Curse Of Lono – 4am And Counting – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Als Curse Of Lono vor einigen Wochen mehrere Support-Termine absolvierten und mit Samantha Fish im Musiktheater Piano vom Publikum gefeiert wurden, hatte SoS bereits kurz berichtet (25/05/2019). Dieser Konzert-Beitrag hätte aber mit Blick auf das nun vorliegende „Live“-Album einiges vorweggenommen und die Band nur in den Kontext einer anderen musikalischen Richtung (Blues) gestellt.

Dass die neue Scheibe „4am And Counting“ ausschließlich schon veröffentlichtes Material und einen Cover-Song enthält, beweist die kreative Vielseitigkeit der Sound-prägenden Tracks des Longplayers. Alle Stücke wurden neu arrangiert und im Studio live mit Produzent Liam Watson (u.a. White Stripes, The Stranglers) analog eingespielt.

Überhaupt gewinnen die Songs durch den Einsatz von BJ Cole (Pedal-Steel) und Nick Reynold (Harmonica) als Gastmusiker wesentlich an Substanz und Ausdruckskraft und verleihen der Combo einen weiterhin hohen Wiedererkennungseffekt. Der eigene Anspruch an die Schönheit der Melodie und die sprachliche Qualität der Texte werden in ein filigranes Gesamtkunstwerk überführt, das die Ausstrahlung von Curse Of Lono auch beim Konzert im Dortmunder Piano für jeden spürbar erkennen ließ.

Neben Felix Bechtolsheimer (Gesang und Gitarre) agieren Joe Hazell (Lead-Gitarre), Dani Ruez Hernandez (Keyboard), Charis Anderson (Bass) und Neil Findley (Schlagzeug) als beinahe magische Gemeinschaft mit überzeugender musikalischer Eindringlichkeit.

Diese Magie vermittelt bereits das erste Stück des Albums „Tell Me About Your Love“, ein feiner, ruhiger Song, ein warmer Gesangsstil, ein geschliffenes Dobro-Solo, vergleichbar der gehobenen Klasse der kanadischen Cowboy Junkies. „I’d Start A War For You“ erfreut in gleicher, eleganter „Handschrift“, ein gepflegter Mid-Tempo-Track mit relaxter E-Gitarre und unverkennbar passendem Gesangspart, eine Anspielung auf die frühen Dire Straits.

Ein weiteres Highlight folgt unmittelbar in Form von „Welcome Home“, einer bluesigen Nummer, wobei die jederzeit präsente Solo-Gitarre durch den leichten Harmonica-Sound wirkungsvoll abgelöst wird. Der immer wieder beeindruckende Track „Blackout Fever“, im Bass-lastigen Rhythmus und Harmonie-Gesangs-Stil, ist eine schöne und gefühlvolle Variante aus dem Album „As I Fell“, vielleicht eine Hommage an den ewigen Lou Reed und Velvet Underground.

Dass sogar „fremde“ Stücke den typischen Curse Of Lono-Cinematic Rock bereichern können, zeigt „Goin‘ Out West“ von Tom Waits, das sein eigenes Flair entwickelt und sich hinter dem Original nicht verstecken muss. Ebenso wird „The Affair“ manche an die starken Texte und den sanften Gesang eines Leonard Cohen erinnern, der in diesem ganz persönlichen Format würdig von Felix Bechtholsheimer interpretiert wird.

Auch die vorliegende Version von „Valentine“ besticht im neuen Kleid durch makellose Harmonie-Vocals und eine prägende E-Gitarre, schon jetzt ein Klassiker für jedes Konzert. Dies gilt gleichermaßen für das mitreißende „Way To Mars“, eine Art Soundtrack für einen imaginären Film, der im Story-Telling einen Touch von Bob Dylan offenbart. Diese Qualität setzt sich in „London Rain“, im Stil eines britischen Indie-Folk-Stückes fort, das mit leichter Verneigung Einflüsse der Doors freudig aufnimmt.

Als Kontrast bieten Curse Of Lono danach den weichen, mehrstimmigen Country-Song „Pick Up The Pieces“ an, dessen softe Solo-Rock-Gitarre die ohnehin akustische Wirkung verstärkt. Auch der letzte Titel „Don’t Look Down“, ursprünglich von der LP „Severed“ (2017), hinterlässt durch seinen schwebenden Rhythmus und die anhaltende Intensität als Abschlusstrack einen bleibenden Live-Eindruck.

Curse Of Lono sind weiter gereift und haben auf Tourneen mit Chuck Prophet und Steve Earle wesentlich an Erfahrung gewonnen. Das Album „4am And Counting“ ist ein frühes Meisterwerk einer noch jungen Formation; eine Auswahl individueller, kleiner Songperlen mit Gänsehaut-Live-Charakter. Es ist mehr als nur die Neuaufnahme alter Titel, es ist ein Studio-Konzert, das den Hörer immer wieder vor die Wahl stellt, für eines seiner Lieblingsstücke die Repeat-Taste zu drücken.

Submarine Cat Records (2019)
Stil: Americana, Alternative Rock, Cinematic Rock

Tracklist:
01. Tell Me About Your Love
02. I’d Start A War For You
03. Welcome Home
04. Blackout Fever
05. Goin‘ Out West
06. The Affair
07. Vakentine
08. Way To Mars
09. London Rain
10. Pick Up The Pieces
11. Don’t Look Down

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Curse Of Lono – As I Fell – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Eine musikalische Stilrichtung zu etablieren und diese selbstbewusst als eine Art Markenzeichen zu installieren, das versuchte die nach dem Kultbuch von Hunter S. Thompson benannte Band „Curse Of Lono“ bereits mit ihrem Debütalbum „Severed“ aus dem vergangenen Jahr. Den als „Cinematic Alternative Gothic Rock“ bezeichneten Musikstil in Form eines Alleinstellungsmerkmals zu entwickeln, haben die fünf Musiker aus Großbritannien nun großartig weiterverfolgt.

Mit ihrem zweiten Werk „As I Fell“ legen sie jetzt erneut einen starken Longplayer nach, der melodischen Rock mit bisweilen Country-Folk angehauchten Elementen verbindet und psychedelisch beeinflusste Passagen in ein melancholisches Sound-Kunstwerk aufgehen lässt.

Schon das erste Stück „Valentine“, mit starkem Vocal-Part und Gitarreneinlage verfolgt diesen eingeschlagenen Weg, der mit „Way To Mars“ nahezu fünf Minuten lang im Mid-Tempo-Rhythmus und klarer Gesangsstimme fortgesetzt wird. Singer-Songwriter Felix Bechtolsheimer ist als Frontmann von Curse Of Lono dabei für sämtliche Songs verantwortlich und vermittelt die erforderliche Glaubwürdigkeit seiner Texte in klarer Sprache, überzeugend und intensiv.

Die Ballade „Kathleen“ hätte dabei ebenso Leonard Cohen oder Nick Cave alle Ehre gemacht und windet sich sechs Minuten lang nachhaltig in den Gehörgang. Überhaupt sind persönliche Geschichten und sich wiederholender, mehrstimmiger Refrain-Gesang stilprägend für die Songs, die bei „Tell Me About Your Love“ und „As I Fell“ weiche und feinfühlige Folk-Country-Beziehungen nicht verheimlichen können. Das Titelstück der CD sucht sogar die Verknüpfung zu dunklen Country Blues-Melodien, wie z. B. beim Klassiker „Ghost Riders In The Sky“ aus den 1940er Jahren.

Der etwas härtere Sound von „Blackout Fever“ und „The Affair“ erinnert hingegen eher an den Velvet Underground Mitbegründer Lou Reed, der einen vergleichbar innovativen musikalischen Erfindungsreichtum vorweisen konnte. Über das dichte Gitarrengewitter auf „Leuven“ geht das Album schließlich eindrucksvoll zu Ende, mit dem verblüffenden Outro aus dem Heimatfilm „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“.

In der detailreichen YouTube-Doku „Somewhere In Their Heads“, über die Studioarbeit an der Platte, kann im Übrigen die vollständige Entstehung des Albums mitverfolgt werden. Die Spannweite dieser englisch-amerikanischen Produktion zeigen Artverwandte, wie die Alternative Rock Pioniere von Wilco, die US-Combos War On Drugs und Sons Of Bill, die Country-Folker Cowboy Junkies, aber auch der englische Gitarrist Chris Isaak.

Auf „As I Fell“ erwartet man in jedem Song eine neue metaphorisch verpackte und zum Teil philosophische Lebensweisheit von Mastermind Felix Bechtolsheimer, der dem Album durch sein durchdachtes und persönliches Songwriting eine dylanhafte Wirkung verleiht. Damit dürfte die Platte in diesem Jahr zurecht ein heißer Anwärter auf Auszeichnungen in der Americana- oder Alternative Rock Sparte sein.

Submarine Cat Records (2018)
Stil: Americana, Alternative Rock, Cinematic Rock

Tracklist:
01. Valentine
02. Way To Mars
03. And It Shows
04. I’d Start a War For You
05. Kathleen
06. Blackout Fever
07. Tell Me About Your Love
08. As I Fell
09. The Affair
10. No Trouble
11. Leuven

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I’m With Her – See You Around – CD-Review

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Hinter dem (schon recht merkwürdigen) Bandnamen I’m With Her verbirgt sich nichts anderes als drei Koryphäen der Bluegrass-Szene, nämlich Nickel Creek-Initiatorin Sara Watkins, die mehrfache Grammy-Gewinnerin Sarah Jarosz und die Musik-Cosmopolitin Aoife O’Donavan.

Klar, dass sich bei einem Zusammenschluss dreier solch illustrer Damen die intellektuelle Musikkritikerschaft gerne zu Superlativen hinreißen lässt, wie z.B. die der New York Times inform von Aussagen wie: „Wenn diese drei Frauen miteinander singen, werden ihre Stimmen zu einem einzigen Instrument. Sie teilen jeden einzigen Atemzug.“

Da die Klientel dieses Magazins wie auch meine, eher proletarisch gestrickte Natur, es wohl überwiegend etwas weniger feinfühlig mag, und vermutlich auch nicht so zum ‚Hineininterpretieren von Dingen‘ neigt, sondern das reine Hörergebnis ‚betrachtet‘, ist die erste Kollaboration „See You Around“ des besagten Trios, aus meiner Sicht, von Gleichgesinnten mit gesunder Vorsicht zu genießen. Also vorab bitte erst mal antesten.

Helle Gesänge, oft in Harmonien übergehend, Akustikgitarren, sägende Violine, dezente E-Gitarren und Mandolinen, vereinzelte Dobro- und Banjo-Klänge, aus Musikersicht vielleicht intelligent als auch filigran eingesungen (viele Satzgesänge), perfekt ineinander greifend gespielt und im Bluegrass, Country- und Siebziger-umwehten Folk zusammengeführt, können  auf jeden Fall  das Prädikat der  Nichtalltäglichkeit für sich  in Anspruch nehmen. Zumindest bei mir persönlich, wollen sie jedoch meist nicht zur Freisetzung von Dopaminen beitragen.

Mit viel Wohlwollen kann ich Tracks wie „Ain’t That Fine“, dem im weitesten Sinne Heart-angelehnten „I-89“, „Wild One“, dem unterschwellig bluesigen „Ryland (Under The Apple Tree)“, dem noch melodischsten „Overland“ (mein Favorit) und „Crescent City“, einen Hauch von Sympathie entgegen bringen, aber in solchen Gefilden sind mir letztendlich Interpreten wie z. B. Madison Violet aufgrund der höheren Eingängigkeit doch wesentlich lieber. Das ganze Wirken des Trios ist mir insgesamt auf die Dauer auch zu reduziert dargeboten.

Die Krönung in entgegen gesetzter Richtung sind Tracks wie „Game To Lose“ (die piepsigen Gesänge – uaah…), das regelrecht nervtötende, kammermusikartige Instrumental „Waitsfield“ oder auch das Gilliam Welch-Cover „Hundred Miles“ (vor allem die Introphase) am Ende der CD.

Mein persönliches Fazit daher zu I’m With Her’s „See You Around“: I’m not with them – eine überaus harte Probe für meine mentale Belastbarkeit. Wenn auch sicher musikalisch anspruchsvoll in Szene gesetzt, trotzdem nicht für meine Gehörgänge geschaffen. Aus meiner Sicht eher überwiegend ein großer musikalischer Katzenjammer.

Rounder Records/ Universal Music (2018)
Stil: Bluegrass/Folk

01. See You Around
02. Game To Lose
03. Ain’t That Fine
04. Pangaea
05. I-89
06. Wild One
07. Waitsfield
08. Ryland (Under The Apple Tree)
09. Overland
10. Crescent City
11. Close It Down
12. Hundred Miles

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