Ted Russel Kamp – 12.11.2024, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

Viel Arbeit und etliche unglückliche Terminüberschneidungen führten dazu, dass erst jetzt der erste Konzertbericht dieses Jahres aus meiner Feder fließt – zugleich mein erster Bericht aus der Kulturrampe seit Maurice Kamp dort das Ruder übernommen hat. Vorweg sei ihm ein herzlicher Dank ausgesprochen, dass er handgemachter Musik in Krefeld weiterhin eine schräge Bühne bietet. Auf dieser fand sich am Dienstagabend Ted Russel Kamp ein.

Der gebürtige New Yorker lebt und arbeitet bereits über zwanzig Jahren in Los Angeles und ist fast ebenso lange Bassist bei Shooter Jennings. Mit diesem besuchte er das erste Mal Europa und kehrt seitdem regelmäßig auf den alten Kontinent zurück. Wie man im Laufe des Abends erfuhr, hat Kamp väterlicherseits deutsche Wurzeln. Eine besondere Verbindung besteht allerdings zur Musikszene in Schweden, was auch erklärt, warum Kamps Band drei Skandinavier umfasst. Neben Martin Salomonssen am Schlagzeug und Erik Ivarsson an der Gitarre war ein zweiter Gitarrist mit von der Partie. Angekündigt war Thomas Pontén, ich meine aber, dass Kamp einen anderen Namen genannt hat. Auf jeden Fall zeigte Kamp eine sichere Hand bei der Wahl seiner Begleitung. Salomonssen bearbeitete die Felle bis eines riss. Die beiden Gitarristen unterstützten den Protagonisten souverän und meisterten auch filigranere Soli ohne Abstriche. Besondere Akzente setzte Ivarsson, als er sich an der Lap Steel betätigte (u. a. „Waste A Little Time With Me“). Sein Kollege glänzte an der Rickenbacker 12-String bei „California Wildflower“.

Hauptakteur blieb aber Kamp, der als Storyteller Qualitäten bewies. Die meisten Songs leitete er kurz mit biographischen Anekdoten oder Bemerkungen über die wechselnden Inspirationsquellen seiner Musik ein. Gram Parsons, The Band, Merle Haggard oder auch Nick Drake gab er als Referenzpunkte an, mit denen er sich in unterschiedlichen Schaffensphasen auseinandersetzte. So entführte Kamp das Publikum über zwei einstündige Sets auf eine Zeitreise seiner Karriere, die von unterschiedlichen stilistischen Einflüssen geprägt ist.

Aufgrund der Konzeption des Konzerts stand Kamps aktuelles Werk „California Son“ nicht deutlich im Mittelpunkt. „Shine On“ und „The Upside To The Downslide“ waren jedoch zwei Titel seines vierzehnten Albums, die die Zuhörer direkt einfingen. Das Publikum ging bereits vom Opener „Paid By The Mile“ an mit, wurde während des Auftritts aber immer enthusiastischer.

Im ersten Set verströmten „Hobo Nickel“, „Path Of The Least Resistance“ und „Right Down To The Wire“ jeweils ihren eigenen Flair. In den zweiten Teil stieg Kamp solo, nur mit seinem Bass bewaffnet, ein. Ich kann mich nicht erinnern, die Kombination von Gesang und Bassbegleitung so schon mal gehört zu haben. Kamp zeigte, dass das funktioniert. Den Kontrapunkt zu dem Intermezzo setzte dann das straight rockende „Tail Light Shine“, nachdem die Band wieder vollzählig auf der Bühne versammelt war.

Die Stimmung beim zweiten Set u. a. mit „This Old Guitar“, „Daughter Of Temptation“, “If I Had A Dollar“ und „Steady At The Wheel“ wurde immer ausgelassener. Kamps Interaktion mit dem Publikum nahm noch zu, so griff er Zwischenrufe auf und spielte Bälle zurück. Bei „The Last Drop“ sangen dann quasi alle Anwesenden mit. Ruhiger wurde es zum Abschluss. Die erste Zugabe „Help Me Make It Through The Night“ spielte die Band in Gedenken an den kürzlich verstorbenen Kris Kristofferson. Mit „Every Little Thing“ von der neuen CD, das Kamp nochmal solo performte, ging dann ein rundum gelungener Konzertabend zu Ende.

Der sympathische und kommunikative Wahl-Kalifornier hinterließ auf und neben der Bühne einen bleibenden Eindruck. Es wurde spürbar, dass Ted Russell Kamp Musik liebt. Er verarbeitet verschiedene Einflüsse der Roots Music und entsprechend vielfältig war die Darbietung. Die Begeisterung für das, was er tut, schwappte auf das Publikum über und ich vermute mal, dass Kamp ebenfalls die Krefelder sowie die Kulturrampe in guter Erinnerung behält, auch wenn die Besucherzahl noch Luft nach oben geboten hätte.

Line-up:
Ted Russell Kamp (lead vocals, bass)
Erik Ivarsson (guitars)
Thomas Pontén (?) (guitars)
Martin Salomonssen (drums, bgv)

Bericht und Bilder: Michael Segets

Ted Russell Kamp
Ted Russel Kamp bei Facebook
Kulturrampe

Shiregreen – References – CD-Review

SG_300

Review: Michael Segets

Das erste, was auffällt, wenn man das Digipack von „References” in Händen hält, ist das umfangreiche und sehr schön gestaltete Booklet. Beim Durchblättern erschließt sich direkt die originelle Idee, die hinter dem Konzeptalbum steht: Shiregreen, alias Klaus Adamascheck, huldigt seinen musikalischen Heroen, die ihn Zeit seines Lebens begleiteten.

Jedem Musiker ist eine Doppelseite gewidmet, auf der neben Bemerkungen zur persönlichen Bedeutung des Künstlers für Adamascheck auch der Text des Songs in Englisch sowie dessen deutsche Übersetzung abgedruckt sind. Dabei covert Shiregreen keine Titel der jeweiligen Songwriter, sondern er schreibt eigene Stücke, die er ganz im Stil der Vorbilder sowie mit Bezug zu deren Leben oder Werk präsentiert.

Beim erstmalen Hören der CD machte ich das Experiment und versuchte zu erraten, welcher Künstler jeweils als Referenzpunkt diente. Dies gelang mir bei der überwiegenden Zahl der Stücke problemlos. Bei manchen fiel die Zuordnung schwerer, was aber vermutlich daran lag, dass ich die Musik der Vorbilder nicht im Ohr hatte.

Obwohl Shiregreen eine Dekade älter ist als ich, überschneidet sich doch der Musikgeschmack an mehreren Stellen. Tom Petty und John Fogerty rangieren bei mir ebenfalls ganz oben auf der Liste der Musiker, deren Lieder mich prägten. Mit „The Last Goodbye“ sowie „Stolen Songs“ würdigt Shiregreen die Rocklegenden.

Durch den Einbau von Versatzstücken – sowohl hinsichtlich der Texte als auch der Melodien – aus bekannten Songs der Künstler und einem ähnlichen Klang der Gitarren ist der Wiedererkennungswert sehr hoch. Obwohl die Stimme von Shiregreen weich und eher tief ist, womit sie sich von denen von Petty oder Fogerty deutlich unterscheidet, werden die Assoziationen zu den beiden unmittelbar geweckt.

Auch bei den anderen Stücken baut Shiregreen typische Elemente der jeweiligen Musiker ein. Da sind der mehrstimmige Gesang bei „Between The River And The Railroad Tracks“ als Bezugspunkt zu Crosby, Stills, Nash & Young, die Mundharmonika auf „One More Song“ für Bob Dylan oder eine Gitarre à la Mark Knopfler bei „From That Day On“. Neil Young scheint deutlich bei „When The Last Buffalo Is Gone“ durch.

Beeindruckend ist, wie es Shiregreen gelingt, die charakteristischen Sounds der Referenzmusiker nachzubilden. Vor allem Tom Eriksen an unterschiedlichen Gitarren sowie Morris Kleinert mit Pedal Steel und Dobro haben daran großen Anteil. Insgesamt wirken acht Begleitmusiker mit, so dass eine Vielzahl an Instrumenten zum Einsatz kommt. Hinsichtlich der Instrumentierung mit Akkordeon, Querflöte und Geige sticht der Titel „In Barbara’s Room“ hervor, der sich an Leonard Cohen anlehnt.

Marisa Linss übernimmt den Lead-Gesang bei dem Joan Baez gewidmeten „Here’s To Joan“ und bei dem Duett „Under Joshuah Trees“ für Emmylou Harris und Gram Parsons. Bei anderen Stücken steuert sie den Background-Gesang bei, wie bei der Reminiszenz an Townes Van Zandt „Townes And Me“.

Die Musik der anderen gewürdigten Songwriter Mike Batt („All Along The Atlas Mountains“), Ralph McTell („Every Town Is Worth A Song“) und Robert Earl Keen („Down The Endless Road“) ist mir nicht gegenwärtig. Die ihnen zugedachten Titel fügen sich aber nahtlos in das Album ein. Gleiches gilt für „References“ und „References Reprise“, mit denen Adamascheck die Bedeutung alter Lieder als Weggefährten besingt.

Den versammelten Americana-Songs schwingt ein melancholischer Grundton mit, der das gesamte Werk als Konstante durchzieht. Shiregreen erinnert mit „References“ daran, was für großartige Musik es gibt und wie diese das Leben bereichert. Ähnlich sozialisierte Musikliebhaber werden ihre Freude an der Hommage haben. Ich nehme die Anregung auf alle Fälle auf, meine Klassiker, die ich schon viel zu lange nicht mehr gehört habe, nochmal aus dem Regal zu ziehen.

NIWO Music/DMG Germany/cmm-consulting (2019)
Stil: Americana

Tracks:
01. Between The River And The Railroad Tracks
02. Stolen Songs
03. In Barbaras Room
04. References
05. Under Joshuah Trees
06. All Along The Atlas Mountains
07. Every Town Is Worth A Song
08. From That Day On
09. One More Song
10. Down The Endless Road
11. When The Last Buffalo Is Gone
12. Here’s To Joan
13. Townes And Me
14. The Last Good Bye
15. References Reprise

Shiregreen
Shiregreen bei Facebook
NIWO Music/DMG Label
cmm-consulting for music and media