Todd Thibaud – Hill West – CD-Review

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Review: Michael Segets

Wie die Zeit vergeht! Jetzt sind bereits sechs Jahre ins Land gegangen, seit ich Todd Thibaud im JZ Karo in Wesel live erlebt habe. Damals promotete er seine CD „Waterfall“. Der sympathische Musiker lieferte eine äußerst souveräne Show ab, bei der er auf Zuruf spontan Titel seines umfassenden Backkataloges spielte.

Thibaud hat sich mit seinem neuen Soloalbum Zeit gelassen, war aber in der Zwischenzeit nicht inaktiv. Gemeinsam mit Chris Burroughs, Terry Lee Hale und Joseph Parsons reanimierte er Hardpan, mit letztgenanntem verfolgte er das Duo-Projekt Parsons Thibaud und gründete mit der Songwriterin Kim Taylor Water And Sand.

Während Thibaud auf seinen bisherigen Solowerken durchaus rockige Töne anschlug, konzentriert er sich bei „Hill West“ auf seine Qualitäten als Singer/Songwriter. Dabei verzichtet er auf einen umfassenden Einsatz seiner Begleitband, die aber bei einigen Songs für passende Akzente sorgt. Die Percussion von Chris Anzalones begleitet beispielsweise „Paper Cup“ und „Disappear Instead“ sehr stimmungsvoll. „Into Place“ wird von Sean Staples an der Geige untermalt.

Die erdige E-Gitarre, von Thomas Juliano gespielt, im Zusammenspiel mit Schlagzeug und Mundharmonika lassen „Edge Of Breaking“ rauer klingen als die meisten anderen Songs des Albums. Im Wesentlichen beschränkt sich Thibaud auf eine akustische Gitarrenbegleitung. „Find Your Love“, „Hold Me Down“, „Path Of Us“ und „Life Worth Living” sind solche reduzierten Stücke, die von den Melodien und der weichen Stimme Thibauds getragen werden.

Dass Thibaud nicht nur schöne Melodien komponiert, sondern bei seinen Texten inhaltliche Tiefe erreicht, zeigt „Great Unknown“, in dem er auf die Jugend mit ihrer Sorglosigkeit, ihren Hoffnungen und Träumen zurückblickt. Bei anderen Songs thematisiert er oftmals die Unwägbarkeiten von Liebesbeziehungen.

„Hill West“ ist ein ruhiges Werk ohne Durchhänger geworden, für das man sich Zeit nehmen kann. Besonders das mit eingängigem Refrain versehene und verhältnismäßig flotte „Reckless Heart“ sowie das akustische „4th Of July“ mit toller Mundharmonika sind meine Anspieltipps.

Mit dem homogenen Album folgt Thibaud dem Pfad, den er mit Parsons Thibaud oder Water And Sand eingeschlagen hat. Thibaud profiliert sich mit „Hill West“ weiter als Songwriter, wobei er seinem eigenen Sound treu geblieben ist. Man darf gespannt sein, ob er zukünftig nochmal in Richtung Rock umschwenkt. Wie dem auch sei, es wird mal wieder Zeit, Thibaud live zu genießen. Die nächste Gelegenheit bietet sich im November, wenn er mit Water And Sand nach Wesel kommt.

Blue Rose/Heckmann/Soulfood (2019)
Stil: Americana

Tracks:
01. Find Your Love
02. Hold Me Down
03. Paper Cup
04. Great Unknown
05. Disappear Instead
06. Edge Of Breaking
07. Into Place
08. Path Of Us
09. Reckless Heart
10. Life Worth Living
11. 4th Of July

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Blue Rose

Hardpan – Same – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

In seiner 2016 veröffentlichten Autobiographie „Born To Run“ schrieb die Heatland Rock Legende Bruce Springsteen: Demokratie in einer Band sei eine tickende Zeitbombe. Diese Prognose kann man für Hardpan nicht unbedingt aufstellen. Die vier begnadeten Singer/Songwriter aus den USA haben nach 16 Jahren ihr zweites Studioalbum aufgenommen und zeigen vor allem: Demokratie in einer Band funktioniert! 12 Songs sind auf dem Album zu finden, von jedem Bandmitglied wurden 3 Songs beigesteuert und von dieser Aufgabenteilung lebt das Album!

Beim ersten Listening entstehen sofort Erinnerungen an CSN&Y und der Vergleich mit der „Supergroup“ aus den 60er Jahren ist nicht zu weit hergeholt. Damals hießen die Protagonisten: David Crosby, Stephen Stills, Graham Nash und Neil Young. Jetzt heißen sie: Todd Thibaud, Chris Burroughs, Terry Lee Hale und Joseph Parson. Alle sind auch als Solokünstler bereits seit mehreren Jahrzehnten aktiv und haben ihre Musikerfahrung erneut hervorragend vereinigt.

„Can’t Keep Up“, aus der Feder von Todd Thibaud, ist ein eher mittelmäßiger Opener, mit hervorstechender Akustik-Gitarre und regelmäßigen E-Gitarren Akzenten. Aber mit dem beschwingten zweiten Stück „The Hands That Hold The Reins“ nimmt das Album dann erstklassig an Fahrt auf. „Long Tomorrows“ ist ein starker Strukturbruch, vom Soft Rock geht es hier eher in die Richtung Hank Williams und Country Roots Traditional. Das langsame und von düsterer Stimmung getragene „Dust Bowl“ findet seine Stärke im metaphorischen Songwriting von Joseph Parsons: „We drunk enough to sink this boat, bring me more wine“. Im wunderschönen und erfrischenden „Best I Can“ bringt Thibaud die musikalischen Wurzeln mal kurz auf den Punkt: „Spent a little time in Reno, working the bars and casinos. They like to hear „Folsom Prison Blues“, „King Of The Road“, „Blue Suede Shoes“.

Die Lieder sind minimal instrumentalisiert, kommen ohne wuchtigen Drumbeat aus und zeichnen sich vor allem durch den mehrstimmigen Gesang aus. Das unbeschwerte, von Akustik-Gitarre dominierte „Lighthouse“, spielt in den Lyrics wieder mit wirkungsvollen Landschaftsbildern. Auf „Miracle Cure“ kommt eine vertraute „Heart Of Gold“ Mundharmonika zum Einsatz. Das sparsame aber stimmungsvoll effektive „This Place And Time“ geht über in das 7-Minuten Stück „Dangling“, das seine schönste Stelle hat, als eine kurze Mundharmonikauntermalung beginnt. Damit hätten in einigen anderen Songs auch noch gute Akzente gesetzt werden können. Diese kritische Anmerkung ändert letzten Endes aber nichts am tollen Gesamteindruck des Albums.

Was CSN&Y so einzigartig machte, war der Country-Folk-Rock Sound, begleitet vom begeisternden, mehrstimmigen Gesang, gepaart mit exzellentem Songwriting. Und genau das findet sich auch alles auf diesem Longplayer wieder. Eingängige Lieder und tiefsinnige, auf die Sprache fokussierte Tracks erschaffen hier ein musikalisch abwechslungsreiches und von hoher Qualität geprägtes Album. Wer CSN&Y gut findet, wird dieses Album lieben!

Blue Rose Records (2017)
Stil: Americana, Folk-Rock, Country-Rock

01. Can’t Keep Up
02. The Hand That Holds The Reins
03. Long Tomorrows
04. Dust Bowl
05. Best I Can
06. Lighthouse
07. Bombast
08. Miracle Cure
09. Can’t Have It All
10. One Clear Thought
11. This Place And Time
12. Dangling

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Parsons Thibaud – 02.11.2007, Karo, Wesel – Konzertbericht

Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Drei Jahre ist es schon wieder her, seit ich das letzte Mal im Karo in Wesel gewesen bin. Ende 2004 gab sich Todd Thibaud mit seiner Band die Ehre, um sein hervorragendes Album „Northern Skies“ vorzustellen. Schon damals erwähnte ich, dass ich gerne wiederkommen werde, wenn sich die Gelegenheit dazu bieten würde. Und was wäre die Welt ohne einen Musik-Redakteur, der nicht sein Wort halten würde?

Als ich erfuhr, dass der gute Todd mit seinem Langzeit-Kumpel Joseph Parsons wieder im Lande ist, zudem mit Terry Lee Hale als Support, somit ¾ des Bestandes von Hardpan, die ich ebenfalls vor einigen Jahren schon beleuchtet hatte, war die Sache klar. Auf nach Wesel, das ja von Rheinberg nur einen Katzensprung entfernt liegt. Das Karo hat sich im Laufe der Zeit eigentlich fast gar nicht verändert. Im Aufenthaltsraum gab es die lecker 0,33l Bierfläschchen zum moderaten Preis, der relativ kleine quadratische Raum mit dem sperrigen Pfeiler vor der Bühne bietet gediegene, dunkle Wohnzimmeratmosphäre, allerdings eher auf Studenten-WG-Basis.

Um 20:45 Uhr betrat der wie immer wuselig und ein wenig hektisch wirkende Teryy Lee Hale die Bühne, öffnete seine Tasche und ordnete wie ein Beamter im Stress seine Mitbringsel (Plektron, Mundharmonika) auf dem bereitgestellten Tisch. Stöpsel in die Akustikgitarre und los ging’s. Hups, wen hat er den da mitgebracht? Ist Diego Maradona zum Entzug seiner Drogenprobleme etwa ausgerechnet ins Musikerfach gewechselt? Nein, der Autor muss wohl mal demnächst zum Optiker, es war der französische Bassist Nicolas Chelly alias ‚Fingerbones‘, der Terry schon seit längerem bei Konzerten begleitet.

Hale (wie später Thibaud und Parsons auch) hatte von Beginn an das Pech, dass zum einen ein recht unerfahrener junger Bursche das Mischpult bediente, zudem noch direkt beim zweiten Stück ein Wackelkontakt im Mikrokabel recht kratzige unharmonische Töne durch die Boxen jagte. Nachdem dieses ausgetauscht wurde, legte er dann aber in seiner gewohnt humoristischen Art los und präsentierte schwerpunktmäßig Stücke aus seinem Album „Shotgun Pillowcase“, wobei mir die Songs im zweiten Teil wie „Big Size“, „Level 20“, „Evergreen“, wo es zum Einsatz von Dobro und teilweise der Mundharmonika kam, am besten gefielen. Die kleine Anekdote über das Weseler Hotel, in dem Hale wieder residieren durfte, obwohl er sich beim letzten Mal mit dem Besitzer in der Wolle hatte, entwickelt sich scheinbar zum Running Gag. Die eingeforderte Zugabe „Cable Ballad Blues“ beendete einen sympathischen Support-Gig.

Nach kurzem Umbauen ließen sich die beiden Hauptakteure dann auf ihren Hockern nieder und bewiesen sofort, wie schön es sein kann, wenn zwei gute Songwriter, Gitarristen und Sänger ohne Eitelkeiten niveauvolle Americana-Musik, diesmal im semi-akustischen Gewand vom Stapel lassen. Keiner drängte sich in den Vordergrund, der Leadgesang wurde im konstanten Wechsel übergeben, der Nichtsingende konzentrierte dann sich auf sein Instrument und die tadellosen, auf den Punkt gebrachten Harmonies, die sich wie ein roter Faden durch das in zwei Sets aufgeteilte Konzert zogen.

Auch Joseph und Todd hatten natürlich ihre neue CD „Parsons Thibaud“ im Gepäck, aus der naturgemäß ein recht hoher Anteil von Liedern performt wurde (u.a. „The Right One“, „Skipping Stone“). Es wurde natürlich auch rumgefrozzelt. Todd merkte vor „My Daddy’s Cadillac“ an, dass sein Vater zu seiner Sturm- und Drangzeit nur einen Volvo fuhr, wonach Joseph mit einem Zwinkern erwiderte, dass dieser aber zumindest einen großen Rückbereich gehabt hätte … Sein Vater hätte dagegen ein sehr enges Coupé besessen. Mein absolutes Lieblingsstück „Louisiana“ von Thibauds toller „Northern Skies“-Scheibe beendete Teil eins der Show und erzeugte Gänsehaut auf dem Rücken.

Nachdem in dem schweißtreibenden Raum einmal durchgelüftet wurde und ein Pils die Zunge befeuchtet hatte, ging es nahtlos zum zweiten Part über. Hier gab es mit „Bury An Angel“ auch ein erstes Stück vom gemeinsamen Hardpan-Album. Highlights waren jedoch die wunderschönen „Anywhere“ und „Dirty World“, das allerdings abrupt unterbrochen wurde, als Thibaud das Akustik-Solo von Parsons mit »on lead guitar Joseph Parsons« würdigte, und damit ein kollektives Gelächter auslöste.

Um 0:10 Uhr ertönte mit dem Simon & Garfunkel-Cover von „The Boxer“ die erste Zugabe. Wieder einmal brillierten die beiden mit perfekten Harmoniegesängen. Danach wurde dann Spaßvogel Terry Lee Hale auf die Bühne geholt und mit „No Disguise“ gab es die ‚Fast-Hardpan-Reunion‘. Bei „Johanna’s Dreams“, dem persönlichen und emotional vorgetragenen Lieblingsstück von Thibaud, konnte man eine Stecknadel fallen hören.

Ein feiner, ruhiger Ausklang! Insgesamt ein brillantes Konzert zweier exzellenter Künstler in herrlicher Atmosphäre. So bleibt mir am Ende nichts weiter, als mich erneut zu wiederholen: Auch beim nächsten Male komme ich gerne wieder! Vielleicht dann wieder mit kompletter Bandbegleitung.

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