Hollis Brown – In The Aftermath – CD-Review

Review: Michael Segets

Fast 56 Jahre ist es her, dass The Rolling Stones „Aftermath“ veröffentlichten. Auf dem frühen Erfolg der Band befindet sich der Kulthit „Paint It Black“. In einer eintägigen Mammutsession spielte Hollis Brown das komplette Album Track-by-Track ein und gibt den Stücken dabei einen zeitgemäßen Sound. Während das Original noch tief den Hauch der Sixties atmet, erscheint „In The Aftermath“ als straigther Gitarrenrocker.

Unverkrampft wagt sich Hollis Brown zum Auftakt an „Paint It Black“. Kräftige Gitarren vor einem treibenden Schlagzeug, dessen besonders trockener Klang dem Titel nochmal eine Extraportion Energie mitgibt, lassen die Interpretation nicht hinter dem Original zurückstehen. Andrew Zehnal am Schlagzeug überzeugt durchgehend, so auch beim gerade heraus gespielten „Stupid Girl“. Nach dem ruhigeren „Lady Jane“, damals die zweite Single, folgt das nun vorab ausgekoppelte „Under My Thumb“. Hier nutzt Adam Bock an seinen Keys die Gelegenheit zu glänzen. Dieser Song knüpft mit seinen Anleihen am Garage-Sound an die ersten beiden an.

„Doncha Bother Me“ erinnert an den Rock’n Roll der frühen Ära vor allem durch die Gitarren, die etwas von Little Richard haben. Gelungen integriert sich hier eine schrille Mundharmonika, die auch den Schlusspunkt bei dem Titel setzt. Verhältnismäßig entspannt rockend schließt sich „Think“ an. Bei „Flight 505“ bleibt unverkennbar, dass Mick Jagger und Keith Richards die Gewährsmänner sind. Überraschend deutlich treten hingegen die Einflüsse des Country hervor, die auf „High And Dry“ zu hören sind – eine flotte, akustisch gehaltene Nummer mit viel Mundharmonika und lockerem Piano.

Mike Montali, der mit dem Gitarristen Jonathan Bonilla 2009 die Band gründete, singt „It’s Not Easy“ ziemlich cool. Das Stück hebt sich zudem durch den Backgroundgesang seiner Kollegen im Refrain von den anderen ab. Kurz vor dem Ende der Scheibe finden sich mit dem entspannten „I Am Waiting“ eine Verschnaufpause, bevor zum Abschluss das vom Blues infiltrierte „Goin‘ Home“ nochmal mächtig aufdreht. Über sieben Minuten entfacht Hollis Brown ein feuriges Finale, bei dem die Spielfreude des Quintetts aus New York, zu dem ebenfalls der noch nicht erwähnte Bassist Chris Urriola gehört, greifbar wird.

Mit „Hollis Brown Gets Loaded“ (2014) hatte sich die nach einem Song von Bob Dylan benannte Band bereits „Loaded” von The Velvet Underground als Coverprojekt vorgenommen, sodass man fast schon von einer Reihe sprechen kann. Hollis Brown interpretiert nun ein weiteres Werk, das sie musikalisch prägte. Vor diesem Background gelingt es den Männern um Montali und Bonilla eigene, kreative Longplayer auf die Beine zu stellen, wie ihr letztes Werk „Ozone Park“ beweist. Man darf also auf das nächste Lebenszeichen der Band gespannt sein.

Hollis Brown gibt dem Frühwerk der Rolling Stones „Aftermath“ einen erdigen, modernen Anstrich. Die elf Tracks des Originals werden frisch und unverkrampft abgearbeitet, sodass durch die Verjüngungskur der Klassiker zu einem neuen Hörerlebnis wird. Mit „In The Aftermath“ legt Hollis Brown eine eigenständige Rockscheibe vor, die ohne Nostalgie ihr Vorbild würdigt.

Für Stones-Fans sei noch auf die kürzlich erschienene Compilation von Lucinda WilliamsYour Are Cordially Invited … A Tribute To The Rolling Stones” hingewiesen. Über ihre Version von „Paint It Black“ kann im Vergleich mit der von Hollis Brown fachgesimpelt werden. Ansonsten gibt es keine Überschneidungen der Tracks.

Cool Green Recordings/Mascot Label Group (2022)
Stil: Rock

Tracks:
01. Paint It Black
02. Stupid Girl
03. Lady Jane
04. Under My Thumb
05. Doncha Bother Me
06. Think
07. Flight 505
08. High And Dry
09. It’s Not Easy
10. I Am Waiting
11. Goin’ Home

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Mascot Label Group

Lucinda Williams – You Are Cordially Invited … A Tribute To The Rolling Stones – CD-Review

Review: Michael Segets

Mit der sechsten Ausgabe ihres Coverprojekts Lu’s Jukebox beendet Lucinda Williams diese Serie mit einem Tribute für The Rolling Stones. „You Are Cordially Invited …” stellt dabei neben dem Auftakt zu Ehren von Tom Petty den Höhepunkt der Reihe dar. Die sechzehn Tracks umfassende Scheibe konzentriert sich dabei auf Songs, die die Überväter des Rock zwischen 1965 und 1974 aufnahmen.

Den Schwerpunkt bilden die drei Alben „Out Of Our Heads“ (1965), „Beggars Banquet“ (1968) sowie „Sticky Fingers“ (1971) mit jeweils drei beziehungsweise vier daraus entnommenen Tracks. Anders als bei ihrer Auswahl auf „Bob’s Back Pages: A Night With Bob Dylan Songs“ setzt Williams nun auf viele bekannte Songs. Mit „Street Fighting Man“ steigt sie erdig, fast dreckig rockend in das Album ein. Die nächsten drei Songs gehen in dem Stil weiter. „Get Off My Cloud“ hatte ich nicht auf dem Schirm. Ein richtig guter Song, der im Original von „December’s Children“ (1965) stammt. Nach dem Klassiker „Paint It Black“ fährt Williams das Tempo runter. Er findet sich auf dem Album „Aftermath“ (1966), das von Hollis Brown demnächst Track-By-Track adaptiert wird.

Mit „Play With Fire“ beginnt der Mittelteil der CD, in dem sich Williams langsameren Stücken zuwendet. Dabei gehen die Cover meist in Richtung Americana („No Expectations“, „Dead Flowers“, „Moonlight Mile“), aber auch der Blues ist vertreten („You Gotta Move“). Dunkle, intensive Atmosphäre durchzieht die Songs. Neben „Play With Fire“ stellt „Salt Of The Earth” eine besonders gelungene Interpretation dar. Williams singt dabei unkonventionell, trifft aber die richtigen Vibes.

Ab „Time Waits For No One” nimmt das Album wieder Fahrt auf. Über „Sway“ und „Doo Doo Doo Doo Doo (Heartbreaker)” steuert es auf die Superhits „(I Can’t Get No) Satisfaction” und „Sympathy For The Devil” zu. Das Ende markiert „ You Can’t Always Get What You Want”, bei dem Williams Version das Tempo gegenüber der Ursprungsfassung etwas reduziert.

„You Are Cordially Invited … A Tribute To The Rolling Stones” von Lucinda Williams lässt sich leicht auf einen Punkt bringen: tolle Songs, tolle Sängerin. Erneut drückt William den Originalen ihren Stempel auf. Mit ihren rootsrockigen Versionen, die die Kraft der Songs mit ausdrucksstarkem Gesang zur Geltung bringen, setzt Williams ein Ausrufezeichen zum Abschluss ihrer Coverreihe Lu’s Jukebox. Charlie Watts hätte bestimmt seine Freude an der Compilation gehabt.

Highway 20 – Thirty Tigers/Membran (2021)
Stil: Rock, Americana

Tracks:
01. Street Fighting Man
02. The Last Time
03. Get Off My Cloud
04. Paint It Black
05. Play With Fire
06. No Expectations
07. Dead Flowers
08. Salt Of The Earth
09. You Gotta Move
10. Moonlight Mile
11. Time Waits For No One
12. Sway
13. Doo Doo Doo Doo Doo (Heartbreaker)
14. (I Can’t Get No) Satisfaction
15. Sympathy For The Devil
16. You Can’t Always Get What You Want

Lucinda Williams
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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Hollis Brown – Ozone Park – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Die Motive des Albumcovers sind schon eindeutige Hinweise dafür, in welche Richtung die musikalische Reise auf diesem Longplayer gehen könnte. Ein wohlklingender und bunter Stilmix aus US-Rocksounds der vielfältigen 60er und 70er erwartet einen hier. Das klingt nach überbordendem Retro-Charakter, ist jedoch ein heißer Anwärter auf eines der besten Alben des Jahres.

Dabei haben sich Hollis Brown auch bei ihrem Bandnamen von einem Song der 1960er Jahre inspirieren lassen; dem unverwüstlichen Folk-Track „The Ballad of Hollis Brown“ von Bob Dylan (1964). Die vier Bandmitglieder aus dem New Yorker Stadtbezirk Queens sind schon seit zehn Jahren in der Musikszene aktiv und verweisen nun mit dem Album „Ozone Park“ auf ihre urbanen Wurzeln und den gleichnamigen Stadtpark in ihrer Gegend.

Die bisherigen fünf Studioalben sind alle einfallsreiche „Kreationen“ – dies gilt auch für das komplexe Coverwerk „Gets Loaded“ von 2014, als sie nach einem Tribut Konzert zu Ehren von Lou Reed und Velvet Underground den LP-Klassiker „Loaded“ neu einspielten.

„Ozone Park“ beginnt abwechslungsreich mit ansteckenden Americana- und Indie-Folk-Passagen, die bei „She Don’t Love Me Now“ ihren Höhepunkt erreichen. Schon nach den ersten Tracks dürften Fans von Kurt Vile oder der schwedischen Aufsteiger-Combo Jetbone voll auf ihre Kosten kommen. Leichter Summer-Esprit im modernen Maroon 5-Gewand wird dann noch durch „Stubborn Man“ weiterverfolgt.

Es gibt viele kleine musikalische Elemente und Puzzlestücke, die das Album ausmachen und die man teilweise erst beim mehrfachen Hören entdeckt. Und obwohl die Heimat der bekennenden 60er und 70er-Jahrzehnte Musikfans die Ostküste der USA ist, so kann man doch auch vielfältige Eagles-California-Sound bzw. West Coast-Einflüsse aufspüren.

„Do Me Right“ erschafft eine erfrischende und zugleich melancholische Atmosphäre wie sie zuletzt z.B. The War On Drugs auf „A Deeper Understanding“ (2017) vollbringen konnten. Aus dem melodischen 80’s-tinged Gitarren-Rock geht es über zum psychedelisch austarierten Klangkunstwerk „After The Fire“, das in seinen knapp 90 Sekunden bestens dafür geeignet ist, um die ersten vier hervorragenden Stücke des Albums gehaltvoll auf sich wirken zu lassen.

„Forever In Me“ ist tiefsinnig gestaltet und „Someday Soon“ windet sich sehnsuchtsvoll in Wilco’scher Gelassenheit. „The Way She Does It“ ist in seiner harmonischen Ausstrahlung einfach grenzenlos ansteckend, wird aber ohrenbetäubend vom Garage-Rock-lastigen „Bad Mistakes“ im Black Keys-Stil abgelöst.

„Ozone Park“ von Hollis Brown“ ist eines der kreativsten und lebendigsten Alben 2019. Eine farbenfrohe Klangpallette aus 60’s-80’s Rock und spielfreudigen Elementen macht diese LP zu einer der großen Überraschungen in diesem Jahr. Und um es mit dem letzten Song der Scheibe auf den Punkt zu bringen: „Go For It“. Nimmt das Album in eure Sommer-Playlist auf!

Provogue (Mascot Label Group) (2019)
Stil: Americana, Roots-Rock, Alternative Rock

01. Blood From A Stone
02. Stubborn Man
03. She Don’t Love Me Now
04. Do Me Right
05. After The Fire
06. Fovever In Me
07. Someday Soon
08. The Way She Does It
09. Bad Mistakes
10. Go For It

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