Water And Sand – Hey Love – CD-Review

Review: Michael Segets

Kim Taylor und Todd Thibaud führen mit „Hey Love“ ihre Zusammenarbeit als Water And Sand fort. Mit ihrem dritten gemeinsamen Album setzen sie erneut auf die Kraft ihres Songwritings und die Harmonie ihrer Stimmen. Der warme Klang von Thibauds Gesang und die helleren Töne von Taylor fügen sich in den Songs perfekt zusammen.

Auch nach eigenem Bekunden soll der Gesang bei den Stücken im Vordergrund stehen, sodass die dezente Instrumentierung eher der stimmungsvollen Untermalung dient. Als puristisch kann die Scheibe jedoch nicht bezeichnet werden. In einzelnen Passagen setzen kurze instrumentale Zwischenspiele gelungene Akzente, etwa die elektrische Gitarre bei „City Crows“ oder die Mundharmonika bei „Straight On To You“. Alle Songs sind vom gemeinsamen Gesang geprägt, den das Duo durchgängig bei „It May Be A Start“ beibehält. Die atmosphärische Ballade „This Little Song“, die für mich zu den Highlights des Albums zählt, ist ein Duett, bei dem sich Taylor und Thibaud die Strophen aufteilen. Bei den anderen Beiträgen übernimmt einer der beiden die Lead Vocals, während der andere Harmonien beisteuert. Die Tracks auf dem Longplayer sind so angeordnet, dass im regelmäßigen Tonus diese Aufgaben wechseln.

Anders als bei dem kürzlich erschienen „In The Throes” von Buddy & Julie Miller bedienen sich Water And Sand nicht bei unterschiedlichen Stilrichtungen. „Hey Love“ steht deutlich in der Singer/Songwriter-Tradition und wirkt daher ruhig und homogen. Das Titelstück schlägt etwas flottere Töne an, ansonsten durchzieht eine balladeske Grundlinie das Werk. Abwechslung erhält das Album vor allem durch den Wechsel des Leadgesangs. Neben dem schon erwähnten „This Little Song“ zählen der Opener „Wide Open“, bei dem Thibaud am vorderen Mikro steht, sowie „I Don’t Even Know You“, bei dem Taylor zum Zuge kommt, zu meinen Favoriten.

Todd Thibaud, ein alter Bekannter aus dem Hause Blue Rose Records, widmet sich neben seiner Solokarriere immer wieder anderen Projekten. So wirkte er bei der Band Hardpan mit und war mit Joseph Parsons als Duo unterwegs. Unternahm Thibaud früher durchaus Ausflüge in rockige Gefilde, konzentriert er sich in letzter Zeit („Hill West“) auf seine Qualitäten als Singer/Songwriter. Der kreative Austausch, sei es mit Parsons oder eben mit Taylor, scheint ihn dabei zu beflügeln. Mit Kim Taylor, die bereits auf fünf eigene Longplayer zurückblickt, nimmt er vor allem Beziehungen in den Fokus, wie der Titel „Hey Love“ schon vermuten lässt.

Sieben Jahre sind ins Land gegangen, seit Water And Sand ihr selbstbetiteltes Debüt herausbrachte und dies mit einer Reihe von Konzerten in Deutschland vorstellte. SoS war im JZ Karo bei einem Auftritt dabei. Damals unterstützten bereits Thomas Juliano und Sean Staples das Duo, die seitdem zum erweiterten Kreis von Water And Sand gehören. So sind sie ebenfalls auf dem neuen Longplayer, der von Zachariah Hickman (Josh Ritter) co-produziert wurde, mit von der Partie und sogar auf dem Cover verewigt.

Kim Taylor und Todd Thibaud verschmelzen mit „Hey Love“ erneut zur Einheit, die Water And Sand seit dem Debüt 2016 kennzeichnet. Im Wechsel der Lead Vocals tragen die beiden die zumeist ruhigen, atmosphärischen Songs vor. Die Kombination der Stimmen macht dann auch den besonderen Reiz des Albums aus.

Blue Rose Records (2023)
Stil: Singer/Songwriter

Tracks:
01. Wide Open
02. City Crows
03. Here For You
04. I Don’t Even Know You
05. East Of Eden
06. Hey Love
07. It May Be A Start
08. Silence
09. Straight On To You
10. This Little Song
11. Back To God

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Blue Rose Records

Chuck Prophet – The Land That Time Forgot – CD-Review

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Review: Michael Segets

Anfang der 1990er sah ich Green On Red auf ihrer „Too Much Fun“-Tour. Damals war die Band bereits auf Dan Stuart und Chuck Prophet zusammengeschmolzen. Nachdem die beiden zuvor mit „Scapegoats“ (1991) ein Meisterwerk geschaffen hatten, zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen und so folgte dann die Auflösung. Auch ein kurzes Live-Intermezzo (2005/06) führte die Truppe nicht mehr dauerhaft zusammen.

Chuck Prophet begann schon parallel zur Endphase von Green On Red eine Solo-Karriere. Seine ersten vier Tonträger, auf denen sich einige bemerkenswerten Stücke finden, stehen bei mir im Regal. Um die Jahrtausendwende verfolgte ich die Veröffentlichungen von Prophet nicht mehr, dadurch entstand eine Lücke von zwanzig Jahren und zehn CDs. „The Land That Time Forgot” stellt für mich daher ein Wiederentdecken des Musikers aus Kalifornien dar.

Die Handschrift, die das Album prägt, ist sofort als die von Chuck Prophet wiederzuerkennen. Es sind die Heartland-Rocker zu hören, bei denen irgendwo Tom Petty mitschwingt, sowie die typischen Balladen vertreten, die Prophets frühe Soloalben durchziehen. Mit der expressiven Gitarre auf „Fast Kid“ kommt zudem noch ein Hauch von Green On Red dazu.

Direkt ins Ohr gehen der Opener „Best Shirt On“ sowie „Willie And Nilli“. Auf beiden Stücken übernimmt seine Frau Stephanie Finch den Backgroundgesang. Als Duett-Partnerin tritt sie bei dem vorab ausgekoppelten „Marathon“ in den Vordergrund. Als erstes Video veröffentlichte Prophet „Nixonland“. Die dunkle Atmosphäre des Songs stellt einen Kontrast zu dem lockeren „Love Doesn’t Come From The Barrel Of A Gun“ dar, das sich anhört, als wäre es von David Lindley inspiriert.

Die Hälfte der Beiträge ist im unteren Tempobereich angesiedelt. Sehr schön erdig klingt die Ballade „Waving Goodbye“. Sie ist ebenso wie „Paying My Respects To The Train” mit etwas Slide unterlegt. Den früh an seinem Drogenkonsum verstorbenen Punkrocker Johnny Thunders zieht Prophet bei „High As Johnny Thunders“ als Vergleichspunkt heran. Von einem Vers des Track stammt der Albumtitel.

Etwas weniger sprechen mich „Meet Me At The Roundabout”, das flottere „Womankind” sowie der Abschluss „Get Of The Stage” an. Aber auch diese sind gut hörbare und solide Songs. Chuck Prophet liefert ein Album ab, das den Qualitätsstandard seiner frühen Werke hält. Unter den guten Songs stechen einzelne besonders hervor, wodurch die CD auch in Zukunft öfter in den Player wandern wird.

Wie bei alten Bekannten, die man längere Zeit nicht gesehen hat, freut man sich bei Chuck Prophet über das Lebenszeichen. Wenn der Kontakt dann wieder hergestellt ist, entwickelt man doch wieder Interesse dafür, was in der Zwischenzeit so bei ihnen passiert ist. „The Land That Time Forgot” regt mich auf alle Fälle dazu an, mir bei Gelegenheit nochmal den Backkatalog von Prophet vorzunehmen. Wenn er erneut in unsere Gegend kommt, wie beispielweise ins JZ Karo, werde ich sicher eine Stippvisite unternehmen. Für die nächste Europatournee im kommenden Jahr sind bislang allerdings keine Konzerte in Deutschland angekündigt.

Yep Roc/Bertus (2020)
Stil: Rock, Americana

Tracks:
01. Best Shirt On
02. High As Johnny Thunders
03. Marathon
04. Paying My Respects To The Train
05. Willie And Nilli
06. Fast Kid
07. Love Doesn’t Come From The Barrel Of A Gun
08. Nixonland
09. Meet Me At The Roundabout
10. Womankind
11. Waving Goodbye
12. Get Of The Stage

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Bertus

Joseph Parsons – Digging For Rays – CD-Review

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Review: Michael Segets

Joseph Parsons erlebte ich 2013 im Essener Grend als Mitglied der US Rails. Mittlerweile ist Parsons aus der Truppe ausgestiegen, verfolgte aber mit Hardpan ein anderes Bandprojekt und war mit Todd Thibaud als Duo Parsons Thibaud unterwegs. Neben diesen Kollaborationen ist er auch solo sehr aktiv. Mit „Digging For Rays“ legt Joseph Parsons nun sein 13. Studioalbum vor, das er mit seiner bewährten Begleitband einspielte: Ross Bellenoit an der elektrischen Gitarre, Freddi Lubitz am Bass und Sven Hansen am Schlagzeug.

Dass Parsons schöne Melodien entwickeln und poetische Texte verfassen kann, stellt er auf seiner neuen CD erneut unter Beweis. Mit seiner markanten, weich und zugleich voll klingenden Stimme drückt er seinen Songs einen eigenen Stempel auf. Die Stimme von Parsons bringt beispielsweise auf „Sad Parade“, von seiner akustischen Gitarre begleitet, Emotionen unmittelbar rüber. Der pure Klang des Stücks macht es zu meinem Favoriten auf der Scheibe.

Als weitere langsamere Songs sind das sphärisch untermale „Long Road”, „Today“ – mit einem schönen Gitarrensolo – und „Piracy“ vertreten. Sie wirken harmonisch und melodiös. „Piracy“ kann live gespielt und weniger opulent arrangiert zu einem hervorragenden Teil von Parsons Repertoire werden. In der vorliegenden Version ist es mir einen Tick zu poppig geraten.

Gleiches gilt für einige andere Titel. Bei einzelnen Stellen von „Beautiful Lie“ kommt mir die englische Band Latin Quarter in den Sinn. Der Song ist eingängig, aber die Klangsphären vor allem am Ende des Stücks gehen schon stark in Richtung Pop. Bei „Come Around“ empfinde ich die gesprochene Passage störend. Der helle Soundteppich und der Klang des Schlagzeugs auf „Living Things“ liegen ebenfalls nicht auf meiner Linie.

Neben den kritischen Anmerkungen lässt sich aber auch positives verzeichnen: „Dreaming” beginnt mit akustischer Gitarre und entwickelt sich nicht zuletzt durch die einsetzende E-Gitarre zu einem spannenden Rocksong. Ein ähnliches Tempo, aber mit etwas dunklerer Atmosphäre, schlägt der Opener „Wide Awake“ an. Er hat von den Titeln des Albums den deutlichsten Wiedererkennungswert. Als Bonustrack gibt es das Stück in deutscher Sprache, mit der Parsons seine derzeitige Wahlheimat würdigt. Parsons‘ Akzent bei „Hellwach“ ist durchaus sympathisch. Seine Betonung erinnert mich an Herman van Veen.

Parsons „Digging For Rays“ ist nicht sein bestes, aber ein solides Album. Die Melodien und Songstrukturen sowie Parsons‘ Stimme bilden dessen Fundament, das bei einigen Songs durch die poppig geratenen Arrangements überlagert wird. Man darf gespannt sein, wie die Stücke live wirken, denn Parsons tourt wieder ausgiebig durch Deutschland, wobei er u. a. am 24. März im JZ Karo in Wesel Station macht.

Meer Music/Blue Rose Records/Soulfood (2018)
Stil: Rock, Pop

Tracks:
01. Wide Awake
02. Come Around
03. Living Things
04. Beautiful Lie
05. Today
06. Piracy
07. Sad Parade
08. Dreaming
09. Long Road
10. Hellwach (Bonus-Track)

Joseph Parsons
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Soulfood
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