The Brandos – Los Brandos – CD-Review

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Review: Michael Segets

Fast elf Jahre mussten die Fans auf das neue Studioalbum der Band warten. Pünktlich zum dreißigjährigen Jubiläum ihres Debüts „Honor Among Thieves“ lassen The Brandos wieder von sich hören. Von den Gründungsmitgliedern ist allerdings nur noch Leadsänger und Gitarrist David Kincaid verblieben. Der aus Kalifornien stammende und in New York lebende Bandleader hat sich für „Los Brandos“ bei Frank Giordano (guitar, backing vocals) und Tommy Goss (Drums) Unterstützung geholt.

Wie der Titel bereits vermuten lässt, sind auf der CD auch auf Spanisch gesungene Stücke vertreten. Auf dem vorangegangenen Studioalbum „Over The Border“ deutet das Abschlusslied bereits an, dass sich Kincaid zukünftig auch in dieser Sprache versucht. Hier singt er nun fünf der zehn Songs auf Spanisch.

Obwohl sie einen spanischen Text haben, lassen die beiden kraftvollen Rockstücke „Señor Coyote“ und „Querer A Los Niños” mit den dominierenden Gitarren und der markanten Stimme Kincaids direkt erkennen, dass The Brandos wieder da sind. Gleiches gilt für „Maligna Presencia”, das mit einem Tempowechsel punktet und ein Highlight unter den spanischen Liedern darstellt.

Bei dem sanfteren „Bella Encantadora“ überzeugen die melodischen Gitarren, wobei der Song insgesamt etwas zu glatt wirkt. Die tief gesungene Tex-Mex-Nummer „A Todo Dar“, von Ignacio Jaime geschrieben, kracht hingegen ungeschliffen drauflos.

Das zweite Cover „Jacinto Chiclana“ wurde ursprünglich von Astor Piazolla komponiert und von Jorge Luis Borges mit einem Text versehen. Maria Gómez übernimmt den Begleitgesang bei dem getragenen Stück, das in einer englischen Übersetzung präsentiert wird.

„Suffer In Silence“ und „Woodstock Guitar“ reihen sich mit dem spannungsgeladenen Songwriting, eingängigen Refrains, tollem Gitarrenspiel und dem ausdrucksstarken Gesang, nahtlos in frühere Veröffentlichungen der Brandos ein. Bei „What Kind Of A World“ begleitet sich Kincaid lediglich mit einer akustischen Gitarre, wodurch seine stimmlichen Qualitäten voll zur Geltung kommen. Mit „These Troubled Times“ findet eine rockige englischsprachige Nummer den Weg auf das Album, die zu meinen Favoriten zählt.

Dass Kincaid tolle Songs schreiben und unverwechselbar performen kann, zeigt er auch auf der neuen Scheibe. Die spanisch gesungenen Lieder funktionieren und sind als Brandos-Stücke identifizierbar. Dennoch gelingt es Kincaid in seiner Muttersprache etwas besser, die Varianz seiner Stimme einzusetzen.

Das Begleitheft liefert die englischen Übersetzungen. Dies ist sinnvoll, da die Texte durchaus eine Aussage haben. Sie stellen einen literarischen Kommentar zu historischen oder sozialen Gegebenheiten und zu menschlichen Sinnfragen dar. Während sich Kincaid bislang musikalisch und inhaltlich seinen irischen Wurzeln und damit dem keltisch inspirierten Folk-Rock zugewandt hatte, wirft er nun einen Blick auf seinen mexikanischen Familienzweig und auf seine neue Rolle als Vater eines Sohnes.

Kincaid brauchte einen langen Atem, um seine Alben zu realisieren. Frühere Rechtsstreitigkeiten mit der Plattenfirma und private Umstände haben Veröffentlichungen immer wieder hinausgezögert. Die Fertigstellung des neuen, bereits 2015 bei Blue Rose Records angekündigten Longplayer war wohl ebenfalls mit Problemen behaftet. Das vorliegende Produkt zeigt, dass sich die Anstrengung gelohnt hat.

Zu gönnen wäre es dem Sechzigjährigen, dass das Werk Erfolg hat und die derzeitige Tour entsprechend verläuft. Den Fans ist zu wünschen, dass „Los Brandos“ nicht das letzte musikalische Lebenszeichen von Kincaid bleibt.

Blue Rose Records (2017)
Stil: Rock

01. Señor Coyote
02. Querer A Los Niños
03. Suffer In Silence
04. Woodstock Guitar
05. Jacinto Chiclana
06. Maligna Prescencia
07. What Kind Of A World
08. Bella Encantadora
09. These Troubled Times
10. A Todo Dar

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The Brandos – 18.06.2017, Yard Club, Köln – Konzertbericht

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Bandleader Dave Kincaid und The Brandos haben bei der Vorstellung ihres neuen Albums „Los Brandos“ den nahezu vollen Yard Club gerockt.
Der gut aufgelegte Kincaid scherzt zu Beginn über die zehnjährige Pause, die von den Brandos eingelegt wurde. Diese ist aber bereits bei den ersten Tönen des Live-Klassikers „Fight For Love“ vergessen. Temporeich geht’s mit „The Only Love“ und „Let It Go“ von der „Over The Border”-CD weiter.

Bei den früheren Single-Auskopplungen „Anna Lee“ und „The Solution“ geht das Publikum vollständig mit. Das harmonische „The Keeper“ und das neue „Suffer In Silence“ setzten einen Kontrapunkt zu den rauen Klängen der schnelleren Rocksongs. Im ersten Teil des Hauptsets präsentiert Kincaid noch die beiden kraftvollen „Señor Coyote“ und „Querer A Los Niños” von der aktuellen Scheibe. Die auf Spanisch gesungenen Stücke leitet Kincaid mit kurzen Erklärungen ein und baut augenzwinkernd darauf, dass ein im Publikum identifizierter Spanier, die genauen Übersetzungen liefern könne.

Mit dem wunderschönen Liebeslied „Love Of My Life“ und dem seinem Sohn gewidmeten „What Kind Of World“ integriert Kincaid einen semi-akustischen Part in das Konzert. Beim ersten Stück wird er noch von Gitarrist Frank Giordano begleitet, das zweite spielt er solo. Hat Kincaid früher mit Mandoline oder Banjo für Abwechslung gesorgt, setzt er bei dieser Tour auf die akustische Gitarre.

„She’s The One“ läutet den zweiten Teil des rockigen Hauptsets ein. Es folgt „Woodstock Guitar“, zu dem Kincaid eine Anekdote erzählt. Live gespielt, gewinnt „Bella Encantadora“ im Vergleich zur etwas glatten Studioversion. Mit „Over The Border“ und „Pass The Hat“ spielen The Brandos zwei Titelstücke älterer Alben mit hohem Wiedererkennungswert. Der wohl bekannteste Song der Band ist „Gettysburg“. Das Intro lässt die irischen Einflüsse in der Musik der Brandos kurz durchscheinen. „Can’t Go Home“, das Kincaid gerne gegen Ende seiner Konzerte spielt, schließt das eineinhalbstündige Hauptset.

Zwischen den beiden Zugaben gönnt sich die Band nur eine kurze Verschnaufpause. „Maligna Presencia“ und „These Troubled Times“ der neuen Veröffentlichung nehmen Tempo auf. Die Mimik und Gestik Kincaids bei dem langen Gitarrensolo in „Nothing To Fear“ ist unverwechselbar. Die Publikumswünsche „Light Of Day“ und das abschließende „Gunfire At Midnight” lassen den Saal schließlich kochen und das liegt nicht nur an den hochsommerlichen Temperaturen.

Die Besucher haben ein beeindruckendes Brandos-Konzert erlebt. In den gut zwei Stunden hörten sie – mit Ausnahme der beiden Cover-Stücke – alle Songs des aktuellen Albums in gelungenen Versionen. Das Publikum, das überwiegend aus eingefleischten Brandos-Fans bestand, nahm diese begeistert auf. Darüber hinaus kann man bei der sehr guten Songauswahl der älteren Lieder kaum etwas besser machen.

Kincaid scheint die Bühnenauftritte vermisst zu haben und spielte ein leidenschaftliches Konzert. Stimmlich ist er noch voll auf der Höhe und sein Gitarrenspiel gewohnt virtuos. Die Begleitmusiker Frank Giordano, Thomas Goss und Sal Maida agierten souverän, aber unauffällig. Einziger Wehmutstropfen ist vielleicht das Fehlen von Bassist Ernie Mendillo, der früher neben Kincaid als kongenialer Aktivposten die Bühne rockte.

Line-up:
Dave Kincaid (lead vocals, guitars)
Frank Giordano (guitars, vocals)
Sal Maida (bass, vocals)
Thomas Goss (drums, vocals)

Bilder: Peter ‚Beppo‘ Szymanski
Bericht: Michael Segets

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Peter ‚Beppo‘ Szymanski