Rich Hopkins And Luminarios – Exiled On Mabel St – LP-Review

Review: Michael Segets

Rich Hopkins, der im kommenden Januar seinen 65-zigsten Geburtstag feiert, gilt als ein Urgestein des Desert Rock. Der frühere Frontmann der Sidewinders, die sich später in Sand Rubies umbenannten, veröffentlichte in den vergangenen dreißig Jahren rund zwanzig Alben mit den Luminarios, wobei die Besetzung der Band ständig wechselte. Einzige Konstante bei den Luminarios ist Lisa Novak, die Ehefrau von Hopkins. Mit „Exiled On Mabel St“ zeigt sich Hopkins wieder in Hochform, wobei der Longplayer durchaus als gemeinsames Projekt des Ehepaars bezeichnet werden könnte.

Die zehn Titel schrieben Hopkins und Novak zusammen. Novak steuert bei einigen Stücken wunderbare Harmonien bei und übernimmt bei zweien die Lead Vocals. Dabei spielt sie mit unterschiedlichen Facetten ihrer Stimme und erzeugt damit verschiedene Stimmungen. Ist schon die eingängige, erdige Ballade „Nuthin‘ At All” ein sehr gelungener Beitrag, entwickelt das hypnotische „Break Through“ eine ungeheure Intensität. Im Vordergrund steht Novaks mal gehauchter, mal kräftigerer Gesang, der mit knistern-knarzige Gitarren, einschließlich Rückkopplungen, unterlegt ist. In einer Passage akzentuiert Hopkins ein paar klare Töne auf seinem Saiteninstrument, die oberhalb des Soundteppichs zu schweben scheinen und innerhalb des Songs sehr effektvoll wirken. Teilweise wird Neil Young als Referenzpunkt für Hopkins Musik angeführt, was an dieser Stelle völlig nachzuvollziehen ist.

Das Album startet mit drei gradlinigen Rockern im mittleren Tempo, wie sie für Hopkins typisch sind: „A Message Of Love“, „Count On Me“ sowie „Everybody Knows“. Durch den Gesang und die klirrende, teilweise staubig klingende Gitarrenbegleitung lassen sich die Tracks dem Texaner unverkennbar zuordnen. Obwohl die Titel qualitativ nahe beieinander liegen, rangiert der letztgenannte in meinem Ranking eine Nuance über den anderen beiden. Höhepunkt des Albums – neben dem schon erwähnten „Break Through“ – stellt allerdings „Josephine“ dar. Er hat mit seinem deutlichen Refrain und der schönen Bridge alles, was einen richtig guten Roots Rock-Song ausmacht.

Sein variables Gitarrenspiel beweist Hopkins bei „I Wouldn’t Listen To Me”, bei dem er auf einen vollen, satten Klang setzt und bei dem sanfteren „I Don’t Care“. Im Vergleich zu den anderen Stücken fällt „Prodigal Son“ etwas ab, was an dem Sprechgesang liegt, von dem ich kein Fan bin. Die Gitarrenarbeit ist aber auch bei diesem Track nicht zu kritisieren und das kräftige Schlagzeug gefällt ebenso. Zudem verdient der mitfühlende, sozialkritische Text, der sich um die Situation von Obdachlosen dreht, Beachtung.

Zum Abschluss schlägt Hopkins mit „Bataan Death March“ soundtechnisch experimentellere Töne an. Man kann ihn eigentlich als Instrumentalstück bezeichnen, obwohl Hopkins in klanglicher Ferne das „Vater unser“ rezitiert. Interessant ist die Inspirationsquelle: Der Todesmarsch von Bataan ging als Kriegsverbrechen der Japaner während des Zweiten Weltkriegs in die Geschichte ein. Auf dem Weg starben etwa 10.000 von 70.000 amerikanischen und philippinischen Gefangenen.

Blue Rose Records bringt „Exiled On Mabel St“ auf Vinyl und als CD heraus. Auf der digitalen Version sind noch vier Hidden Tracks sowie zwei Kommentare von Hopkins zugefügt. Das Label veröffentlicht seit 1995 die Alben hochklassige Bands aus dem Americana- und Roots Rock-Universum – exemplarisch seien hier nur The Brandos und die Bottle Rockets genannt. Im angeschlossenen Mailorder-Shop finden sich zahlreiche Werke, die auch bei SoS besprochen werden, sodass sich ein Besuch der Website auf alle Fälle lohnt. Dabei kann das neue Album von Hopkins direkt in den Warenkorb gelegt werden.

Rich Hopkins And Luminarios laden mit „Exiled On Mabel St“ zu einer musikalischen Spritztour durch den Südwesten der USA ein. Mit seinem unverwechselbaren Gesang und den variationsreichen Gitarren zeigt sich Hopkins erneut als sicherer Reiseführer durch die Gefilde des Desert Rocks. Seine Begleiterin Lisa Novak hinterlässt bei der Routenplanung ihre Handschrift und sorgt für hörenswerte Zwischenstopps. Bei dem Angebot sollte man einsteigen und genießen.

Blue Rose Records (2022)
Stil: Desert Rock

Tracks:
01. A Message Of Love
02. Count On Me
03. Everybody Knows
04. Prodigal Son
05. I Don’t Care
06. Break Through
07. Josephine
08. Nuthin‘ At All
09. I Wouldn’t Listen To Me
10. Bataan Death March

Rich Hopkins & The Luminarios
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Blue Rose Records

The Bottle Rockets – Bit Logic – CD-Review

Review: Michael Segets

„Bit Logic“ von The Bottle Rockets – die seit den 1990er-Jahren zu meinen Favoriten zählen – steht nun in den Regalen. Der Band gelingt erneut eine runde Scheibe, die sehr gut unterhält. Der Longplayer wirkt durch das gemäßigte Tempo der meisten Songs durchgängig entspannt. Auf härtere Gitarrenriffs und treibende Rocksongs verzichtet die Band diesmal weitgehend. Dennoch klingt „Bit Logic“ ganz nach The Bottle Rockets und fügt sich nahtlos in ihr Gesamtwerk ein.

Bandleader Brian Henneman versteht es wie kaum ein anderer, Alltagssituationen zu erfassen und musikalisch auf den Punkt zu bringen. Er wirft den Blick auf die kleinen Dinge des Lebens, denen man meist zu wenig Aufmerksamkeit schenkt („Human Perfection“), oder die, die man immer wieder aufschiebt, obwohl sie einem wichtig sind („Maybe Tomorrow“).

Henneman schrieb sehr gute Songs über den Arbeitseinstieg am Wochenbeginn, das frühe Aufstehen oder die Erschöpfung am Feierabend – also über die Probleme, mit denen sich Menschen der Mittelschicht halt so rumschlagen. Diesmal greift er mit „Highway 70 Blues“ beispielsweise die Gedanken auf, die im Verkehrschaos unter Termindruck so kreisen.

Hennemans Songminiaturen – kein Stück kommt über dreieinhalb Minuten Spielzeit – sind nicht oberflächlich, sondern oftmals verbindet er Witz, Wortspiele und Ironie mit ernsteren Fragen. So thematisiert der vorab ausgekoppelte Titelsong „Bit Logic“ die Digitalisierung, mit der man heute allerorts konfrontiert ist. Sie schafft eine neue Art der Realität, mit der sich ebenfalls die Leute auseinandersetzen (müssen), die noch ohne Computer, Internet und Co. aufgewachsen sind. Diesen Wandel in der Lebenswelt verdeutlicht das Albumcover. Es ziert ein verpixelter Cowboy, der an Clint Eastwood in der Dollar-Trilogie aus den 1960er-Jahren erinnert.

Auf „Lo-Fi“ beschäftigt sich Henneman inhaltlich mit den Medien seiner Kindheit und auf „Bad Time To Be An Outlaw“ mit der Musikindustrie und den Weg, den er eingeschlagen hat.

Neben den Midtempo-Nummern wie „Doomsday Letter“ und „Stovall’s Grove“ finden sich ebenfalls die beiden durchaus poetischen, akustisch gehaltenen Balladen „Saxophone“ und „Silver Ring“ auf dem Album. Einen deutlichen Country-Einschlag haben „Hnotty Pine” sowie „Way Down South“.

Als Produzenten holten The Bottle Rockets wieder Eric Ambel (The Del Lords, The Brandos, Dan Baird, Steve Earle) ins Boot. Seit der Bandgründung vor über 25 Jahren sind Frontmann Brian Henneman und Schlagzeuger Mark Ortmann mit von der Partie. Am Anfang des neuen Jahrtausends stießen Gitarrist John Horton und Bassist Keith Voegele dazu. Die länger als eine Dekade andauernde Konstanz in der Bandbesetzung macht sich auf der CD und wohl auch auf den Konzerten bezahlt.

The Bottle Rockets touren zwar häufig, unternehmen aber selten den Sprung über den Atlantik. Ihre Auftritte in Deutschland sind daher selten, obwohl eine ihrer Live-CDs in Heilbronn mitgeschnitten wurde. The Bottle Rockets fehlen eigentlich als einzige auf meiner Konzertliste von den Bands, die ich unbedingt mal auf der Bühne erleben möchte. Bis dahin tröstet mich zumindest ihr 13. Album „Bit Logic“.

Blue Rose Records (2018)
Stil: Roots Rock

Tracks:
01. Bit Logic
02. Highway 70 Blues
03. Lo-Fi
04. Maybe Tomorrow
05. Bad Time To Be An Outlaw
06. Saxophone
07. Human Perfection
08. Hnotty Pine
09. Way Down South
10. Doomsday Letter
11. Stovall’s Grove
12. Silver Ring

Bottle Rockets
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Blue Rose Records

Dan Baird & Homemade Sin – Screamer – CD-Review

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Review: Michael Segets

Vor gut dreißig Jahren bin ich auf The Georgia Satellites aufmerksam geworden, weil sie zusammen mit Tom Petty auf Tour waren. Der eigenwillige Gesang und die schrillen Gitarrenriffs machten die Band unverwechselbar. The Georgia Satellites würzten ihren Rock’n Roll mit einer Prise Southern und Punk, wobei die erdigen Songs stets auf eine etwas schräge Art harmonisch und strukturiert blieben. Dem Sound der Band hatte Dan Baird seinen Stempel aufgedrückt.

Nach „In The Land Of Salvation And Sin” (1989) habe ich die Band und Dan Baird aus den Augen verloren. Baird startete nach dem Ausstieg bei den Satellites eine Solo-Karriere, kurzzeitig mit der Begleitband The Sofa Kings und dauerhafter mit Homemade Sin. Erst durch die Zusammenarbeit mit Eric Ambel (The Del Lords, The Brandos) bei The Yayhoos tauchte Baird wieder in meinem Horizont auf.

Eine ernsthafte Erkrankung schränkte Dan Bairds Produktivität kaum ein. In den letzten Jahren veröffentlichte er regelmäßig neue Alben und bringt nun sein aktuelles „Screamer“ auf den Markt. Das neue Werk hat aber nichts trübsinniges, sondern sprüht vor Temperament. Einzig in manchen Texten – so bei „Charmed Life“ – scheint ein bissiger Galgenhumor durch.

In bewährter Georgia Satellites-Tradition scheppert der Opener „Bust Your Heart“ los. Die Drums bearbeitet Mauro Magellan, der Schlagzeuger der ehemaligen Formation. Die Arbeit an den Gitarren teilt sich Baird mit Warner E. Hodges (Jason And The Scorchers). Musikalisch in die gleiche Kerbe schlagen „What Can I Say To Help“, „Everlovin’ Mind” und „You’re Going Down”.

Dazwischen sind die beiden langsameren Stücke „Adilyda“, das Baid gemeinsam mit Will Hoge komponiert hat, und „Something Better“ eingestreut. Die meisten Stücke stammen von Dan Baird und Joe Blanton. So auch das eingängige „Up In Your Kitchen“ mit differenzierten und etwas weniger kratzigen Gitarrenparts. Einen Kontrast dazu bildet die knackige Cowpunk-Nummer „Mister And Ma’am“. Diese hat Terry Anderson mitgeschrieben, ebenso wie den Rock’n Roll „You Broke It“.

Auf „Something Like Love“ singt Baird etwa tiefer und nicht so knarzig. Dennoch hat die Nummer richtig Power. Insgesamt gibt die Scheibe mächtig Gas und macht richtig Spaß. Den Abschluss bildet das Rock-Stück „Good Problems To Have“ mit kräftigem Rhythmus. Durch Tempowechsel und zwei ausgedehnte Gitarrensoli kommt es auf annähernd sieben Minuten.

Dan Baird & Homemade Sin sind perfekt eingespielt. Der Neuzugang Sean Savacool am Bass fügt sich nahtlos ein. Man kann sich also auf ihre Europa-Tournee freuen. Im November gibt es ein paar Auftritte in Deutschland.

Das durchgängig überzeugende Album „Screamer“ ist eine Anregung für mich, die alten Georgia Satellites-CDs nochmal hervorzuholen und mich intensiver mit Dan Bairds Backlist auseinander zu setzen.

Jerkin’ Crocus Promotions Ltd. (JCPL)/H’Art (2018)
Stil: Rock

Tracks:
01. Bust Your Heart
02. What Can I Say To Help
03. Adilyda
04. Everlovin’ Mind
05. Something Better
06. You’re Goin Down
07. Charmed Life
08. Up In The Kitchen
09. Mister And Ma’am
10. Something Like Love
11. You Broke It
12. Good Problem To Have

Dan Baird & Homemade Sin
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H’ART Musik-Vertrieb GmbH
Jerkin’ Crocus Promotions Ltd. (JCPL)

The Brandos – 16.10.2018, Yard Club, Köln – Konzertbericht

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Wenn ich mich nicht verzähle, machte ich im Kölner Yard Club das Dutzend meiner Konzertbesuche von The Brandos voll. Enttäuscht wurde ich nie. Ich habe sie in rappelvollen Häusern und vor verblüffend kleinem Publikum auftreten sehen. Der Yard Club war an diesem Dienstagabend gut besucht, wenn auch nicht ganz so gefüllt wie bei dem Konzert der Band im vergangenen Jahr.

Die Setlist des Abends war mit dem im Blue Notez Club vor elf Tagen weitgehend identisch und unterschied sich von der des Vorjahres dadurch, dass „These Troubled Times“ und „Bella Encantadora“ vom Album „Los Brandos“ durch „Ridin’ The Red-Eye” und „The Siege“ ersetzt wurden. Sie bot einen Streifzug durch das bisherige Schaffen der Band.

Dave Kincaid bewies erneut seine agile und filigrane Kunstfertigkeit an verschiedenen Gitarren, selbstverständlich begleitet von seiner ausdruckstarken Mimik. Frank Giordano hatte ebenfalls schöne Gitarrenparts, vor allem bei „The Solution“, „Love Of My Life“ und „Nothing To Fear“. Bei dem beeindruckend performten „Ridin’ The Red-Eye” verausgabte er sich an der Mundharmonika. Das Publikum feierte den Song und das folgende „Gettysburg“ frenetisch.

Als Kincaid das Intro zu „Over The Boarder“ anstimmte, war die Stimmung auf dem Höhepunkt. Aber auch bei den vorher gespielten „The Keeper“ und „Light Of Day“ sowie beim später folgenden „Pass The Hat“ zeigten sich die Besucher textsicher und begeisterungsfähig.

Insgesamt leitete Dave Kincaid weniger Stücke mit persönlichen Anmerkungen ein als in den beiden zuvor gesehenen Auftritten. Die Erfahrungen eines Freundes bei seiner Einwanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika verarbeitete er bei „Señor Coyote“. Zur Einstimmung auf „Querer A Los Niños“ fügte Kincaid eine Spitze gegen den Präsidenten seines Heimatlandes und dessen Pläne ein, eine Mauer zwischen den USA und Mexiko zu ziehen.

„Anna Lee“ ist einer Dame des Südens gewidmet, dabei stellte der Bandleader klar, dass mit der geographischen Angabe nicht Bayern, Österreich oder die Schweiz gemeint sind, sondern eine Grenzlinie, die anscheinend immer noch die Vereinigten Staaten von Amerika durchzieht.

Sal Maida trat besonders bei „Can’t Go Home“ in Erscheinung. Hier wurde er nicht nur im Background aktiv, sondern er animierte auch das Publikum in der Kunstpause des Stücks, die Band zu unterstützen. Schlagzeuger Phil DiMarco sorgte für den richtigen Drive der Stücke und gab ebenfalls beim Backgroundgesang mächtig Gas.

Das schöne Intro zu „Woodstock Guitar“ – das mich in Dortmund begeisterte – ging in Köln etwas unter, was an der noch höheren Lautstärke und vielleicht an meiner Position im Saal lag. Kincaids Gitarrensolo bei „Nothing Tor Fear“ hingegen kam mir an diesem Abend besonders gelungen vor. Nach meiner Wahrnehmung war es etwas ausgedehnter als sonst. Der Titel beendete das Konzert, ohne dass die Band „Gunfire At Midnight“ spielte, das eigentlich auf dem Tour-Programm steht.

An der Stimmung im Saal lag es sicherlich nicht, dass das letzte Stück der Setlist wegfiel. Vielleicht zollen die bisherigen fünf Wochen der Tour ihren Tribut, oder die viertelstündige Verzögerung, mit der das Konzert begann, war Grund dafür. Wie dem auch sei: Die Besucher kamen während des fast zweistündigen Auftritts auf ihre Kosten.

Für ihren kraftvollen und gitarrengetragenen Sound sind The Brandos bekannt. Das Programm der letzten beiden Touren war durch die Titel der aktuellen CD „Los Brandos“ geprägt. Darüber hinaus setzte Kincaid auf eine Auswahl temporeicher Stücke seiner früheren Werke.

Die eher am Folk mit irischen Einflüssen orientierte Seite, die ebenfalls ein Markenzeichen der Band ist, trat dabei etwas in den Hintergrund. Kincaid kündigte in Dortmund an, im nächsten Jahr wieder auf Tournee zu gehen. Vielleicht wäre es eine Idee, dann verstärkt diese Bandtradition aufleben zu lassen und dabei Mandoline oder Banjo wieder hervorzuholen.

Nicht nur seine packenden Versionen von Traditionals, sondern auch die hervorragenden Songs „Partners“, „We Are No Man“, „My Friend, My Friend“ oder auch „Tell Her That I Love Her“ würden auf meiner Wunschliste stehen. Vor allem „Hallowed Ground“ habe ich – sofern ich mich recht entsinne – trotz der zahlreichen Konzertbesuche noch nie live gehört. Wie die Liedauswahl auch sein wird: Die Gigs von The Brandos sind sowieso Pflichttermine, auf die man sich freuen kann.

Im Yard Club konnten leider keine Fotografen der SoS-Gemeinde dabei sein. Besonders gedankt sei daher Marcus Neu von der Kantine, dass er mich als Schreiberling, der auch Fotos machen durfte, auf die Gästeliste gesetzt hat.

Line-up:
Dave Kincaid (lead vocals, guitars)
Frank Giordano (guitars, hamonica, vocals)
Sal Maida (bass, vocals)
Phil DiMarco (drums, vocals)

Bericht und Bilder: Michael Segets

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Yard Club Köln

The Brandos – 05.10.2018, Blue Notez, Dortmund – Konzertbericht

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Aus dem Blue Notez Club in Dortmund berichtete SoS ja schön öfter. Da die Location aber am anderen Ende des Ruhrgebiets liegt, hatte es mich noch nie dorthin verschlagen. Für The Brandos – und um den Blue Notez Club mal persönlich kennenzulernen – kämpfte ich mich durch den freitäglichen Feierabendverkehr. Belohnt wurde ich mit einem tollen Konzert in einem ebensolchen Ambiente.

Der Veranstaltungsort liegt im Keller eines Gesamtschulgebäudes. Der Eingang wirkt daher etwas steril, aber sobald man das Gewölbe betritt, findet man sich in einem schön schummrigen Konzertraum wieder. Die niedrige Decke sowie die drapierten Stehtische und Barhocker sorgen dafür, dass man sich direkt heimisch fühlt. Obwohl das Blue Notez sehr gut besucht war, erlebte ich den Abend als sehr entspannt.

Vielleicht lag das auch an dem Publikum, das zusammen mit der Band gealtert ist. Dabei muss Dave Kincaid – dem Bandleader und einzig verbliebenem Gründungsmitglied der Brandos – neidlos zugestanden werden, dass man ihm die 61 Jahre nicht ansieht und auf der Bühne schon gar nicht anmerkt.

Dave Kincaid und seine Weggefährten lieferten ein gewohnt temporeiches Konzert, das einen Querschnitt aus der gut dreißigjährigen Bandgeschichte bot. Kincaid überlegte kurz, wann er das letzte Mal in Dortmund auftrat. Das war wohl anlässlich seiner ersten Tour in Europa 1987. Von ihrem Debüt „Honor Among Thieves“ spielten sie „Gettysburg“ und „Nothing To Fear“, die sich schon damals auf der Setlist fanden.

Seit 1992 nimmt das Album „Gunfire At Midnight“ einen oberen Top-Ten-Platz in meiner persönlichen Liste ein. Neben dem Titelstück, wurden „The Solution“, „The Keeper“, „Anna Lee“ sowie „Ridin‘ The Red-Eye“ geboten. Beim letzten Stück stellte der Frontmann seine Begleiter vor. Wie bei der Tour im vergangenen Jahr standen Gitarrist Frank Giordano und Bassist Sal Maida neben ihm auf der Bühne. Am Schlagzeug arbeitete diesmal Phil DiMarco.

Von dem dritten Album „Light Of Day“ streute die Band neben dem titelgebenden Song noch „Fight For Love“ und das wunderbar sanfte „Love Of My Life“, das Kincaid und Girodano lediglich mit ihren Gitarren begleiteten, ein.

Der Longplayer „Over The Border“ (2007) war mit „The Only Love I Can Get”, „Let It Go”, „She’s The One” und „Over The Border” selbst vertreten. Den Abschluss des Hauptsets und die erste Zugabe bestritten „The Siege“, „Pass The Hat“ und „Can’t Go Home“ vom 1996er-Album.

Nachvollziehbar ist, dass überproportional viele Titel von der aktuellen Veröffentlichung „Los Brandos“ stammten. Die drei Auskopplungen „Suffer In Silence“, „Señor Coyote“ und „What Kind Of A World“, das Kincaid solo performte, standen ebenso auf dem Programm wie „Woodstock Guitar“ und die beiden spanisch gesungenen Stücke „Querer A Los Niños“ und „Maligna Presencia“. In Vergleich zur Tour im Vorjahr sind allerdings „Bella Encantadora“ und „These Troubled Times“ weggefallen.

The Brandos haben es krachen lassen. Nicht nur die Lautstärke war ordentlich, sondern auch das, was die Band spielte, erzeugte gehörig Druck. Die Qualität der einzelnen Songs steht für mich sowieso außer Frage. Auf alle Fälle machten The Brandos mit ihrem Konzert Werbung für ihren Backkatalog, der durch Blue Rose Records aktuell komplett als Silberlinge und größtenteils ebenfalls auf Vinyl wiederveröffentlicht wurde.

Der Blue Notez Club hat ein abwechslungsreiches Programm, bei dem der Rock und auch der Southern Rock nicht zu kurz kommen. Ein Besuch, selbst wenn die Anreise etwas länger dauern sollte, lohnt sich. Ein schöner Nebeneffekt war, dass ich den Hausfotografen Peter Schepers kennenlernen durfte. Gedankt sei an dieser Stelle Lothar von Blue Notez für die unkomplizierte Akkreditierung.

Line-up:
Dave Kincaid (lead vocals, guitars)
Frank Giordano (guitars, hamonica, vocals)
Sal Maida (bass, vocals)
Phil DiMarco (drums, vocals)

Bilder: Peter Schepers
Bericht: Michael Segets

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Blue Notez Dortmund

The Brandos – Los Brandos – CD-Review

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Review: Michael Segets

Fast elf Jahre mussten die Fans auf das neue Studioalbum der Band warten. Pünktlich zum dreißigjährigen Jubiläum ihres Debüts „Honor Among Thieves“ lassen The Brandos wieder von sich hören. Von den Gründungsmitgliedern ist allerdings nur noch Leadsänger und Gitarrist David Kincaid verblieben. Der aus Kalifornien stammende und in New York lebende Bandleader hat sich für „Los Brandos“ bei Frank Giordano (guitar, backing vocals) und Tommy Goss (Drums) Unterstützung geholt.

Wie der Titel bereits vermuten lässt, sind auf der CD auch auf Spanisch gesungene Stücke vertreten. Auf dem vorangegangenen Studioalbum „Over The Border“ deutet das Abschlusslied bereits an, dass sich Kincaid zukünftig auch in dieser Sprache versucht. Hier singt er nun fünf der zehn Songs auf Spanisch.

Obwohl sie einen spanischen Text haben, lassen die beiden kraftvollen Rockstücke „Señor Coyote“ und „Querer A Los Niños” mit den dominierenden Gitarren und der markanten Stimme Kincaids direkt erkennen, dass The Brandos wieder da sind. Gleiches gilt für „Maligna Presencia”, das mit einem Tempowechsel punktet und ein Highlight unter den spanischen Liedern darstellt.

Bei dem sanfteren „Bella Encantadora“ überzeugen die melodischen Gitarren, wobei der Song insgesamt etwas zu glatt wirkt. Die tief gesungene Tex-Mex-Nummer „A Todo Dar“, von Ignacio Jaime geschrieben, kracht hingegen ungeschliffen drauflos.

Das zweite Cover „Jacinto Chiclana“ wurde ursprünglich von Astor Piazolla komponiert und von Jorge Luis Borges mit einem Text versehen. Maria Gómez übernimmt den Begleitgesang bei dem getragenen Stück, das in einer englischen Übersetzung präsentiert wird.

„Suffer In Silence“ und „Woodstock Guitar“ reihen sich mit dem spannungsgeladenen Songwriting, eingängigen Refrains, tollem Gitarrenspiel und dem ausdrucksstarken Gesang, nahtlos in frühere Veröffentlichungen der Brandos ein. Bei „What Kind Of A World“ begleitet sich Kincaid lediglich mit einer akustischen Gitarre, wodurch seine stimmlichen Qualitäten voll zur Geltung kommen. Mit „These Troubled Times“ findet eine rockige englischsprachige Nummer den Weg auf das Album, die zu meinen Favoriten zählt.

Dass Kincaid tolle Songs schreiben und unverwechselbar performen kann, zeigt er auch auf der neuen Scheibe. Die spanisch gesungenen Lieder funktionieren und sind als Brandos-Stücke identifizierbar. Dennoch gelingt es Kincaid in seiner Muttersprache etwas besser, die Varianz seiner Stimme einzusetzen.

Das Begleitheft liefert die englischen Übersetzungen. Dies ist sinnvoll, da die Texte durchaus eine Aussage haben. Sie stellen einen literarischen Kommentar zu historischen oder sozialen Gegebenheiten und zu menschlichen Sinnfragen dar. Während sich Kincaid bislang musikalisch und inhaltlich seinen irischen Wurzeln und damit dem keltisch inspirierten Folk-Rock zugewandt hatte, wirft er nun einen Blick auf seinen mexikanischen Familienzweig und auf seine neue Rolle als Vater eines Sohnes.

Kincaid brauchte einen langen Atem, um seine Alben zu realisieren. Frühere Rechtsstreitigkeiten mit der Plattenfirma und private Umstände haben Veröffentlichungen immer wieder hinausgezögert. Die Fertigstellung des neuen, bereits 2015 bei Blue Rose Records angekündigten Longplayer war wohl ebenfalls mit Problemen behaftet. Das vorliegende Produkt zeigt, dass sich die Anstrengung gelohnt hat.

Zu gönnen wäre es dem Sechzigjährigen, dass das Werk Erfolg hat und die derzeitige Tour entsprechend verläuft. Den Fans ist zu wünschen, dass „Los Brandos“ nicht das letzte musikalische Lebenszeichen von Kincaid bleibt.

Blue Rose Records (2017)
Stil: Rock

01. Señor Coyote
02. Querer A Los Niños
03. Suffer In Silence
04. Woodstock Guitar
05. Jacinto Chiclana
06. Maligna Prescencia
07. What Kind Of A World
08. Bella Encantadora
09. These Troubled Times
10. A Todo Dar

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The Brandos – 18.06.2017, Yard Club, Köln – Konzertbericht

Brandos_Haupt

Bandleader Dave Kincaid und The Brandos haben bei der Vorstellung ihres neuen Albums „Los Brandos“ den nahezu vollen Yard Club gerockt.
Der gut aufgelegte Kincaid scherzt zu Beginn über die zehnjährige Pause, die von den Brandos eingelegt wurde. Diese ist aber bereits bei den ersten Tönen des Live-Klassikers „Fight For Love“ vergessen. Temporeich geht’s mit „The Only Love“ und „Let It Go“ von der „Over The Border”-CD weiter.

Bei den früheren Single-Auskopplungen „Anna Lee“ und „The Solution“ geht das Publikum vollständig mit. Das harmonische „The Keeper“ und das neue „Suffer In Silence“ setzten einen Kontrapunkt zu den rauen Klängen der schnelleren Rocksongs. Im ersten Teil des Hauptsets präsentiert Kincaid noch die beiden kraftvollen „Señor Coyote“ und „Querer A Los Niños” von der aktuellen Scheibe. Die auf Spanisch gesungenen Stücke leitet Kincaid mit kurzen Erklärungen ein und baut augenzwinkernd darauf, dass ein im Publikum identifizierter Spanier, die genauen Übersetzungen liefern könne.

Mit dem wunderschönen Liebeslied „Love Of My Life“ und dem seinem Sohn gewidmeten „What Kind Of World“ integriert Kincaid einen semi-akustischen Part in das Konzert. Beim ersten Stück wird er noch von Gitarrist Frank Giordano begleitet, das zweite spielt er solo. Hat Kincaid früher mit Mandoline oder Banjo für Abwechslung gesorgt, setzt er bei dieser Tour auf die akustische Gitarre.

„She’s The One“ läutet den zweiten Teil des rockigen Hauptsets ein. Es folgt „Woodstock Guitar“, zu dem Kincaid eine Anekdote erzählt. Live gespielt, gewinnt „Bella Encantadora“ im Vergleich zur etwas glatten Studioversion. Mit „Over The Border“ und „Pass The Hat“ spielen The Brandos zwei Titelstücke älterer Alben mit hohem Wiedererkennungswert. Der wohl bekannteste Song der Band ist „Gettysburg“. Das Intro lässt die irischen Einflüsse in der Musik der Brandos kurz durchscheinen. „Can’t Go Home“, das Kincaid gerne gegen Ende seiner Konzerte spielt, schließt das eineinhalbstündige Hauptset.

Zwischen den beiden Zugaben gönnt sich die Band nur eine kurze Verschnaufpause. „Maligna Presencia“ und „These Troubled Times“ der neuen Veröffentlichung nehmen Tempo auf. Die Mimik und Gestik Kincaids bei dem langen Gitarrensolo in „Nothing To Fear“ ist unverwechselbar. Die Publikumswünsche „Light Of Day“ und das abschließende „Gunfire At Midnight” lassen den Saal schließlich kochen und das liegt nicht nur an den hochsommerlichen Temperaturen.

Die Besucher haben ein beeindruckendes Brandos-Konzert erlebt. In den gut zwei Stunden hörten sie – mit Ausnahme der beiden Cover-Stücke – alle Songs des aktuellen Albums in gelungenen Versionen. Das Publikum, das überwiegend aus eingefleischten Brandos-Fans bestand, nahm diese begeistert auf. Darüber hinaus kann man bei der sehr guten Songauswahl der älteren Lieder kaum etwas besser machen.

Kincaid scheint die Bühnenauftritte vermisst zu haben und spielte ein leidenschaftliches Konzert. Stimmlich ist er noch voll auf der Höhe und sein Gitarrenspiel gewohnt virtuos. Die Begleitmusiker Frank Giordano, Thomas Goss und Sal Maida agierten souverän, aber unauffällig. Einziger Wehmutstropfen ist vielleicht das Fehlen von Bassist Ernie Mendillo, der früher neben Kincaid als kongenialer Aktivposten die Bühne rockte.

Line-up:
Dave Kincaid (lead vocals, guitars)
Frank Giordano (guitars, vocals)
Sal Maida (bass, vocals)
Thomas Goss (drums, vocals)

Bilder: Peter ‚Beppo‘ Szymanski
Bericht: Michael Segets

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Yard Club Köln
Peter ‚Beppo‘ Szymanski