Stash – Walk The Walk – CD-Review

Review: Michael Segets

Ted Russell Kamp, Rich McCulley und Joey Peters haben Stash in Leben gerufen. Im Musikbusiness sind die drei keine Neulinge, legen jetzt aber mit „Walk The Walk“ ihr gemeinsames Debüt vor. Ted Russell Kamp verdiente sich seine Sporen als Bassist. So spielte er bei Waylon Jennings und lange Zeit in der Band dessen Sohns Shooter Jennings oder heimste einen Grammy mit Tanya Tucker ein. Jüngst begleitete er auch Marilyn Manson. Seine Songs wurden von Shooter Jennings, The Statesboro Revue und Micky & The Motorcars aufgenommen.

Seit den 1990ern veröffentlicht er Solo-Alben, die vor allem in Europa erfolgreich waren. Rich McCulley ist ebenfalls seit zwanzig Jahren als Solokünstler unterwegs und wirkte an einigen Filmmusiken mit. Die Film- und Werbeclip-Branche stellt zurzeit das Hauptbetätigungsfeld von Joey Peters dar. Er war Drummer bei Grant Lee Buffalo – mit dem Frontmann Grant-Lee Phillips– und Cracker. Derzeit aktiv ist er bei Rusty Truck.

Alle drei arbeiten als Produzenten für andere Musiker und haben das Heft nun ebenso bei ihrer CD selbst in die Hand genommen. Bei so viel Erfahrungen und dem breiten musikalischen Background verwundert es nicht, dass „Walk The Walk“ routiniert eingespielt wirkt. Die alten Hasen verzichten auf die Unterstützung weiterer Musiker mit Ausnahme von „Talk The Talk“, auf dem Anna Maria Rosales die Vocals ergänzt.

Auf dem Erstlingswerk schlägt Stash überwiegend einen rockigen Weg ein. Dabei gehen manche Tracks in Richtung Countryrock („Queen Of The Highway”, „One Step Ahead Of The Law”), andere wecken Erinnerungen an den Gitarrenrock der 1980er („You’re The One”). Gute Laune verbreitet „Hey, Hey, Hey“, der aus der Anfangszeit des Rock ‘n Roll stammen und eine Nummer der Blues Brothers sein könnte. Ebenfalls ein hohes Tempo geht „One Track Mind“. Deutlich rauer gibt sich „What I Need” oder auch „Catch Me If You Can”, bei dem E-Gitarren und Mundharmonika den Sound bestimmen.

Das Trio zeigt zudem seine Nähe zum Outlaw-Country. Da kommen traditionell Banjo („Smoke And Mirrors”) und Mandoline („Into The Sunset”) zum Einsatz, aber Stash trumpft bei „Ain’t That Kind Of Man“ auch noch mit Trompete und Posaune – beide gespielt vom Multiinstrumentalisten Kamp – auf. Während sich „Sweet Salvation Of The Dawn” stilistisch in der gleichen Schiene bewegt, fällt der Schmachtfetzen „By Your Side“ aus dem Rahmen.

Sowohl im Rock- als auch im Country-Bereich überzeugen die von den Bandmitgliedern gemeinsam geschriebenen Songs. Sie sind geradeaus verfasst und dennoch abwechslungsreich. Die Stimme von Kamp ist nicht außerordentlich markant, gewinnt aber bei mehrmaligen Durchläufen. Der Kalifornier kommt im Februar auf Konzerttour nach Europa, wo man sich dann ein Bild seiner Live-Qualitäten machen kann – sofern die Umstände es zulassen.

Mit Stash betritt eine neue Band die Rock- und Country-Bühne, die von der langjährigen Erfahrung ihrer Mitglieder – Ted Russell Kamp, Rich McCulley und Joey Peters – profitiert. Handgemacht eingespielt und gradlinig produziert spiegeln die Anspieltipps „What I Need” und „Ain’t That Kind Of Man“ die beiden Seiten von „Walk The Walk“ wider.

Eigenproduktion (2021)
Stil: Rock, Country

Tracks:
01. Smoke And Mirrors
02. Catch Me If You Can
03. Queen Of The Highway
04. You’re The One
05. Into The Sunset
06. One Step Ahead Of The Law
07. One Track Mind
08. Ain’t That Kind Of Man
09. Talk The Talk
10. Sweet Salvation Of The Dawn
11. What I Need
12. By Your Side
13. Hey, Hey, Hey

Stash
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American Aquarium – Lamentations – CD-Review

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Review: Michael Segets

BJ Barham gehört zu den wohl talentiertesten Storytellern seiner Generation. Oftmals mit Bruce Springsteen verglichen zeigt der Bandleader von American Aquarium in seinen Texten, dass er politisch und sozial das Herz auf dem rechten Fleck hat. Mittlerweile glaubhafter als der Boss gibt Barham den Gedanken und Gefühlen der arbeitenden Bevölkerung eine Stimme. Dabei besitzt er die Fähigkeit, empathisch deren Perspektive zu übernehmen und so nachvollziehbare Psychogramme zum Leben zu erwecken. Dies verbindet ihn beispielsweise mit Steve Earle.

In anderen Stücken zeigt Barham eine scharfe Selbstbeobachtung und arbeitet frühere Lebensstationen – wie seine Alkoholabhängigkeit – und aktuelle Situationen – wie seine Rolle als junger Vater – auf. Inhaltlich lamentiert Barham mit „Lamentations“ auf hohem Niveau.

Musikalisch bleibt sich American Aquarium treu. Ohne große Experimente reiht sich die CD in die bisherigen Veröffentlichungen der Band ein. Wenn American Aquarium sonst dem Country tendenziell nähersteht als dem Rock, sind dessen Einflüsse diesmal weniger vordergründig.

„Six Years Come September“ und „A Better South“ sind die countryfiziertesten Nummer auf dem Album. Die Pedal Steel wimmert auch auf einigen anderen Songs wie auf dem stimmungsvollen „How Wicked I Was“ oder der starken ersten Single „The Long Haul“. Slide und Pedal Steel setzt Barham sowieso gerne zur Untermalung ein. Auf „Lamentations“ fährt er deren Einsatz aber im Vergleich zu früheren Longplayern zurück, was den Songs zu Gute kommt.

Wenn Barham und seine Jungs das Tempo anziehen, liefert die Band stets mitreißende Stücke ab. „The Luckier You Get“, die zweite Vorabauskopplung, ist so ein toller Song auf der Scheibe, der – um nochmal einen großen Namen zu nennen – an Tom Petty erinnert. Bei dem Roots Rocker „Starts With You“ kommen die Braun Brüder von Micky And The Motorcars beziehungsweise Reckless Kelly in den Sinn, was für die Qualität des Titels spricht.

Ebenfalls zu den flotteren Stücken zählt „Brightleaf Burley“, dem Barham nochmal einen leichten Country-Einschlag mitgibt. Mit dem längeren instrumentalen Ausklang, ein vergleichbarer findet sich auch bei dem Opener „Me + Mine (Lamentations)“, bringt Barham eine neue Variation in sein Songwriting, die mir bislang auf den Werken von American Aquarium nicht so deutlich aufgefallen ist.

Eine fast intime Stimmung erzeugt die Klavierbegleitung zu Beginn von „The Day I Learned To Lie To You“. Mit dem Einsetzen der kompletten Band gewinnt das Stück dann an Dynamik. Die Songs tragen die typische Handschrift von American Aquarium, bleiben aber voneinander unterscheidbar, sodass „Lamentations“ die Spannung durchgehend aufrechterhält. Neben sanfteren Titeln sind ebenso kraftvoll arrangierte wie das hervorragende „Before The Dogwood Blooms“ vertreten.

Kurz bevor ich American Aquarium 2017 live sah, wurde die Band nahezu komplett umgebaut und vor allem in den letzten Jahren herrschte wenig Kontinuität in der Besetzung. Seit der Gründung von American Aquarium 2005 begleiteten circa 30 Musiker im Wechsel den Frontmann und Songschreiber BJ Barham. Während Gitarrist Shane Boeker schon auf „Things Change“ (2018) mit von der Partie war, sind Alden Hedges (Bass), Rhett Huffman (Keys), Neil Jones (Pedal Steel) sowie Ryan Van Fleet (Schlagzeug) neu hinzugestoßen.

Auf jeder CD von American Aquarium finden sich tolle Stücke. Da bildet auch „Lamentations“ keine Ausnahme. Darüber hinaus überzeugt der Longplayer als homogenes Gesamtwerk und ist hinsichtlich Songwriting und Produktion, bei der Shooter Jennings mitmischte, eine Nuance ausgereifter als beispielsweise der Vorgänger „Things Change“. Neben den kürzlich erschienen Scheiben von Brian Fallon und Lucinda Williams beweist BJ Barham mit seinem durchweg empfehlenswerten Bandalbum, wie abwechslungsreich das Americana-Genre sein kann.

New West Records/Pias – Rough Trade (2020)
Stil: Americana, Rock/

Tracks:
01. Me + Mine (Lamentations)
02. Before The Dogwood Blooms
03. Six Years Come September
04. Starts With You
05. Brightleaf Burley
06. The Luckier You Get
07. The Day I Learned To Lie To You
08. A Better South
09. How Wicked I Was
10. The Long Haul

American Aquarium
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New West Records
Pias – Rough Trade
Oktober Promotion

Copper Smoke – It’s About Time – CD-Review

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Review: Michael Segets

Im deutschsprachigen Raum können sich in Sachen Roots Rock nur wenige Musiker mit den amerikanischen Referenzpunkten messen. Markus Rill, die Schweizer Reto Burrell und Hank Shizzoe kommen da spontan in den Sinn. Mit Copper Smoke meldet sich nun ein Quintett aus Würzburg zurück, das im letzten Jahr in Country-Kategorien beim Deutschen Rock und Pop Preis ausgezeichnet wurde.

Sporen verdiente sich Copper Smoke ebenfalls als Support für Micky & The Motorcars sowie für The Captain Legendary Band. Nach der EP „The Guns Are Loaded“ (2012) und dem Debüt-Album „Second Chance“ (2014) veröffentlicht die Band jetzt acht Eigenkompositionen auf „It’s About Time“.

Die Songs stammen aus der Feder des Frontmanns Frank Halbig. Einzig „Long Way Home“ hat Gitarrist Dieter Engelhardt komponiert. Der Opener stellt ein erstes Highlight des Albums dar und erinnert stellenweise an Todd Thibaud. Das Songmaterial folgt genretypischen Mustern, wobei die wiedererkennbaren Refrains positiv hervorzuheben sind.

Schön aufgemacht sind das Digipack und das Begleitheft, in dem sich die Texte finden. Bis auf zwei Ausnahmen drehen sich die Titel um Beziehungsthemen. Das Älterwerden greift „Little More Tired (Little Less Wild)“ auf. Wie auch auf anderen Songs sorgt hier die Orgel von Jobst T. Braun für einen vollen Sound. Sozialkritische Töne schlägt Copper Smoke bei „Bullets, Tanks And Guns“ an.

Der Grundtenor der CD bewegt sich in gemäßigt rockenden Gefilden. Dieter Engelhardt steuert sowohl bei den kraftvollen Tracks („What If“) als auch bei den sanfteren („Bright Lights“) filigrane Gitarrenpassagen bei. Stärkster Rocker ist die erste Single „The Devil Makes Me Think Of You“. Unter den langsameren Stücken sticht „Broken Dishes” hervor. Gelungen ist auch der twangige Ausflug in den Country bei „Adeline“.

Mehrstimmiger Backgroundgesang, an dem sich auch Horst Metz (Bass) und Christoph Amann (Schlagzeug) beteiligen, unterstützt Sänger Frank Halbig auf einigen Songs. Bei der Abmischung steht stets die Stimme des Frontmanns im Vordergrund, was mir gefällt. Die einzelnen Beiträge der gut gespielten Instrumente sind deutlich getrennt, was vielleicht an der einen oder anderen Stelle auf Kosten eines organischen Gesamtsounds bei den jeweiligen Stücken geht.

Insgesamt beweist Copper Smoke, dass Roots Rock keine nationalen Grenzen kennt. Mit „It’s About Time“ zeigen die Franken, dass auch aus Deutschland ernstzunehmende Genrebeiträge stammen können.

Eigenproduktion/Timezone Records (2019)
Stil: Roots Rock

Tracks:
01. Long Way Home
02. What If
03. Adeline
04. Brocken Dishes
05. The Devil Makes Me Think Of You
06. Bright Lights
07. Little More Tired (Little Less Wild)
08. Bullets, Tanks And Guns

Copper Smoke
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Timezone Records

Micky & The Motorcars – Long Time Comin’ – CD-Review

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Review: Michael Segets

Für „Long Time Comin‘“ haben sich Micky & The Motorcars fünf Jahre Zeit gelassen. Nach Einschätzung von Gary Braun, dem älteren Bruder von Frontmann Micky, ist das Album besonders gelungen und er hofft, dass man sich die Zeit nimmt, es ganz durchzuhören. Ich habe mir die Zeit genommen und es mehrfach durchlaufen lassen. Gary hat Recht: Die Scheibe ist richtig gut geworden.

„Long Time Comin‘“ klingt ganz nach Micky & The Motorcars, ist aber einen Tick interessanter als das vorangegangene Studioalbum „Hearts From Above“ (2014). Dies mag auch daran liegen, dass sich Gary Braun stärker am Songwriting beteiligte und auch häufiger die Lead Vocals übernimmt. Hat er bislang nur gelegentlich diese Aufgaben erfüllt und sich stattdessen hauptsächlich auf das Gitarrenspiel konzentriert, sind die Anteile zwischen den Brüdern nun ausgeglichen.

Auch bei der Bandbesetzung gab es eine Veränderung. Während Joe Fladger (Bass) und Bobby Paugh (Schlagzeug) weiterhin mit von der Partie sind, ersetzt Pablo Trujillo Dustin Schafer an der Gitarre. Darüber hinaus rekrutierte Produzent Keith Gattis für das Projekt einige Studiomusiker, mit denen er schon lange zusammenarbeitet.

In typischer Micky & The Motorcars-Manier eröffnet „Road To You“ den Longplayer rockig im oberen Midtempo. Danach folgt ein erstes Highlight. Das lockere „Rodeo Girl“, das Micky und Gary gemeinsam schrieben, überzeugt auf ganzer Linie mit trockenem Schlagzeug, eingängigem Refrain und kurzen Gitarrensoli. Einen ausgeprägten Rhythmus und coolen Refrain weist auch „Stranger Tonight“ auf. Das Stück mit herrlich knarziger Gitarrenpassage entwickelt allerdings eine etwas düsterere Atmosphäre und trifft damit genau meinen Geschmack.

Einen außergewöhnlichen Titel stellt „Lions Of Kandahar“ dar. Er entführt inhaltlich und klanglich in den Nahen Osten. Bei dem Anti-Kriegs-Song drängt sich ein Vergleich mit dem Altmeister Steve Earle nahezu auf. Aus der Ich-Perspektive wird der Abschied eines Soldaten von der Familie und die Ankunft in Afghanistan geschildert. Anders als zuletzt bei „The Tillman Song“ von Leslie Stevens diente jedoch keine konkrete Person als Vorlage.

Die langsameren Stücke sind durchweg stimmungsvoll. „Run Into You“ und „All Looks The Same“ begleitet eine Mundharmonika – beim ersten eher dezent, beim zweiten steht sie stärker im Vordergrund. „Hold This Town Together“ ist eine gefühlvolle, Slide-unterlegte Heartland-Ballade, die im Andenken an den verstorbenen Freund und ersten Bassisten der Band Mark McCoy verfasst wurde.

Insgesamt herrscht ein gemäßigt rockender Ton auf dem Longplayer vor, der mal entspannter („Alone Again Tonight“), mal treibender („Break My Heart“) ist. Bei „Thank My Mother’s God“ und „Long Time Comin‘“, das mit Klavierakkorden eine weitere Soundnuance einbringt, mischen sich Country-Elemente in den Roots Rock von Micky & The Motorcars.

Die Band hat schon seit ihrer ersten Veröffentlichung im Jahr 2003 gute Musik gemacht. Dabei gelangen ihnen zwar einige einprägsame Titel, oftmals war der direkte Wiedererkennungswert oder die Unterscheidbarkeit der einzelnen Songs aber weniger gegeben. Auf ihrer neuen Scheibe präsentieren sich Micky & The Motorcars deutlich variabler und die Einzelbeiträge gewinnen mehr Konturen. In Sachen Songwriting kann daher ein deutlicher Sprung nach vorne verzeichnet werden.

Nicht nur musikalisch, auch textlich hat die Band zugelegt. Das Spannungsfeld von Vertrautheit und Geborgenheit auf der einen Seite sowie die Sehnsucht nach neuen Erfahrungen und der Schmerz über erlittene Verletzungen auf der anderen Seite fangen die Verse poetisch ein.

Mit „Long Time Comin‘“ melden sich Micky & The Motorcars eindrucksvoll zurück. Gereift und souverän beweist die Band um Micky und Gary Braun, dass sie eine Institution in Sachen Roots Rock ist. Durch dieses Album treten sie endgültig aus dem Schatten von Reckless Kelly, der Band ihrer Brüder Cody und Willy.

Thirty Tigers (2019)
Stil: Roots Rock/

Tracks:
01. Road To You
02. Rodeo Girl
03. Alone Again Tonight
04. Lions Of Kandahar
05. All Looks The Same
06. Thank My Mothers’s God
07. Break My Heart
08. Run Into You
09. Stranger Tonight
10. Hold This Town Together
11. Long Time Comin’

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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Robbie Walden Band – When The Rooster Crows – CD-Review

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Review: Michael Segets

Der ehemalige Leistungssportler und Irak-Veteran Robbie Walden unterstütze bereits Jackson Taylor & The Sinners und Micky & The Motorcars auf der Bühne. Auf seinem dritten Longplayer „When The Rooster Crows” versucht er dem Country durch den Einsatz von Bläsern eine neue Facette abzugewinnen.

Das Experiment überzeugt nicht durchgängig. Auf der einen Seite geben die Bläser „Chain And Shackles“ hervorragenden Drive mit. Bei „I’m To Blame“ bekommt der Country-Twang durch das Saxophon eine Prise Soul. Auf der anderen Seite verstärken die Hörner die Tendenz zum rührseligen Schmachten, die vielen Country-Balladen sowieso anhaftet. So geben sie dem schön beginnenden „Big Sky Country“ letztlich ein gehöriges Pathos.

„Wild Horses“, „Thank God For You” und „That’s How I Start My Day“ bewegen sich an der Grenze zum Schmalz, woran die Horn-Section ihren Anteil hat.
Durch den Slide der Steel Guitar erhält „Love You Anyway I Can“ ebenfalls viel Gefühl. Ebenso in genretypischen Gefilden bewegt sich das langsame „Spokanes Calling You“.

Das Album wurde live im Studio aufgenommen, was der verpasste Einsatz bei „When The Rooster Crows” dokumentiert. Warum diese Spielereien den Weg auf ein Album finden, bleibt mir meist schleierhaft. Der Song ist wie das zarte Duett im Dreivierteltakt „Falling Again In Love“ akustisch gehalten.

Beide Stücke sind durchaus gelungen und heben sich durch die reduzierte Instrumentalisierung angenehm von den Titeln mit großer Band ab.
Richtig Spaß macht die Uptempo-Country-Nummer „Take Me Back“ mit seinem Twang und den Fingerpicking-Einlagen. Die Stärke seiner Stimme kann Robbie Walden bei den eher klassisch gehaltenen Country-Songs ausspielen. „Dark Days“, „How Long It Takes“ und vor allem der eingängige Opener „50 Years Too Late“ zählen daher zu den Highlights des Longplayers.

Wer einen Faible für harmonischen Country hat, liegt bei der Robbie Walden Band richtig. Die spärlicher instrumentalisierten Songs sowie die schnelleren Nummern sprechen mich dabei mehr an als die mit Bläsern aufgepoppten Balladen. „When The Rooster Crows“ bietet insgesamt einen abwechslungsreichen Streifzug durch den Country, bei dem Robbie Walden einige Ideen einfließen lässt, die nicht immer zünden.

Thirty Tigers/Alive (2019)
Stil: Country

Tracks:
01. 50 Years To Late
02. Dark Days
03. Chain And Shackles
04. Thank God For You
05. I’m To Blame
06. Wild Horses
07. Take Me Back
08. When The Rooster Crows
09. Falling Again In Love
10. How Long It Takes
11. Spokanes Calling You
12. That’s How I Start My Day
13. Love You Anyway I Can
14. Big Sky Country

Robbie Walden Band
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Micky & The Motorcars – 07.12.2010, Café Steinbruch, Duisburg – Konzertbericht

Das fast abgelaufene Musikjahr 2010 hatte für mich doch glatt noch eine faustdicke Überraschung parat. Eigentlich wollte ich an diesem Dienstag Abend mit meinen Arbeitskollegen turnusmäßig Fußballspielen gehen, da flattert einen Tag vorher der Blue Rose-Newsletter herein und ich glaubte (Montag abends) meinen Augen nicht zu trauen. Er enthielt die Nachricht, dass Micky & The Motorcars zur legendären Christmas-Party des Labels sowie für einige Gigs hier nach Deutschland kommen würde. Beim Studieren der Termine, stellte ich fest, dass der für mich in Frage kommende Gig, Dienstag der 07.12., sein würde. Also wurden flugs alle Planungen umgeworfen, diesen Auftritt durfte ich nicht verpassen.

Eine Red Dirt-Band in unseren Landen, dass ich das noch erleben darf. Ein regelrecht historisches Ereignis, wie sich am Abend herausstellen sollte, denn der eigentliche Tour-Auftakt in Norderstedt musste wegen der Wetterkapriolen abgesagt werden, die Jungs hingen in Amsterdam am Flughafen fest. Also, soweit mir bekannt, sind sie somit die erste Band dieses leider noch viel zu unbekannten Genres, das soviele tolle junge, kreative und musikalisch begabte Interpreten (wie u.a. die Randy Rogers Band, Cross Canadian Ragweed, Reckless Kelly – die habe ich zumindest mal in Holland erlebt, Eli Young Band, Mike McClure Band, Tyler McCumber Band, No Justice u.v.m.) ihr Eigen nennen darf, die hier in Deutschland bisher jemals aufgetreten ist. Hammer!

Die E-Mail am Dienstag morgen mit der Akkreditierungsbitte wurde von ‚Mr. Blue Rose‘ persönlich, Edgar Heckmann, umgehend abgenickt.
Das Café Steinbruch war für mich bisher Neuland, eine sehr schöne Kneipe mit großen, hell erleuchteten Glasfronten. Der Raum für die Auftritte war dafür umso dunkler. Dazu das zum Fotografieren gefürchtete, dominante Rotlicht, das meine Spiegelreflexkamera ohne Blitz mal wieder stark forderte. Gott sei Dank war unsere nette Bekannte, Gudi Bodenstein (eine regelrechte Concertoholicerin) mit ihrem kleinen Wunderobjektiv zur Stelle, die sich spontan bereit erklärte, mir, wie schon beim Selby-Gig in Krefeld, ihre Aufnahmen zur Verfügung zu stellen.

Endlich war es dann soweit. Micky Braun und seine Motorcars (Bruder Gary an Gitarre und Mikro, Lead-Gitarrist Kris Farrow, Mark McCoy am Bass und Drummer Shane Vannerson) betraten die Bühne. Red Dirt in Deutschland live, ich kann es immer noch nicht glauben. Am äußeren Rahmen darf noch gefeilt werden, leider hatten sich gerade mal nur so um die 50 ‚fachkundige‘ Leute eingefunden, was natürlich auch am für Berufstätige ungünstigen Termin in der Woche und dem miserablen Wetter gelegen hat. Den Auftakt bildete „Carolina Morning“, das im typisch melodischen Micky & The Motorcars-Midtempo-Ambiente serviert wurde. Wie zu erwarten, wurden sehr viele Stücke aus ihrer aktuellen und äußerst empfehlenswerten Live-Do-CD/DVD (aufgenommen im Texas-Kulttempel Billy Bob’s Texas) gespielt.

Was ich allerdings schön fand, war, dass die Band dieses Programm nicht in identischer Form runterspulte, sondern, im Gegenteil, die Setlist davon in Duisburg ganz gehörig durcheinander wirbelte. Dazu hatten sie die eine oder andere Überraschung parat, wie z.B. das countryeske Merle Haggard-Cover „I’m A Lonesome Fugative“ oder eine Version des Gram Parsons-/Byrds-Klassikers „Hickory Wind“. Im Repertoire befanden sich auch neue Stücke (u.a. „Kill The Pain“, ein von Gary Braun gesungener Countryschwofer mit Randy Rogers-Flair).

Micky Braun überzeugte mit seinem variablen Akustikgitarrenspiel und seiner warmen angenehmen Stimme (O-Ton meiner Frau: »ein Herzensbrecher…«), Bruder Gary, ebenfalls ein toller Sänger (bei „Lost And Found“, „Twilight“), zückte ab und zu die Mundharmonika (bei „Guts“, „July, You’re A Woman“), Kris Farrow ließ jede Menge filigraner E-Soli ab (beim herrlichen „Long Enough To Leave“, tolle Slidearbeit bei „Rocks Springs To Cheyenne“, und „Bloodshot“ – das Saxofon als sein Zweitinstrument war leider nicht mit von der Partie), Basser Mark McCoy verlieh seinem Viersaitenspiel mit akurat sitzender Krawatte besondere Eleganz und der Kaugummi-kauende Kraftprotz Shane Vannerson hatte das eine oder andere Kabinettstückchen mit seinen Drumsticks in petto.

Wie auch auf der DVD war es der Faces-Klassiker „Stay With Me“ als Abschluss des Hauptgigs, bei dem das Quintett aus Austin so richtig abrockte und der schon allein das Eintrittsgeld wert war. Das Desert Rock-angehauchte und schön stampfende „Bloodshot“ war dann die tolle Zugabe, die sich das klatschfreudige und den Wetterbedingungen trotzende Publikum wohl verdient hatte. Bei dieser wurde es auch belassen, die Band hatte immerhin 22 Stücke auf hohem spielerischen Niveau geboten.

Insgesamt ein sehenswertes und starkes Konzert von Micky & The Motorcars, auch wenn man den Jungs, die Reisestrapazen (verständlicherweise) doch schon ein wenig anmerkte. Da ist für den Rest der Republik, der bei den folgenden Gigs hoffentlich zahlreicher erscheinen wird, noch ein wenig Luft nach oben. Ich persönlich war jedenfalls trotzdem hoch zufrieden und kann in Zukunft von mir behaupten, bei der historisch zu bewertenden ‚Live-Geburt des Red Dirts‘ in Deutschland anwesend gewesen zu sein. Bitte mehr davon! Ich kann nur jedem den Rat geben, sich mit dieser tollen Szene eingehend zu beschäftigen, da gibt es viel zu entdecken.

Danke an Edgar Heckmann nochmals für die schnelle und unproblematische Akkreditierung.

Bilder: Gudi Bodenstein / Daniel Daus

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