Rich Hopkins And Luminarios – Exiled On Mabel St – LP-Review

Review: Michael Segets

Rich Hopkins, der im kommenden Januar seinen 65-zigsten Geburtstag feiert, gilt als ein Urgestein des Desert Rock. Der frühere Frontmann der Sidewinders, die sich später in Sand Rubies umbenannten, veröffentlichte in den vergangenen dreißig Jahren rund zwanzig Alben mit den Luminarios, wobei die Besetzung der Band ständig wechselte. Einzige Konstante bei den Luminarios ist Lisa Novak, die Ehefrau von Hopkins. Mit „Exiled On Mabel St“ zeigt sich Hopkins wieder in Hochform, wobei der Longplayer durchaus als gemeinsames Projekt des Ehepaars bezeichnet werden könnte.

Die zehn Titel schrieben Hopkins und Novak zusammen. Novak steuert bei einigen Stücken wunderbare Harmonien bei und übernimmt bei zweien die Lead Vocals. Dabei spielt sie mit unterschiedlichen Facetten ihrer Stimme und erzeugt damit verschiedene Stimmungen. Ist schon die eingängige, erdige Ballade „Nuthin‘ At All” ein sehr gelungener Beitrag, entwickelt das hypnotische „Break Through“ eine ungeheure Intensität. Im Vordergrund steht Novaks mal gehauchter, mal kräftigerer Gesang, der mit knistern-knarzige Gitarren, einschließlich Rückkopplungen, unterlegt ist. In einer Passage akzentuiert Hopkins ein paar klare Töne auf seinem Saiteninstrument, die oberhalb des Soundteppichs zu schweben scheinen und innerhalb des Songs sehr effektvoll wirken. Teilweise wird Neil Young als Referenzpunkt für Hopkins Musik angeführt, was an dieser Stelle völlig nachzuvollziehen ist.

Das Album startet mit drei gradlinigen Rockern im mittleren Tempo, wie sie für Hopkins typisch sind: „A Message Of Love“, „Count On Me“ sowie „Everybody Knows“. Durch den Gesang und die klirrende, teilweise staubig klingende Gitarrenbegleitung lassen sich die Tracks dem Texaner unverkennbar zuordnen. Obwohl die Titel qualitativ nahe beieinander liegen, rangiert der letztgenannte in meinem Ranking eine Nuance über den anderen beiden. Höhepunkt des Albums – neben dem schon erwähnten „Break Through“ – stellt allerdings „Josephine“ dar. Er hat mit seinem deutlichen Refrain und der schönen Bridge alles, was einen richtig guten Roots Rock-Song ausmacht.

Sein variables Gitarrenspiel beweist Hopkins bei „I Wouldn’t Listen To Me”, bei dem er auf einen vollen, satten Klang setzt und bei dem sanfteren „I Don’t Care“. Im Vergleich zu den anderen Stücken fällt „Prodigal Son“ etwas ab, was an dem Sprechgesang liegt, von dem ich kein Fan bin. Die Gitarrenarbeit ist aber auch bei diesem Track nicht zu kritisieren und das kräftige Schlagzeug gefällt ebenso. Zudem verdient der mitfühlende, sozialkritische Text, der sich um die Situation von Obdachlosen dreht, Beachtung.

Zum Abschluss schlägt Hopkins mit „Bataan Death March“ soundtechnisch experimentellere Töne an. Man kann ihn eigentlich als Instrumentalstück bezeichnen, obwohl Hopkins in klanglicher Ferne das „Vater unser“ rezitiert. Interessant ist die Inspirationsquelle: Der Todesmarsch von Bataan ging als Kriegsverbrechen der Japaner während des Zweiten Weltkriegs in die Geschichte ein. Auf dem Weg starben etwa 10.000 von 70.000 amerikanischen und philippinischen Gefangenen.

Blue Rose Records bringt „Exiled On Mabel St“ auf Vinyl und als CD heraus. Auf der digitalen Version sind noch vier Hidden Tracks sowie zwei Kommentare von Hopkins zugefügt. Das Label veröffentlicht seit 1995 die Alben hochklassige Bands aus dem Americana- und Roots Rock-Universum – exemplarisch seien hier nur The Brandos und die Bottle Rockets genannt. Im angeschlossenen Mailorder-Shop finden sich zahlreiche Werke, die auch bei SoS besprochen werden, sodass sich ein Besuch der Website auf alle Fälle lohnt. Dabei kann das neue Album von Hopkins direkt in den Warenkorb gelegt werden.

Rich Hopkins And Luminarios laden mit „Exiled On Mabel St“ zu einer musikalischen Spritztour durch den Südwesten der USA ein. Mit seinem unverwechselbaren Gesang und den variationsreichen Gitarren zeigt sich Hopkins erneut als sicherer Reiseführer durch die Gefilde des Desert Rocks. Seine Begleiterin Lisa Novak hinterlässt bei der Routenplanung ihre Handschrift und sorgt für hörenswerte Zwischenstopps. Bei dem Angebot sollte man einsteigen und genießen.

Blue Rose Records (2022)
Stil: Desert Rock

Tracks:
01. A Message Of Love
02. Count On Me
03. Everybody Knows
04. Prodigal Son
05. I Don’t Care
06. Break Through
07. Josephine
08. Nuthin‘ At All
09. I Wouldn’t Listen To Me
10. Bataan Death March

Rich Hopkins & The Luminarios
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Blue Rose Records

Sand Rubies – 06.12.2007 Karo, Wesel – Konzertbericht

Mein langjähriger Schreibkollege Manni Hüther hatte mir mit seinen euphorischen Reviews zu den Sand Rubies, den früheren Sidewinders, den Mund derartig wässrig gemacht, dass der Gig im benachbarten Wesel (übrigens der einzige in NRW) für mich als arbeitenden Menschen auch innerhalb der Woche zur Pflichtveranstaltung mutierte.

Als Vorband hatten Why Amnesia aus Herne den Abend eröffnet. Nach einer knappen Viertelstunde Umbaupause, trat dann der kultumwobene Desert-Rocker aus Tuscon, Rich Hopkins, mit seinen Mannen ins Rampenlicht. Die Sand Rubies legten mit „What Am I Supposed To Do“, das noch von soundtechnischen Problemen begleitet war (Sänger Davis Slutes war viel zu leise ausgesteuert), sofort den Grundstein für eine schweißtreibende, mitreißende Tour durch ihr Songrepertoire und die kräftezehrenden Ausschweifungen ihres brillant aufgelegten Gitarrenkünstlers.

Natürlich wurde der Fokus dann auch auf das von mir mit gemischten Gefühlen aufgenommene „Mas Cuacha“ gerichtet: Mit „Satellite Radio“, „Can’t Change That“ (mein Lieblingssong vom Album), „Showcase 89“ und „Ferment“ (hier bewies Hopkins auch seine Gesangsqualitäten) wurden gleich vier Stücke im ersten Part abgewickelt. Mein Gefühl, dass die Stücke ‚im echten Leben‘ wesentlich besser zum Tragen kommen, bestätigte sich nachhaltig, selbst meine Frau Renate geriet ins Schwärmen.

David Slutes ist auch nach meinen Live-Eindrücken kein Übervokalist, lässt dies aber durch eine ungemein sympathische Bühnenpräsenz und flottem E-Rhythmusspiel in Vergessenheit geraten, zumal man als Sänger bei dieser geballten Instrumentalkraft kaum für Glanzlichter sorgen kann. Der kauzige Bassist Ken Andree (äußerlich mit seinem langen Kinnbart an Catweazle erinnernd) und Rasta-Drummer Winston Watson (was für eine satte Performance, klasse!) wussten nicht nur am Ende des ersten Teils (bei „Train Of Love“?) mit zwei aufeinanderfolgenden Soloeinlagen zu überzeugen. Rich Hopkins spielte sich auf seiner Gibson bei seinen umfassenden Ausflügen teilweise in regelrechte Rage.

Ein kurzer Akustikset wurde humorvoll als Gelegenheit zur Pinkelpause für die Zuschauer offeriert, danach krachte es in einer Tour hintereinander weg. Vom aktuellen Longplayer gab es noch „See You In September“, und nach zwei, vom wie immer angenehmen Weseler Publikum, eingeforderten Zugaben, wurde der fast zweistündige Gig mit viel Applaus beendet.

Mein Fazit: Auch wenn die Sand Rubies ja aus dem staubigen Amiland kommen, klangen sie für mich doch wie vier Briten, die in einem texanischen Wüsten-Geisterkaff mit dem Auftrag ausgesetzt wurden, die dortigen Toten mit knallhartem Rock’n’Roll wieder zum Leben zu erwecken. Diese Musik geht wirklich durch Mark und Bein.

Danke an Manni für einen tollen Tipp!

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