Eilen Jewell – Gypsy – CD-Review

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Review: Michael Segets

Signature Sounds hat interessante Künstler im Programm. The Suitcase Junket war vor kurzem eine Neuentdeckung für mich. Eilen Jewell ist die nächste. Dabei bringt Jewell seit fast fünfzehn Jahren ihre Musik heraus und schaut bereits auf neun Alben zurück.

Jewell weckt auf „Gypsy“ viele Assoziationen zu anderen Musikerinnen und Musikern. Dabei verarbeitet sie diese deren Einflüsse sehr selbstständig und gewinnt so der Tradition neue Facetten ab. Auf dem Opener „Crawl” ähnelt ihre Stimme der von Sheryl Crow. Die Geige auf dem Folk-Rocker erinnert – wie später auch auf „Beat The Drum“ – an John Mellencamp. „Who Else But You” könnte eine typische Ballade von Leonard Cohen sein.

Zudem besitzt Jewell eine Affinität zum Country. So veröffentlichte sie 2010 ein Tribute-Album für Loretta Lynn. Auf „Gypsy“ frönt sie mit „You Cared Enough To Lie“ und „These Blues” dieser Musikrichtung. Die beiden runden Midtempo-Songs folgen der klassischen Machart mit Lap Steel, Geige und nasalerem Gesang. Sie sind auf diese Weise sicherlich gut gemacht, liegen aber nicht auf meiner musikalischen Linie.

Anders als „79 Cents (The Meow Song)”, das sich zwischen Country und Folk bewegt. Der Text kritisiert Rassismus und musikalisch erweitert der Einsatz von Bläsern das bisherige Klangspektrum des Longplayers. Auch bei „Witness” sind Hörner zu hören, die der Ballade eine Portion Soul mitgeben.

Balladen stellen das Herzstück der CD dar. Neben den schon erwähnten finden sich mit „Miles To Go“ und „Gypsy“ noch zwei weitere, die sanfte, eingängige Melodien haben. Spröden Charme versprüht hingegen „Hard Times“. Die Gitarrenarbeit steht zu dem gleichförmigen Gesang in einem Kontrast, der das Stück durchaus spannend hält. Jewell greift auf dem Album das erste Mal im Studio zur E-Gitarre. Dennoch steht die akustische Gitarre insgesamt im Vordergrund. Auf deren Begleitung verlässt sich Jewell beim im Folksinger-Stil vorgetragenen „Fear“.

„Gypsy“ bietet einige gelungene Americana-Songs, die mal in Richtung Country und mal in Richtung Folk gehen und vereinzelt rockige Töne anschlagen. Damit CDs im Gedächtnis bleiben, braucht es aber meist einen wirklich beeindruckenden Song. „Working Hard For You Love” sorgt auf dem Album dafür, dass Eilen Jewell in die Liste der bemerkenswerten Künstlerinnen aufgenommen wird, die man auf dem Schirm haben sollte.

Staubtrockene Desert-Gitarre, leicht leiernder, bluesiger – etwas unterkühlt wirkender – Gesang sowie Passagen mit mächtig treibendem Schlagzeug geben dem Stück außerordentlichen Druck und Intensität.

Eilen Jewell kann eingängige und sehr harmonische Songs schreiben und knüpft dabei an unterschiedliche Stile des breiten Americana-Felds an. Sie schreckt nicht davor zurück, gelegentlich expressivere Töne anzuschlagen, was das Album zusätzlich interessant macht. Vielleicht bietet sich im November eine Gelegenheit, wenn Jewell in die Niederlande kommt – u. a. ins Luxor Live in Arnheim –, diese Mischung hautnah zu erleben.

Signature Sounds Recordings (2019)
Stil: Americana, Country

Tracks:
01. Crawl
02. Miles To Go
03. You Cared Enough To Lie
04. 79 Cents (The Meow Song)
05. Beat The Drum
06. Gypsy
07. These Blues
08. Working Hard For You Love
09. Who Else But You
10. Witness
11. Hard Times
12. Fear

Eilen Jewell
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H’Art

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