse Dobrospiel), dem bluesigen CCR-Cover „Down on The Corner“ oder „Wade In The Water“ wird dank der Background Vocals der Settles-Familie (Connection) eine sehr dezente Gospel-Note mit eingeflochten, ohne aber allzu dominant zu wirken. Alles ist sinnvoll zusammengefügt!

Ein starkes, country-orientiertes, melodisches Singer/Songwriter-Album mit jederzeit präsenten Bezügen zu Nashville, jedoch weit entfernt vom Mainstream-Country! Kathy Matteas „Right Out Of Nowhere“ passt hervorragend in die nun beginnende herbstliche/winterliche Zeit, an der die Abende länger werden, wo man sich gerne mal bei dezenter Kerzenbeleuchtung auf der Couch in eine Decke kuschelt, um sich dann bei einem guten Gläschen Wein, Whisky oder Cognac zu herzerwärmend guter Musik die verdiente Entspannung zu gönnen.

Narada Records (2005)
Stil: Singer/Songwriter

01. Right Outta Nowhere
02. Gimme Shelter
03. Hurt Some
04. Love´s Not Through With Me Yet
05. Loving You, Letting You Go
06. Live It
07. I Hope You’re Happy Now
08. Down On The Corner
09. Only Heaven Knows
10. Give It Away
11. Wade In The Water

Kathy Mattea
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Bärchen Records