Tennessee Jet – The Country – CD-Review

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Review: Michael Segets

„Ich bin mit Outlaw Country aufgewachsen“, sagt Tennessee Jet und dieser schwingt bei seiner Musik immer – zumindest hintergründig – mit. Dabei verlässt Tennessee Jet mehrfach die vertrauten Regionen dieses Genres, um seine Grenzen auszuloten und einen eigenen Sound weiterzuentwickeln.

Sein dritter Longplayer „The Country“ erscheint nun bei dem renommierten Label Thirty Tigers. Spielte Tennessee Jet seine beiden ersten Alben quasi im Alleingang ein, holte er sich nun einige Musiker aus der einschlägigen Szene ins Studio. So verpflichtete er die Tour-Band von Dwight Yoakam, den er ebenso wie Willie Nelson bereits auf Konzertreisen begleitete. Für das sehr gelungene Cover von Townes Van Zandt „Pancho & Lefty“ gewann er Elizabeth Cook, Cody Jinks und Paul Cauthen, die ihn am Mikro unterstützen. Zusätzliche Würze erhält der Klassiker durch die Mundharmonika von Mickey Raphael (Willie Nelson) sowie die Trompete von Brian Newman (Lady Gaga).

Darüber hinaus finden sich mit „She Talks To Angels“ ein weiterer Song auf der Scheibe, der nicht aus der Feder von Tennessee Jet stammt. Den Titel der Black Crows performt er als flotten Bluegrass.

Der Opener „Stray Dogs“ ist eine schnelle Country-Nummer. Bei ihr erinnert sich Tennessee Jet an die Zeit, als er ständig unterwegs war und zusammen mit seiner Frau von einem Auftritt zum nächsten jagte. Mit „The Raven & The Dove“ unterstreicht der Musiker sein Faible für den Country und überzeugt dort auch im Midtempo besonders durch den eingängigen Refrain.

Die Spannweite des Genres deckt Tennessee Jet weiterhin mit den Balladen „Sparklin’ Burnin’ Fuse’“ sowie „Someone To You“ ab. Vor allem beim letztgenannten Stück kommt sehr viel Slide zum Einsatz, wodurch es etwas schwülstig gerät. Mit „The Country“ läuft Tennessee Jet aber wieder zur Hochform auf. Die in einzelnen Passagen einsetzende Geige begleitet den getragenen Song sehr stimmungsvoll.

Wie der Titelsong ist auch das dylaneske „Off To War“ dezent und akustisch instrumentalisiert. Neben der Geige sorgt bei dem Song eine Mundharmonika für Atmosphäre. Als Kontrastprogramm lässt es Tennessee Jet bei zwei Stücken ordentlich scheppern. Bei „Johnny“ arbeitet er sogar mit Rückkopplungen, wobei Reminiszenzen an den Grunge-Sound in den Sinn kommen. Der Track ist als Hommage auf den Country-Musiker Johnny Horton gedacht, der 1960 bei einem Autounfall ums Leben kam. Schließlich findet sich noch der kraftvolle Roots-Rocker „Hands On You“ auf dem Longplayer, den ich zu meinem Favoriten erkoren habe.

Tennessee Jet kann nicht nur Country. In diesem Genre bietet „The Country“ bereits eine breite Palette unterschiedlicher Spielarten. Selbstbewusst richtet Tennessee Jet seinen Blick darüber hinaus in Richtung Folk und Rock und offenbart dort ebenfalls großes Potential. Mit dieser Spannbreite sorgt er für ein äußerst abwechslungsreiches Album. Zudem darf man also gespannt sein, welchen Weg er zukünftig einschlägt und wie weit er sich dabei von seinen Wurzeln entfernt.

Tennessee Jet Music – Thirty Tigers/Membran (2020)
Stil: Country, Folk, Rock

Tracks:
01. Stray Dogs
02. The Raven & The Dove
03. Johnny
04. Pancho & Lefty
05. Off To War
06. Hands On You
07. Someone To You
08. The Country
09. She Talks To Angels
10. Sparklin’ Burnin’ Fuse’

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Lukas Nelson & Promise Of The Real  – Turn Off The News (Build A Garden) – CD-Review

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Review: Michael Segets

Die alten Country-Legenden geben allmählich den Staffelstab weiter an die nächste Generation. Zu denken wäre da an Waylon und Shooter Jennings, Steve und Justin Townes Earle oder Willie und Lukas Nelson. Die Söhne führen zwar einerseits die Traditionslinien ihrer Väter fort, schlagen aber andererseits ihre eigenen musikalischen Wege ein, sind mittlerweile selbst schon im Musikgeschäft etabliert und haben sich bereits einige Reputation erarbeitet.

Lukas Nelson konnte durch seine Mitwirkung an dem Film „A Star Is Born“ sowie dem dazugehörigen Soundtrack zuletzt einen großen Erfolg verbuchen. Nach der Zusammenarbeit mit Lady Gaga und Bradley Cooper bringt Lukas Nelson mit seiner Band Promise Of The Real nun ein neues Studioalbum „Turn Off The News (Build A Garden)” an den Start, auf dem einige bekannte Gäste mitwirken, so Shooter Jennings, Sheryl Crow, Kesha, Lucius und Neil Young.

Vor allem mit Neil Young arbeiten Lukas Nelson & Promise Of The Real eng zusammen. Sie begleiten das kanadische Rockurgestein auf seinen Touren und spielten mit ihm neben einem Live-Album auch zwei Longplayer im Studio ein. Die enge Verbundenheit zu Young äußert sich zudem im Namen der Band, der einer Textzeile aus dessen Song „Walk On“ entliehen ist.

Lukas Nelson wählt mit der Single „Bad Case” einen rockigen Einstieg in die CD, an den das Titelstück anschließt. „Turn Off The News (Build A Garden)” hat – wie viele seiner Songs – einen einprägsamen Refrain. In manchen Passagen ist es etwas opulent, sodass mir die alternative akustische Version, die sich als Bonus auf dem Silberling findet, noch mehr zusagt. Bei ihr wird umso deutlicher, dass Lukas Nelson ein talentierter Songschreiber ist.

Im Mittelteil des Longplayers finden sich mit „Civilized Hell“, dem ruhigen „Simple Life“ und dem sommerlichen „Lotta Fun“ einige gelungene, sorgfältig arrangierte Titel. Wenn Nelson „Save A Little Heartache” trällert oder den Gesang bei „Mystery“ in die Länge zieht, geht der Gestaltungsdrang allerdings mit ihm durch. Dabei sind auch in diesen Songs gute Ansätze vorhanden, beispielsweise die Gitarrenlicks seines Vaters Willie. Bei „Where Does Love Go” ist zu hören, dass sich Lukas Nelson an der Musik von Roy Orbison orientiert. Er fängt deren leicht schwülstige Atmosphäre treffend ein.

Beim Durchhören des Albums treten bei den im Midtempo gehaltenen Tracks leichte Ermüdungserscheinungen ein. Die Tendenz hier und da einige musikalische Schlenker einzubauen, die zwar technisch gekonnt, letztlich aber austauschbar sind, spülen die Titel manchmal etwas weich. Bestes Beispiel dafür ist „Stars Made Of You”, das – wäre es auf Deutsch gesungen – einen Platz in der Schlagerparade haben könnte.

Gegen Ende der CD landet Nelson allerdings noch einige Treffer. Vor allem der Rocker im Southern-Style „Something Real“ ragt hervor. Aber auch das sich zu einem furiose Finale steigernde „Out In LA“ sowie der Bonus-Track „Consider It Heaven“ wissen zu überzeugen.

Lukas Nelson hätte bei der Produktion von „Turn Off The News (Build A Garden)“ mehr auf die Kraft seines Songwritings vertrauen können. Das Arrangement einiger Stücke nimmt ihnen etwas von der Wirkung, die möglich gewesen wäre. Manche Titel sind in ein ziemlich gefälliges Gewand gekleidet und ragen damit nicht aus dem Mainstream heraus. Die reduzierten Balladen erscheinen weniger glatt und deuten das Potential der Band an, die dort größeres Profil zeigt. Im oberen Tempobereich, wenn Lukas Nelson & Promise Of The Real die Zügel loslassen, liefert die Band feinen Rock ab.

Fantasy Records/Universal Music (2019)
Stil: New Country/Rock

Tracks:
01. Bad Case
02. Turn Off The News (Build A Garden)
03. Where Does Love Go
04. Save A Little Heartache
05. Lotta Fun
06. Civilized Hell
07. Mystery
08. Simple Life
09. Out In LA
10. Something Real
11. Stars Made Of You
12. Turn Off The News (Build A Garden) (Accoustic) (Bonus Track)
13. Consider It Heaven (Bonus Track)

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