US Rails – Live For Another Day – CD-Review

Review: Michael Segets

Wer hätte 2010 gedacht, dass die US Rails ein so langlebiges Bandprojekt von Ben Arnold, Scott Bricklin, Tom Gillam und Matt Muir werden? Und wer hätte gedacht, dass die US Rails noch besser werden? Schon bei dem vorangegangenen „Mile By Mile“ (2020) zeichnete sich ab, dass die Band vermehrt rockige Töne anschlägt. Diesen Trend setzt sie auf „Live For Another Day“ fort, ohne die melodiöse Seite bei ihren Songs zu vernachlässigen.

Oftmals lösen sich die Bands, die aus mehreren gestandenen Solomusikern bestehen, nach zwei oder drei Alben wieder auf. Der bisherige Output der US-Rails bewegt sich mittlerweile im zweistelligen Bereich. Dieser Umstand deutet bereits darauf hin, dass die Musiker die US Rails nicht als Side-Projekt ansehen, sondern quasi nebenher ihre Solokarrieren verfolgen. Lediglich Gründungsmitglied Joseph Parsons verließ die Band und setzte andere musikalische Schwerpunkte.

Vor allem die Live-Präsenz der US Rails in Europa ist deutlich höher als die der einzelnen Bandmitglieder. Von den Tourneen 2016 und 2018 berichtete SoS aus dem Karo in Wesel. Die für 2020 geplanten Konzerte fielen dann aus den bekannten Gründen ins Wasser. Die Freude der Akteure zusammen auf der Bühne zu stehen, ist bei den Auftritten zu spüren, sodass es nicht wundert, dass die US Rails – nachdem die Live-Vorstellung des Albums „Mile After Mile“ pandemiebedingt ausfiel – nun wieder intensiv loslegen.

Zwischen Februar und April gastieren sie mit fast vierzig Shows in Europa. Die obligatorische Station im Karo (20.03.2023) ist selbstredend eingeplant. Ansonsten sind der Niederrhein und das Ruhrgebiet als SoS-Kerngebiet, abgesehen von zwei privaten Veranstaltungen, leicht unterrepräsentiert. Aber auch längere Anfahrten sollten in Kauf genommen werden, um die Band zu sehen. Vor allem das Material der letzten beiden CDs verspricht mitreißende Konzertabende.

Die Besonderheit der US Rails besteht darin, dass es keinen Bandleader gibt. Sowohl das Songwriting als auch der Leadgesang verteilen sich gleichmäßig auf Arnold, Bricklin und Gillam. Jeder steuert drei Tracks zu „Live For Another Day” bei. Muir setzt meist nur einzelne Akzente mit seinen Eigenkompositionen, so auch auf der neuen Scheibe mit dem straighten „Walk Away“. Der Drummer übernahm allerdings die Tontechnik und Abmischung. Der Teamgeist zeigt sich ebenfalls in den typischen, ausgiebigen Harmoniegesängen, die sicherlich zu einem zentralen Erkennungsmerkmal der Band gehören.

Arnold eröffnet mit dem Titeltrack das Album und beschließt es mit „End Of Time“. Auf den beiden im mittleren Tempobereich angesiedelten Stücken kommt Arnolds Gesang voll zur Geltung. Seine markante, von denen seiner Mitstreiter gut zu unterscheidende Stimme prägt auch das soulige „No Better Love“. An den Keys setzt Arnold zudem bei manch anderem Stück Akzente.

Bricklin legt seine drei Songs unterschiedlich an. „Can’t Let It Go“ wird bei der Ankündigung der Veröffentlichung durch Blue Rose Records in die Nähe der Hooters gerückt. Tatsächlich sind Parallelen zu hören. Bricklin, seines Zeichens Bassist der Band, greift hier zur Mandoline. Die gefühlvolle Ballade „What Did I Do” überzeugt auf ganzer Linie. Gillam unterlegt den ruhigen Song im richtigen Maß mit seiner Slide-Gitarre. Weiterhin steuert Bricklin („Lay Your Head On Me”) – ebenso wie Gillam („Feels Like A Heartache”) – eine eingängige Midtempo-Nummer dem Longplayer bei.

Gillam vertritt meist die stärker am Rock orientierten Tracks auf den Alben. Auch diesmal liefert er mit dem gradlinigen Rock’n Roll „The Road To Hell” sowie dem besonders starken „Too Much Is Never Enough“ erneut in dieser Richtung ab. Beim letztgenannten Stück schwingt vielleicht etwas von den Georgia Satellites mit. Jedenfalls hat Gillam einen wunderbaren, runden Song geschaffen, der Genreklassikern in nichts nachsteht.

Die US Rails stecken die Corona-Unterbrechung locker weg. Mit frischen Songs melden sie sich zurück. Unverändert besinnt sich die Band auf ihre Stärken als Team. Der Wechsel der Leadsänger und Songwriter sorgen wie gewohnt für Abwechslung. Dabei wirkt „Live For Another Day“ homogener und noch stimmiger als die vorangegangenen Alben. Die Songs ergänzen sich hervorragend, ohne dass sich ein Schwachpunkt ausmachen ließe.

Blue Rose Records (2023)
Stil: Rock, Americana

Tracks:
01. Live For Another Day
02. Can’t Let It Go
03. Too Much Is Never Enough
04. Walk Away
05. What Did I Do
06. No Better Love
07. Feels Like A Heartache
08. Lay Your Head On Me
09. The Road To Hell
10. End Of Time

US Rails
US Rails bei Facebook
Blue Rose Records

US Rails – Support: Mark Olson – 11.03.2018, Wesel, Karo – Konzertbericht

Raios_Haupt

Wie bei fast jeder Tour der letzten Jahre, war auch 2018 das Jugendzentrum Karo wieder Veranstaltungsort für die US Rails.

Im Vergleich zum letzten Besuch der Truppe hatte sich einiges getan und die gesamten Bühnenwände waren mit schwarzen Theatervorhängen verkleidet, was ich zunächst als sehr positiv empfand. Allerdings hätte dann etwas mehr Beleuchtung gut getan, da die meist spärliche Bühnenausleuchtung so fast vollends geschluckt wurde. Dies war auch der einzige Makel, in einem ansonsten schönen Konzertabend, der mehr Zuschauer verdient gehabt hätte. Besonders hervorzuheben ist, dass es dem Soundmixer gelungen ist, einen wunderbar transparenten Klang in den Ort des Geschehens zu transportieren.

Zu Beginn spielte Mark Olson, bekannt von den Jayhawks zusammen mit Ingunn Ringvold einen etwa 50 minütigen Set, mit meist neuen Sachen und nur zwei alten Jayhawks-Songs, welche aber, in ein neues Gewand gesetzt, kaum als solche erkennbar waren. Besonders hervorzuheben ist die Vielfalt der von den beiden eingesetzten Instrumente, und der gelungene zweistimmige Gesang, der zum Teil als Kanon eingesetzt wurde

Ingunn Ringvold spielte bei einigen Songs auf einer armenische Harfe, Olson neben seiner Fender E-Gitarre einen Dulcimer, sodass sich ein keltischer, dezent psychedelischer Einschlag, durch den Act zog. Olson moderierte gut gelaunt und humorvoll durch die Stücke und das Publikum lauschte fast staunend den zum Teil unkonventionell eingesetzten Instrumenten.

Auch hier wäre mehr Licht schön gewesen, um die Handarbeit der Künstler besser beobachten zu können. Selbst Ringvold fragte nach etwas mehr Helligkeit, da sie zu wenig sehen würde. Nach einer frenetisch geforderten Zugabe zogen sich die beiden Protagonisten zurück, um den US Rails die Bühne zu übergeben, welche diese, nach einer angenehm kurzen Umbauphase, auch betraten.

Im Gepäck hatte die Band die neue CD „We Have All Been Here Before“, auf der Coversongs von ihnen favorisierter Bands in ein US Rails-Kostüm gesteckt wurden. Diese sorgten, bei dem einen oder anderen Zuhörer, sogar für etwas Wehmut. Unterstützt wurde das Quartett um Tom Gillam, Matt Muir an den Drums, Scott Bricklin (Gitarre und Keyboards) und Ben Arnold (Keyboards und Gitarre) von Cliff Hillis am Bass. Zudem wechselten sich alle vier im Lead-, mehrstimmigen und Background-Gesang ab, was durch die unterschiedlichen Tonlagen, jedem Song einen eigenständigen Charakter gab.

Zum Teil fühlte man sich an die Eagles mit deren Harmoniegesängen erinnert. Schön war, dass alle 4 Hauptprotagonisten gleichberechtigt ihre Anteile sowohl in der Anmoderation, wie auch als Hauptakteur der Songs hatten und so ein etwa zweistündiges, sehr abwechselungsreiches Konzert die Folge war.

Neben den eingestreuten Coversongs „Train in Vain“ von The Clash, „Second Hand News“ der legendären Fleetwood Mac (hier besonders hervorzuheben der mehrstimmige Harmoniegesang, der bewies, dass der Song auch ohne Stevie Nicks funktionieren kann) „Poor Poor Pitiful Me“ von Warren Zevon und „Running On Empty“ von Jackson Browne, spielte die Band eine bunte Mischung von Tracks aus den letzten 8 Jahren.

Besonders hervorzuheben sind dabei „Lucky Stars“ und „Rainwater“ vom 2010er-Album “US Rails”, “Colorado” und „Declaration“ vom 2016er-Werk “Ivy” sowie “Don’t Take Me Now” und der Raußschmeißer “Old Song On The Radio” von “Southern Canon”.

Den gelungenen Konzertabend rundete die Band ab, in dem alle Bandmitglieder sich die Zeit für Autogrammwünsche und Unterhaltungen mit den Fans nahmen. Gillam bat mich, die Fotos doch so auszuwählen, dass er darauf jung aussieht. Wenn man von der erfrischenden Musik auf das Alter der Musiker schließen sollte, hätte sich, meiner Ansicht nach, eine Bearbeitung über Photoshop eh erübrigt.

Wer auf authentische Westcoast-Musik mit inspirierten Akteuren steht, dem sei angeraten, zu schauen, ob die US Rails in der Nähe auftreten. So hat man mit einem Konzertbesuch die Gelegenheit,  sowohl die Liveclubs, als auch die Band zu unterstützen.

Line-up: Mark Olson
Mark Olson (lead vocals, guitars)
Ingunn Ringvold (lead vocals, harp, mellotron, percussion)

Line-up:
Tom Gillam (lead vocals, guitars, bgv)
Ben Arnold (lead vocals, keys, acoustic guitar, bgv)
Scott Bricklin (lead vocals, acoustic and electric guitar, keys, bgv)
Matt Muir (lead vocals, drums, bgv)
Cliff Hillis (bass)

Text und Bilder: Gernot Mangold

Mark Olson
Mark Olson bei Facebook
US Rails
US Rails bei Facebook
Karo Wesel

Chuck Prophet & The Mission Express – 12.02.2017, Wesel, Karo – Konzertbericht

100A6754-Bearbeitet_bearbeitet-1

Ich möchte zunächst mal ein Kompliment an den Karo-Chef Mathias Schüller aussprechen. Er schafft es, nicht nur zur Freude meinerseits,  seit vielen Jahren immer wieder tolle musikalische Acts in sein ‚Wohnzimmer‘ zu holen. Mit der Rockmusiklegende Chuck Prophet samt The Mission Expresss ist ihm ein weiterer echter Husarenstreich für kleines Eintrittsgeld gelungen.

Das fachkundige Publikum dankte es ihm mit einer nahezu ausverkauften Location und einem rundem Abend, bei dem sämtliche Anwesenden ihren Spaß hatten. Es lag natürlich auch am bestens aufgelegten und sympathischen Protagonisten, der sich trotz seiner beeindruckenden musikalischen Vita, von der spartanischen Räumlichkeit mit seinem Probenraum-Charakter, für seine Verhältnisse unbeeindruckt zeigte, ja sogar samt seiner Mitstreiter offensichtlich richtig ‚Bock‘ hatte, ordentlich Gas zu geben.

Für mich war es die zweite Begegnung mit dem einstigen Green On Red-Mitglied. Ich hatte ihn mal 2006 beim Blue Highways-Festival, damals im großen Saal des Utrechter Musiekcentrum Vredenburg vor größerer Kulisse erlebt. Nicht nur der vergangenen Zeit geschuldet, war dieser Abend im Vergleich natürlich an Intensität nicht zu toppen, hier in Wesel konnte man dem Musiker ja quasi fast beim Spielen auf die Schulter klopfen. Das ist dann ja auch immer der Reiz, die solche Orte wie das Karo ausmachen.

Als Support hatte noch für eine halbe Stunde der Singer/Songwriter Max Gomez mit seiner Akustikgitarre den Alleinunterhalter gegeben. Der Bursche aus New Mexico erinnerte mich irgendwie an einen akustisch agierenden John Mayer. Er spielte typischen Stoff in der Tradition von Leuten wie Townes Van Zant & Co., was ihm am Ende viel Applaus und eine Zugabe einbrachte.

Chuck und seine Mitspieler Stephanie Finch, James DePrato, Vicente Rodriguez und Kevin White stiegen mit dem melodisch flockigen Titelstück ihrer brandneuen CD „Bobby Fuller Died For Your Sins“ ein, das dann im weiteren Verlauf mit Songs wie dem pettyesken „Bad Year For Rock And Roll“, dem rockigen „Alex Nieto“ (Finch mit schönem HT-Piano), „Jesus Was A Social Drinker“ (Chuck erstmals mit Akustikgitarre), dem Alan Vega gewidmeten „In The Mausoleum“, dem Stampfer „Coming Out in Code“ und der Ballade „We Got Up and Played“ sehr umfangreich vorgestellt wurde.

Mit dem Chuck Berry-Track „Ramona Say Yes“ und der ersten Interaktion mit dem Karo-Publikum „Temple Beautiful“ hatte das Quintett bereits zu Anfang Stimmung in die Bude gebracht. Prophet führte ganz im Stil eines großen charismatischen Bandchefs, das Publikum wie auch seine Mitspieler durch das Programm. Er weiß genau, wie man eine kollektiv gute Chemie erzeugt und aufbaut.

Das atmosphärische „You Did (Bomp Shooby Dooby Bomp)“ mit grandiosem Prophet E-Solo war mein persönliches Highlight im ersten Abschnitt. Über das stoneske „Ford Ecoline“, dem emotionalen Leonard Cohen-Cover „Iodine“ ging es mit „Summertime Thing“ (mit einem an Marshall Tuckers „Can’t You See“ erinnernden Schlussteil), „Countrified Inner City Technological Man“ (klirrendes Slide-Solo vom stark spielenden DePrato), dem abermals launigen „Wish Me Luck“ (wieder grandioses Prophet E-Solo) und „Willie Mays Is Up At Bat“ (Chuck und James mit Twin-Zusammenspiel) zum Abschluss des Hauptteils in musikalische Regionen, die in unserem Magazin natürlich gerne gehört werden.

Der zu dem Zeitpunkt schon fast euphorisiert wirkende Bandlleader holte zum stürmisch eingeforderten Nachschlag dann o. a. Max Gomez als schöne Geste zur Unterstützung mit auf die Bühne. Mit „Let Her Dance“, dem The Fall-Cover „Mr. Pharmacist“ und „You And Me Baby (Holding On)“ gab es dann noch mal satte drei Zugaben.

Chuck Prophet und sein Mission Express sorgten mit ihrer gut gelaunt und lebensnah performten Mischung aus Rock, Pop, Punk (dezent), Country- und Southern Rock für zwei Stunden beste Unterhaltung. Auf bessere Art und Weise kann man ein Wochenende eigentlich nicht ausklingen lassen (wenn Montags die Arbeit nur nicht wär…) Ein wunderschöner Abend im Karo, an dem es am Ende eigentlich nur Gewinner gab. Danke nochmals an Mathias für die Akkreditierung.

Line-up:
Chuck Prophet (lead vocals, guitars)
Stephanie Finch (keys, percussion, bgv)
James DePrato (guitar, bass, bgv)
Vicente Rodriguez (drums, , keys, bgv)
Kevin White: (bass guitar)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Chuck Prophet
Chuck Prophet bei Facebook
Max Gomez
Max Gomez bei Facebook
Karo Wesel

US Rails – 30.10.2016, Wesel, Karo – Konzertbericht

100a0664-bearbeitet

Nach der wunderbaren Einstimmung durch Water And Sand gaben nach fixer Umbaupause die musikalischen Schwergewichte der US Rails dann ihre beeindruckenden Westcoast-umwehten Roots Rock-Künste zum Besten. Die Band um Spaßvogel Tom Gillam, Scott Bricklin, Ben Arnold und Matt Muir hatte ja den, von nicht unerheblicher Dimension begleiteten Ausstieg von Joseph Parsons zu verkraften. Der wurde jedoch mit Jungspund Felix Beguin recht fließend über die Bühne gebracht und demnach angemessen kompensiert.

Auch die US Rails hatten mit „Ivy“ brandneues Liedgut am Start, das es im voll besetzten Weseler Kultclub einzuweihen galt. Los ging es jedoch mit dem allseits bekannten, von Ben Arnold besungenen flotten „Heartbreak Superstar“. Scott Bricklin (erinnerte vom Gesang ganz stark an Don Henley) war dann bei „Drag Me Down“ zur Stelle. Pfundskerl (in allen Belangen) Tom Gillam stieg mit dem Southern Soul Stück „Colorado“ an der Gesangsfront in den Set ein.

Nach Sachen wie „Lucky Man“ (Bricklin), „I’ve Got Dreams“ (Arnold), dem Stampfer „Everywhere I Go“ (Bricklin, Southern Twin-Solo) durfte dann auch Schlagzeuger Matt Muir, bei „Follow The Lights“ seine Multitasking-Fähigkeiten am Haupt-Mikro ins Licht stellen. Gillam übernahm wieder bei „He’s Still In Love“ (klasse Slide-Solo von ihm, HT-Piano-Einlagen von Arnold). Scott Bricklin führte anschließend durch den launig schunkelnden ‚Drinkin‘ Song‘ „Good Times“. Beim „Old Song On The Radio“ testete Tom zum ersten Mal die Mitsingbereitschaft seiner Audienz.

Für „You’re My Home“ wechselten Bricklin und Arnold die Instrumente, Erstgenannter beeindruckte mit Boogie-ähnlichen Klimper- sowie den typischen Hin- und Her-Streicheinlagen über die Tastatur. Muir war unter zu Hilfenahme von Pinsel Drums bei „Don’t Take Me Now“ wieder Gesangs-Leader. Nach „Heaven Right Now“ (Bricklin, schöne Twin-E-Gitarren-Passage) gab es bei „Way Of Love“ ein munteres ‚Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel‘. Bassist Beguin wechselte ans Piano, Bricklin streifte seinen Viersaiter über und Ben Arnold schulterte die Akustische und übernahm auch die Lead vocals. Er gefiel mir mit seiner rauchigen Stimme im vokalen Bereich am besten.

Scott Bricklin glänzte dafür als ‚Hans Dampf in allen Gassen, Matt Muir mit den erwähnten Multitasking-Fähigkeiten, der junge Beguin mit stetem Körpereinsatz (der schmale Bursche schwitzte dabei unter den ‚alten‘ Männern am meisten) und der schlitzohrige Gillam mit seiner charismatischen Aura und unzweifelhaften Entertainer-Qualitäten, sowie seinem E-Gitarren-Können. So hatte man wirklich nie das Gefühl, dass irgendein Akteur mehr im Vorder- oder Hintergrund stand. Tom war dann auch wieder bei „Declaration“ vom neuen Werk zur Stelle.

„Do What You Love“ diente sowohl zur Vorstellung der Band als auch mit seinem launigen Finish zum Abschluss des Hauptteils. Das klasse mitgehende Weseler Publikum ließ das Quintett natürlich nicht ohne weitere zusätzliche Tracks in den Feierabend. Mit dem Jackson Brown-Cover „Running On Empty“, dem herrlichen „Shine Your Light“ (furioses gospeliges Ende) und dem Mega-Ohrwurm „Lucky Stars“ (mein Favorit des Abends) legten die US Rails dann nochmal drei richtige Knaller nach, sodass wirklich keine Wünsche mehr offen blieben.

Auch der zweite Part dieses grandiosen Konzert-Pakets war eine Augen- und Ohrenweide. Die US Rails, die ich übrigens zum ersten Mal live gesehen habe, eroberten mein Southern-verwöhntes Musikherz sofort im Sturm. Genau meine Kragenweite. Auch Fotograf Gernot, für den die Band absolutes Neuland war, zeigte sich höchst beeindruckt, vor allem, was die herrlichen Satz-Gesänge anging. Danke an die Beteiligten für einen durchgehend tollen Abend und explizit auch an Karo-Leiter Mathias Schüller für die schnelle und unproblematische Akkreditierung.

Line-up:
Tom Gillam (lead vocals, guitars, bgv)
Ben Arnold (lead vocals, keys, acoustic guitar, bgv)
Scott Bricklin (lead vocals, acoustic and electric guitar, bass, bgv)
Matt Muir (lead vocals, drums, bgv)
Felix Beguin (bass, keys, bgv)

Bilder: Gernot Mangold
Video: Gudi Bodenstein
Text: Daniel Daus

US Rails
US Rails bei Facebook
Karo Wesel

Water And Sand – 30.10.2016, Wesel, Karo – Konzertbericht

100a0078-bearbeitet

Puh, das Ende dieser gerade vergangenen Woche hatte es für mich in sich. Zunächst hatte ich mich als Büromensch entschlossen, den fälligen Rückschnitt, der in meinem Garten, üppig und hoch wie tief gewachsenen Kirschlorbeersträucher nach der Arbeit endlich noch zu bewältigen (was mir dann auch inkl. des fälligen bösen Muskelkaters an zwei Nachmittagen gelungenen ist), Freitag Abend kam ein Konzert dazu, Samstag war der zu erstellende Bericht dafür fällig. Sonntag folgte dann der Jetleg des kleinen Mannes, die Zeitumstellung, und als Highlight am Abend das grandios besetzte Doppelkonzert mit Water And Sand und den US Rails im Weseler Karo. Ein recht gewagtes Unterfangen, alles so an einem Stück zu bewältigen.

In der Regel besteht bei solchen Events mit Vorgruppen im kleineren Rahmen ja meist eine erhebliche Diskrepanz zum Hauptact, sodass man diesen Teil im Bericht normaler Weise schnell mit ein paar kurzen Zeilen abhandeln kann. Diesmal lag die Niveau-Latte jedoch bei beiden Gruppierungen derart hoch, und somit auch der Sachverhalt völlig anders, dass wir uns entschlossen haben, zwei getrennte Berichte zu verfassen.

Todd Thibaud zählte bereits immer zu meinen Lieblings-Singer/Songwritern und ich habe ihn im Weseler Jugendzentrum schon mehrfach in diversesten Konstellationen erlebt. Diesmal hat er sich mit der aus Cincinnati, Ohio, stammenden Musikerin Kim Taylor als Water And Sand zusammengetan. Im Gepäck hatten beide natürlich das zur Tour kreierte, gleichnamige Debütalbum, produziert von Sean Staples. Der hatte laut Todd zunächst die nur mit Akustikgitarren und Gesang eingespielten Rohfassungen erhalten, sie dann aber liebevoll mit diversen starken Gastmusikern für die finale Version ‚angereichert‘.

Staples diesmal hauptsächlich am Bass und sporadisch nur an seinem Parade-Instrument, der Mandoline, tätig, begleitete dann das Protagonisten-Duo zusammen mit dem ebenfalls bestens im Karo bekannten Thomas Juliano, der wieder seine variablen Künste an der E-Gitarre (Slide, Bariton) walten ließ. Kim und Todd teilten sich die Lead Gesänge in einem ausgewogenen Verhältnis, wobei Todd in Gentleman-Manier (gefühlt) seiner Partnerin etwas den Vorzug gab. Beide glänzten natürlich besonders in den Vokal-Harmonien und bedienten auch die Akustikgitarre, Todd gab dazu noch bei „Feet Of God“ ein Mundharmonika-Intermezzo.

Es sah zunächst aus, als wenn die neue Scheibe komplett runtergespielt würde. Stück 1-4 mit „Far And Fallen“, „All I Wanna Do“, „Feet Of God“ und „My Amends“ entsprachen exakt auch in der Reihenfolge dem Silberling, der natürlich im weiteren Verlauf mit weiteren Exponaten wie u. a. „Stars Will Guide Us“ dem lässign Schwofer “Hard Side Of Love“, „Speak At Last“ (schön sich im Verlauf des Liedes steigernd) und dem grandios gebrachten atmosphärischen Titelsong „Water And Sand“ zum Ende des Hauptteils, mit all seinen Facetten präsentiert wurde.

Aufgelockert wurde das Ganze durch ein paar Covernummern , dem starken „Gasoline & Matches“ von Buddy Miller, „Peace In The Valley“ (?) mit einem Staples Mandolinen-Solo zum Niederknien und Gillian Welchs „Miss Ohio“. Dazu ließ Todd noch das flockige „You & Me“ aus seinem eigenen Fundus (von „Broken“) springen. Die eingeforderte Zugabe stand dann nochmal im Zeichen von Kim Taylor. Die performte ihr „Days Like This“ unter Harmoniegesangs-Assistenz von Todd mit seinem typisch angenehmen Schmelz in der Stimme und Tom Julianos herrlich hallender E-Gitarre.

Fazit: Ein bewegender, fast 1 ½ Stunden währender Water And Sand-Auftritt, bei dem die musikalischen und vokalen Elemente perfekt ineinander griffen. Singer/Songwriter-Stoff der ganz großen Schule. Ein anspruchsvolles Projekt mit Zukunft. Großartig!

Line-up:
Kim Taylor (lead vocals, acoustic guitar)
Todd Thibaud (lead vocals, acoustic guitar, harp)
Thomas Juliano (electric guitar)
Sean Staples (mandolin, bass)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Water And Sand
Water And Sand bei Facebook
Karo Wesel

Greyhound Soul – 13.11.2008, Karo, Wesel – Konzertbericht

Greyhound Soul standen schon lange auf meiner Konzertwunschliste, nachdem ich ja mit stetig wachsender Begeisterung ihre letzten drei Alben „Alma De Galgo„, „Down“ und „Tonight And Every Night“ reviewt hatte. Das schöne an Bands oder Interpreten aus der Blue Rose-Familie ist, dass die Wahrscheinlichkeit relativ hoch ist, sie irgendwann im Karo in Wesel begutachten zu können, einem Club, der mir mit seiner ungezwungenen und angenehmen Atmosphäre über die Jahre hinweg immer mehr ans Herz gewachsen ist. Ein Verdienst nicht auch zuletzt des Musikers und Organisators des Karos, Mathias Schüller, der es immer wieder schafft, interessante Gigs in seinem Jugendclub, für erschwingliches Geld stattfinden zu lassen.

Gegen 22.00 Uhr betraten die Wüstenrocker von Greyhound Soul die Bühne. Zum Aufwärmen wurde sich direkt jamartig und psychedelisch in den Gig gespielt, wobei Joe Pena seinem Arbeitsgerät die ersten Baritone-Klänge entlockte, Jason DeCorse einige Slide-Wischer dazwischenfunkte und Robert Hepworth sein Keyboard sporadisch Organ-artig pfeifen ließ. Das wirkte zunächst recht cool und reserviert. Aber mit dem direkt folgenden „Midnight Radio“ vom aktuellen Album „Tonight And Every Night“ rockte das Quintett dann richtig brachial los. Herrlich anzusehen und zu hören wie Joe Pena gegen die geballte Instrumentalkraft seiner Mitstreiter mit seinem unnachahmlichem Stimmorgan (hört sich an, als wenn er jeden Morgen sein Frühstücksbrot mit einer Scheibe Schmirgelpapier belegt) ankrächzte.

Bei „Angelina“ zeigte Joe, dass auch sein Harpspiel nicht von schlechten Eltern ist. Jason erzeugte bei „Comin‘ Home“ mit Steelgitarren-artigen Tönen, durch exzellent filigrane Bearbeitung seiner Telecaster zur Freude des Rezensenten wohltuendes Countryflair. Der Fokus wurde natürlich schwerpunktmäßig auf das aktuelle Album gelegt.So folgten „Do What You Do“, „Layin‘ Down Lost“, „Time To Come Home“ und, wenn man so will, „Alligator Face“ (die Erstfassung gab es ja auf „Alma De Galgo„) weitere Auskoppelungen.

Besonders gut gefallen hat mir „Freaks“ von ihrem Debütwerk, das neben dem dynamischen und melodischem Verlauf vor allem mit zwei glänzenden Slidepassagen von DeCorse zu punkten wusste. Überhaupt hat mir immer am meisten zugesagt, wenn der Sound so richtig fett rüber kam (vor allem bei „Drag Queen“), wobei die Rhythmus-Fraktion mit Duane Hollis und Winston Watson (der mir beim Konzert der Sand Rubies vor geraumer Zeit schon positiv aufgefallen war) eine exzellente Basis für die beiden Hauptakteure Pena und DeCorse bildete.

Nach ca. einer Eindreiviertelstunde war dann nach einer dieser vielen, herrlich lang gezogenen, staubigen Instrumentalpassagen der Hauptpart zu Ende. Pena & Co. zollten den rhythmischen Beifallsbekundungen aber nach einer kurzen Pause Tribut und ließen mit dem balladesk vorgetragenen „I’ll Wait Around“ (Pena im ersten Part solo, im zweiten dann mit kompletter Band) ein einzigartiges Desert Rock-Konzert in Wohnzimmer-Clubatmosphäre begeisternd ausklingen. Schade immer wieder, dass solche Bands wie Greyhound Soul nach wie vor in unserem Lande nur von einem Insiderpublikum (diesmal ca. 100 Zuschauer) wahrgenommen werden. Selbst meine Frau war völlig baff und sagte, dass sie noch nie ein Konzert erlebt habe, bei dem ihr wirklich jeder Song ausnahmslos gefallen hat. Mit einem schöneren Kompliment kann man einen solchen Bericht doch wohl nicht abschließen, oder?

Greyhound Soul
Greyhound Soul bei Facebook
Blue Rose Records
Karo Wesel

Madison Violet – 24.04.2009, Karo, Wesel – Konzertbericht

Das war für mich irgendwie ein ganz seltsamer Abend. Gefahren bin ich an diesem Freitag in mein geliebtes Weseler Karo wegen Madison Violet. Empfohlen hatte mir das Duo Karo-Leiter Mathias Schüller schon vor einigen Monaten beim Band Of Heathens-Konzert. Danach vergingen Wochen, ohne dass ich einen weiteren Gedanken an die kanadischen Mädels verschwendete (welch blöder Ausdruck…). Dann erreichte mich plötzlich ein Newsletter von der Promo-Agentur, die das neue MV-Album „No Fool For Trying“ ankündigte.

Ich mailte die Agentur an und bat um eine Akkreditierung für das Weseler Konzert und gleichzeitig um ein Rezensionsexemplar der CD – man möchte ja schließlich nicht unvorbereitet zu solch einem Gig. Prompt hatte ich zwei Tage später das Teil im Briefkasten. Der Konzerttermin war in meinem Kalender auf der Arbeit vermerkt. Unglücklicherweise brach ich mir vor 14 Tagen den Zeh meines rechten Fußes und überlegte, ob ich den Gig angesichts der zu erwartenden Standzeiten wahrnehmen sollte, zumal noch keine Akkreditierungszusage vorlag. Aber siehe da, die Agentur hatte sich bereits um alles gekümmert. Also hieß es doch auf die Zähne zu beißen.

Damit komme ich jetzt zum eigentlichen Anliegen des Abends, Madison Violet, alias Brenley MacEachern und Lisa MacIsaac, zwei hübsche und musikalisch sehr beschlagene Kanadierinnen. Die präsentierten ihr neues Werk „No Fool For Trying“, das auch schon im Studio recht sparsam (aber dafür umso exzellenter und filigraner) instrumentiert war, als reines Duo und reduzierten ihre Songs demnach vom Gehalt her auf ein Minimum, was der äußerst charmanten, sympathischen und humorvollen Performance aber keinen Abbruch tat.

Im Gegenteil, dem Zuschauer/Zuhörer wurde gerade deshalb ein konzentrierter Blick auf ihr umfassendes Können geboten. Beide zeichneten sich durch ihren hervorragenden Einzel-Gesang (federführend hier hauptsächlich die mit ihren geflochtenen Zöpfen superhübsch und countrygirlmäßig rüberkommende Brenley MacEachern) aus, der Knaller an sich waren aber die wirklich auf den Punkt gebrachten und fast schlafwandlerisch sicher sitzenden Harmoniegesänge (klasse hier Lisa McIsaac).

Nicht zu unterschlagen natürlich auch ihre instrumentellen Fertigkeiten in Sachen Akustikgitarren- (beide), Fiddle-, Mandoline- (Lisa) und Harp-Spiel (Brenley). Der Vortrag begann wie auf der CD mit dem wunderbar atmosphärischen „The Ransom“, über „Best Part Of Your Love“, gefolgt von Brenleys kurz skizzierter und in einem Song verfassten Abkehr von materiellen Werten bei „The Skylight“. Dem Titelsong ihres Silberlings „No Fool For Trying“ wurde Brenleys ‚Suche nach dem perfekten Schnitzel in Deutschland‘-Anekdote (süß ihr Akzent bei der deutschen Aussprache) vorgeschoben. Eine engagierte Zuschauerin überreichte ihr daraufhin Recherchematerial diesbezüglich… oder eine Speisekarte, was letztendlich nicht aufklärend zu erkennen war.

Die gesangstechnische Einbindung des Publikums entpuppte sich beim allerdings auch recht schwierig mitzusingenden „Men Who Love Women“ als gut gemeinter Vorsatz. Der wohl emotionalste Moment des Abends war, als die beiden das MacEacherns getötetem Bruder gewidmete „The Woodshop“ vortrugen, bei dem man Brenley deutlich den Kloß im Hals in der sichtlich berührten Gesangspräsentation anmerkte. Der Song ging unter die Haut.
Das berühmt berüchtigte Simon & Garfunkel-Cover „Mrs. Robinson“ (ich hasse Simon & Garfunkel…) und mein persönliches Lieblingsstück des aktuellen Albums, das flotte „Lauralee“ (herrlich hier einmal mehr die brillanten Harmonies) beendeten eine kurzweiliges Programm, das mit der Zugabe „Sore Heart“, einer Gemeinschaftsarbeit der beiden mit Ron Sexsmith, eine Spielzeit von einer guten Stunde erreichte.

Beide Mädels überzeugten als musikalisch glänzendes und harmonisches Team, die angenehme Optik gab’s noch obendrauf. Einem weiteren Besuch meinerseits (hoffentlich dann mal mit kompletter Bandunterstützung) steht demnach nichts im Wege, zumal weitere, zukünftige Auftritte in Wesel, angesichts der offensichtlichen Wohlbekundungen der beiden ‚Macs‘, als wahrscheinlich gelten dürften. Ich freu mich drauf!

Madison Violet
Madison Violet bei Facebook
Karo Wesel
JESS! PR Promotion

Parsons Thibaud – 02.11.2007, Karo, Wesel – Konzertbericht

Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Drei Jahre ist es schon wieder her, seit ich das letzte Mal im Karo in Wesel gewesen bin. Ende 2004 gab sich Todd Thibaud mit seiner Band die Ehre, um sein hervorragendes Album „Northern Skies“ vorzustellen. Schon damals erwähnte ich, dass ich gerne wiederkommen werde, wenn sich die Gelegenheit dazu bieten würde. Und was wäre die Welt ohne einen Musik-Redakteur, der nicht sein Wort halten würde?

Als ich erfuhr, dass der gute Todd mit seinem Langzeit-Kumpel Joseph Parsons wieder im Lande ist, zudem mit Terry Lee Hale als Support, somit ¾ des Bestandes von Hardpan, die ich ebenfalls vor einigen Jahren schon beleuchtet hatte, war die Sache klar. Auf nach Wesel, das ja von Rheinberg nur einen Katzensprung entfernt liegt. Das Karo hat sich im Laufe der Zeit eigentlich fast gar nicht verändert. Im Aufenthaltsraum gab es die lecker 0,33l Bierfläschchen zum moderaten Preis, der relativ kleine quadratische Raum mit dem sperrigen Pfeiler vor der Bühne bietet gediegene, dunkle Wohnzimmeratmosphäre, allerdings eher auf Studenten-WG-Basis.

Um 20:45 Uhr betrat der wie immer wuselig und ein wenig hektisch wirkende Teryy Lee Hale die Bühne, öffnete seine Tasche und ordnete wie ein Beamter im Stress seine Mitbringsel (Plektron, Mundharmonika) auf dem bereitgestellten Tisch. Stöpsel in die Akustikgitarre und los ging’s. Hups, wen hat er den da mitgebracht? Ist Diego Maradona zum Entzug seiner Drogenprobleme etwa ausgerechnet ins Musikerfach gewechselt? Nein, der Autor muss wohl mal demnächst zum Optiker, es war der französische Bassist Nicolas Chelly alias ‚Fingerbones‘, der Terry schon seit längerem bei Konzerten begleitet.

Hale (wie später Thibaud und Parsons auch) hatte von Beginn an das Pech, dass zum einen ein recht unerfahrener junger Bursche das Mischpult bediente, zudem noch direkt beim zweiten Stück ein Wackelkontakt im Mikrokabel recht kratzige unharmonische Töne durch die Boxen jagte. Nachdem dieses ausgetauscht wurde, legte er dann aber in seiner gewohnt humoristischen Art los und präsentierte schwerpunktmäßig Stücke aus seinem Album „Shotgun Pillowcase“, wobei mir die Songs im zweiten Teil wie „Big Size“, „Level 20“, „Evergreen“, wo es zum Einsatz von Dobro und teilweise der Mundharmonika kam, am besten gefielen. Die kleine Anekdote über das Weseler Hotel, in dem Hale wieder residieren durfte, obwohl er sich beim letzten Mal mit dem Besitzer in der Wolle hatte, entwickelt sich scheinbar zum Running Gag. Die eingeforderte Zugabe „Cable Ballad Blues“ beendete einen sympathischen Support-Gig.

Nach kurzem Umbauen ließen sich die beiden Hauptakteure dann auf ihren Hockern nieder und bewiesen sofort, wie schön es sein kann, wenn zwei gute Songwriter, Gitarristen und Sänger ohne Eitelkeiten niveauvolle Americana-Musik, diesmal im semi-akustischen Gewand vom Stapel lassen. Keiner drängte sich in den Vordergrund, der Leadgesang wurde im konstanten Wechsel übergeben, der Nichtsingende konzentrierte dann sich auf sein Instrument und die tadellosen, auf den Punkt gebrachten Harmonies, die sich wie ein roter Faden durch das in zwei Sets aufgeteilte Konzert zogen.

Auch Joseph und Todd hatten natürlich ihre neue CD „Parsons Thibaud“ im Gepäck, aus der naturgemäß ein recht hoher Anteil von Liedern performt wurde (u.a. „The Right One“, „Skipping Stone“). Es wurde natürlich auch rumgefrozzelt. Todd merkte vor „My Daddy’s Cadillac“ an, dass sein Vater zu seiner Sturm- und Drangzeit nur einen Volvo fuhr, wonach Joseph mit einem Zwinkern erwiderte, dass dieser aber zumindest einen großen Rückbereich gehabt hätte … Sein Vater hätte dagegen ein sehr enges Coupé besessen. Mein absolutes Lieblingsstück „Louisiana“ von Thibauds toller „Northern Skies“-Scheibe beendete Teil eins der Show und erzeugte Gänsehaut auf dem Rücken.

Nachdem in dem schweißtreibenden Raum einmal durchgelüftet wurde und ein Pils die Zunge befeuchtet hatte, ging es nahtlos zum zweiten Part über. Hier gab es mit „Bury An Angel“ auch ein erstes Stück vom gemeinsamen Hardpan-Album. Highlights waren jedoch die wunderschönen „Anywhere“ und „Dirty World“, das allerdings abrupt unterbrochen wurde, als Thibaud das Akustik-Solo von Parsons mit »on lead guitar Joseph Parsons« würdigte, und damit ein kollektives Gelächter auslöste.

Um 0:10 Uhr ertönte mit dem Simon & Garfunkel-Cover von „The Boxer“ die erste Zugabe. Wieder einmal brillierten die beiden mit perfekten Harmoniegesängen. Danach wurde dann Spaßvogel Terry Lee Hale auf die Bühne geholt und mit „No Disguise“ gab es die ‚Fast-Hardpan-Reunion‘. Bei „Johanna’s Dreams“, dem persönlichen und emotional vorgetragenen Lieblingsstück von Thibaud, konnte man eine Stecknadel fallen hören.

Ein feiner, ruhiger Ausklang! Insgesamt ein brillantes Konzert zweier exzellenter Künstler in herrlicher Atmosphäre. So bleibt mir am Ende nichts weiter, als mich erneut zu wiederholen: Auch beim nächsten Male komme ich gerne wieder! Vielleicht dann wieder mit kompletter Bandbegleitung.

Todd Thibaud
Todd Thibaud bei Facebook
Joseph Parsons
Joseph Parsons bei Facebook
Blue Rose Records
Karo Wesel

Sand Rubies – 06.12.2007 Karo, Wesel – Konzertbericht

Mein langjähriger Schreibkollege Manni Hüther hatte mir mit seinen euphorischen Reviews zu den Sand Rubies, den früheren Sidewinders, den Mund derartig wässrig gemacht, dass der Gig im benachbarten Wesel (übrigens der einzige in NRW) für mich als arbeitenden Menschen auch innerhalb der Woche zur Pflichtveranstaltung mutierte.

Als Vorband hatten Why Amnesia aus Herne den Abend eröffnet. Nach einer knappen Viertelstunde Umbaupause, trat dann der kultumwobene Desert-Rocker aus Tuscon, Rich Hopkins, mit seinen Mannen ins Rampenlicht. Die Sand Rubies legten mit „What Am I Supposed To Do“, das noch von soundtechnischen Problemen begleitet war (Sänger Davis Slutes war viel zu leise ausgesteuert), sofort den Grundstein für eine schweißtreibende, mitreißende Tour durch ihr Songrepertoire und die kräftezehrenden Ausschweifungen ihres brillant aufgelegten Gitarrenkünstlers.

Natürlich wurde der Fokus dann auch auf das von mir mit gemischten Gefühlen aufgenommene „Mas Cuacha“ gerichtet: Mit „Satellite Radio“, „Can’t Change That“ (mein Lieblingssong vom Album), „Showcase 89“ und „Ferment“ (hier bewies Hopkins auch seine Gesangsqualitäten) wurden gleich vier Stücke im ersten Part abgewickelt. Mein Gefühl, dass die Stücke ‚im echten Leben‘ wesentlich besser zum Tragen kommen, bestätigte sich nachhaltig, selbst meine Frau Renate geriet ins Schwärmen.

David Slutes ist auch nach meinen Live-Eindrücken kein Übervokalist, lässt dies aber durch eine ungemein sympathische Bühnenpräsenz und flottem E-Rhythmusspiel in Vergessenheit geraten, zumal man als Sänger bei dieser geballten Instrumentalkraft kaum für Glanzlichter sorgen kann. Der kauzige Bassist Ken Andree (äußerlich mit seinem langen Kinnbart an Catweazle erinnernd) und Rasta-Drummer Winston Watson (was für eine satte Performance, klasse!) wussten nicht nur am Ende des ersten Teils (bei „Train Of Love“?) mit zwei aufeinanderfolgenden Soloeinlagen zu überzeugen. Rich Hopkins spielte sich auf seiner Gibson bei seinen umfassenden Ausflügen teilweise in regelrechte Rage.

Ein kurzer Akustikset wurde humorvoll als Gelegenheit zur Pinkelpause für die Zuschauer offeriert, danach krachte es in einer Tour hintereinander weg. Vom aktuellen Longplayer gab es noch „See You In September“, und nach zwei, vom wie immer angenehmen Weseler Publikum, eingeforderten Zugaben, wurde der fast zweistündige Gig mit viel Applaus beendet.

Mein Fazit: Auch wenn die Sand Rubies ja aus dem staubigen Amiland kommen, klangen sie für mich doch wie vier Briten, die in einem texanischen Wüsten-Geisterkaff mit dem Auftrag ausgesetzt wurden, die dortigen Toten mit knallhartem Rock’n’Roll wieder zum Leben zu erwecken. Diese Musik geht wirklich durch Mark und Bein.

Danke an Manni für einen tollen Tipp!

Rich Hopkins
Sand Rubies bei Facebook
Blue Rose Records
Karo Wesel

Todd Thibaud – 27.03.2009, Karo, Wesel – Konzertbericht

Einen Tag zuvor bei Steve Lukathers Gitarrenkünsten auf Weltniveau in Bochum, bei prall gefüllter Location auf mittelgroßer Ebene noch beigewohnt, galt es am darauf folgenden Abend den inneren musikalischen Hebel wieder umzuschalten. Angesagt war eine Mischung aus Singer/Songwriter-Stoff und melodischem Roots Rock in intimer Wohnzimmeratmosphäre.

Einer meiner Lieblingskünstler auf dem Gebiet war einmal mehr in Wesel zu Gast, Todd Thibaud. Der hatte seine vor geraumer Zeit erschienene und von mir beleuchtete CD „Broken“ mit im Gepäck, die es hier und heuer vorzustellen galt. Es ist meine bis dato vierte Live-Begegnung mit dem sympathischen Songwriter (einmal als Part von Hardpan, einmal mit Joseph Parsons im Duo, zweimal mit Begleitband) und, um es vorwegzunehmen, es sollte die eindeutig stärkste Vorstellung werden. Der gewichtstechnisch im Vergleich zu den Vorjahren etwas ‚robuster‘ wirkende Thibaud (mit Pepita-Hütchen als Kopfverzierung), kam nach meinem subjektivem Empfinden vom Wesen und seiner Körpersprache deutlich lockerer rüber als bei den erlebten Vorveranstaltungen, da konnte er den Hauch des dezent introvertierten nachdenklichen Intellektuellen nie so ganz abstreifen (was aber seine sympathische Note nie übertünchte).

Vermutlich lag es an seinen Mitstreitern (scherzhaft von Todd bei der Vorstellung als ‚Sleeping Dogs‘ betituliert, also aus seiner Sicht Todd Thibaud & The Sleeping Dogs), die gut gelaunt und spielfreudig ihren Frontmann zu Bestleistungen animierten. Thibauds samtweiches, glasklares Stimmorgan verströmte eine einzigartige, wohlige Wärme, sein präzises Akustikgitarrenspiel gab den Takt vor; der wie eine tapezierte Fahrradspeiche anmutende, hagere Sean Staples und der Holzfäller-Typ, Thomas Juliano (von Seven Mary Three), zeigten sich für die solistischen Glanzlichter verantwortlich. Erstgenannter ließ wieder ein Mandolinengezwitscher vom feinsten vom Staples, ähm vom Stapel, das ihn in freier Natur vermutlich ins Fadenkreuz so manches Ornithologen geraten lassen würde, Juliano beeindruckte mit variabler E-Gitarrenkunst. Und er war es auch der diesen Thibaud-Auftritt zu meinem Favorit werden ließ.

Die Brandbreite reichte vom sattem Rhythmusspiel, über klassische E-Soli bis zu atmosphärischen Bariton-Klängen, sowie letztendlich einer surrenden Slide-Performance beim den Hauptset abschließenden „You & Me“. Sprich, Thomas Juliano machte den Unterschied! Der in drei Teile gesplittete Abend (Set 1 von 21:15 – 22:00 Uhr, Set 2 22:20 – 23:10 Uhr, Zugaben 23:15 – 23:30 Uhr) umfasste 25 Stücke, die im Großen und Ganzen ein Best Of seiner vier Studioalben „Little Mystery“ (u.a. großartig das Titelstück und das mandolinenverzierte „Anywhere“), „Squash“ (u.a. „Is It Love?“, das flockig dargebotene „St. Cecilia“), „Northern Skies“ (u.a. mein Thibaud-Lieblingsstück „Louisiana“, das rockige „Three Words“, das rhythmische „On My Own Again“ mit fetzigem E-Solo) und dem aktuellen Silberling „Broken“, der natürlich den Schwerpunkt bildete (bis auf vier Tracks alles, wobei das atmosphärische „Simple Man“, die countryeske Ballade „Man That I Am“, das mit Honkytonk-Flair behaftete „Stone I Can’t Roll“ und das Slide-trächtige „You & Me“ besonders zu gefallen wussten). Drei Stücke (enthalten auf einem Blue-Rose-Bootleg: „Give Back My Heart“, „That Wasn’t Me“ und „Sweet Destiny“) waren mir bisher nicht bekannt, überzeugten aber allesamt.

Der vom recht sachlichen Publikum eingeforderte Zugabenteil umfasste insgesamt fünf Songs. Darunter ein balladeskes Tom Waits-Cover und „Johanna’s Dreams“, das Todd recht intim, solo, und mit eigens gespielter Harp-Ergänzung performte. Das am Ende noch mal richtig mit kompletter Band abrockende „Finding Out“ von Thibauds damaligem Debüt beendete einen starken, intensiven, instrumentell anspruchsvollen und sehr melodiebetonten Abend. Todd Thibaud & Band sind von daher immer einen Konzertbesuch wert. Auch beim nächsten Mal werde ich sicherlich wieder mit von der Partie sein. Großartiger Live-Stoff!

Todd Thibaud
Todd Thibaud bei Facebook
Blue Rose Records
Karo Wesel