Will Hoge – Anchors – CD-Review

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Ich hatte ja vor einiger Zeit das Vergnügen, Will Hoge nach seinem Solo-Gig im kleinen Kölner Studio 672 mal kurz persönlich kennenzulernen. Dort bestätigte sich der gute Eindruck seiner Person, der einem anhand seiner Biografie und Musik schon irgendwo vorgeschwebt war. Ein bodenständiger, geerdeter und sympathischer Typ, der mir dann spontan auch sofort noch seine Live-CD zum Besprechen mit auf den Weg gab.

Mittlerweile hat der in Nashville ansässige, einstige Wegbegleiter von Dan Baird, wieder kreativ gewirkt und mit „Anchors“ sein 10. Studiowerk am Start. Erneut ist ihm ein Meisterwerk in Sachen Country-, Roots-, Americana- bzw. Singer/Songwriter-Stoff gelungen. Will setzt damit den Reigen seiner ausnahmslos guten Alben konsequent fort.

Musikalisch umgeben hat sich Hoge diesmal mit Leuten wie u. a. Drummer Jerry Roe (Emmylou Harris & Rodney Crowell, Darius Rucker), Bassist Dominic Davis (Jack White, Wanda Jackson) sowie den Gitarristen Brad Rice (Son Volt, Ryan Adams) und Thom Donovan (Lapush, Ruby Amanfu), als auch mit Sheryl Crow, die beim medial wohl verheißungsvollsten Anwärter dieser Scheibe, dem wunderbaren „Little Bit Of Rust“ Harmoniegesänge beisteuert. Großartig hier auch die Fiddle-/E-Slide-Gitarren-Solo-Kombination und die schön klirrende Mandoline.

Vom Heartland-umschwingten Opener „The Reckoning“ bis zum finalen, in Tom Petty-Manier gezeichneten „Young As We Will Ever Be“ fasziniert der Basketball-Fan mit seinen unaufgeregt klingenden und doch so fesselnd wie nuanciert arrangierten Songkompositionen ohne eine kleinste Schwachstelle zu offenbaren.

„The Grande Charade“, „Through Missing You“ (Slide-Solo)  und das Titelstück bedienen das Gemüt von Melancholikern, das überaus atmosphärische „Cold Night In Santa Fe“ erinnert mich ein wenig an Blackberry Smokes „The Whippoorwill“. Beim rockigsten Track der CD „(This Ain’t) An Original Sin“ (Uptempo, starkes E-Solo, Ohohoh-Gesänge) dürften Will die alten Tage seines Tourens mit Dan Baird vermutlich den Anstoß gegeben haben.

Die flockigen, eingängigen Stücke wie „Baby’s Eyes“, das Steel-getränkte, herrlich countryeske „Angels Wings“ und das an die Hoch-Zeiten von Bob Seger erinnernde „17“ (mit überraschenden Bläser-Einsätzen) könnten wieder als Vorlagen zur Adaption durch andere Bands dienen, wie es schon mal die Eli Young Band mit „Even If It Breaks Your Heart“ erfolgreich praktiziert hatte und prompt einen Nr. 1-Hit einfuhr.

Fazit: Mit seinem exzellenten neuen Longplayer „Anchors“ hat Will Hoge erneut bewiesen, dass an seinem Name kein Weg vorbeiführt, wenn es gilt, das Who-Is-Who der zeitgenössischen amerikanischen Singer/Songwriter-Szene zu benennen. Dieses Werk bietet ein weiteres Mal Leuten Zuflucht, die in der beschriebenen Musik ihr Passion erfüllt sehen! Eigentlich auch prädestiniert dafür, hier mit ganzer Band live vorgestellt zu werden. Wieder mal eine Hogesche Glanzleistung!

EDLO Records – Thirty Tigers (2017)
Stil: Country-/Roots Rock

01. The Recockning
02. This Grand Charade
03. Little Bit Of Rust
04. Cold Night In Santa Fe
05. Baby’s Eyes
06. (This Ain’t) An Original Sin
07. Through Missing You
08. Anchors
09. Angels Wings
10. 17
11. Young As We Will Ever Be

Will Hoge
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Oktober Promotion

American Aquarium – Support: Tim Easton – 03.03.2017, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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Gut einen Monat nach dem starken Auftritt der Stolen Rhodes war es mal wieder an der Zeit, unsere geliebte Kulturrampe in Krefeld aufzusuchen, mit Tim Easton und den talentierten North Carolina-Jungs von American Aquarium galt es, in unseren Breitengraden, hochkarätige Insidermusik aus dem Alternative Country-, Roots-, Americana- Bereich, zu begutachten.

Der weit gereiste, mittlerweile in Nashville ansässige Singer/Songwriter Tim Easton bestritt mit einem starken Solo-Auftritt das Vorprogramm. Seine tolle rauchige, warmherzige Stimme, die mich an Leute wie J. J. Cale, Will Hoge und Russell Smith erinnerte, sein quirliges Akustikgitarrenspiel (auch in Slide-Manier), sowie diverse plustrige Harp-Einlagen, verpackt in eine humorvolle und sympathische Performance, kamen beim Krefelder Publikum bestens an.

Mit unterhaltsamen Stücken wie u. a.  „Elmore James“, „Special 20“, „Black Dog“, „Don’t Lie“, „Next To You“  oder dem brandneuen „The Old New Straitsville Blues“ zog er die anwesenden Leute unweigerlich auf seine Seite. Klar, dass er da nochmal für eine Zugabe ran musste, die mit Dylans „Watcha Gonna Do“, bei der er die Audienz mit Fuß-Stampfen und Klatschen als Percussion-Unterstützung involvierte, ihren launigen Abschluss fand. Eine tolle Leistung von Tim Easton!

Für die Burschen von American Aquarium lief der Tag dagegen alles andere als rund. Am Berliner Flughafen war ihr Gepäck zunächst verschwunden, was eine erhebliche Wartezeit zur Folge hatte (ich habe gar nicht mitbekommen, dass der BER schon in Betrieb ist…). Als am Ende die Sachen doch noch aufgefunden wurden, ging’s mit einer rasanten Höllenfahrt in Richtung Westen, um den ersten Gig der bevorstehenden Tour noch rechtzeitig antreten zu können.

Beim Opener „Wolves“ knarzte und fiepte dann noch das Mikro von Bandleader BJ Barham. Der verstand die Welt nicht mehr und war zu Anfang richtig angenervt. Nach ein paar Instruktionen in Richtung Mischpult, hatte sich dann beim folgenden „Southern Sadness“ die Lage beruhigt und das Quintett, mit den weiteren Musikern  George Hage, Bill Corbin, Kevin McClain und Whit Wright fand sich allmählich in den Gig herein.

BJ Barham, der im Stile der großen amerikanischen Musik-Geschichtenzähler wie Bob Dylan, Bruce Springsteen, Gram Parsons, Steve Earle & Co., als die kreative Person des Fünfers, fast ausnahmslos die Zügel in der Hand hatte, sowie Whit Wright, der immer wieder zwischen Keyboard und seiner Pedal Steel hin und her wechselte, waren die Personen, die im Prinzip die Hauptakzente setzten.

Die Rhythmusfraktion mit Bill Corbin und Kevin McClain verrichtete brav ihre Arbeit, der E-Gitarrist George Hage (auch Mitglied bei Jack The Radio) kam erst gegen Ende bei Tracks wie „Jacksonville“, „Losing Side of 25“ und „Man I’m Supposed To Be“ (atmosphärisches Bariton-Spiel) stärker zum Zuge.

Nachdem Barham bereits in der Mitte mit Stücken wie „The Unfortunate Kind“, „America Tobacco Company“ und „O‘ Lover“ ein Solo-Intermezzo hingelegt hatte, absolvierte er mit dem bissigen „Burn.Flicker.Die“ und einem Cover zu Ehren des kürzlich verstorbenen Guy Clark „She Ain’t Going Nowhere“ auch den Zugabenteil im Alleingang.

Da hätte man sich gerne vielleicht doch nochmal die komplette Band zum Abschluss mit einem Kracher, evtl. dazu mit integrierter Vorstellung der Mitglieder gewünscht. Auch ein paar Songansagen und sporadische Interaktion mit den Leuten hätte vermutlich etwas mehr Stimmung gebracht (die aber keineswegs schlecht war).

Fazit: Ein eher ruhiger Abend mit mit einem überzeugenden Auftritt des kauzigen Tim Easton und einem steigerungsfähigen Tournee-Auftakt von American Aquarium, der mir persönlich zu sehr im Zeichen ihres omnipräsenten Fronters stand. Da muss bei den nächsten Stationen doch etwas mehr Geschlossenheit demonstriert und auch das Publikum mehr ‚abgeholt‘ werden. Entschuldigend sind allerdings die oben erwähnten Umstände mit zu berücksichtigen, so ein stressiger Tag nach langem Flug hinterlässt einfach Spuren. Bei den kommenden Gigs geht da auf jeden Fall noch was!

Line-up:
BJ Barham (lead vocals, acoustic guitar)
George Hage (electric guitar)
Bill Corbin (bass)
Kevin McClain (drums)
Whit Wright (keys, pedal steel)

Tim Easton (lead vocals, acoustic guitar, harp)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Tim Easton
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Teenage Head Music
Kulturrampe Krefeld

Tift Merritt – Stitch Of The World – CD-Review

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Tift Merritt mit neuem Album! Die umtriebige der texanischen Musikszene zugehörige 42-jährige Künstlerin hat ihr Temperament diesmal deutlich gezügelt und kommt mit einer eher besinnlichen neuen Scheibe daher. Ich habe das zierliche Energiebündel mal vor vielen Jahren in Utrecht bei den damaligen, leider nicht mehr existierenden Blue Highways Festivals, live erleben können, und habe mir dann auch ihr „Tambourine“-Werk zugelegt, von dem ich auch heute noch begeistert bin.

Das neue Album „Stitch Of The World“ wurde innerhalb von vier Tagen mit einem recht überschaubaren Musikerkreis, bestehend aus der Protagonistin (acoustic guitar, piano, lead vocals), Sam Beam (vocals, acoustic guitar), Marc Ribot (guitars, ukelele, banjo), Jay Bellerose (drums), Jennifer Condos (bass) und Eric Heywood (pedal steel) eingespielt. Produziert haben Tift und Sam Beam, der vor allem gegen Ende des Werkes mit einigen Harmoniegesängen aufwartet.

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Merritt reflektiert in ihren Kreationen persönliche Erlebnisse und Beobachtungen der letzten Jahre, die von Höhen (neuer Lebensgefährte, Geburt einer Tochter) und Tiefen, wie ihrer Scheidung gekennzeichnet waren und hält sich selbst quasi einen musikalischen Spiegel vor. Sie bewegt sich dabei in Sphären von Kolleginnen wie Emmylou Harris, Joni Mitchell, Alison Krauss („Eastern Light“), dezent auch Patty Griffin, Kacey Musgraves, Kim Carnes („Heartache Is An Uphill Climb„, „Proclamation Bones“) oder Sheryl Crow. Teilweise hat man aufgrund ihres elfenhaften Gesangs sogar den Eindruck, als wenn eine Kate Bush sich in den Lonestar State verirrt hätte („Icarus“). Der rootsige Opener „Dusty Old Man“, getragen von Jay Bellroses poltrigem Drumming hat noch mit den meisten Drive, ansonsten herrscht überwiegend viel ruhiger texanisch geprägter Alt. Country-Erzähl-Stil.

Die Drums haben meist eher perkussiven Charakter, Ribots E-Gitarre surrt, Heywoods Pedal steel leiert immer mal dazwischen, Akustiklgitarren, Ukulele („My Boat“) und Banjo dienen als Verzierung, das Piano steht im Dienste der Atmosphäre.

Wenn ich final die beiden mir zur Verfügung stehenden Vergleichsmuster gegenüberstelle, war und ist ihr damaliges Werk eher radiotaugliche Musik gewesen, die man auch auf jeder schönen beschwingten Party auch heute noch in den Player schmeißen kann, ihr aktuelles „Stitch Of The World“ ist dagegen eher ein Werk für gemütliche Stunden und zur intellektuellen Einkehr geeignet. Beide Scheiben bewegen sich auf ihre ganz eigene Art auf dem für Tift Merritt gewohnten hohen Niveau!

Yep Roc Records (2017)
Stil: Alt. Country

01. Dusty Old Man
02. Heartache Is An Uphill Climb
03. My Boat
04. Love Soldiers On
05. Stitch Of The World
06. Icarus
07. Proclamation Bones
08. Something Came Over Me (feat. Sam Beam)
09. Eastern Light (feat. Sam Beam)
10. Wait For Me (feat. Sam Beam)

Tift Merritt
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Yep Roc Records

Saints Eleven – Coming Back Around – CD-Review

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Hat der Kollege Daus über die Jahreswende etwa zu viel Marihuana geraucht, wird vermutlich so mancher beim Blick auf das Cover der neuen Scheibe „Coming Back Around“ von den Saints Eleven denken. Aber keine Bange, hier handelt es sich beileibe nicht um eine Reggae-Platte, sondern um  bemerkenswert authentischen Country-Roots-Stoff eines texanischen Trios, bestehend aus Bandleader Jeff Grossman, Jeff Mosley und Alex Shepherd, produziert von keiner geringeren Ikone in diesem Bereich als Walt Wilkins (ebenfalls bekannt als Walt Wilkins & The Mystiqueros), zudem auch mit seiner Frau Tina im Background singend und noch Gitarren-und Percussion-Klänge beisteuernd.

Die Zusammenarbeit ist gezeichnet von gegenseitiger Anerkennung und Respekt vor dem bisher Geleisteten. So betituliert Grossman Wilkins als den ‚Texas Country Jesus‘, während dieser den Ball so zurückspielt: „Ich war direkt von Jeffs Stimme angezogen. Echt, rau und wild, mit einem breiten emotionalen Spektrum. Danach begann ich mich mit diesem toll verarbeiteten Liedgut über wahrhafte Leute in der realen Welt, mit ihrer Komplexität und ihren Ecken und Kanten zu beschäftigen. Seine Aussagen sind einzigartig, klar und direkt und die Band nimmt sie ernst. Solche Jungs musste ich fördern. Es war ein verdammtes Vergnügen, dieses Album mit den Saints Eleven zu produzieren.“

Vom starken Opener „My Heart“ (schöne Tempowechsel, klasse Backings von Tina Wilkins) bis zum relaxten Countryschwofer „The Same“ zum Abschluss trifft man en masse auf knarzige Akustikgitarren, klirrende Mandolinen, sirenenartige Fiddeln, leiernde Steels, raunzendes Dobro, gluckerndes E-Piano, gurgelnde Orgeln und immer wieder schön dosiert eingestreute E-Gitarre, die alle von Wilkins glasklar herausgearbeitet wurden.

Grossmans Stimme liegt nach meinem Empfinden irgendwo in der Mitte zwischen den Band Of Heathens-Frontern Ed Jurdi und Gordy Quist, sodass teilweise auch eine gewisse musikalische Verbindung aufflammt, wie zum Beispiel beim Titelstück „Coming Back Around“, wobei die Saints Eleven allerdings deutlich countryesker unterwegs sind, wie etwa beim Heuler „Cryin‘ Time“, ein ‚Cryin‘ In My Beer‘-Song der etwas flotteren Art.

Herrlich auch das sparsam instrumentierte bluesige „For Those That Came“ das zunächst von Piano und Akustikgitarre bestimmt wird, im zweiten Teil mit einsetzender Orgel und Harmoniegesängen einen dezenten Gospeltouch erfährt. Mein Highlight ist das atmosphärische Duett von Jeff mit der stark singenden Courtney Patton (erinnert hier an Kathy Mattea) bei „Let Them Go“, wie es derart fesselnd wohl nur in Texas dargeboten wird. Herrlich hier auch die swampig surrende E-Slide-Gitarre und die quietschende Fiddle. Man bekommt fast eine Gänsehaut. Grandiosl!

Mit den Saints Eleven begegnen wir einer texanischen Band, die sich auf „Coming Back Around“ ausschließlich musikalischer Qualität und Spielfreude verschrieben hat, ohne aber dabei das melodische Element aus den Augen zu verlieren. Toller authentischer Stoff für Freunde von Acts wie Band Of Heathens, Dustin Bentall, Randy Rogers und Wade Bowen (auf ihrer Countryschiene), J.P. Harris, Josh Abbott & Co.

Eigenproduktion(2016)
Stil: Country & More

01. My Heart
02. Coming Back Around
03. Heartbreak Songs
04. Shelter Me
05. For Those That Came
06. Sunday Drive
07. Cryin Time
08. Strange Round Here
09. Almost Home
10. Let Them Go (feat. Courtney Patton)
11. The Same

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Timo Gross Band – 17.11.2016, Krefeld, Kulturrampe – Konzertprotokoll

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Berichterstatter + Bilder: Jörg Schneider

Folgendes Telegramm ging in der Sounds Of South-Zentrale von Außendienstmitarbeiter Jörg Schneider ein, mit dem er, im Stile und der Genauigkeit eines Protokolls einer Bauingenieurs-Planungsausschuss-Sitzung, folgende Nachrichten vom Timo Gross Band-Gig in der Krefelder Kulturrampe übermittelte:

– Beginn 20:30 Uhr, Band, aber erst etwas verspätet, unter Beifall auf der Bühne
– Kulturrampe anfangs gut gefüllt, nach der Pause aber deutlich leerer (wg. Uhrzeit ?)
– Stimmung insgesamt gut und ausgelassen
– Timo erweist sich während des Konzertes zwischendurch immer wieder als humorvoller Erzähler kleiner Begebenheiten („Small Town Blues“, „Why“, „I Thank You“)

– Gast: SoS-Freund Mario Scholten, E-Gitarre (hat sich gut in die Band eingefügt, starke Bühnenpräsenz)

Setlist:

01 Down To The Delta (2008 „Travelling“)
02 Love Sick (2008 „Travelling“)
03 Time Ain’t Tight (2016 „Heavy Soul“)
04 Small Town Blues (2011 „Fallen From Grace“ – Song mit launiger Ansage über   die Spießigkeit einer Kleinstadt, von Timo seinen neugierigen Nachbarn       gewidmet)
05 Caribou River (2016 „Heavy Soul“)
06 Driftin‘ Blues (2013 „Landmarks“ – schöner Slow Blues voller Weltschmerz)
07 You Don’t Love Me (2013 „Landmarks“ – mit ausgiebigem, sehr gutem Drum-Solo von Andreas Eichenhauer)
08 Slow Down (2011 „Fallen From Grace“ – mit sehr schönen Slide-Einlagen)

Pause

09 Bound To The Shadows (2014 „It’s All About Love“ – mit Mario Scholten, einem Freund von Timo aus Krefeld, genannt auch der ‚Gitarrenhexer von der Grotenburg‘)
10 Voodoo Priest (2008 „Desire“ – mit Mario Scholten)
11 Why (2016 „Heavy Soul“ – ein Song, den Timo einem seinem besten viel zu früh an Krebs verstorbenen Freund Meinolf gewidmet hat)
12 King Of Nothing (2014 „It’s All About Love“)
13 The Desert (2016 „Heavy Soul“ – markantes Gitarrenspiel)
14 Lots Of Fun (2014 „It’s All About Love“)
15 I Thank You (2011 „Fallen From Grace“ – Band verabschiedet sich mit diesem ZZ Top Klassiker, nachdem Timo mit einer kleinen Geschichte an die Zeiten ohne Internet und Youtube, aber mit Rockpalast-Sendungen, die damals noch in Mono auf kleinen Röhrenfernsehern angeschaut wurden, erinnerte)

– Ende Hauptteil

– Publikum singt den Refrain „I Thank You“ im Chor weiter, bis die Band nach ein paar Minuten wieder die Bühne betritt und gemeinsam noch eine Zugabe spielt:

16 Home Sick (2013 „Landmarks“)

– Zusätzlich gab’s dann noch eine Solo Zugabe von Timo an der Akustik-Gitarre

– Konzertende dann gegen 23:00 Uhr

PS: Vielen Dank an Jörg für den Aufwand mit den vielen detailgetreuen Infos, es war eigentlich nur eine schlichte Bildergalerie geplant.

Line-up:
Timo Gross (lead vocals, guitars)
Patrick Pilarski (bass)
Andreas Eichenhauer (drums)
Special guest: Mario Scholten (electric guitar)

Timo Gross
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Kulturrampe Krefeld
Jörg Schneider Webseite

Water And Sand – 30.10.2016, Wesel, Karo – Konzertbericht

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Puh, das Ende dieser gerade vergangenen Woche hatte es für mich in sich. Zunächst hatte ich mich als Büromensch entschlossen, den fälligen Rückschnitt, der in meinem Garten, üppig und hoch wie tief gewachsenen Kirschlorbeersträucher nach der Arbeit endlich noch zu bewältigen (was mir dann auch inkl. des fälligen bösen Muskelkaters an zwei Nachmittagen gelungenen ist), Freitag Abend kam ein Konzert dazu, Samstag war der zu erstellende Bericht dafür fällig. Sonntag folgte dann der Jetleg des kleinen Mannes, die Zeitumstellung, und als Highlight am Abend das grandios besetzte Doppelkonzert mit Water And Sand und den US Rails im Weseler Karo. Ein recht gewagtes Unterfangen, alles so an einem Stück zu bewältigen.

In der Regel besteht bei solchen Events mit Vorgruppen im kleineren Rahmen ja meist eine erhebliche Diskrepanz zum Hauptact, sodass man diesen Teil im Bericht normaler Weise schnell mit ein paar kurzen Zeilen abhandeln kann. Diesmal lag die Niveau-Latte jedoch bei beiden Gruppierungen derart hoch, und somit auch der Sachverhalt völlig anders, dass wir uns entschlossen haben, zwei getrennte Berichte zu verfassen.

Todd Thibaud zählte bereits immer zu meinen Lieblings-Singer/Songwritern und ich habe ihn im Weseler Jugendzentrum schon mehrfach in diversesten Konstellationen erlebt. Diesmal hat er sich mit der aus Cincinnati, Ohio, stammenden Musikerin Kim Taylor als Water And Sand zusammengetan. Im Gepäck hatten beide natürlich das zur Tour kreierte, gleichnamige Debütalbum, produziert von Sean Staples. Der hatte laut Todd zunächst die nur mit Akustikgitarren und Gesang eingespielten Rohfassungen erhalten, sie dann aber liebevoll mit diversen starken Gastmusikern für die finale Version ‚angereichert‘.

Staples diesmal hauptsächlich am Bass und sporadisch nur an seinem Parade-Instrument, der Mandoline, tätig, begleitete dann das Protagonisten-Duo zusammen mit dem ebenfalls bestens im Karo bekannten Thomas Juliano, der wieder seine variablen Künste an der E-Gitarre (Slide, Bariton) walten ließ. Kim und Todd teilten sich die Lead Gesänge in einem ausgewogenen Verhältnis, wobei Todd in Gentleman-Manier (gefühlt) seiner Partnerin etwas den Vorzug gab. Beide glänzten natürlich besonders in den Vokal-Harmonien und bedienten auch die Akustikgitarre, Todd gab dazu noch bei „Feet Of God“ ein Mundharmonika-Intermezzo.

Es sah zunächst aus, als wenn die neue Scheibe komplett runtergespielt würde. Stück 1-4 mit „Far And Fallen“, „All I Wanna Do“, „Feet Of God“ und „My Amends“ entsprachen exakt auch in der Reihenfolge dem Silberling, der natürlich im weiteren Verlauf mit weiteren Exponaten wie u. a. „Stars Will Guide Us“ dem lässign Schwofer “Hard Side Of Love“, „Speak At Last“ (schön sich im Verlauf des Liedes steigernd) und dem grandios gebrachten atmosphärischen Titelsong „Water And Sand“ zum Ende des Hauptteils, mit all seinen Facetten präsentiert wurde.

Aufgelockert wurde das Ganze durch ein paar Covernummern , dem starken „Gasoline & Matches“ von Buddy Miller, „Peace In The Valley“ (?) mit einem Staples Mandolinen-Solo zum Niederknien und Gillian Welchs „Miss Ohio“. Dazu ließ Todd noch das flockige „You & Me“ aus seinem eigenen Fundus (von „Broken“) springen. Die eingeforderte Zugabe stand dann nochmal im Zeichen von Kim Taylor. Die performte ihr „Days Like This“ unter Harmoniegesangs-Assistenz von Todd mit seinem typisch angenehmen Schmelz in der Stimme und Tom Julianos herrlich hallender E-Gitarre.

Fazit: Ein bewegender, fast 1 ½ Stunden währender Water And Sand-Auftritt, bei dem die musikalischen und vokalen Elemente perfekt ineinander griffen. Singer/Songwriter-Stoff der ganz großen Schule. Ein anspruchsvolles Projekt mit Zukunft. Großartig!

Line-up:
Kim Taylor (lead vocals, acoustic guitar)
Todd Thibaud (lead vocals, acoustic guitar, harp)
Thomas Juliano (electric guitar)
Sean Staples (mandolin, bass)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Water And Sand
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Karo Wesel

Rob Baird – Wrong Side Of The River – CD-Review

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Drittes, wundervolles, ja geradezu umwerfendes Album des aus Memphis stammenden, heute aber in Texas lebenden Rob Baird. Welch eine Wonne! Hinreißender, genauso prächtig groovender, wie traumhaft melodischer Red Dirt Roots-, Americana- und Countryrock, der zu dem besten gehört, was das Genre zu bieten hat. Die Songs sind fantastisch! Vier Jahre war Rob Baird in sich gekehrt, um sich in seiner typischen Art mit aktuellen Dingen des Lebens wie Trubel, Ausdauer, Einsamkeit, Zurückweisung oder Depression thematisch in seinen neuen Songs auseinander zu setzen und betrieb damit auch ein wenig Selbstfindung in eigener Sache.

„Wrong Side Of The River“ heißt seine neue Scheibe und führt den Weg seiner beiden schon extrem starken Vorgänger konsequent fort. Das Album ist erneut ein zehn Stücke umfassendes, kleines Meisterwerk geworden, das einen von vorne bis hinten mit seiner Magie gefangen hält. Baird hat die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Scott Davis beendet und in Brian Douglas Philipps, einen neuen Multi-Instrumentalisten (guitars, keys, pedal steel, harmony vocals) als kongenialen Partner an seiner Seite gewonnen, der als Mitspieler, Songwriter und Produzent einen erheblichen Beitrag zu dem herausragenden Gesamtergebnis geleistet hat.

Die Musikerriege wurde zu früher komplett ausgetauscht und bewegt sich diesmal mit Jacob Hilddebrand (guitars, banjo), Z Lynch (bass, harmony vocals), Fred Mandujano (drums, percussion) und Jamie Harris (harmony vocals) in einem recht überschaubaren, aber umso kompetenteren Rahmen. Beim Songwriting ist aus älteren Tagen nur Rick Brantley als Co-Writer bei einem bärenstarken „Oklahoma“ übrig geblieben (unglaublich melodischer, dennoch herrlich „gritty“ und mit einem von effektvollen Gitarren- und Keyboard-Klängen und einem tollen Drive nach vorn getriebener, flüssiger Red Dirt Country-/Americana-Rocker), ansonsten assistierten Douglas Philipps und Leute wie Ruston Kelly und Ben Danaher.

Am typischen Rob Baird-Stil, einer dezent melancholisch und introvertiert klingenden Melange aus Country, Red Dirt, Americana und Roots Rock, wurde aber so gut wie nichts verändert. Gut so! Schon das Auftaktstück „Ain’t Nobody Got A Hold On Me“ (unterkühlte Retro Bariton-E-Gitarre, tolles Solo, hallende Orgel-Untermalung) mit seinen atmosphärischen Stimmungs- und Tempowechseln (starker Powerrefrain) lassen einen tief in Bairds Seelenleben eintauchen. Hat irgendwie den Vibe eines jungen Rodney Crowell. Ganz toller Song! Danach „bettelt“ Rob (immer noch so ein bisschen wie ‚Schwiegermutters Liebling‘ aussehend) in der, mit wundervoller Steelguitar verzierten, flockig, flotten Countryrocknummer „Mercy Me“ hingebungsvoll um Verzeihung (tolles Steel-/Bariton-Gitarren-Zusammenspiel, traumhafte Melodie).

Einer der wichtigsten Co-Writer dieses Albums ist der texanische Songwriter Mando Saenz. Der liefert in seiner extravaganten, rootsigen Manier die Ideen und Texte sowohl für das brillante, dezent Rockabilly-umwehte „Pocket Change“ als auch für die edle, ruhige, staubige, dabei wunderschöne Americana-Ballade „Horses“ (tolle Akustikgitarre). Zwei absolute Highlights! Herrlich auch die wunderbare, reduzierte Ballade „Run Of Good Luck“, bei dem sich die Instrumente wie Piano, Steel und Akustikgitarre sehr erhaben miteinander verbinden. Großartig hier zudem der Baird assistierende, texanisch gefärbte Harmonie-Gesang von Jamie Harris.

Der Titeltrack „Wrong Side Of The River“ begeistert mit leicht psychedelischem Teint, in einem klasse, ein wenig an Jason Isbell erinnernden Rootsrock-Ambiente mit kernigen Gitarren und Robs exzellenter Gesangsleistung. Das eingängige, mit einem sehr melodischen Refrain ausgestattete „Mississippi Moon“ wäre wohl eine potentielle Cover-Option für die Eli Young Band. Am Ende sinniert Baird voller Melancholie in „When I Go“, was wohl passieren würde, wenn er fortgeht. Die dritte Fremdkomposition des Werkes „Cowboy Cliche“ (Orgel, E-Gitarren-Fills, dezente Bläser), von dem bei Carnival Music unter Vertrag stehenden Songwriter Peter Hultquist, räumt mit Cowboy-Klischees auf und beendet sehr atmosphärisch und ruhig ein weiteres hervorragendes Baird-Exemplar.

„Wrong Side Of The Rive“ ist eine erneute absolute Glanzleistung des Protagonisten. Möge Rob Baird sich vielleicht in seinem Gefühlsleben auf der ‚falschen Seite des Flusses‘ wähnen, so hat der Texas-Troubadour musikalisch längst den richtigen Weg eingeschlagen. Welch ein beeindruckendes Teil.

Hard Luck Recording Co. (2016)
Stil: Country / Roots Rock

01. Ain’t Nobody Got A Hold On Me
02. Mercy Me
03. Pocket Change
04. Run Of Good Luck
05. Wrong Side Of The River
06. Oklahoma
07. Horses
08. Mississippi Moon
09. When I Go
10. Cowboy Cliche

Rob Baird
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Bärchen Records

Green River Ordinance – Fiveteen – CD-Review

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Grandioses, neues Album der aus Fort Worth stammenden Texaner! Die Bandmitglieder der Green River Ordinance befinden sich seit Teenager-Zeiten mittlerweile im 15. Jahr ihres Bestehens, was macht also besser Sinn, als ihr neues Werk voller Stolz demnach auch „Fifteen“ zu benennen. Der Fünfer hat sich von CD zu CD kontinuierlich gesteigert, der neue Silberling zeigt die Band eindeutig im Zenit ihrer bisherigen Schaffensphase.

Sämtliche elf Tracks wurden wie so oft im Kollektiv kreiert, dazu hat man sich wieder in eine alte Holzhütte am Caney Fork River zurückgezogen, wo man laut Frontmann Josh Jenkins fernab von Handyempfang und dem üblichen Stress, einfach mal völlig relaxt in den Fluss springen kann. An diesem für die Band, bestehend aus den weiteren Mitgliedern Denton Hunker (Drums, percussion), Geoff Ice (Bass, Harmonica, bg vocals), Jamey Ice (Lead guitar, banjo, mandolin) und Joshua Wilkerson (Electric guitar, mandolin, piano, bg vocals), heiligen Ort, kommen ihnen die wesentlichen Ideen für ihre so fein konstruierten Songs, wie der Bandleader weiter ausführt.

Schon der Auftakt ist bestechend. Der überragende Opener „Keep Your Cool“ stampft herrlich lässig in Country Rock-Manier mit quäkender Harmonica, hallender Orgel sowie satten Southern Rock-E-Gitarren vor sich hin, um letztendlich in ein kräftiges, an die Dirty Guv’nahs/Rolling Stones erinnerndes Finish überzugleiten. Ein wirklich cooler Song direkt zu Beginn. Das mit einem wunderbar trockenen, relaxten Banjo unterlegte, flockige, traumhaft melodische, flüssige „Red Fire Night“ erscheint, dank einer dominierenden Fiddle, in einem tollen Country-/Americana-Ambiente. Irgendwie kommen einem Blue Rodeo mit einem leichten Red Dirt-Flair in den Sinn.

Und so pendeln Green River Ordinance auch im weiteren Verlauf immer wieder zwischen Roots-/Folk-/Countryrock-/Country-beeinflussten, fein instrumentierten (sehr viele kleine eingeflochtene Hinhörer) Tracks wie „Simple Life“, „You, Me & The Sea“, „Endlessly“ (fein akzuentierte Mandoline, klasse Pedal Steel-Gastauftritt von Milo Deering), dem retrobehaften“„Life In The Wind“ (hier gibt eine slidende Dobro den Ton an) und eher rockig arrangierten Nummern wie „Maybe It’s Time (Gravity)“, „Tallahassee“ (tolles Southern-/Outlaws-Flair) oder „God Only Knows“ hin und her. Am Ende lässt die Band ihr Werk mit dem verletzlich gespielten, für ihre Verhältnisse recht sparsam angelegten „Keep My Heart Open“ sanft-melancholisch ausklingen.

Mit „Fifteen“ präsentiert das Quintett ein bärenstarkes neues Album, das damit den nächsten Schritt zum ganz großen Durchbruch macht. 11 herrliche Songs voller traumhafter Melodien, irgendwo an der Schnittstelle zwischen der frühen Eli Young Band, den kanadischen Blue Rodeo (mit deren countryorientierteren Songs), der Zac Brown Band, Will Hoge, der Josh Abbott Band, Rob Baird und ähnlicher Seelenverwandter. Eine geradezu perfekte Mischung aus Country, Countryrock, dezentem Red Dirt und Americana. Einfach umwerfend!

Residence Music (2016)
Stil: Country Rock / Americana

01. Keep Your Cool
02. Red Fire Night
03. Maybe It’s Time (Gravity)
04. Simple Life
05. Tallahassee
07. Always Love Her
08. Endlessly
09. Only God Knows
10. Life In The Wind
11. Keep My Heart Open

Green River Ordinance
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Bärchen Records

Todd Thibaud – Broken – CD-Review

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Das fünfte Studioalbum von Todd Thibaud! Nachdem er mit seinem Meilenstein „Northern Skies“ die Messlatte in immense Höhen gelegt hatte, war ich gespannt, ob der umtriebige Musiker mit seinem neuen Werk „Broken“ auf diesem Level weiterfahren kann, einen Durchhänger abliefert oder etwa das Unmögliche zustande bringt und nochmals eine Schippe drauf legen kann. Ich nehme es vorweg. Nach den bisher erlebten Hördurchgängen ist der hochwertige Status Quo gewahrt.  Todd Thibaud – Broken – CD-Review weiterlesen

Various Artists – Blue Highways Festival – 22.04.2006, Musiekcentrum Vredenburg, Utrecht – Konzertbericht

Es ist mittlerweile schon eine kleine Tradition geworden, dass meine Frau und ich, uns auf diesem einzigartigen Festival in Sachen Americana, Roots Rock , Bluegrass und Country mit ‚Bärchen Records‘- (der Mailorder, für den ich seit fast zwei Jahren mit viel Freude review-technisch tätig bin) Inhaber Jürgen Thomä und seiner Gattin Gaby treffen.

Dieses Ereignis findet jedes Jahr im ‚Musiekcentrum Vredenburg‘, praktisch inmitten der malerischen Innenstadt Utrechts, statt. Gespielt wird jeweils zeitversetzt in einem großen Theatersaal und einem etwas kleineren. Wenn man Lust und die Energie besitzt, hat man also die Möglichkeit, alle (15 diesmal) teilnehmenden Interpreten mitzunehmen. Jede Band spielt ca. eine Stunde. Die Umbaupausen belaufen sich dank straffer Organisation des Zeitplans auf erträgliche 10-15 Minuten. Beide Locations sind angenehm klimatisiert und es herrscht innen Rauchverbot. Die Akustik ist meist vom Allerfeinsten. Es herrscht eine super angenehme, lockere Atmosphäre, die sich wie ein roter Faden durch die von mir erlebten, bisherigen Veranstaltungen zieht.

Der Eintrittspreis von 40 Euros ist angesichts der Vielzahl, von in unseren Sphären fast nie zu erhaschenden, starken amerikanischen Musikern, sehr moderat gehalten. Das Festival ist immer, wen wundert es, gut besucht, aber mit einer guten Planung findet man normalerweise meistens ein recht akzeptables Plätzchen. Anders als beim letzten Mal, hatte ich schon frühzeitig beschlossen, mich nicht an meinen guten Sitzplatz im großen Saal zu klammern, und rechtzeitig auch die Events im kleineren anzusteuern, was sich im Nachhinein als goldrichtige Entscheidung herausstellte.

Das Roots Rocker-Trio Scott Miller & The Commonwealth (guter Drummer Shawn McWilliams) eröffneten im Hauptsaal und präsentierten schwerpunktmäßig ihr starkes neues Album „Citation“. Etwas blasser, aber keineswegs schwach, bot dann Dar Williams mit ihrer Truppe ihren mit Folk durchzogenen Roots Pop. Kurz vor Ende ihrs Programms ergriff ich die Gunst der Stunde und begab mich in die Enge des kleinen Saals, wo dann nach kurzer Zeit der Texaner Hayes Carll, mit seiner Klasse-Mannschaft (Lance Smith – Gitarre, Brad Fordham – Bass und Lisa Pankratz – Drums), seinen humorvollen, texanischen Roots Country – Rock im Stile von Wade Bowen, Randy Rogers, Cross Canadian Ragweed etc. servierte. Einfach herrlich diese rauen, staubigen und doch so melodischen Songs. Den Namen sollte man sich merken.

Direkt hinterher brachten Grayson Capps und seine Mannen, mit bluesig Louisiana-getränktem (viel Slidearbeit) Rock, das kleine Rechteck zum Kochen. Die stürmisch eingeforderte Zugabe „Poison“, ließ dann alle Dämme brechen und den Saal zu einer fröhlich beschwingten Gesangsparty aller Anwesenden mutieren. Klasse!

Die lustig-freche Nashville-Country-Ikone Joy Lynn White war bereits vor zwei Jahren mit an Bord, diesmal wurde sie von Hayes Carlls Musikern begleitet. Hier blühte der starke Gitarrist Lance Smith noch mal richtig auf. Ebenfalls mit ein Highlight. Danach dann der Schwenk zurück ins große Auditorium. Ein paar Noten einer Legende wie Guy Clark möchte man dann doch mitnehmen, auch wenn sein monotones Storytelling eher nicht mein Fall ist.

Zumindest bot es Gelegenheit sich wieder einen guten Platz für Caitlin Cary und Thad Cockrell zu sichern. Cary nahm jetzt zum dritten Mal hintereinander teil. 2004 solo, 2005 mit Tres Chichas, jetzt mit dem Singer/Songwriter. Beide hatten ja schon ein Album zusammen eingespielt. Toll ihre wunderbar aufeinander abgestimmten Harmoniegesänge. Anschließend gab es noch ein paar Takte der recht laut agierenden Slobberbone-Nachfolger The Drams. Es galt sich wiederum eine gute Ausgangsposition im kleinen Saal für Tifft Merrit zu sichern. So nahmen wir noch die letzten Noten von Stillhouse mit, von denen auch zwei Musiker (Zeke Hutchins, Drums – Jay Brown, Bass) dann bei Merritt involviert waren.

Der kleine, hübsche Irrwisch aus North Carolina (Inhaberin eines Major-Deals) ließ anschließend trotz leichter soundtechnischer Probleme am Anfang (das Brummen des Bass-Box war nicht abzustellen), die allerdings mit sympathischem Witz locker übertüncht wurden, so richtig Dampf ab (stark auch ihr Keyboarder Dan Eisenberg und Gitarrist James Waldborn) und begeisterte sämtliche, bis zum Schluss durchhaltenden Zuschauer. Keiner verließ vor der letzten Note der Zugabe gegen 1.45 Uhr die enge und mittlerweile schweißtreibende Location. Merritt wäre sicher etwas früher und im Hauptsaal besser platziert gewesen. Wer ist eigentlich Sheryl Crow, es lebe Tift Merritt! Ganz hervorragend.

Fazit: ‚Das Blue Highways‘ 2006 hat sich wieder mal voll gelohnt. Es ist schon unglaublich, wie viele Hochkaräter der nicht enden wollende Fundus amerikanischer Musiker immer wieder hervorbringt. Man fragt sich nur, warum man in unserem Lande nicht was ähnlich Gleichwertiges wie bei unseren Nachbarn zustande bringen kann. Fest steht: Auch 2007 ist dieses mittlerweile traditionelle Event wieder dick im Terminkalender eingetragen.
Höchst empfehlenswert für jeden Musikliebhaber!

Nicht im Bericht erwähnt: Marah, The Be Good Tanya’s, The McKay Brothers, Adam Carroll with Scrappy Jud Newcomb, Jeffrey Foucault.

P.S.
Die legendäre Location ist 2008 abgerissen worden und mittlerweile durch das moderne Tivoli Vredenburg ersetzt worden.

Bärchen Records
Tivoli Vredenburg