Green River Ordinance – Fiveteen – CD-Review

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Grandioses, neues Album der aus Fort Worth stammenden Texaner! Die Bandmitglieder der Green River Ordinance befinden sich seit Teenager-Zeiten mittlerweile im 15. Jahr ihres Bestehens, was macht also besser Sinn, als ihr neues Werk voller Stolz demnach auch „Fifteen“ zu benennen. Der Fünfer hat sich von CD zu CD kontinuierlich gesteigert, der neue Silberling zeigt die Band eindeutig im Zenit ihrer bisherigen Schaffensphase.

Sämtliche elf Tracks wurden wie so oft im Kollektiv kreiert, dazu hat man sich wieder in eine alte Holzhütte am Caney Fork River zurückgezogen, wo man laut Frontmann Josh Jenkins fernab von Handyempfang und dem üblichen Stress, einfach mal völlig relaxt in den Fluss springen kann. An diesem für die Band, bestehend aus den weiteren Mitgliedern Denton Hunker (Drums, percussion), Geoff Ice (Bass, Harmonica, bg vocals), Jamey Ice (Lead guitar, banjo, mandolin) und Joshua Wilkerson (Electric guitar, mandolin, piano, bg vocals), heiligen Ort, kommen ihnen die wesentlichen Ideen für ihre so fein konstruierten Songs, wie der Bandleader weiter ausführt.

Schon der Auftakt ist bestechend. Der überragende Opener „Keep Your Cool“ stampft herrlich lässig in Country Rock-Manier mit quäkender Harmonica, hallender Orgel sowie satten Southern Rock-E-Gitarren vor sich hin, um letztendlich in ein kräftiges, an die Dirty Guv’nahs/Rolling Stones erinnerndes Finish überzugleiten. Ein wirklich cooler Song direkt zu Beginn. Das mit einem wunderbar trockenen, relaxten Banjo unterlegte, flockige, traumhaft melodische, flüssige „Red Fire Night“ erscheint, dank einer dominierenden Fiddle, in einem tollen Country-/Americana-Ambiente. Irgendwie kommen einem Blue Rodeo mit einem leichten Red Dirt-Flair in den Sinn.

Und so pendeln Green River Ordinance auch im weiteren Verlauf immer wieder zwischen Roots-/Folk-/Countryrock-/Country-beeinflussten, fein instrumentierten (sehr viele kleine eingeflochtene Hinhörer) Tracks wie „Simple Life“, „You, Me & The Sea“, „Endlessly“ (fein akzuentierte Mandoline, klasse Pedal Steel-Gastauftritt von Milo Deering), dem retrobehaften“„Life In The Wind“ (hier gibt eine slidende Dobro den Ton an) und eher rockig arrangierten Nummern wie „Maybe It’s Time (Gravity)“, „Tallahassee“ (tolles Southern-/Outlaws-Flair) oder „God Only Knows“ hin und her. Am Ende lässt die Band ihr Werk mit dem verletzlich gespielten, für ihre Verhältnisse recht sparsam angelegten „Keep My Heart Open“ sanft-melancholisch ausklingen.

Mit „Fifteen“ präsentiert das Quintett ein bärenstarkes neues Album, das damit den nächsten Schritt zum ganz großen Durchbruch macht. 11 herrliche Songs voller traumhafter Melodien, irgendwo an der Schnittstelle zwischen der frühen Eli Young Band, den kanadischen Blue Rodeo (mit deren countryorientierteren Songs), der Zac Brown Band, Will Hoge, der Josh Abbott Band, Rob Baird und ähnlicher Seelenverwandter. Eine geradezu perfekte Mischung aus Country, Countryrock, dezentem Red Dirt und Americana. Einfach umwerfend!

Residence Music (2016)
Stil: Country Rock / Americana

01. Keep Your Cool
02. Red Fire Night
03. Maybe It’s Time (Gravity)
04. Simple Life
05. Tallahassee
07. Always Love Her
08. Endlessly
09. Only God Knows
10. Life In The Wind
11. Keep My Heart Open

Green River Ordinance
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Bärchen Records

Todd Thibaud – Broken – CD-Review

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Das fünfte Studioalbum von Todd Thibaud! Nachdem er mit seinem Meilenstein „Northern Skies“ die Messlatte in immense Höhen gelegt hatte, war ich gespannt, ob der umtriebige Musiker mit seinem neuen Werk „Broken“ auf diesem Level weiterfahren kann, einen Durchhänger abliefert oder etwa das Unmögliche zustande bringt und nochmals eine Schippe drauf legen kann. Ich nehme es vorweg. Nach den bisher erlebten Hördurchgängen ist der hochwertige Status Quo gewahrt.  Todd Thibaud – Broken – CD-Review weiterlesen

Various Artists – Blue Highways Festival – 22.04.2006, Musiekcentrum Vredenburg, Utrecht – Konzertbericht

Es ist mittlerweile schon eine kleine Tradition geworden, dass meine Frau und ich, uns auf diesem einzigartigen Festival in Sachen Americana, Roots Rock , Bluegrass und Country mit ‚Bärchen Records‘- (der Mailorder, für den ich seit fast zwei Jahren mit viel Freude review-technisch tätig bin) Inhaber Jürgen Thomä und seiner Gattin Gaby treffen.

Dieses Ereignis findet jedes Jahr im ‚Musiekcentrum Vredenburg‘, praktisch inmitten der malerischen Innenstadt Utrechts, statt. Gespielt wird jeweils zeitversetzt in einem großen Theatersaal und einem etwas kleineren. Wenn man Lust und die Energie besitzt, hat man also die Möglichkeit, alle (15 diesmal) teilnehmenden Interpreten mitzunehmen. Jede Band spielt ca. eine Stunde. Die Umbaupausen belaufen sich dank straffer Organisation des Zeitplans auf erträgliche 10-15 Minuten. Beide Locations sind angenehm klimatisiert und es herrscht innen Rauchverbot. Die Akustik ist meist vom Allerfeinsten. Es herrscht eine super angenehme, lockere Atmosphäre, die sich wie ein roter Faden durch die von mir erlebten, bisherigen Veranstaltungen zieht.

Der Eintrittspreis von 40 Euros ist angesichts der Vielzahl, von in unseren Sphären fast nie zu erhaschenden, starken amerikanischen Musikern, sehr moderat gehalten. Das Festival ist immer, wen wundert es, gut besucht, aber mit einer guten Planung findet man normalerweise meistens ein recht akzeptables Plätzchen. Anders als beim letzten Mal, hatte ich schon frühzeitig beschlossen, mich nicht an meinen guten Sitzplatz im großen Saal zu klammern, und rechtzeitig auch die Events im kleineren anzusteuern, was sich im Nachhinein als goldrichtige Entscheidung herausstellte.

Das Roots Rocker-Trio Scott Miller & The Commonwealth (guter Drummer Shawn McWilliams) eröffneten im Hauptsaal und präsentierten schwerpunktmäßig ihr starkes neues Album „Citation“. Etwas blasser, aber keineswegs schwach, bot dann Dar Williams mit ihrer Truppe ihren mit Folk durchzogenen Roots Pop. Kurz vor Ende ihrs Programms ergriff ich die Gunst der Stunde und begab mich in die Enge des kleinen Saals, wo dann nach kurzer Zeit der Texaner Hayes Carll, mit seiner Klasse-Mannschaft (Lance Smith – Gitarre, Brad Fordham – Bass und Lisa Pankratz – Drums), seinen humorvollen, texanischen Roots Country – Rock im Stile von Wade Bowen, Randy Rogers, Cross Canadian Ragweed etc. servierte. Einfach herrlich diese rauen, staubigen und doch so melodischen Songs. Den Namen sollte man sich merken.

Direkt hinterher brachten Grayson Capps und seine Mannen, mit bluesig Louisiana-getränktem (viel Slidearbeit) Rock, das kleine Rechteck zum Kochen. Die stürmisch eingeforderte Zugabe „Poison“, ließ dann alle Dämme brechen und den Saal zu einer fröhlich beschwingten Gesangsparty aller Anwesenden mutieren. Klasse!

Die lustig-freche Nashville-Country-Ikone Joy Lynn White war bereits vor zwei Jahren mit an Bord, diesmal wurde sie von Hayes Carlls Musikern begleitet. Hier blühte der starke Gitarrist Lance Smith noch mal richtig auf. Ebenfalls mit ein Highlight. Danach dann der Schwenk zurück ins große Auditorium. Ein paar Noten einer Legende wie Guy Clark möchte man dann doch mitnehmen, auch wenn sein monotones Storytelling eher nicht mein Fall ist.

Zumindest bot es Gelegenheit sich wieder einen guten Platz für Caitlin Cary und Thad Cockrell zu sichern. Cary nahm jetzt zum dritten Mal hintereinander teil. 2004 solo, 2005 mit Tres Chichas, jetzt mit dem Singer/Songwriter. Beide hatten ja schon ein Album zusammen eingespielt. Toll ihre wunderbar aufeinander abgestimmten Harmoniegesänge. Anschließend gab es noch ein paar Takte der recht laut agierenden Slobberbone-Nachfolger The Drams. Es galt sich wiederum eine gute Ausgangsposition im kleinen Saal für Tifft Merrit zu sichern. So nahmen wir noch die letzten Noten von Stillhouse mit, von denen auch zwei Musiker (Zeke Hutchins, Drums – Jay Brown, Bass) dann bei Merritt involviert waren.

Der kleine, hübsche Irrwisch aus North Carolina (Inhaberin eines Major-Deals) ließ anschließend trotz leichter soundtechnischer Probleme am Anfang (das Brummen des Bass-Box war nicht abzustellen), die allerdings mit sympathischem Witz locker übertüncht wurden, so richtig Dampf ab (stark auch ihr Keyboarder Dan Eisenberg und Gitarrist James Waldborn) und begeisterte sämtliche, bis zum Schluss durchhaltenden Zuschauer. Keiner verließ vor der letzten Note der Zugabe gegen 1.45 Uhr die enge und mittlerweile schweißtreibende Location. Merritt wäre sicher etwas früher und im Hauptsaal besser platziert gewesen. Wer ist eigentlich Sheryl Crow, es lebe Tift Merritt! Ganz hervorragend.

Fazit: ‚Das Blue Highways‘ 2006 hat sich wieder mal voll gelohnt. Es ist schon unglaublich, wie viele Hochkaräter der nicht enden wollende Fundus amerikanischer Musiker immer wieder hervorbringt. Man fragt sich nur, warum man in unserem Lande nicht was ähnlich Gleichwertiges wie bei unseren Nachbarn zustande bringen kann. Fest steht: Auch 2007 ist dieses mittlerweile traditionelle Event wieder dick im Terminkalender eingetragen.
Höchst empfehlenswert für jeden Musikliebhaber!

Nicht im Bericht erwähnt: Marah, The Be Good Tanya’s, The McKay Brothers, Adam Carroll with Scrappy Jud Newcomb, Jeffrey Foucault.

P.S.
Die legendäre Location ist 2008 abgerissen worden und mittlerweile durch das moderne Tivoli Vredenburg ersetzt worden.

Bärchen Records
Tivoli Vredenburg

Israel Nash Gripka – 22.05.2012, Café Steinbruch, Duisburg – Konzertbericht

Israel Nash Gripka stand schon seit geraumer Zeit auf meiner Prioritätenliste, was Konzertbesuche betrifft. Nach zwei verpassten Gelegenheiten, schlug jetzt die Gunst der Stunde, da der Blue Rose-Künstler mit seiner Band zur Zeit in unseren Gefilden wieder seine musikalische Visitenkarte abgibt. Umso gelegener kam es für mich, dass er im quasi benachbarten Café Steinbruch in Duisburg Halt machte.

Der ehemalige Kollege Joe Brookes scherzte morgens noch: »Nimm ’ne Taschenlampe mit«, auf die doch recht lichtarm gehaltene Location abzielend. Die war mir allerdings bereits vom Micky & The Motorcars-Konzert vor geraumer Zeit bekannt und so enterte ich die einer Dunkelkammer gleichende, aber diesmal gemütlich mit Tischen und Stühlen bestückte Örtlichkeit dann rechtzeitig zum Konzertbeginn.

Mein Freund, seines Zeichens hoch angesehener und auch medial bekannter Präsident der Rot-Weiss Essen-Uralt-Ultras, Happo der I., hatte sich mit Gefolgschaft und Kamera ebenfalls angesagt; somit war ein unterhaltsamer Abend (und so sollte es auch wirklich kommen, Näheres dazu noch später) eigentlich schon vorprogrammiert.

Nachdem sich Teile der Band und auch wir im schönen, anliegenden Biergarten flüssigkeitstechnisch ‚aufgewärmt‘ hatten, ging es um 20:45 Uhr mit dem Konzert los. Israel und seine Mannen (Eric Swanson [g, steel g.], Aaron McClellan [bass], Matthew Danko [drums]) verzauberten auch sofort mit ihrem von den Seventies inspirierten Roots Rock los, wobei natürlich der Hauptfokus auf Songs ihren beiden Blue Rose-Outputs „Barn Doors And Concrete Floors“ und „2011 Barn Doors Spring Tour, Live In Holland“ gelegt wurde.

„Goodbye Ghost“ (Neil Young-umwittert), „Antebellum“ (mit den schön klirrenden E-Gitarren), das herrlich country-umwobene „Four Winds“ (klasse Steel-Spiel von Swanson) und das eingängige „Drown“ gaben sich sofort die Klinke in die Hand, bevor es mit dem schönen atmosphärischen „Wichita“ das erste ’neuere‘ Stück (es handelt sich um ein Outtake des „Barn Doors & Concret Floors“-Albums) zu bewundern gab.

Danach entließ der Bandchef seine Mitspieler und performte ein paar Stücke solo, z. T. den sturmgebeutelten Bürgern Missouris gewidmet. Klasse hier seine „Bellweather Ballad“, bei der er zunächst mit elektrischer Gitarre begann, für ein Bridge aber schon fast in metaphorischem Sinne komplett den Strom abstellte und nur seinen ‚reinen‘ Gesang auf das Publikum wirken ließ – man konnte zu diesem Zeitpunkt eine Stecknadel fallen hören. Bewegend!
Auffällig war, dass Gripka, anders als auf den Alben, die Mundharmonika fast komplett außen vor ließ. Lediglich beim Opener des „Barn Doors & Concrete Floors“-Werkes „Fools Gold“ schnallte er sich das Teil um den Hals und gab auch an diesem Instrument sein Können zum Besten.

Es wurde gleichzeitig die Hochphase des Gigs eingeläutet. Das stoneske „Louisiana“ (tolles E-Solo), ließ die kompletten Körper aller Besucher mitwippen, „Pray For Rain“ erinnerte vom Gesang an John Fogerty, „Sunset, Regret“ bot erneut wundervolle Country-Kost. Ach, und diese Steel Gitarre von Swanson machte richtig Laune. Live wirkt das Instrument viel schöner als auf den vielen CDs, und wann hat man schon in unseren Breitengraden mal die Gelegenheit, dieses Instrument, von Könnern gespielt, ganz nah zu hören?

Die grandios fette Fassung von „Baltimore“ (herrliche E-Gitarren inkl. Soli und atemberaubendes Drumming am Ende von Danko) beendete einen starken Hauptteil. Die vom Publikum eingeforderte Zugabe bediente Israel dann zunächst wieder solo mit „Evening“, um zum Abschluss mit „Rain Plans“, (sh. dazu den unten angefügten Clip), einem Track, der auf dem nächsten Album platziert sein wird, in Kooperation mit seinen Mitmusikern nochmal ein absolutes Highlight abzufeuern.

Ich bin ja nun Gott-weiß keiner, der sich heute noch am Rock der Seventies festklammert, aber wenn man den Spirit von Neil Young & Crazy Horse, Crosby, Stills, Nash & Young, verpackt in neue Ideen so authentisch live geboten bekommt, muss auch ich den Hut ziehen. Wahnsinn, wie solche jungen Burschen diese Urfragmente der Rockmusik in die heutige Zeit transportieren. Ein glänzender Abschluss.

Aber dem nicht genug: Meine Essener Jungs waren ja auch noch da. Mittlerweile in bester (Feier-) Laune, zeigten sie erneut, dass das Wort ‚Berührungsangst‘ in ihrem Wortschatz irgendwo, wenn überhaupt, sich höchstens an ganz hinterer Stelle verborgen hält. So steuerten wir direkt im Biergarten den Tisch an, an dem sich die Band von ihrem Geleisteten zu erholen gedachte. Sofort entwickelten sich in feucht-fröhlicher Runde, trotz der einen oder anderen sprachlichen Barriere noch anregende Konversationen (Zum Piepen: Israel fragte einen der sichtlich angeheiterten Kumpel, wie es so um das Englische bei ihm bestimmt sei und bekam die prompte aber ganz gebrochene Antwort, dass er zwar französisch, italienisch, japanisch und chinesisch fließend spreche, aber leider fast gar kein Englisch…).

Am Ende wurde sich dann nach einem Gruppenfoto bis zum nächsten Mal verabschiedet. Zuschauer wie so oft bei diesen Insider-Konzerten vielleicht max. 40, was den Autor mal wieder frustriert zurück und am Musikgeschmack der Leute in diesem Land zweifeln lässt. Schade, Israel Nash Gripka und seine junge Band hätten mit dieser wahrlich tollen Musik und bei seiner kompositorischen Perspektive ganz andere Dimensionen verdient. Ein großartiges Konzert im Duisburger Café Steinbruch! Danke an Mr. Blue Rose, Edgar Heckmann, für die gewohnt unproblematische Akkreditierung.

Israel Nash Gripka
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Blue Rose Records
Café Steinbruch

Parsons Thibaud – 02.11.2007, Karo, Wesel – Konzertbericht

Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Drei Jahre ist es schon wieder her, seit ich das letzte Mal im Karo in Wesel gewesen bin. Ende 2004 gab sich Todd Thibaud mit seiner Band die Ehre, um sein hervorragendes Album „Northern Skies“ vorzustellen. Schon damals erwähnte ich, dass ich gerne wiederkommen werde, wenn sich die Gelegenheit dazu bieten würde. Und was wäre die Welt ohne einen Musik-Redakteur, der nicht sein Wort halten würde?

Als ich erfuhr, dass der gute Todd mit seinem Langzeit-Kumpel Joseph Parsons wieder im Lande ist, zudem mit Terry Lee Hale als Support, somit ¾ des Bestandes von Hardpan, die ich ebenfalls vor einigen Jahren schon beleuchtet hatte, war die Sache klar. Auf nach Wesel, das ja von Rheinberg nur einen Katzensprung entfernt liegt. Das Karo hat sich im Laufe der Zeit eigentlich fast gar nicht verändert. Im Aufenthaltsraum gab es die lecker 0,33l Bierfläschchen zum moderaten Preis, der relativ kleine quadratische Raum mit dem sperrigen Pfeiler vor der Bühne bietet gediegene, dunkle Wohnzimmeratmosphäre, allerdings eher auf Studenten-WG-Basis.

Um 20:45 Uhr betrat der wie immer wuselig und ein wenig hektisch wirkende Teryy Lee Hale die Bühne, öffnete seine Tasche und ordnete wie ein Beamter im Stress seine Mitbringsel (Plektron, Mundharmonika) auf dem bereitgestellten Tisch. Stöpsel in die Akustikgitarre und los ging’s. Hups, wen hat er den da mitgebracht? Ist Diego Maradona zum Entzug seiner Drogenprobleme etwa ausgerechnet ins Musikerfach gewechselt? Nein, der Autor muss wohl mal demnächst zum Optiker, es war der französische Bassist Nicolas Chelly alias ‚Fingerbones‘, der Terry schon seit längerem bei Konzerten begleitet.

Hale (wie später Thibaud und Parsons auch) hatte von Beginn an das Pech, dass zum einen ein recht unerfahrener junger Bursche das Mischpult bediente, zudem noch direkt beim zweiten Stück ein Wackelkontakt im Mikrokabel recht kratzige unharmonische Töne durch die Boxen jagte. Nachdem dieses ausgetauscht wurde, legte er dann aber in seiner gewohnt humoristischen Art los und präsentierte schwerpunktmäßig Stücke aus seinem Album „Shotgun Pillowcase“, wobei mir die Songs im zweiten Teil wie „Big Size“, „Level 20“, „Evergreen“, wo es zum Einsatz von Dobro und teilweise der Mundharmonika kam, am besten gefielen. Die kleine Anekdote über das Weseler Hotel, in dem Hale wieder residieren durfte, obwohl er sich beim letzten Mal mit dem Besitzer in der Wolle hatte, entwickelt sich scheinbar zum Running Gag. Die eingeforderte Zugabe „Cable Ballad Blues“ beendete einen sympathischen Support-Gig.

Nach kurzem Umbauen ließen sich die beiden Hauptakteure dann auf ihren Hockern nieder und bewiesen sofort, wie schön es sein kann, wenn zwei gute Songwriter, Gitarristen und Sänger ohne Eitelkeiten niveauvolle Americana-Musik, diesmal im semi-akustischen Gewand vom Stapel lassen. Keiner drängte sich in den Vordergrund, der Leadgesang wurde im konstanten Wechsel übergeben, der Nichtsingende konzentrierte dann sich auf sein Instrument und die tadellosen, auf den Punkt gebrachten Harmonies, die sich wie ein roter Faden durch das in zwei Sets aufgeteilte Konzert zogen.

Auch Joseph und Todd hatten natürlich ihre neue CD „Parsons Thibaud“ im Gepäck, aus der naturgemäß ein recht hoher Anteil von Liedern performt wurde (u.a. „The Right One“, „Skipping Stone“). Es wurde natürlich auch rumgefrozzelt. Todd merkte vor „My Daddy’s Cadillac“ an, dass sein Vater zu seiner Sturm- und Drangzeit nur einen Volvo fuhr, wonach Joseph mit einem Zwinkern erwiderte, dass dieser aber zumindest einen großen Rückbereich gehabt hätte … Sein Vater hätte dagegen ein sehr enges Coupé besessen. Mein absolutes Lieblingsstück „Louisiana“ von Thibauds toller „Northern Skies“-Scheibe beendete Teil eins der Show und erzeugte Gänsehaut auf dem Rücken.

Nachdem in dem schweißtreibenden Raum einmal durchgelüftet wurde und ein Pils die Zunge befeuchtet hatte, ging es nahtlos zum zweiten Part über. Hier gab es mit „Bury An Angel“ auch ein erstes Stück vom gemeinsamen Hardpan-Album. Highlights waren jedoch die wunderschönen „Anywhere“ und „Dirty World“, das allerdings abrupt unterbrochen wurde, als Thibaud das Akustik-Solo von Parsons mit »on lead guitar Joseph Parsons« würdigte, und damit ein kollektives Gelächter auslöste.

Um 0:10 Uhr ertönte mit dem Simon & Garfunkel-Cover von „The Boxer“ die erste Zugabe. Wieder einmal brillierten die beiden mit perfekten Harmoniegesängen. Danach wurde dann Spaßvogel Terry Lee Hale auf die Bühne geholt und mit „No Disguise“ gab es die ‚Fast-Hardpan-Reunion‘. Bei „Johanna’s Dreams“, dem persönlichen und emotional vorgetragenen Lieblingsstück von Thibaud, konnte man eine Stecknadel fallen hören.

Ein feiner, ruhiger Ausklang! Insgesamt ein brillantes Konzert zweier exzellenter Künstler in herrlicher Atmosphäre. So bleibt mir am Ende nichts weiter, als mich erneut zu wiederholen: Auch beim nächsten Male komme ich gerne wieder! Vielleicht dann wieder mit kompletter Bandbegleitung.

Todd Thibaud
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Joseph Parsons
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Karo Wesel

Sand Rubies – 06.12.2007 Karo, Wesel – Konzertbericht

Mein langjähriger Schreibkollege Manni Hüther hatte mir mit seinen euphorischen Reviews zu den Sand Rubies, den früheren Sidewinders, den Mund derartig wässrig gemacht, dass der Gig im benachbarten Wesel (übrigens der einzige in NRW) für mich als arbeitenden Menschen auch innerhalb der Woche zur Pflichtveranstaltung mutierte.

Als Vorband hatten Why Amnesia aus Herne den Abend eröffnet. Nach einer knappen Viertelstunde Umbaupause, trat dann der kultumwobene Desert-Rocker aus Tuscon, Rich Hopkins, mit seinen Mannen ins Rampenlicht. Die Sand Rubies legten mit „What Am I Supposed To Do“, das noch von soundtechnischen Problemen begleitet war (Sänger Davis Slutes war viel zu leise ausgesteuert), sofort den Grundstein für eine schweißtreibende, mitreißende Tour durch ihr Songrepertoire und die kräftezehrenden Ausschweifungen ihres brillant aufgelegten Gitarrenkünstlers.

Natürlich wurde der Fokus dann auch auf das von mir mit gemischten Gefühlen aufgenommene „Mas Cuacha“ gerichtet: Mit „Satellite Radio“, „Can’t Change That“ (mein Lieblingssong vom Album), „Showcase 89“ und „Ferment“ (hier bewies Hopkins auch seine Gesangsqualitäten) wurden gleich vier Stücke im ersten Part abgewickelt. Mein Gefühl, dass die Stücke ‚im echten Leben‘ wesentlich besser zum Tragen kommen, bestätigte sich nachhaltig, selbst meine Frau Renate geriet ins Schwärmen.

David Slutes ist auch nach meinen Live-Eindrücken kein Übervokalist, lässt dies aber durch eine ungemein sympathische Bühnenpräsenz und flottem E-Rhythmusspiel in Vergessenheit geraten, zumal man als Sänger bei dieser geballten Instrumentalkraft kaum für Glanzlichter sorgen kann. Der kauzige Bassist Ken Andree (äußerlich mit seinem langen Kinnbart an Catweazle erinnernd) und Rasta-Drummer Winston Watson (was für eine satte Performance, klasse!) wussten nicht nur am Ende des ersten Teils (bei „Train Of Love“?) mit zwei aufeinanderfolgenden Soloeinlagen zu überzeugen. Rich Hopkins spielte sich auf seiner Gibson bei seinen umfassenden Ausflügen teilweise in regelrechte Rage.

Ein kurzer Akustikset wurde humorvoll als Gelegenheit zur Pinkelpause für die Zuschauer offeriert, danach krachte es in einer Tour hintereinander weg. Vom aktuellen Longplayer gab es noch „See You In September“, und nach zwei, vom wie immer angenehmen Weseler Publikum, eingeforderten Zugaben, wurde der fast zweistündige Gig mit viel Applaus beendet.

Mein Fazit: Auch wenn die Sand Rubies ja aus dem staubigen Amiland kommen, klangen sie für mich doch wie vier Briten, die in einem texanischen Wüsten-Geisterkaff mit dem Auftrag ausgesetzt wurden, die dortigen Toten mit knallhartem Rock’n’Roll wieder zum Leben zu erwecken. Diese Musik geht wirklich durch Mark und Bein.

Danke an Manni für einen tollen Tipp!

Rich Hopkins
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Karo Wesel

Todd Thibaud – 27.03.2009, Karo, Wesel – Konzertbericht

Einen Tag zuvor bei Steve Lukathers Gitarrenkünsten auf Weltniveau in Bochum, bei prall gefüllter Location auf mittelgroßer Ebene noch beigewohnt, galt es am darauf folgenden Abend den inneren musikalischen Hebel wieder umzuschalten. Angesagt war eine Mischung aus Singer/Songwriter-Stoff und melodischem Roots Rock in intimer Wohnzimmeratmosphäre.

Einer meiner Lieblingskünstler auf dem Gebiet war einmal mehr in Wesel zu Gast, Todd Thibaud. Der hatte seine vor geraumer Zeit erschienene und von mir beleuchtete CD „Broken“ mit im Gepäck, die es hier und heuer vorzustellen galt. Es ist meine bis dato vierte Live-Begegnung mit dem sympathischen Songwriter (einmal als Part von Hardpan, einmal mit Joseph Parsons im Duo, zweimal mit Begleitband) und, um es vorwegzunehmen, es sollte die eindeutig stärkste Vorstellung werden. Der gewichtstechnisch im Vergleich zu den Vorjahren etwas ‚robuster‘ wirkende Thibaud (mit Pepita-Hütchen als Kopfverzierung), kam nach meinem subjektivem Empfinden vom Wesen und seiner Körpersprache deutlich lockerer rüber als bei den erlebten Vorveranstaltungen, da konnte er den Hauch des dezent introvertierten nachdenklichen Intellektuellen nie so ganz abstreifen (was aber seine sympathische Note nie übertünchte).

Vermutlich lag es an seinen Mitstreitern (scherzhaft von Todd bei der Vorstellung als ‚Sleeping Dogs‘ betituliert, also aus seiner Sicht Todd Thibaud & The Sleeping Dogs), die gut gelaunt und spielfreudig ihren Frontmann zu Bestleistungen animierten. Thibauds samtweiches, glasklares Stimmorgan verströmte eine einzigartige, wohlige Wärme, sein präzises Akustikgitarrenspiel gab den Takt vor; der wie eine tapezierte Fahrradspeiche anmutende, hagere Sean Staples und der Holzfäller-Typ, Thomas Juliano (von Seven Mary Three), zeigten sich für die solistischen Glanzlichter verantwortlich. Erstgenannter ließ wieder ein Mandolinengezwitscher vom feinsten vom Staples, ähm vom Stapel, das ihn in freier Natur vermutlich ins Fadenkreuz so manches Ornithologen geraten lassen würde, Juliano beeindruckte mit variabler E-Gitarrenkunst. Und er war es auch der diesen Thibaud-Auftritt zu meinem Favorit werden ließ.

Die Brandbreite reichte vom sattem Rhythmusspiel, über klassische E-Soli bis zu atmosphärischen Bariton-Klängen, sowie letztendlich einer surrenden Slide-Performance beim den Hauptset abschließenden „You & Me“. Sprich, Thomas Juliano machte den Unterschied! Der in drei Teile gesplittete Abend (Set 1 von 21:15 – 22:00 Uhr, Set 2 22:20 – 23:10 Uhr, Zugaben 23:15 – 23:30 Uhr) umfasste 25 Stücke, die im Großen und Ganzen ein Best Of seiner vier Studioalben „Little Mystery“ (u.a. großartig das Titelstück und das mandolinenverzierte „Anywhere“), „Squash“ (u.a. „Is It Love?“, das flockig dargebotene „St. Cecilia“), „Northern Skies“ (u.a. mein Thibaud-Lieblingsstück „Louisiana“, das rockige „Three Words“, das rhythmische „On My Own Again“ mit fetzigem E-Solo) und dem aktuellen Silberling „Broken“, der natürlich den Schwerpunkt bildete (bis auf vier Tracks alles, wobei das atmosphärische „Simple Man“, die countryeske Ballade „Man That I Am“, das mit Honkytonk-Flair behaftete „Stone I Can’t Roll“ und das Slide-trächtige „You & Me“ besonders zu gefallen wussten). Drei Stücke (enthalten auf einem Blue-Rose-Bootleg: „Give Back My Heart“, „That Wasn’t Me“ und „Sweet Destiny“) waren mir bisher nicht bekannt, überzeugten aber allesamt.

Der vom recht sachlichen Publikum eingeforderte Zugabenteil umfasste insgesamt fünf Songs. Darunter ein balladeskes Tom Waits-Cover und „Johanna’s Dreams“, das Todd recht intim, solo, und mit eigens gespielter Harp-Ergänzung performte. Das am Ende noch mal richtig mit kompletter Band abrockende „Finding Out“ von Thibauds damaligem Debüt beendete einen starken, intensiven, instrumentell anspruchsvollen und sehr melodiebetonten Abend. Todd Thibaud & Band sind von daher immer einen Konzertbesuch wert. Auch beim nächsten Mal werde ich sicherlich wieder mit von der Partie sein. Großartiger Live-Stoff!

Todd Thibaud
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Karo Wesel

Band Of Heathens – 13.02.2009, Karo, Wesel – Konzertbericht

Das ist mal wieder typisch. Da freut man sich seit Wochen auf die texanische Newcomertruppe Band Of Heathens und just an dem Tag, als es soweit ist, ereilt einen eine schwere Bronchitis. Aber da Typen meines Schlages sich von solchen Dingen normalerweise nicht zurückwerfen lassen, hieß es angesichts dieses zu erwartenden Genusses auf die Zähne zu beißen. Also ein paar lindernde Medikamente eingeworfen, zweimal inhaliert, ein ausgedehntes Mittagsschläfchen nach der Arbeit und ab zum immer wieder gern besuchten Karo nach Wesel.

Gerade angekommen, gab es schon die erste Überraschung. Der frühere RockTimes-Kollege Mike war von einem Bekannten kurzfristig überredet worden und ebenfalls angereist. Diesmal auch vertreten, mein befreundeter und musikbegeisterter Fußballbekannter Happo, genau wie wir ein mit viel Liebe führender Homepagebetreiber der Uralt-Ultras) von Rot-Weiss Essen, der mit großer Gefolgschaft und lockerer, Ruhrpott-typischer Zunge angereist war.

Als erster bekam dies der Musiker und Leiter des Karos, Mathias Schüller zu spüren, der kurzfristig für die eigentlich als Vorband geplante Weseler Schülercombo Without Wax eingesprungen war (dem Sänger mussten die Mandeln rausoperiert werden) und nur mit der Akustikklampfe behangen ca. 30 Minuten aus dem Programm seiner bisher drei veröffentlichten CDs, Songs mit deutschen Texten präsentierte. Als er vor dem letzten Stück ein wenig selbstironisch (bezeichnete sich als die zweite große Weseler Musikhoffnung) seine Silberlinge zu einem deutlich günstiger werdenden Staffelpreis beim Gesamtpaket zum Verkauf anpries, bekam er direkt die Breitseite, dass er da aber ein schlechter Geschäftsmann sei. Mit einem Lächeln aber auch etwas bedröppelt wirkend, verwies er entschuldigend auf seine sozialpädagogischen Wurzeln.

Also die Stimmung war von Anfang an gut im immer voller werdenden Karo. 21.15 Uhr betraten dann die in der Realität doch sehr jung wirkenden Musiker (mit einer augenscheinlichen Vorliebe für Rotwein) der Band Of Heathens die Bühne. Jeder der gleichberechtigt agierenden Frontmänner (Gordy Quist, Ed Jurdi und Colin Brooks) übernahm dann direkt für einen Song das Mikro, wobei das von Brooks gesungene „Hallelujah“ direkt zu einem der vielen Höhepunkte des Abends avancierte. Und so gab es in der ersten Stunde ein munteres Wechselspiel beim Front- (auch innerhalb der Stücke), Harmoniegesang und an den einzelnen Instrumenten, sowie in der abwechslungsreichen Mixtur aus Roots-, Country- und Southern Rock.

Mein Freund Happo, der die Band im Vorfeld um Filmerlaubnis für einen Song gebeten hatte (und auch genehmigt bekam) bediente die Kamera in der Manier eines Sönke Wortmann (der von ihm ausgewählte Song kann hier angesehen werden). Nach einer zwanzigminütigen Pause ging es so richtig in die Vollen, ein genialer Song löste den nächsten ab: Die mit Little Feat-Flair behafteteten „One More Step“ und „Unsleeping Eye“, mein persönlicher Lieblingssong der Band, das rockige „Heart On My Sleeve“, das mit einer grandiosen Hamonika-Passage von Ed Jurdi endende „Don’t Call On Me“ und der herrlich relaxte Delta-Blues „Chippin'“ (tolles Akustik-Slidespiel von Brooks).

Das Karo stand regelrecht Kopf, die anwesenden Zuschauer wippten, klatschten rhythmisch, zollten stürmische Begeisterung und avisierten die Zahlung von Höchstpreisen, falls die Band sich bald wieder bei uns blicken lässt. Die jungen Burschen von Band Of Heathens zeigten sich sichtlich beeindruckt von der fulminanten (fast Hafenstraßen-ähnlichen) Stimmung und gaben noch mal alles.

Mit dem souligen „Ain’t No More Cain“, bei dem dann der sich bis dato im Hintergrund haltende Bassist Seth Whitney noch eine Strophe zum Besten geben durfte und frenetisch dafür bejubelt wurde, schien um 23.50 Uhr dann Schicht zu sein. Angesichts des anhaltenden Applauses aber legten die Jungs nochmals zwei Lieder oben drauf. Zum einen das balladeske „Quaters And Dime“, zum endgültigen Abschluss eine ca. zehn Minuten währende Fassung von „Still Love Me ‚Til The Sun Shines“ mit einer fantastischen, retro-psychedelisch anmutenden und kräftezehrenden Gitarrenpassage am Ende. Grandios!

Um 0:10 Uhr, nach knapp drei Stunden, verließen nur glückliche und zufriedene Gesichter das Karo. The Band Of Heathens war den Vorschusslorbeeren mehr als gerecht geworden und hatten ein regelrechtes Feuerwerk an Americana vom Feinsten abgeliefert. Einziges kleines Manko ist vielleicht noch der recht verhalten kommunikativ wirkende Übergang zwischen den einzelnen Stücken, da hätte man sich durchaus das Vorstellen der Bandmitglieder oder einzelner Songs gewünscht. Aber die Burschen haben ja noch eine Menge Zeit. Für mich steht fest, dass ich auch beim nächsten Mal versuche dabei zu sein, egal ob man mich kerngesund, von der Intensivstation, aus der Leichenhalle oder sonst wo her ankarren müsste…

Danke an Blue-Rose für die, wie immer, unproblematische Akkreditierung.

Line-up:
Ed Jurdi (vocals, guitars, keyboard)
Gordy Quist (vocals, guitars)
Colin Brooks (vocals, guitars, dobro)
Seth Whitney (bass, vocals)
John Chipman (drums, backing vocals)

The Band Of Heathens
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Karo Wesel

Rob Baird – Blue Eyed Angels – CD-Review

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Erneut ein Klasse-Debüt aus Texas! Erneut eine famose Leistung eines jungen Singer-Songwriters mit einem tollen, Roots-, Americana-, Countryrock-Album voller ins Ohr gehender, wunderschöner Songs! Rob Baird stammt zwar aus Memphis/Tennessee, hatte aber mit dem dort vorherrschenden Soul nie wirklich was am Hut. Trotzdem prägte diese musikverrückte Stadt seine Persönlichkeit und sorgte dafür, dass er schon im frühen Kindesalter begann, Gitarre zu spielen und Songs zu schreiben. Durch das Leben und Arbeiten auf Farmen fühlte er sich allerdings mehr zum Country hingezogen und nach den ersten musikalischen Gehversuchen, liess ein Treffen mit Chris Knight den Entschluss reifen, sich nach Texas zu begeben, um seiner Passion professionell nachzugehen.

Dank der Bekanntschaft mit Scott Davis (Mitglied der Hayes Carll-Band) wurde Bairds großartiges Debüt in einem schönen Antebellumhaus in Lockhart, Texas eingespielt (Davis hatte sich spontan als Instrumentalist und Produzent zur Verfügung gestellt, und die Mithilfe der übrigen Bandmithlieder angeboten). Zudem übernahm Frank Liddells Carnival Recording Company (Liddell produzierte schon solch namhafte Interpreten wie Chris Knight, Miranda Lambert, Jack Ingram oder die Eli Young Band) die Vermarktung. Frank Liddell und sein Partner Travis Hill waren (im übrigen vollkommen zurecht) sofort Feuer und Flamme und verpflichteten Baird stante pede. Diese Begeisterung kann man nach dem Durchhören des elf Songs umfassenden Werkes „Blue Eyed Angels“ total nachvollziehen. Rob Baird hat ein außergewöhnliches Talent und auch seine Art Musik zu machen ist nicht alltäglich.

Geboten wird eine interessante Mixtur aus Alt Country in der Tradition großer Songwriter wie Steve Earle, Chris Knight oder auch Townes Van Zandt, jedoch verbunden mit den herrlichen, eingängigen Melodien, wie man sie aus der Red Dirt Szene von Acts wie u.a. der Eli Young Band, Wade Bowen oder Honeybrowne gewohnt ist. Dazu viel Countryrock-, Americana-, und eine dezent staubige Roots-Atmosphäre. Bairds Stücke (bis auf eine Ausnahme allesamt von ihm mit ein paar Co-Autoren geschrieben) behandeln im Großen und Ganzen Situationen und Gründe um das Scheitern von Beziehungen herum und sind nicht gerade von Optimismus geprägt. Teilweise sind sie dabei sehr atmosphärisch untermauert mit dunklen E-Bariton-Tönen („Louise“, „Maybe Tonight“) und einer wunderbaren Steelgitarre (klasse z.B. beim Dustin Benthall-Cover „Crash Hard“ oder bei „Say Goodbye“).

Trotz dieser textlich recht bedrückenden Inhalte gelingt es Baird mit seiner angenehmen Stimme (sehr Mike Eli ähnelnd) und den immer wieder eingeflochtenen, flockigeren Stücken („Could Have Been My Baby“ – die erste Single des Albums, „Here Comes The Day“ – Tom Petty-Flair, klasse Slidearbeit/-soli, „Lonely Road“ – knackiger E-Gitarren-Rhythmus, tolle Harmonies im Refrain, „Running away“ – fantastische, viel Rootsflair verbreitende Lap Steel Gitarren-Begleitung, inkl. Solo) das Ganze nicht in Depressivität ausarten zu lassen. Ganz im Gegenteil sogar, er zieht den Hörer regelrecht in seinen Bann und lässt immer wieder eine angenehme, entspannende musikalische Wärme aufkommen.

Nicht zuletzt auch ein Verdienst des durchgehend hohen instrumentellen Niveaus, wobei Ricky Ray Jackson und Scott Davis, die hier so ziemlich alles spielen, was an Saiteninstrumenten im Genre zur Verfügung steht, die meisten Akzente setzen. Der Titelsong „Blue Eyed Angels“ (vor denen Rob im Text eindringlich warnt…) beispielsweise wartet nach einem recht bedrückendem Midtempo-Auftakt mit einem überraschend kräftigen Refrain auf (zwei E-Gitarren-Soli, sich steigernde Orgel), das als Mischung aus ein wenig Folk, dezentem Bluegrass und Country angelegte „Fade Away“ (herrliches Zusammenwirken von Akustikgitarre, Mandoline und Bariton-E-Gitarre) ist einfach umwerfend und „Let Me Down Easy“ (klasse Steel, knackige Drums) will einem mit seiner markanten Refrainzeile nicht mehr aus dem Gehör gehen.

Fazit: Rob Baird ist mit seinem „Blue Eyed Angels“ ein ganz starkes Album geglückt, dass in Sachen Anspruch, musikalischem Niveau und Reifegrad bereits eine ordentliche Pace vorlegt und für jeden Liebhaber texanischer Americana-, Alternate Country-, Roots-, Countryrock-Klänge eine Menge zu bieten hat. Das Digipack ist zudem noch in recht geschmackvoll in Szene gesetzten Blautönen gestaltet (sehr passend zum Titel und der Atmosphäre des Werkes), das eingesteckte Booklet beinhaltet sämtliche, lesenswerte Texte. Rob Baird, ein großartiger, junger Typ – im Moment sicher noch ein Geheimtipp, schon bald aber vielleicht einer der neuen Vorzeige-Künstler aus Texas! Beeindruckend!

Carnival Recording Co. (2010)
Stil: Country / Roots Rock

01. Running Away
02. Could Have Been My Baby
03. Blue Eyed Angels
04. Louise
05. Fade Away
06. Maybe Tonight
07. Here Comes The Day
08. Crash Hard
09. Lonely Road
10. Let Me Down Easy
11. Say Goodbye

Rob Baird
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Bärchen Records

Rob Baird – I Swear It’s The Truth – CD-Review

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Hervorragend! Red Dirt-/Americana-/Countryrock-Herz, was willst Du mehr! Genial, was uns dieser junge Singer/Songwriter da abliefert. Der ursprünglich aus Memphis, Tennesse kommende, mittlerweile in Nashville lebende Rob Baird hatte mit seiner Debüt-CD „Blue Eyed Angels“ mit gerade mal 23 Jahren schon ein echtes Glanzstück abgeliefert. Wir hatten ihn damals bereits als absoluten Geheimtipp proklamiert. Jetzt, knappe zwei Jahre später, präsentiert er mit „I Swear The Truth“ den sehnlichst erwarteten Nachfolger und auch der ist wahrlich eine Wucht! Man darf sogar aufgrund kleiner Änderungen und des noch bestechenderen Songmaterials nochmal von einer Steigerung sprechen.

Baird ist nach wie vor bei Frank Lidells „Carnival Recording Company“ unter Vertrag, produziert und mitmusiziert hat wieder der Singer, Songwriter und Multiinstrumentalist Scott Davis (assistiert diesmal von Kevin Szymanski), für die Aufnahmen wurden allerdings diesmal die legendären „Cedar Creek Studios“ in Texas gebucht. Auffällig ist sofort, dass Baird, der auf seinem Erstling noch fast alle Tracks alleine komponiert hat, diesmal mit einigen renommierten Co-Autoren wie Rick Brantley, Ryan Beaver, Andrew Combs oder dem uns bestens bekannten Drew Kennedy gearbeitet hat und gegen Ende auch auf drei Fremdkompositionen zurückgreift, die aber tadellos zu seinem Musikkonzept passen.

Desweiteren wurde der Kreis der involvierten Instrumentalisten und Mitsänger/innen, der beim Debüt noch relativ klein gehalten war, deutlich erweitert, zum Teil mit einigen interessanten Gästen. Schon der famose Opener „Dreams And Gasoline“ präsentiert uns wieder diesen unwiederstehlichen Mix aus Americana-, Country- und dezenten Red Dirt-Zutaten, immer von einer gewissen Introvertiertheit und unterschwelligen Schwermütigkeit getragen, der aber durch seine unglaublich schönen Melodien und die exzellente instrumentelle Umsetzung über die gesamte Spielzeit zu fesseln weiß (es ist absolut kein Schwachpunkt zu finden). Zu dieser traumhaften Melodik gesellt sich ein schön trockener, aber wunderbar transparenter, klarer, fein akzentuierter, überaus harmonischer Sound. Es ist die pure Wonne.

Bairds angenehmer Gesang und einige seiner Songs (u. a. „Same Damn Thing“) erinnern oft an Mike Eli von der Eli Young Band, bleiben aber viel ursprünglicher (wem die Eli Young Band heute zu kommerziell geworden ist, ist hier in jedem Fall an der richtigen Adresse). Grandios immer wieder die Zusammenarbeit von klaren Akustikgitarren (meist als Untermalung) mit den verschiedenen typischen Saiteninstrumenten wie E-Gitarre, Slidegitarre, Banjo (meist durch Davis zelebriert), Pedal Steel (klasse hier wieder Ricky Ray Jackson, der auch schon auf dem Debüt mitwirkte), oder auch das Dobro (herrlich gespielt von Ben Kitterman auf „Please, Please“, einer wunderschönen Ballade).

Auch die sehr apart eingeflochtenen Harmoniegesänge mit einer illustren Gesellschaft wie Ed Jurdi und Gordy Quist von der The Band Of Heathens bei „Same Damn Thing“ und „40 Days And 40 Nights“, Kelley Mickwee von den Trishas bei „Please, Please“ oder Sarah Sharp bei der fantastischen Fassung des Julie Miller-Stückes „Can’t Get Over You“, sind hervorragend gewählt. Klasse passend zum Gesamtsound immer wieder die sparsam gehaltenen Orgelfills. Bei „Same Damn Thing“ wurde auch Robs Live-Band mit eingebunden (starke Vorstellung hier von Austin Woodrow Morgan an der Electric und Slide Gitarre).

„More Than Willing“ mit Guitar Guest Appearence von Keith Gattis, der dem Song ein wenig Southern Rock-Touch verleiht, „Don’t Cry For Me“, der vielleicht radiofreundlichste und stimmungsvollste Song des Albums (trotz nicht gerade freudiger Botschaft im Songtext) und das von Rick Brantley, Tia Sillers und Mark Selby kreierte „40 Days And 40 Nights“ (mit ein wenig Selby-typischem Blues-Flair) sind letztendlich die prägnantesten Stücke dieses Werkes, vor allem wenn Scott Davis den Bottleneck über die Saiten fegen lässt und gänsehauterzeugende Slides heraufbeschwört. Genial auch seine psychedelisch anmutende E-Gitarren-Einlassung im Hintergrund beim sonst sehr eingängig gehaltenen „Can’t Stop Running“.

Die ziemlich introvertierten Stücke wie „Redemption“ und das abschließende „Can’t Get Over You“ wirken wie für Baird geschaffen und zeigen seine großartige (hier fast bardenhafte) Sangeskunst. Angesichts der phänomenalen und reifen Leistung auf diesem Album (dazu noch für einen gerade mal 25-jährigen!), dürfte Rob mehr denn je ganz oben auf der Liste von Nashvilles Talent-Spähern stehen (zumal dort, wie oben bereits erwähnt, auch noch wohnhaft). Seine Art zu musizieren, dürfte aber (im Gegensatz zur Eli Young Band) sehr schwierig zu kommerzialisieren sein, man würde ihm nahezu seiner Seele berauben und das wird ihm sicherlich bewusst sein. Zudem darf dieses einzigartige, texanische Red Dirt-Flair nie verloren gehen.

Was ist das für ein wundervolles Album! Die CD ist erneut in einem Digipak mit eingelegten Steckbooklet aufgemacht, das alle Songtexte beinhaltet. Die spannende Frage wird jetzt schon sein, ob Rob Baird seinem brillanten „I Swear It’s The Truth“ beim oft so schwierigen dritten Album noch einmal eins oben drauf setzen kann. Wir schwören und wetten schon fest drauf, dass dies der Fall sein wird. Doch jetzt gilt es erst einmal dieses Werk zu genießen. Dieser junge Bursche ist einfach grandios!

Carnival Recording Co. (2012)
Stil: Country / Roots Rock

01. Dreams And Gasoline
02. Along The Way
03. Same Damn Thing
04. Black And Blue
05. More Than Willing
06. Redemption
07. Don’t Cry For Me
08. Can’t Stop Running
09. Please, Please
10. 40 Days And 40 Nights
11. I Can’t Get Over You

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