12-4-2 – 26.08.2021, Schlachtgarten, Krefeld – Konzertbericht

Nach einigen erfolgreichen Konzerten im letzten Jahr ging das von Martin Engelien ins Leben gerufene Projekt 12-4-2 nun weiter. Die zwölf Gitarrenseiten wurden wie zuvor von Ben Granfelt und Thomas Blug bedient, der Viersaiter, wie gewohnt, vom Meister selbst, nur die zwei Drumsticks wechselten in die Hände von Mel Gaynor, der schon bei den Simple Minds aktiv war.

Pünktlich nachdem die Regenschauer sich weiter Richtung Süden verzogen hatten, kündigte Pille Peerlings die Band an und unter dem Applaus von etwa 90 Besuchern, die trotz der unsicheren Wetterlage den Weg zum Schlachtgarten gefunden hatten, betrat die Band im wieder schön illuminierten Gelände die Bühne.

Schon beim einleitenden Instrumental „One Earth“ zeigte die Band, welch exzellente Musiker auf der Bühne stehen. Granfelt und Blug schmissen sich ähnlich wie bei Wishbone Ash, wo Granfelt auch einige Jahre spielte, fast synchron twinguitarmäßig, die Melodien zu und die Rhythmusfraktion sorgte für eine volle, energiegeladene Grundlage und glänzte zuweilen auch mit starken Soloeinlagen. Es folgte eine bunte Mischung aus Songs, meist aus der Feder Granfelts und Blugs, welche mit einigen Coversongs gespickt waren, die es in sich hatten.

Nach dem Intro kündigte Granfelt mit einem Augenzwinkern den ersten eigenen Song an und es folgte eine starke Version des Gerry Rafferty Klassikers „Baker Street“ wo das Saxophon gar nicht vermisst wurde, da Granfelt und Blug an den Gitarren dies durch krachende Soli ersetzten.

Danach zeigte der von Granfelt als bester deutscher Gitarrist auf der Bühne vorgestellte Thomas Blug, bei „My House Is Green“, dass er ein genau so feines Händchen im Songwriting wie an den Gitarrensaiten hat. Dass der Song instrumental war, fiel gar nicht großartig auf, da man zuweilen das Gefühl hatte, die beiden Gitarristen würden ihr Instrumente singen lassen.

Beim folgenden „Breathe“ zeigte ein stimmlich bestens aufgelegter Granfelt, dass er mit Sicherheit zu der Topgarde der Gitarristen zählt, wobei er hier auch von Blug unterstützt wurde und die zweistimmigen Gitarren dem Song ein ganz neues Flair gaben. Nahtlos reihte sich das psychedelisch angehauchte Instrumental „Melodic Relief“ von Granfelts letzter Platte an, welches mit einigen jammenden Passagen aufwartete, wo alle Musiker ihr Können zeigen konnten.

Das verträumte „Faith, Hope & Love“ mag manchem als Wisbone Ash-Cover vorgekommen sein, es stammte aber aus Granfelts Zeit bei der Band und aus seiner Feder. Stark war hier, wie sich Granfelt und Blug perfekt ergänzten und für Begeisterung bei den Besuchern sorgte.

Zum Ende des Sets kam dann ein furioser Auftritt vom Drummer Mel Gaynor. Eine deftig rockende Version von „Superstition“, mit treibenden Drumbeats wurde von ihm passend dynamisch gesungen.

Nach einer kurzen Pause ging es dann mit „Freeway Jam“ und „Victorious“ weiter. Bei der Anmoderation seines Songs „Hey Stranger“ sorgte Ben Granfelt mit einer Freudschen Fehlleistung für Applaus. Er schilderte Situationen, wenn er auf Tourneen durch Städte geht, in Cafes sitzt, z. B. auch in Krefeld und man mit Fremden ins Gespräch kommt und sich vorstellt und er sich dann als Ben Krefeld benannte, was Engelien später bei der Vorstellung von ihm noch einmal unter dem Applaus der Besucher später aufnahm.

Das folgende „I Won’t Forget“ von Blug war eine passende Einleitung für „My Soul To You“ von der gleichnamigen Scheibe von Granfelt, wo er die Gitarre im Stile eines Mark Knopflers erklingen ließ. Zum Ende des zweiten Sets folgten Blugs „Whitching Hour“ und das fulminante „Almighty Blues“, angekündigt als ein Stück, das so 20 – 25 Minuten dauert. Warum die Zeitangabe von Bedeutung für Pille Peerlings und Kolja Amend von Bedeutung war, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand.

Ein Solo der vier Musiker jagte das nächste und man hatte den Eindruck sie würden sich in einen regelrechten Rausch spielen, was für Standing Ovations sorgte. Unter lautstarken Zugabeforderungen verließ die Band die Bühne und wurde von Peerlings und Amend in Empfang genommen.

Was kaum einer bemerkt hatte, der Schlachtgarten bekam Besuch vom Ordnungsamt, das eine Beschwerde eines besorgten Krefelder Bürgers erhalten hatte, die zeigte, dass es neben Corona noch andere, vielleicht viel schlimmere und nachhaltigere Probleme für die Kultur unter freiem Himmel gibt: Nämlich Spaßbremsen, die um 22:30 Uhr nicht in der Lage sind, Musik von Außen zu ertragen.

Vielleicht hätte es ja auch gereicht, die Fenster zu schließen oder einfach die Glotze etwas lauter zu machen. Es gab auf jedem Fall die Auflage, dass das Konzert nach dem gerade begonnenen Song zu beenden sei. Dass danach weiter Züge über die direkt neben dem Gelände liegende Bahntrasse rumpelten, sei dabei nur am Rande erwähnt. Wegen der sehr stringenten Ansage des Ordnungsamtes machten sich die beiden Veranstalter Sorgen, da sie dachten, die 20 – 25 Minuten wären ein Scherz gewesen, aber schnell erkannten Sie, dass der Song für mehrere Jampassagen ausgelegt war.

Die Band kam dann noch einmal auf die Bühne, um sich zu verabschieden und es wurde erklärt, warum es keine weiteren Stücke gab. Trotz dieses abrupten Endes erlebten die Besucher ein ganz starkes Konzert, auch ohne das obligatorischen „Going Home“ bei Gigs mit Ben Granfelt und alle Anwesenden werden mit Sicherheit erneut dabei sein, wenn diese Musiker wieder zusammen auftreten. Dies wird dann aber vermutlich unter anderen Voraussetzungen stattfinden.

Bei den Konzerten im letzten Jahr stellten Granfelt und Blug fest, dass es richtig Spaß bereitet, gemeinsam was zu machen. Dies veranlasste Engelien zur Überlegung, Mel Gaynor an den Drums dazu zu holen und aus dem temporären Projekt eventuell eine eigenständige Band zu machen. In diesem Fall darf man sich schon jetzt auf eine absolut starke Liveband freuen.

Line-up:
Ben Granfelt (lead vocals, electric guitars)
Thomas Blug (electric guitar)
Martin Engelien (bass, bgv)
Mel Gaynor (drums, lead vocals)

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Kulturrampe, Krefeld
Schlachtgarten, Krefeld

12-4-2 – 10.09.2020, Schwarzer Adler, Rheinberg – Konzertbericht

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Endlich wieder mal ein Gig für mich im Schwarzen Adler nach dem Lockdown! Ernst Barten und sein Team hatten alles Erdenkliche und Vorgeschriebene bewältigt, um die Kultlocation in Rheinberg-Vierbaum in der Corona-Zeit auch rockmusikalisch wieder in Gang zu bringen.

Mit dem Projekt 12-4-2 (12 Guitar Strings – 4 Bass Strings – 2 Drum Sticks), alias Ben Granfelt (Lenningrad Cowboys, Wishbone Ash, Guitar Slingers), Stratocaster-Ass Thomas Blug, Martin Engelien (Klaus Lage Band, Go Music) und Berni Bovens hatte er auf hochkarätige Musiker gesetzt.

Angesichts der tollen Besetzung war es nicht zu verstehen, dass sich gerade mal zwischen 30-40 Zuschauer an dem für 90 Leute ausgelegten Abend eingefunden hatten. Dementsprechend frustriert zeigte sich Ernst Barten vor Beginn des Gigs. Viele der üblichen Stammgäste waren vermutlich immer noch wegen des vermeintlichen Ansteckungsrisikos und einer gewissen Verunsicherung auf der heimischen Couch verharrt.

Die anwesenden Leute sollten ihr Kommen allerdings nicht bereuen. Profis wie Granfelt, Blug, Engelien und Bovens zeigten sich von der spärlichen Kulisse unbeeindruckt und performten, als wenn sie vor ausverkaufter Hütte spielen würden.

Während sich Blug und Bovens ganz auf ihr exzellentes spielerisches Können konzentrierten, führten die beiden charismatischen Persönlichkeiten Granfelt und Engelien mit Ansagen durch den Abend, wobei Engelien sich einige Male zur schwierigen kulturellen Situation ausließ, sich für das Vertrauen der Betreiber und Besucher bedankte, aber auch seine Freude zum Ausdruck brachte, dass endlich wieder erste Schritte gemacht werden, um die Szene langsam wieder in Gang zu bringen. Er appellierte angesichts der bevorstehenden kühleren Zeiten, Vertrauen in die Behörden und Clubs zu leisten, die alles dafür tun, um ein Ansteckungsrisiko nahezu gen Null zu minimieren.

Das Quartett begab sich dann samt diverser Instrumentalnummern (u. a. „One Earth“ aus Engeliens Corona-Hilfe-Album), einiger Cover-Stücke („Baker Street“, Breathe“) und Liedern aus Granfelts („My Soul To You“, „Melodic Relief“, „Faith, Hope & Love“, Wayward Child“, „Almighty Blues“, „Going Home“) und Blugs („My House Is Green“, „I Won’t Forget“, „The Witching Hour“) Solo-Fundi auf einen Streifzug durch die Rockmusik und umriss dabei fast alle Facetten von Blues-, klassischen, Prog-, Southern- bis hin zu Melodic Rock-Anleihen.

Hier standen natürlich die filigranen E-Gitarren-Künste der beiden Hexer Granfelt (Les Paul und Stratocaster) und Blug (Stratocaster) im Vordergrund, die unzählige quirlige Soli abließen, sich duellierten, aber sich dann auch durchgehend in der hohen Kunst des sich ‚blind‘ verstehenden Twinspiels zusammenfanden.

Engelien beweis mit seinem energiegeladenen, treibenden und anpassungsfähigen Pumpspiel und diverser Solo-Grooves, dass er noch lange nicht zum alten Eisen der Tieftöner-Szene zählt, und gab phasenweise auch den gut gelaunten Moderator zwischen Granfelt und Blug. Den Schmunzler des Abends hatte jedoch Drummer Berni Bovens auf seiner Seite, als er ein eher bedächtig-langsames, im Jazz verankertes Drum-Solo servierte und dann gegen Ende auf die Uhr schaute, nach dem Motto „ich bin jetzt fertig, wann steigt ihr endlich wieder ein, Jungs?“.

Mit dem schon vom Titel her prädestinierten Granfelt-Rausschmeißer „Going Home“ als Zugabe beendete der Vierer unter tosendem Applaus des Publikums zwei fulminante Stunden, bei denen absolute Spielfreude und filigranes Können im Vordergrund des Geschehens standen.

Trotz aller verständlicher Enttäuschung war Ernst Barten angesichts der tollen Vorstellung zum Schluss aber doch sichtlich erleichtert, endlich wieder echtes ‚Rockmusikleben‘ in den Adler gebracht zu haben. Man kann nur wünschen, dass er zum anstehenden Ana Popovic-Gig am 15. und 16. Oktober – Corona hin oder her – wieder mit der verdienten Resonanz belohnt wird.

Line-up:
Ben Granfelt (lead vocals, electric guitars)
Thomas Blug (electric guitar)
Martin Engelien (bass, bgv)
Berni Bovens (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Schwarzer Adler, Rheinberg