Viel Arbeit und etliche unglückliche Terminüberschneidungen führten dazu, dass erst jetzt der erste Konzertbericht dieses Jahres aus meiner Feder fließt – zugleich mein erster Bericht aus der Kulturrampe seit Maurice Kamp dort das Ruder übernommen hat. Vorweg sei ihm ein herzlicher Dank ausgesprochen, dass er handgemachter Musik in Krefeld weiterhin eine schräge Bühne bietet. Auf dieser fand sich am Dienstagabend Ted Russel Kamp ein.
Der gebürtige New Yorker lebt und arbeitet bereits über zwanzig Jahren in Los Angeles und ist fast ebenso lange Bassist bei Shooter Jennings. Mit diesem besuchte er das erste Mal Europa und kehrt seitdem regelmäßig auf den alten Kontinent zurück. Wie man im Laufe des Abends erfuhr, hat Kamp väterlicherseits deutsche Wurzeln. Eine besondere Verbindung besteht allerdings zur Musikszene in Schweden, was auch erklärt, warum Kamps Band drei Skandinavier umfasst. Neben Martin Salomonssen am Schlagzeug und Erik Ivarsson an der Gitarre war ein zweiter Gitarrist mit von der Partie. Angekündigt war Thomas Pontén, ich meine aber, dass Kamp einen anderen Namen genannt hat. Auf jeden Fall zeigte Kamp eine sichere Hand bei der Wahl seiner Begleitung. Salomonssen bearbeitete die Felle bis eines riss. Die beiden Gitarristen unterstützten den Protagonisten souverän und meisterten auch filigranere Soli ohne Abstriche. Besondere Akzente setzte Ivarsson, als er sich an der Lap Steel betätigte (u. a. „Waste A Little Time With Me“). Sein Kollege glänzte an der Rickenbacker 12-String bei „California Wildflower“.
Hauptakteur blieb aber Kamp, der als Storyteller Qualitäten bewies. Die meisten Songs leitete er kurz mit biographischen Anekdoten oder Bemerkungen über die wechselnden Inspirationsquellen seiner Musik ein. Gram Parsons, The Band, Merle Haggard oder auch Nick Drake gab er als Referenzpunkte an, mit denen er sich in unterschiedlichen Schaffensphasen auseinandersetzte. So entführte Kamp das Publikum über zwei einstündige Sets auf eine Zeitreise seiner Karriere, die von unterschiedlichen stilistischen Einflüssen geprägt ist.
Aufgrund der Konzeption des Konzerts stand Kamps aktuelles Werk „California Son“ nicht deutlich im Mittelpunkt. „Shine On“ und „The Upside To The Downslide“ waren jedoch zwei Titel seines vierzehnten Albums, die die Zuhörer direkt einfingen. Das Publikum ging bereits vom Opener „Paid By The Mile“ an mit, wurde während des Auftritts aber immer enthusiastischer.
Im ersten Set verströmten „Hobo Nickel“, „Path Of The Least Resistance“ und „Right Down To The Wire“ jeweils ihren eigenen Flair. In den zweiten Teil stieg Kamp solo, nur mit seinem Bass bewaffnet, ein. Ich kann mich nicht erinnern, die Kombination von Gesang und Bassbegleitung so schon mal gehört zu haben. Kamp zeigte, dass das funktioniert. Den Kontrapunkt zu dem Intermezzo setzte dann das straight rockende „Tail Light Shine“, nachdem die Band wieder vollzählig auf der Bühne versammelt war.
Die Stimmung beim zweiten Set u. a. mit „This Old Guitar“, „Daughter Of Temptation“, “If I Had A Dollar“ und „Steady At The Wheel“ wurde immer ausgelassener. Kamps Interaktion mit dem Publikum nahm noch zu, so griff er Zwischenrufe auf und spielte Bälle zurück. Bei „The Last Drop“ sangen dann quasi alle Anwesenden mit. Ruhiger wurde es zum Abschluss. Die erste Zugabe „Help Me Make It Through The Night“ spielte die Band in Gedenken an den kürzlich verstorbenen Kris Kristofferson. Mit „Every Little Thing“ von der neuen CD, das Kamp nochmal solo performte, ging dann ein rundum gelungener Konzertabend zu Ende.
Der sympathische und kommunikative Wahl-Kalifornier hinterließ auf und neben der Bühne einen bleibenden Eindruck. Es wurde spürbar, dass Ted Russell Kamp Musik liebt. Er verarbeitet verschiedene Einflüsse der Roots Music und entsprechend vielfältig war die Darbietung. Die Begeisterung für das, was er tut, schwappte auf das Publikum über und ich vermute mal, dass Kamp ebenfalls die Krefelder sowie die Kulturrampe in guter Erinnerung behält, auch wenn die Besucherzahl noch Luft nach oben geboten hätte.
Line-up:
Ted Russell Kamp (lead vocals, bass)
Erik Ivarsson (guitars)
Thomas Pontén (?) (guitars)
Martin Salomonssen (drums, bgv)
Bericht und Bilder: Michael Segets