Chuck Prophet – The Land That Time Forgot – CD-Review

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Review: Michael Segets

Anfang der 1990er sah ich Green On Red auf ihrer „Too Much Fun“-Tour. Damals war die Band bereits auf Dan Stuart und Chuck Prophet zusammengeschmolzen. Nachdem die beiden zuvor mit „Scapegoats“ (1991) ein Meisterwerk geschaffen hatten, zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen und so folgte dann die Auflösung. Auch ein kurzes Live-Intermezzo (2005/06) führte die Truppe nicht mehr dauerhaft zusammen.

Chuck Prophet begann schon parallel zur Endphase von Green On Red eine Solo-Karriere. Seine ersten vier Tonträger, auf denen sich einige bemerkenswerten Stücke finden, stehen bei mir im Regal. Um die Jahrtausendwende verfolgte ich die Veröffentlichungen von Prophet nicht mehr, dadurch entstand eine Lücke von zwanzig Jahren und zehn CDs. „The Land That Time Forgot” stellt für mich daher ein Wiederentdecken des Musikers aus Kalifornien dar.

Die Handschrift, die das Album prägt, ist sofort als die von Chuck Prophet wiederzuerkennen. Es sind die Heartland-Rocker zu hören, bei denen irgendwo Tom Petty mitschwingt, sowie die typischen Balladen vertreten, die Prophets frühe Soloalben durchziehen. Mit der expressiven Gitarre auf „Fast Kid“ kommt zudem noch ein Hauch von Green On Red dazu.

Direkt ins Ohr gehen der Opener „Best Shirt On“ sowie „Willie And Nilli“. Auf beiden Stücken übernimmt seine Frau Stephanie Finch den Backgroundgesang. Als Duett-Partnerin tritt sie bei dem vorab ausgekoppelten „Marathon“ in den Vordergrund. Als erstes Video veröffentlichte Prophet „Nixonland“. Die dunkle Atmosphäre des Songs stellt einen Kontrast zu dem lockeren „Love Doesn’t Come From The Barrel Of A Gun“ dar, das sich anhört, als wäre es von David Lindley inspiriert.

Die Hälfte der Beiträge ist im unteren Tempobereich angesiedelt. Sehr schön erdig klingt die Ballade „Waving Goodbye“. Sie ist ebenso wie „Paying My Respects To The Train” mit etwas Slide unterlegt. Den früh an seinem Drogenkonsum verstorbenen Punkrocker Johnny Thunders zieht Prophet bei „High As Johnny Thunders“ als Vergleichspunkt heran. Von einem Vers des Track stammt der Albumtitel.

Etwas weniger sprechen mich „Meet Me At The Roundabout”, das flottere „Womankind” sowie der Abschluss „Get Of The Stage” an. Aber auch diese sind gut hörbare und solide Songs. Chuck Prophet liefert ein Album ab, das den Qualitätsstandard seiner frühen Werke hält. Unter den guten Songs stechen einzelne besonders hervor, wodurch die CD auch in Zukunft öfter in den Player wandern wird.

Wie bei alten Bekannten, die man längere Zeit nicht gesehen hat, freut man sich bei Chuck Prophet über das Lebenszeichen. Wenn der Kontakt dann wieder hergestellt ist, entwickelt man doch wieder Interesse dafür, was in der Zwischenzeit so bei ihnen passiert ist. „The Land That Time Forgot” regt mich auf alle Fälle dazu an, mir bei Gelegenheit nochmal den Backkatalog von Prophet vorzunehmen. Wenn er erneut in unsere Gegend kommt, wie beispielweise ins JZ Karo, werde ich sicher eine Stippvisite unternehmen. Für die nächste Europatournee im kommenden Jahr sind bislang allerdings keine Konzerte in Deutschland angekündigt.

Yep Roc/Bertus (2020)
Stil: Rock, Americana

Tracks:
01. Best Shirt On
02. High As Johnny Thunders
03. Marathon
04. Paying My Respects To The Train
05. Willie And Nilli
06. Fast Kid
07. Love Doesn’t Come From The Barrel Of A Gun
08. Nixonland
09. Meet Me At The Roundabout
10. Womankind
11. Waving Goodbye
12. Get Of The Stage

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