Charlie Wooton Project – Blue Basso – CD-Review

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Review: Gernot Mangold

Charlie Wooton mag vielen als Mitglied von Royal Southern Brotherhood bekannt sein. Allerdings ist der musikalische Horizont des Bassisten um einiges weiter, was auf dem Album, benannt nach seinem Lieblingsbass, schnell erkennbar ist.

Schon im Instrumental „Jaceaux“, dem Opener der Scheibe, ist die spielerische Bandbreite von Jazz über Rock bis Funk zu erkennen. In diesem Song spielen Wooten und Dough Wimbish von Living Colour eine Art Twin Bass, als Tribut des schon vor über 30 Jahren verstorbenen Superbassers Jaco Pastorious.

Soulig bis swingend geht es dann mit „Reflections“ weiter, wo die talentierte Sängerin Arsene Delay, wie in den meisten folgenden Tracks, den Gesang beisteuert, der zuweilen an die junge Sade erinnert. Stilistisch ähnlich folgt das sehr harmonische „I Dont Know“, in dem neben dem exzellenten Bassspiel Wootons, auch die Mitstreiter, Daniel Groover an der Gitarre, Jermal Watson an den Drums und Kefko Komat an den Keyboards, ihre Klasse zeigen. Unterstützt werden sie dabei vom uns bestens bekannten Gastmusiker Damon Fowler an der Lap Steel Guitar.

Bei „Come On Over“ wird in die bisherigen Zutaten noch eine Prise Blues gestreut, um mit „Dime“ eine tolle instrumentale Jazznummer nachzulegen. Bei  „One Night“, ein eher wieder ruhigerer bluesiger Song mit einer Prise Soul, steht die Stimme Delays im Vordergrund.

Stark ist das funkige Bass- und Keyboard-Intro zu „Fulton Alley“, was zum groovigen Ende hin, psychedelische Züge annimmt. In „Tell Me A Story“ kommt Wootons Arbeit bei Royal Southern Brotherhoon am meisten zum Vorschein. Ein bluesiges Southernflair durchhaucht diesen starken Song in dem Sonny Landreth die Slideguitar, wie im folgenden „Front Porch, mit leichtem Countryeinschlag, einbringt.

Den Abschluss macht eine funkige Version des Rolling Stones-Klassikers „Miss You“, bei dem Delay das Lied stimmlich in ein ganz anderes viel souligeres Ambiente hüllt, als von den Stones bekannt.

Mit „Blue Basso“ ist Wooton ein starkes Album gelungen, welches aber durch seine Komplexität, Zeit, Ruhe und auch Konzentration beim Zuhören verlangt, um die ganzen Feinheiten und technischen Fähigkeiten der Musiker entsprechend wahrnehmen zu können. Besonders live gäbe es viel Potential,  die Songs in jammenden Gewändern zu präsentieren.

Musiker:
Charlie Wooton – Bass
Daniel Groover – Guitar
Jermal Watson – Drums
Kefko Komakt – Keyboards

Featuring:
Arsene Delay – Vocals

Special Guests:
Sonny Landreth – SlideGuitar („Front Porch“, „Tell Me A Story“)
Anders Osborne – Guitar („One Night“)
Dough Wimbish – Bass („Jaceaux“)
Eric McFadden – Guitar („Miss You“)
Damon Fowler – Lap Steel („I Don’t Know“)

Endless Blues Records (2019)
Stil: Blues Rock

Tracklist:
01. Jaceaux
02. Reflections
03. I Don’t Know
04. Come On Over
05. Dime Note
06. One Night
07. Fulton Alley
08. Tell Me A Story
09. Front Porch
10. Miss You

Charlie Wooton
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Sean Webster Band – 39. Riverboat-Shuffle auf der MS Eureka – 17.08.2019 – Konzertbericht

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Es war vor ein paar Monaten, als vor einem dieser vielen tollen Konzerte im Leverkusener topos, ich erinnere mich nicht mehr genau bei welchem, eine herrliche CD im Vorfeld lief, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zog.

Auf Nachfrage bei topos-Macher Klemens Kübber stellte sich heraus, dass es sich dabei um das Werk „Leave Your Heart At The Door“ eines gewissen Sean Webster und seiner Band handelte, die, so muss ich zu meiner eigene Schande gestehen, in meinem nun wirklich nicht kleinen Musikwissensspektrum, bis dato, völlig an mir vorübergegangen war.

AQ2A0581„Der hat schon öfter im topos gespielt und wird demnächst bei der traditionell stattfindenden, nächsten 39. Riverboat Shuffle des Trägervereins, mit dabei sein, da könnt ihr ja gerne auch kommen“, konstatierte Klemens in seiner gewohnt hilfsbereiten Art. Und so landeten Gernot und ich dann auch prompt auf der Gästeliste des Briten bei der anstehenden Schifffahrt mit der MS Eureka über den Rhein Richtung Köln und zurück.

AQ2A0065 - KopieLeider hatte es der Wettergott an diesem Tag nicht gut gemeint. Ausgerechnet an diesem Datum hatte sich von morgens an der berühmte linksrheinische Nieselregen nach langer Pause zurückmeldet, und veranlasste, beim Warten in der langen Schlange zum Einlass auf das mit ca. 450 Leuten restlos ausverkauften Boot, zum Öffnen der Regenschirme.

Das Konzept dieses Events sieht vor, dass auf den beiden inneren Decks des Schiffes, jeweils zwei Bands in stündlichen Abfolgen, drei mal parallel spielen, so dass jeder sich seinem Favoriten widmen oder auch alle Acts, zumindest partiell, mitverfolgen konnte. Mit an Bord waren diesmal das Celtic-Folk-Ensemble Garden Of Delight, das Duo Korn & Sauter mit Band und Mr.B.Fetch, sowie die besagte Sean Webster Band.

Nach dem anfänglichen Treiben, samt Platzfindung und Bestellungen, ging es um 19:00 Uhr, noch vor Anker, mit Garden Of Delight und Mr.B. Fetch zum Aufwärmen los. Bei meinem ersten Erkundungsgang hinterließen zumindest die Folkmusiker im Unterdeck mit partiellen Eigenkreationen (z. B. ein Lied über ihre Heimatstadt Offenbach) einen ganz sympathischen Eindruck.

AQ2A0102Ihr Sänger Michael M. Jung erinnerte mich rein äußerlich an den Ex-Rot-Weiss Essen- und Fußball-Nationalspieler Frank Mill, mit langem schütteren grauen Haar allerdings aussehend, wie nach der Rückkehr von einem 3-jährigen Selbstfindungstrip aus einer einsamen Berghütte in den schottischen Highlands. Bei beiden Acts herrschte schon sehr gute Stimmung an Board.

AQ2A0645Spätestens als Webster und seine drei Begleiter, Ruud Gielen an den Drums, Hilbrand Bos an den Keys und der schlaksige Floris Poesse am Bass, nach der Abfahrt um 20:00 Uhr ihren ersten starken Set mit Stücken wie „Give Me The Truth“, „Hands Of Time“, „Slow Dancing“, „Heart Still Bleeds“, „Hear Me Now“ und dem B.B. King-Klassiker „Thrill Has Gone“ vor nur wenigen Interessierten (die teilweise dazu noch despektierlich brabbelten) abgewickelt hatten und die zweite Welle zu rollen begann, offerierte sich, wie der deutsche Michel im Bereich der Ü40-/Ü50-Generation in Sachen Musik zu ticken scheint: Bei aufheiternden Getränken und schönem Ambiente, mutiert er bei Covermusik aus dem bewährten unsäglichen WDR 2-Wiederkäuer-Fundus, zum spät pubertierenden, abtanzenden Feierbiest. Da wird aus dem langsam schon zu rebellieren beginnenden Körper, nochmal alles an Energie herausgeholt, was möglich ist.

AQ2A0287Danach blieb für gute, kreative und eigenständige Blues Rockmusik keine Zeit, da musste dann bei einer Zigarette oder abkühlendem Getränk auf den Außendecks, lieber die einstige Sturm- und Drangzeit oder auch nur die vergangene Arbeitswoche reflektiert werden. Korn & Sauter mit ihren Kollegen fielen übrigens aufgrund der Parallelität zu Webster durchs Bewertungsraster. Bei einer kurzen Stippvisite meinerseits, ließen sie mit einem dieser Alltime-Cover-Nerv-Songs, „Johnny B. Goode“, allerdings auch keine positiven Stimulanzien in meinen Gehörgängen zurück.

So mussten die vier ‚Websteraner‘, die eine neue Live-Scheibe mit im Gepäck hatten, auch in Set 2, diesmal mit Tracks wie dem herrlichen Schwofer „The Mayor“, „C’mon Suzie“, „Broken Man“, einer Mörderversion von „I’d Rather Go Blind“ (was für eine grandiose Gesangsmeisterleistung von Sean!), „I Got The Blues“ und dem herrlichen Keith Urban-Lied „Til The Summer Comes Around“, den Part des Pausenfüllers oder Regenerationsacts für die tanzwütige Mehrheit abgeben. Verkehrte Welt…

Nach der dritten Coverphase aus der Mr.B.Fetch-Hit-Berieselungsmachinerie (zu deren Ehrenrettung muss ich aber gestehen, dass sie einen für ihre Berufung, entsprechend passablen Job erledigten und mit „Couldn’t Get It Right“ von der Climax Blues Band vorher mal eine Überraschung in petto hatten), die ich dann überwiegend am Oberaußendeck zum Begutachten der leuchtenden Kölner Nacht-Skala, samt angestrahltem Kölner Dom, verbracht hatte, musste Sean und sein megastarkes niederländisches Begleittrio (Kompliment an alle drei Musiker!) gegen 0:00 Uhr zur finalen Runde ran, als das Schiff im ‚Heimathafen‘ bereits wieder angelegt hatte.

AQ2A0510Auch hier ließen sich die Burschen von den nur wenigen Musikkundigen, die noch standhaft geblieben waren und noch nicht die Heimreise angetreten hatten, nicht beirren und holten nochmals alles aus sich an Spielfreude heraus. Da wurde u. a. zwischen zünftigen Rockern wie „She Has Got The Devil In Her“ und „You Got To Know“ und dem überragenden „Mr. Highwayman“ (mit Vorstellung und Soli aller Beteiligten und einem furiosen Instrumentalausklang) sowie der John Mayer-Abschlussballade „Gravity“ hin- und hergependelt. Websters großartiger Reibeisengesang und seine hymnischen Les Paul-Soli verursachten weitere diverse Gänsehautmomente.

Insgesamt war es somit eine tolle Riverboat-Shuffle in wunderbarem maritim-musikalischen Ambiente mit einer superben Sean Webster Band samt ihrem absolut sympathischen Leader als dickstem Fisch an der Angel. Der musikalische ‚Beifang‘ ist geschenkt und hierzulande einfach notwendig, um solch besucherintensive und außergewöhnliche Projekte schultern zu können.

AQ2A0596Am Ende versprach mir der Protagonist dann noch, dass er meinen Lieblingssong von ihm aus anfangs erwähnter CD, „Wait Another Day“, der diesmal nicht auf der Agenda stand, bei seinem nächsten Gig im topos aufführen wird. Vielen Dank an Sean Webster, Klemens Kübber und alle Involvierten zur Realisierung dieses Events. Ein toller, nicht alltäglicher Abend!

Sean Webster Band
Sean Webster – Lead vocals, electric guitar
Ruud Gielen – Drums
Hilbrand Bos – Keys
Floris Poesse – Bass

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Sean Webster Band
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Jazz Lev e.V.

UFO, 30.07.2019, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

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Eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche, wenn UFO ins Musiktheater Piano nach Dortmund kommt, ist die Hütte voll. An diesem Abend natürlich erst recht, wo sich das britische Hard Rock Urgestein, live wohl zum letzten Mal seinen Fans präsentierte.

Wie es der Titel der Tour ‚Last Orders‘ schon andeutet, war Abschied nehmen angesagt. Für mich persönlich hieß es in Sachen UFO ‚aller guten Dinge sind drei‘, jedes Mal war das Piano der Gastgeber. Mit der berühmten akademischen Viertelstunde Verspätung betraten dann Moog, Moore & Co. nach dem Glockenschlag durch ihren Tourmanager, die Bretter des Lütgendortmunder Schuckkästchens und rockten ihr Standardprogramm, das sie u. a. auch in der Kölner Kantine abgeliefert hatten, sukzessive runter.

Mit “Mother Mary “, “We Belong To The Night” und “Run Boy Run” stampften und rockten der sich scheinbar irgendwie nie verändernde Hosenträger tragende Phil Moog und seine Begleiter, geradeaus los. Lead-Gitarrist Vinnie Moore ließ bereits die ersten seiner unzähligen quirligen und hymnischen Soli auf einer Dean Vinman Semi Hollow Metallic White-E-Gitarre vom Stapel.

Bei „Venus“ wurde es zum ersten Mal etwas ruhiger. Sowohl Moore mit Akustik- und E-Gitarreneinsatz, als auch, der als Ersatz für den kürzlich leider verstorbenen Paul Raymond fungierende, Neil Carter, mit E-Gitarren- und Keyboardseinsätzen, mussten bei diesem Lied Multitaskingfähigkeiten an den Tag legen.

Apropos Neil Carter, der füllte seine Doppelrolle deutlich temperamentvoller als Raymond aus, er war wie ein Irrwisch ständig auf der Bühne in Bewegung und hatte auch noch, genau wie der ebenfalls gewohnt agile Bassist Rob de Luca, dezente Harmoniegesangseinsätze.

Die Piano-Lichtanlage hielt dem musikalischen Druck von „Lights Out“ problemlos stand, während bei der Powerballade „Baby Blue“ das Doppelspielchen von Vinnie und Neil, erneut vollzogen wurde, Der langmähnige Lockenkopf hatte hier allerdings zur Abwechslung eine Stratocaster im Anschlag.
Das stimmungsträchtige “Only You Can Rock Me” ließ Anflüge von Wehmut erst garnicht aufkommen, mein Lieblingsstück des Abends „Burn The House Down“ hatte auch keine Evakuierungen, beziehungsweise Feuerwehreinsätze zur Folge.

Ab dem herrlichen „Love To Love“ gab es dann den gewohnt starken Abgang mit Klassikern wie u. a. „Too Hot To Handle“, „Rock Bottom“ und „Doctor Doctor“, den Phil Moog (trotz seines fortgeschrittenen Alters, stimmlich immer noch in bester Verfassung), der zwischenzeitlich die Träger seiner Hose runtergelassen hatte, locker und gewohnt humorvoll absolvierte.

„U-F-O, U-F-O“ skandierte das Publikum lauthals, als es nach dem schallenden Schluss (Trommelwirbel von Andy Parker) von „Shoot, Shoot“ realisiert hatte, dass eine bravuröse Hard Rock-Ära zumindest live an diesem Abend zu Ende gegangen war. Phil Moog und seine Mannen kamen dann auch nicht mehr auf die Bühne zurück. Ein kurzes, schmerzloses und doch irgendwie stimmungsvolles Finale, bei dem man gerne nochmals zugegen war. Die letzte UFO-Runde in Dortmund war somit Geschichte.

Vielen Dank wie immer an Jenny Dore für die unkomplizierte und nette Kooperation.

Line-up:
Phil Mogg (lead vocals)
Vinnie Moore (electric and acoustic guitars)
Rob de Luca (bass, vocals)
Andy Parker (drums)
Neil Carter (keys, electric guitar, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Bericht: Daniel Daus

UFO
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Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Leaving Spirit – Things Change – CD-Review

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Soviel das Reviewen von Musik auch an Spaß bereitet, manchmal ist allerdings die Aufgabe, die richtigen Worte zu finden, der reinste Balanceakt. Da stürzt sich eine junge deutsche Band mit viel Engagement und Kreativität ins Southern Rock-Geschehen, gibt sogar eine Pressemeldung zu ihrer mit viel Liebe zum Detail gestalteten und eingespielten, ersten CD heraus und doch ist das Ergebnis, zumindest aus meiner persönlichen Sicht, am Ende, aufgrund nur einer einzigen Tatsache, eher ernüchternd.

Deutsche Bands aus dem Dunstkreis Country-, Roots-/Southern Rock haben es zugegebener Maßen bei mir generell schwer. Da lege ich oft letzten Endes den amerikanischen Maßstab an, und dem wird in den seltensten Fällen Genüge getragen. Man hört halt meistens an den im Schulenglischen verfassten Texten, als auch an der Stimme, woher der Wind weht. Unter den rar gesäten positiven Ausnahmen fallen mir spontan Leute wie Stefan Kossmann (Flatman), Tom Ripphahn (Hands On The Wheel), Markus Rill oder, mit noch ganz viel Toleranz, Gerd Rube ein. Dann ist aber auch schon fast das Ende der Fahnenstange erreicht. Selbst bei ehemals mit ganz dezentem Ruhm im Genre aufwartenden Gruppen aus unseren Landen wie Lizard, Street Survivors & Co., gab es letztendlich gleiches anzumerken.

Der vorliegende Fall, die Würzburger Band Leaving Spirit, hat, und das ist das Tragische daran, abgesehen von ein paar marginalen Dingen, eigentlich vieles richtig gemacht. Sehr lobenswert wie bereits erwähnt, die professionelle Herangehensweise, das fängt beim Cover-Artwork mit Booklet, inklusiv aller Texte und Kurzbiografie an und hört beim, mit Rising End-Gitarristen Nico Gwozdz zusammen, transparent produzierten Sound, auf.

Gut, wer sich nun mal in die Höhle des Löwen wagt (ihr Bandchef hatte mich gefragt, ob ich für ein Review parat stehen würde), muss sich dann halt auch der Kritik stellen. Kommen wir zu den verschmerzbaren Dingen. Dass die Texte  keinen lyrischen Hochgenuss darstellen, und manchmal in einen holprigen Gesang münden, ist geschenkt.

Bei den E-Gitarren hätte ich mir angesichts der Beteiligung von gleich drei Leuten etwas mehr Variation gewünscht, oft ist eine recht monoton surrende Spielart im Vordergrund. Bei den ausschließlichen Eigenkreationen wurde zwar das Auge auf so manches Bekannte geworfen, aber auch, bis auf das in Kid Rock-Manier gebrachte „Sweet Home Alabama“-Plagiat „Keep Rockin‘ Alive“, viel Liebe zum musikalischen Detail und kreativer Anspruch, an den Tag gelegt. Hier ist alles absolut im grünen Bereich.

Der letztendlich entscheidende Knackpunkt ist aber eine junge Dame namens Paula Frecot, die, wie ich es aus dem Booklet entnehme,  für das Ergebnis am Mikro zuständig war. Bei aller Liebe, sie hat in einer solchen Sparte nun wirklich nichts verloren, maximal das Punk- oder Indie-Genre erscheinen mir für ihre Art des Singens erschaffen worden zu sein.

Was nutzt einem eine CD mit durchaus 13 passablen Tracks, wenn einem der Gesang bereits von der ersten Strophe an, so richtig auf den Keks geht. Wie wohltuend, als bei „Old Lady“ mal kurz für zwei Strophen männlicher Gesang ertönt (eigentlich ganz ok, ich mutmaße mal, dass sich hier Florian Eppel, der auch die meisten Stücke komponiert hat, das Mikro geschnappt hat), um aber nach diesem kurzem Intermezzo, schon wieder niedergekeift zu werden.

Somit im Prinzip schade, „Things Change“ von Leaving Spirit hätte mit einem guten Fronter ein richtig starker Einstieg ins Genre werden können. Apropos Änderungen: Wie bereits bemerkt, hat sich das Sextett mittlerweile auf drei Positionen verändert und ist schon dabei, eines zweites Werk zu kreieren und einzuspielen.

Eigenproduktion (2019)
Stil: Southern Rock & More

01. Stranger on the Road
02. Mississippi Bridge
03. Free In My Mind
04. Reflections
05. Both Of Us
06. The Girl On The Train
07. Always The Same
08. Fake
09. Old Lady
10. Read Leaves
11. Moonshine
12. Dead Lie
13. Keep Rockin‘ Alive

Leaving Spirit
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The Liza Colby Sound – Object To Impossible Destination – CD-Review

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Review: Michael Segets

The Liza Colby Sound hat ihre diesjährige Europa-Tour zweigeteilt. Im Frühjahr war SoS bei zwei Gigs in Weert und Krefeld dabei. Bei den Gelegenheiten fingen Jörg und Gernot die heißen Shows mit ihren Fotoapparaten ein. Im Herbst unternehmen Liza Colby und ihre Mannen nochmal den Sprung über den Atlantik und kommen erneut in die SoS-Region, indem sie sich im Dortmunder Blue Notez blicken lassen.

Bei den vergangenen Auftritten hatte The Liza Colby Sound bereits die Stücke der neuen Scheibe „Object To Impossible Destination“ vorgestellt, die nun offiziell erscheint. Musik und Cover versetzen in die siebziger Jahre zurück, als Led Zeppelin die Charts dominierte. Mit hohem Tempo und schrillen Gitarren rockt die Band und gönnt sich kaum eine Verschnaufpause.

„Cool Hand“ eröffnet das Album in diesem Sinne. In die gleiche Kerbe schlägen „Try Me“, das hinsichtlich der Gitarrenarbeit noch einen Gang härter zu Sache geht, sowie „Young Girl“, das eine komplexe Songstruktur aufweist. Experimentelle Anflüge hat auch das langsamere „Creep On“ zu bieten. Es entwickelt eine fast hypnotische Wirkung und steht dem ähnlich angelegten, aber eingängigeren „Oh Baby“ in nichts nach.

Absolutes Highlight ist „Shake You“. Der reduziert beginnende Titel baut wunderbare Spannungsbögen auf und entwickelt damit eine außerordentliche Dynamik. Liza Colbys Gesang wird dabei nicht von scheppernden Gitarren begleitet, sodass dieser stärker im Vordergrund steht. Der Song zählte bereits bei dem Konzert in der Kulturrampe zu den Höhepunkten.

Die Live-Versionen haben in meiner Erinnerung sowieso die Nase vorn, aber das kann auch an der Bühnenpräsenz von Liza Colby liegen. Schade ist, dass „Thunder Rolling” nicht als Bonus-Track mit auf die Scheibe gepackt wurde. Zeitlich wäre da auf alle Fälle noch Platz gewesen, auch wenn der Titel stilistisch etwas herausgefallen wäre.

Ganz im Sinne des Albumkonzepts reiht sich die erste Single „Eye On You“ ein. Vor dem kräftigen Rhythmus, den Charles P. Roth am Schlagzeug und Alec Morton am Bass produzieren, sorgt Jay Shepard in einigen Passagen für einen vollen Soundteppich und liefert zudem ein gutes Gitarrensolo ab. Bei den meisten anderen Songs schlägt Tom McCaffrey die Saiten an.

Mit kraftvollen, dunklen Gitarrentönen beginnt „0 – Freak Out“, das mit einem expressiven Finale endet, bei dem sich die gesamte Band nochmal ins Zeug legt. Insgesamt schließt damit eine CD, die sich konsequent an der härteren Gangart des Siebziger-Jahre-Rocks orientiert. „Object To Impossible Destination” pustet die Gehörgänge frei.

Eigenproduktion (2019)
Stil: Rock

Tracks:
01. Cool Hand
02. Creep On
03. Try Me
04. Young Girl
05. Shake You
06. Eye On You
07. Oh Baby
08. 0 – Freak Out

The Liza Colby Sound
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Beth Hart – 01.07.2019, RuhrCongress, Bochum – Konzertbericht

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Nachdem der Opening-Act, Kenny Wayne Sheperd mit seinen Mannen, in der mit über 2.000 Zuschauern gefüllten RuhrCongress Halle zu Bochum, eine famose Blues Rock-Show abgeliefert hatte, galt es für die gerade von einer Erkältung genesene Kalifornierin Beth Hart samt ihrer Mitstreiter Jon Nichols, Bob Marinelli und Bill Ransom, als Headliner (in der USA war es ja genau anders herum), in unseren Sphären, dieser hohen Bürde gerecht zu werden.

Die in Los Angeles ansässige Protagonistin, auch bestens bekannt für ihre Zusammenarbeit mit Joe Bonamassa, lief quasi zur Hintertür in die Halle ein und bahnte sich mit „Love Gangster“ somit ihren Weg fast bis zum Ende des Songs, von der hintersten Reihe, mitten durchs Publikum, nach vorne zur Bühne.

Da auch hier nur bei insgesamt drei Tracks zu fotografieren erlaubt war und Gernot samt Fotokollegen ganz seitlich rechts unten in der Halle positioniert waren, und mit „Saved“ und „Baddest Blues“ (Beth erstmals am Piano) zwei nicht allzu lang währende Nummern folgten, war der Fotografier-Spaß von nur recht kurzer Natur bemessen (von daher gibt es diesmal auch nicht ganz so opulente Galerien zu begutachten, Gernot hat aber einen tollen Job gemacht, siehe unten).

Eines ist bei der sich gerne barfüßig bewegenden und kommunikationsfreudig gebenden Künstlerin sicher: auf bei Konzerten vorangegangenen Setlisten, ist kein Verlass. Ähnlich wie bei der Tedeschi Trucks Band, wählt sie meist spontan nach ihrem Gusto, aus dem reichhaltigen Fundus ihrer eigenen Lieder und verehrten Covernummern und mischt diese auch munter durch.

So ging es diesmal weiter von „Don’t Explain“ (schönes Nichols E-Solo), über das karibisch angehauchte „Let’s Get Together“, dem rhythmisch rockigeren „Fat Man“, zur über drei Tracks währenden Akustik-Session. Die wurde mit den beiden Bonamassa-Kooperationen „A Sunday Kind Of Love“ und „If I Tell I Love You“ sowie dem schlafwandlerischen „Lullaby Of The Leaves“, nebeneinander, zu viert sitzend am vorderen Bühnenrand, performt.

Für das atmosphärische „Setting Me Free“ (hymnisches Gitarrensolo von Nichols) und das launige „As Good As It Gets“ kehrte Beth an ihr Piano zurück, bei letztgenanntem mit Schifferklaviereinlagen.

Dass sie es auch an der Akustikklampfe drauf hat, bewies ihre stimmlich von Hauchen und Fauchen umgarnte Solovorstellung bei „Isolation“. Der emotionale Schlussverlauf des Hauptteils mit den, ihrem Ehemann (der sie von ihren Trink-, Drogen- und persönlichen Problemen wieder in die ‚Spur‘ gebracht hat) und ihrem Vater bedachten Songs wie „As Long As I Have A Song“ und „Tell Her You Belong To Me“, löste natürlich Zugaberufe und Beifallsgetrampel aus, es wurde Nachschub einfordert.

Der fiel dann mit dem Trio „Sinner’s Prayer“ (Nichols slidend), „Love Is A Lie“ und der emotionalen Ballade „No Place Like Home“ (Beth alleine am Molltöne verbreitenden Piano im Stile einer Melissa Etheridge),  nochmals ordentlich aus, sodass eine Gesamtspielzeit von 90 Minuten erreicht wurde.

Insgesamt Beth Hart, wie man sie kennt, mit einer gesangsgewaltigen, emotionalen, überwiegend stark auf die charismatische Protagonistin fixierten Show. Leichter Punktsieger an diesem Abend war für mich persönlich allerdings Kenny Wayne Sheperd.

Danke an Jenny Dore von 3Dog Entertainment für die gewohnt unkomplizierte Akkreditierung.

Line-up:
Beth Hart (lead vocals, piano, acoustic guitar)
John Nichols (electric and acoustic guitar, vocals)
Bob Marinelli (bass)
Bill Ransom (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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RuhrCongress Bochum

Kenny Wayne Shepherd – 01.07.2019, RuhrCongress, Bochum – Konzertbericht

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Toll geschnürtes Paket gestern Abend im Bochumer RuhrCongress: Das einstige Blues Rock-Wunderkind, heute bereits ein gestandener Musiker, Kenny Wayne Shepherd und die kalifornische (Blues-) Rockröhre Beth Hart, zogen gut 2.200 Zuschauer in die Halle und sorgten für stimmungsvolle Unterhaltung.

Der aus Shreveport, Louisiana stammende Paradegitarrist hatte mit Weltklassedrummer Chris Layton (u. a. Stevie Ray Vaughans Double Trouble, Storyville, Arc Angels), Sänger Noah Hunt, dem starken Tastenspieler Joe Krown und Bassist Scott Nelson hervorragende ‚Rückendeckung‘ für seine unzähligen filigranen und ordentlich s(c)hep(p)ernden Soli.

Am Start hatte er sein kürzlich auch von uns reviewtes Album „The Traveler„, das mit den drei Eröffnungstracks (hier durfte auch nur fotografiert werden) „Woman Like You“, der Buffalo Springfield-Nummer „Mr. Soul“ (Neil Young-Fan Gernot Mangold sofort hoch erfreut) und „I Want You“, dann auch direkt in den Vordergrund gestellt wurde. Bei letztgenanntem Lied, sowie später beim Elmore James-Cover „Talk To Me Baby“ (mit herrlichem HT-Geklimper von Krown) übernahm der Protagonist dann auch das Frontmikro, das ansonsten Noah Hunt inne hatte.

Meine Favoriten im Set waren allerdings die ruhigeren und atmosphärischen Stücke wie „Heat Of The Sun“ und „Turn To Stone“ (James Gang), bei denen Kennys ausschweifende fingerfertige Saitenkünste (bei letztem phasenweise an Skynyrd erinnernd) am besten zum Tragen kamen.

Grandios auch das einst mit Mark Selby und Ehefrau Tia Sillers zusammen komponierte „Blue On Black“ und die fulminante Version vom, als Finale gebrachten Hendrix-Klassiker „Voodoo Chile“, bei dessen Schlussakkorden sich das Publikum zu stehenden Ovationen aus den Sitzen der bestuhlten Kongresshalle erhob.

Eine einstündige Blues Rock-Gala der Kenny Wayne Shepherd Band und eine tolle Einstimmung zu Beth Hart!

Line-up:
Kenny Wayne Shepherd (electric guitar, vocals, lead vocals)
Noah Hunt (lead vocals, electric and acoustic guitar, percussion)
Joe Krown(keys)
Scott Nelson(bass)
Chris Layton (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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RuhrCongress Bochum

Fried Goat – Rock N Roll Saves Lives – CD-Review

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Review: Michael Segets

Auf der Webseite von Fried Goat finden sich unter der Rubrik Education Infomaterial über Ziegen sowie einige Rezepte zu deren Zubereitung. Anscheinend verbirgt sich hinter dem Bandnamen eine weitergehende Leidenschaft, über die ich hier nicht spekulieren möchte. Tatsache ist, dass sich Westy Bowen (vocals, guitar), Brian Brittingham (drums), Brian Heinbaugh (vocals, guitar, madolin), Deke Wiggins (lead guitar, vocals) und Ruskin Yeargain (bass, vocals) als Fried Goat zusammengefunden und sich der Rockmusik verschrieben haben.

Dabei wildern sie in unterschiedlichen Stilrichtungen ohne sich auf eine festzulegen. Beim Roots Rocker „Make You Cry“ schwingt ein Hauch Southern Rock mit, ebenso bei „LA Moon“, das wie „Safe From Harm“ etwas poppiger angelegt ist. Anleihen beim Hardrock sind bei „Gumbo Knows“ und „Henry’s Glory“ auszumachen.

Assoziationen zu Neil Young wecken „Rest Again“ und „Rotten Structure“, letztgenanntes vor allem durch die Mundharmonika. Einflüsse der Kinks und des Britpops hört man bei „Circus K“ und „China Made Me“, das mit auffälligen Riffs und verzerrtem Gesang heraussticht. Runde, eingängige Nummern gelingen Fried Goat mit „Ground“ und dem starken „Leaving Ain’t Easy“, bei dem die Band wie bei einigen anderen Titeln auf mehrstimmigen Harmoniegesang setzt.

Mit dem Liebeslied „Anything“ und dem kurzen Intermezzo akustischer Gitarren „It’s Been A Good Run“ finden sich zwei ruhigere Titel auf der CD. Hervorzuheben sind „Face Tattoo Blues“, das auf interessante Weise mit dem Tempo spielt, und der Country-Song „Long Goodbye“. Einer Textzeile von ihm ist der Albumname entnommen. Klasse ist hier das Bar-Piano.

Highlight der Veröffentlichung stellt für mich die Cover-Version von „Light Of Day“ dar. Fried Goat machen aus dem krachenden Rocker, der von Bruce Springsteen stammt und den Joan Jett And The Blackhearts ursprünglich performten, eine intensive akustische Ballade. Sollten Springsteen oder Jett die Interpretation hören, würde sie ihnen gefallen, vermutet Deke Wiggins während der „Apartment Sessions“. Auf der Homepage und auf YouTube steht für eine begrenzte Zeit das gut einstündige Video über das aktuelle Album online, bei der die Bandmitglieder die einzelnen Songs kommentieren und einige Tracks anspielen.

„Rock N Roll Saves Lives“ ist der dritte Longplayer von Fried Goat, der mit 16 Tracks die Bezeichnung auch wirklich verdient. Die Band bedient sich bei unterschiedlichen Stilrichtungen des Rocks und hütet sich dabei vor Extremen. Die CD ist daher durchgängig gut hörbar. Wer musikalisch breiter aufgestellt ist, wird Freude an dem Album haben. Wer in seinem Geschmack etwas spezialisierter in Richtung Roots oder Southern Rock ist, wird zumindest eine Auswahl aus dem reichhaltigen Angebot treffen können.

Outhouse Vinyl/Two Side Moon (2019)
Stil: Rock

Tracks:
01. LA Moon
02. China Made Me
03. Anything
04. Rest Again
05. Rotten Structure
06. Long Goodbye
07. Make You Cry
08. Face Tattoo Blues
09. Leaving Ain’t Easy
10. Ground
11. Circus K
12. Gumbo Knows
13. Safe From Harm
14. It’s Been A Good Run
15. Henry’s Glory
16. Light Of Day

Fried Goat
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Two Side Moon Promotion

UFO – 20.06.2019, Kantine, Köln – Konzertbericht

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Im Rahmen der ‚Last Orders‘-Tour kamen UFO an einem frühsommerlichen Abend auch in die Kantine im Kölner Norden. Diese Tour zum 50-jährigen Bandjubiläum, bildet, wie der Name es schon suggeriert, vermutlich den Abschluss einer der erfolgreichsten englischen Hard Rock-Vertreter der ersten Stunden. Somit kam aus diesem Grund eine gewisse Wehmut auf, aber auch, weil Paul Raymond, langjähriger Keyboarder und Gitarrist der Band, kurz nach den ersten Auftritten überraschend verstorben war und zunächst nicht klar war, ob fortgesetzt werden würde.

In einem Statement vor einigen Wochen wurde dann aber mitgeteilt, dass es im Sinne Raymonds, einem absolut sympatischen Musiker und Menschen, weitergeht. An den Keyboards und der Gitarre sprang Neil Carter ein, der schon 1980 -1983 bei UFO spielte.

Kurz nach 20:00 Uhr dunkelte sich die Halle ab und es erklangen die Töne des Alex Harvey-Klassikers „Faith Healer“, um dann das Tourlogo hell anzustrahlen: Ein im Zentrum stilisierter Kronkorken samt Logo, dem Tourtitel und der Zeitspanne des Bestehens. Daneben strahlte ein Spot auf eine Glocke, die auf einem der Verstärker platziert war und diese letzte ‚Bestellung‘ der Fans eingeläutet wurde.

Nachdem das Quintett die Bühne betreten hatte und Moog kurz die Fans begrüßt hatte, ging es direkt hardrockend mit „Mother Mary“ los. Andy Parker an den Drums und Rob de Luca erzeugten einen hämmernden Rhythmus in die Kantine, in der der Sound laut, aber differenziert ausgesteuert war. Moore legte furiose Soli hin und zeigte sich, wie die anderen Mitglieder, bestens gelaunt und spielfreudig.

Unterstützt wurde er zunächst von Neil Carter, der zumeist als Rhythmusgitarrist fungierte, später aber auch starke Keyboardpassagen beisteuerte. Über den mittlerweile 73-jährigen Phil Mogg kann man nur staunen. Drahtig und charismatisch zeigte der Fronter, dass man auch in seinem Alter noch die Töne entsprechend treffen kann und man ihn, obwohl er sich demnächst zurückziehen wird, noch lange nicht zum alten Eisen zählen darf.

Nach dem Klassiker „Mother Mary“, der auch Bestandteil des legendären „Strangers In The Night“-Livealbums war, kamen mit „We Belong To The Night“ vom 82er Album „Mechanix“ und dem relativ neuen „Run Boys Run“ von „A Conspiracy Of Stars“, zwei klassische Nummern, die für die entsprechende Stimmung in der recht gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Kantine sorgten.

Vor dem nächsten Track stellte ein Crew-Mitglied eine Akustikgitarre an einem Ständer auf die linke Seite der Bühne, auf der sich zuvor Moore an seiner elektrischen Gitarre ausgetobt hatte. Es folgte einer der vielen Höhepunkte des Konzertes. Bei lila Licht begann Vinnie das akustische Intro von „Venus“ von „Walk On Water“ aus dem Jahr 1995, später einsetzend mit gefühlvollen Gesangspassagen, um die Ruhe des Songs immer wieder dann mit seiner E-Gitarre infernalisch zu durchbrechen.

Mit „Lights Out“ aus dem Jahr 1977, folgte ein absoluter Kracher, den viele auch wahrscheinlich als Rausschmeißer erwartet hätten. Hämmernde Bassläufe von Rob de Luca und ein Gewitter vom sehr agilen Any Parker legten eine Basis, als gäbe es kein Morgen mehr. Wenn man es so will, gingen nach dem Konzert in der Kölner Kantine, die UFO-Lichter vermutlich auch für immer aus.

Moore und Carter bespielten auf dieser Grundlage im Highspeed ihre Gitarren und zeigten, warum UFO in der damaligen Zeit einer der besten Acts ihrer Sparte waren und auch bis heute geblieben sind. Über die gesanglichen Stärken Moogs, der seine Fähigkeiten bis ins Jetzt transportiert hat, ist eingangs schon alles gesagt worden.

Zwischen den Stücken gab er den gut gelaunten Entertainer und nahm sich auch selbst mal auf die Schippe. Ich erinnere mich, als er vor einem Song etwas verwirrt tat, welcher Song denn folgen sollte und bemerkte, dass er ja zum Glück nur nach unten sauf die Tracklist am Boden schauen müsste. Vielleicht auch eine Anspielung auf sein Alter und dass es besser sei aufzuhören, bevor es peinlich wird.

Mit „Baby Blue“ von „You Are Here“ aus 2004 wurde es wieder ruhiger. Akustische Klänge von Moore, Keyboardwolken Carters, gefühlvoller Gesang und eine zurückhaltende Rhythmussektion zeichneten diesen Song in weiten Teilen aus, wobei er von Gitarrenpassagen mit balladeskem Solo von Moore durchbrochen wurde.

Danach nahm das Konzert aber direkt wieder Fahrt auf. „Only You Can Rock Me“ aus dem Jahr 1978 von „Obsession“, später auch in „Strangers In The Night“ live eingespielt, brachte die Halle zum Kochen.

Mit „Burn Your House Down“ begab sich die Briten auf einen Zeitsprung ins Jahr 2012. Wenn man den Titel des Songs sprichwörtlich nimmt, war die Band schon zu diesem Zeitpunkt auf dem besten Wege die Hütte abzubrennen. Danach ging es bis zum Ende des Gigs in die ganz früheren Phasen der Bandgeschichte.

Mit dem eher langsamen, aber trotzdem rockenden „Cherry“ wurde „Love To Love“ eingeläutet. Ich hatte hier den Eindruck, dass Carter mit seinen Blicken die Decke der Halle durchbrechen wollte, um Richtung Raymonds im Himmel zu schauen, da dieser bei diesem Song früher seine eindrucksvollsten Passagen hatte.

Diese zum Teil träumerisch vorgetragene Ballade entwickelte sich im Laufe des Liedes in eine Härte, die ich zuvor bisher so nicht wahrgenommen hatte. Absolute Spitzenklasse, mit welcher Dynamik die Band ihre Instrumente dabei bearbeitete. um immer wieder beim eigentlichen Grundrhythmus des Songs wieder anzukommen. „Makin‘ Moves“ brachte die Besucher im Highspeed in Bewegung, und wenn es nur das Bewegen des Kopfes war.

Mit dem Klassiker „Too Hot To Handle“, wurde das Ende des Konzertes eingeläutet. Die Band ließ es sich aber nicht nehmen, dem Publikum, das den Auftritt bisher frenetisch gefeiert hatte, noch eine ‚Last Order‘ zu gewähren, die mit einem galaktisch gespielten „Rock Bottom“ begann, wo sich scheinbar nicht endend, ein Gitarrensolo an das nächste reihte und auch Moog seine gut geölte Stimme noch nicht verloren hatte.

Moore bespielte seine Gitarre zum Teil über und hinter dem Kopf, Carter und de Luca trafen sich immer wieder auf der Bühne, um direkt gegenüberstehend, kurze Soli einzuwerfen oder auch zu posen. Auch Parker steuerte kurze Intermezzi bei, während Moog, der zu weiten Teilen ‚arbeitslos’war, mit seinem Mikrfonständer über die Bühne wirbelte. Topfit der ‚Alte Mann‘ des Hard Rocks!

Kein UFO Konzert, ohne dass der Arzt kommt. Schon beim ersten Ton auf der rot ausgeleuchteten Bühne, feierte das Publikum ein stark und hart vorgetragenes „Doctor Doctor“, dem zum Abschluss noch „Shoot Shoot“ folgte. Moore hatte sich zu diesem Song einen Cowboyhut auf seine wallende Mähne gesetzt und es folgte ein kräftig gespielter Rausschmeißer, in dem er zum Teil Soli spielte, die im Ansatz an klassische Sachen des Southern-Szene, Richtung Allman Brothers, erinnerten.

Nach etwa 100 Minuten war dann der letzte Song gereicht und die Halle begann sich zu leeren. Man konnte in zufriedene Gesichter blicken, die noch einmal bei einem der letzten Auftritte einer der größten Hard Rock-Bands ‚ever‘, zugegen gewesen sind. Wer die Chance hat, eines der noch folgenden Konzerte zu besuchen, sollte sich diese nicht entgehen lassen, in der eine alte Band zeigt, dass man auch mit zig Jahren auf dem Buckel, immer noch dynamisch und mit einer fast jugendlichen Spielfreude, ein Publikum begeistern kann.

Hervorzuheben ist auch der gut abgemischte Sound und ein Lichttechniker, dem es gelungen ist, passend zu Dramaturgie des Konzertes, das Bühnenbild entsprechend zu illuminieren.

Ein Dank auch an Marcus Neu von der Kantine, der mit dem Veranstalter alles regelte, sodass wir über dieses Konzert in Wort und Bild berichten konnten. In eigener Sache auch ein Dank an die Band, die nach der Show noch ein Bild von vor zwei Jahren, aufgenommen im Dortmunder Piano, zeichnete und dem Tourmanager, mit dem ich mich anschließend noch über die Entstehung des Bildes unterhielt. In dem Sinne: Bis Ende Juli in Dortmund, wo ich vermutlich den ‚Last Orders‘ von UFO nochmals nachkommen werde.

Line-up:
Phil Mogg (lead vocals)
Vinnie Moore (electric and acoustic guitars)
Rob de Luca (bass, vocals)
Andy Parker (drums)
Neil Carter (keys, guitar, vocals)

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Bruce Springsteen – Western Stars – CD-Review

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Review: Michael Segets

Ein halbes Jahr nach dem Ende seines Dauerengagements am Broadway legt Bruce Springsteen nun mit „Western Stars“ ein neues Album vor, das in deutlichem Kontrast zu seiner stripped down Solo-Show steht. Mit einem Orchester im Rücken knüpft er eher an die poppigeren Produktionen von „Magic“ (2007) und „Working On A Dream“ (2009) an. Vom Grundtempo der CD lässt sich ein Vergleich zu „Devils & Dust“ (2005) ziehen.

„Western Stars“ ist ein ruhiges, opulent instrumentiertes Album geworden, bei dem die Stimme von Springsteen im Vordergrund steht. Die Begleitung ist mal sehr dezent, wie bei dem hervorragenden Opener „Hitch Hikin’“ oder dem kurzen „Somewhere North Of Nashville“, mal sehr auffällig, wie bei „Chasin‘ Wild Horses“, „Sundown“ oder „Stones“, auf denen sich vor allem die Streicher – aber auch die Bläser – ins Zeug legen.

Manche Passagen fallen dabei etwas dramatisch aus, so auf „Drive Fast (The Stuntman)“. Besonders wenn sich Pedal Steel und Streicher ergänzen („Hello Sunshine“), bekommen die Songs einen ziemlich wehmütigen Anstrich. Sobald Springsteen dann – wie bei der ersten Single „There Goes My Miracle“ – auch noch den Gesang langzieht, ist die Grenze zum Schmalz nahe.

Dennoch beweist Springsteen vor allem in der ersten Hälfte des Albums, dass er immer noch schöne Melodien mit poetischen Texten kombinieren kann, wobei seine markante und eindringliche Stimme ihnen den unverwechselbaren Touch mitgibt. „Tucson Train“ und das Titelstück sind dafür beste Beispiele.

Springsteen hat für „Western Stars“ auf die Mitwirkung seiner E Street Band verzichtet. Dennoch sind einige Musiker beteiligt, mit denen der Boss bereits früher zusammenarbeitete. Mit dabei sind seine Frau Patti Scialfa sowie die Geigerin Soozie Tyrell. Ed Manion, ein Urgestein der Musikszene in New Jersey und Mitglied von Southside Johnny’s Asbury Jukes sowie Little Steven’s Disciples Of Soul bläst bei dem locker flockigen „Sleepy Joe’s Café“ ins Saxophon.

Auch Clark Gayton mit seiner Posaune wurde von Springsteen bereits häufiger rekrutiert. Nach „Wrecking Ball“ (2012) und „High Hopes“ (2014) zeichnet Ron Aniello zum dritten Mal für die Produktion mitverantwortlich.

Springsteens „Western Stars“ folgt konsequent einer Line. Eine sanfte, getragene Grundatmosphäre durchzieht das Album, bei der insgesamt die Streicher als prägend im Gedächtnis bleiben. Das orchestrale Arrangement unterstreicht bei einigen Titeln deren Stimmung äußerst gelungen, bei anderen ist es für meinen Geschmack zu dominant.

Bis auf wenige Ausnahmen setzen sich die Songs nicht unmittelbar in den Gehörgängen fest, wobei sich das Werk bei mehrmaligem Durchhören noch entwickelt. Ein ganz großer Wurf, wie er Springsteen zuletzt mit „Wrecking Ball“ gelang, ist „Western Stars“ jedoch nicht.

Daher darf man gespannt sein, was der Boss als nächstes abliefert, wenn er – wie angekündigt – am Ende des Jahres die E Street Band wieder für neue Studioaufnahmen zusammentrommelt.

Columbia/Sony Music (2019)
Stil: Rock

Tracks:
01. Hitch Hikin‘
02. The Wayfarer
03. Tucson Train
04. Western Stars
05. Sleepy Joe’s Café
06. Drive Fast (The Stuntman)
07. Chasin‘ Wild Horses
08. Sundown
09. Somewhere North Of Nashville
10. Stones
11. There Goes My Miracle
12. Hello Sunshine
13. Moonlight Motel

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