Review: Michael Segets
Mit dem Titel „Ozarker” gibt Israel Nash ein Bekenntnis zu seiner Herkunft ab. Aus Missouri stammend hat er das Lebensgefühl der Menschen im Gebiet der Ozark Mountains verinnerlicht, obwohl er mittlerweile in Texas beheimatet ist. Harte Arbeit, die Familie und Verpflichtungen auf der einen Seite und die Gedanken an einen Aufbruch, einen Neuanfang und die Sehnsucht nach etwas Besserem auf der anderen Seite bilden das thematische Spannungsfeld, in dem sich jeher der Rock aus dem mittleren Westen bedient. An diese Tradition knüpft Nashs „Ozarker“ an.
Die ersten drei Tracks des Albums sind bereits als Singles vorab herausgegeben worden: „Can’t Stop“, „Roman Candle“ sowie das Titelstück. Wenn man möchte, kann man hier durchaus Ähnlichkeiten zu maßgeblichen Werken des Heartland Rock ziehen, die für Nashs frühe musikalische Sozialisation entscheidende Bedeutung hatten. Etwas von Bruce Springsteens „Born In The USA“, von Tom Pettys „Full Moon Fever“ oder von Bob Segers „Night Moves“ schwingt bei den Songs mit. Auch wenn Nash nicht über die markante Stimme seiner Vorbilder verfügt, macht er seine Sache als Sänger gut und tritt als deren Epigone an, die Fahne des Heartland Rocks hochzuhalten.
Inhaltlich wirft Israel Nash, eigentlich Israel Nash Gripka, ebenfalls einen Blick zurück. In den Texten finden sich die Menschen und Erzählungen wieder, die ihn prägten. Seine Mutter notierte ihm Familiengeschichten, mit denen er sich zunächst zurückzog, um daraus die Songs im Alleingang zu entwickeln. So dienen beispielsweise Episoden aus dem Leben seines Urgroßvaters als Vorlage für den Titeltrack. Danach holte er weitere Musiker – Curtis Roush (Gitarre), Patrick Hallahan (Schlagzeug), Seth Kauffmann (Bass) und Eric Swanson (Pedal Steel) – zusammen, um die Stücke instrumental einzuspielen. Schließlich setzte sich Nash mit dem Produzenten Kevin Ratterman hin und fügte seinen Gesang, zusätzliche Gitarren und Synthesizer hinzu.
Am Ende dieses Prozesses stehen nun zehn zeitlose und molodiöse Rocksongs, die mit vollem Sound, hallenden Gitarren und überwiegend voluminösen Klangteppich aus den Lautsprechern schallen. Den hymnischen Charakter des Einstiegs behalten einige langsamere Titel bei. In dieser Kategorie ist besonders das eingängige „Pieces“ hervorzuheben. Nash gibt den Titeln im Schnitt klassische viereinhalb Minuten. Einzig „Going Back“ knackt die Fünf-Minuten-Marke mit Tempowechsel, längerer Bridge und abschließendem Gitarrensolo.
In der zweiten Hälfte versieht Nash die Stücke mit einem etwas erdigeren Sound. Dadurch nimmt einen die sehnsuchtsvolle Ballade „Lost In America“ besonders mit. Auch „Shadowland“, mit punktgenauem E-Gitarreneinsatz, überzeugt durch die intensive Performance. Etwas lockerer geht es Nash mit „Travel On“ an. Die Struktur des Tracks erinnert in manchen Passagen an John Hiatt. Die drei Titel sind jenseits der voluminösen Hymnen die heimlichen Highlights des Albums.
Israel Nash ruft die gute alte Zeit des Heartland Rocks in Erinnerung. Er verordnet dieser Spielart des Rocks eine moderate Verjüngungskur und greift dabei musikalisch und thematisch auf die bekannten Ingredienzien zurück. Nash belegt mit „Ozarker“, dass der Heartland Rock etwas zu bieten hat, das die Seele berührt, und daher noch lange nicht begraben ist.
Loose Music – Rough Trade (2023)
Stil: Heartland Rock
Tracks:
01. Can’t Stop
02. Roman Candle
03. Ozarker
04. Pieces
05. Going Back
06. Firedance
07. Lost In America
08. Midnight Hour
09. Travel On
10. Shadowland
Israel Nash
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Pias/Rough Trade
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