Go Music – 10.02.2023 – Die Butze, Tönnisvorst – Konzertbericht

In der seit erst wenigen Monaten bestehenden Konzert- und Veranstaltungslocation, Die Butze, machte Martin Engelien mit seiner Konzerttour Go Music halt. Die sehr ländlich, wenige Kilometer von Kempem und Tönnisvorst gelegene Location hatte zuvor eine Geschichte die von außen noch an der Rot blinkenden Hausnummer und einer Stange mitten im Kneipenbereich zu erahnen ist. Innen eröffnet sich dann eine Location, die etwa 200 Besuchern Platz bietet. An diesem Abend fanden etwa 80 Musikfans den Weg in den neuen Musikclub.

Die Besetzung der Go Music-Reihe ließ diesmal erahnen, dass für die Besuchern eher rockige, neu interpretierte Klassiker der Musikgeschichte auf dem Programm stehen würden. Der Brite David Readman, seit Mitte der 90er Jahre Sänger der Hard Rock-Band Pink Cream 69 und Gitarrist Francesco Marras aus Sardinien, der letztes Jahr bei Tygers Of Pan Tang eingestiegen ist, zeigten dabei, dass sie aber nicht nur die härtere Gangart beherrschen.

Neben stark interpretierten Hard Rock-Evergreens wie „Hush“ oder „Smoke On The Water“ oder „Highway To Hell“ begeistere das Quartett auch mit dem Hendrix-Klassiker „Vodoo Cild“ und dem Kinks-Song „You Really Got Me“. Zudem präsentierte Francesco Marras mit “Do You Hear Me Now“ einen tollen Rocksong seines aktuellen Soloalbums, mit dem er bewies, dass er nicht nur ein guter Rockgitarrist und Sänger ist, sondern ein gutes Händchen im Songwriting hat.

Readman, von Engelien als Goldkehlchen vorgestellt, untermauerte mit seiner sehr klaren und kräftigen Stimme, dass diese Bezeichnung zu Recht erfolgte. Zusammen mit Drummer Ditk Sengotta, der schon für zahlreiche Topstars aktiv war, sorgte Martin Engelien am Bass für die notwendige Rhythmusgrundlage und beide holten mit mehreren Soli alles aus ihren Instrumenten heraus.

Zum Ende des Konzertes kündigte Engelien schon an, dass man die Go Music-Konzerttour jetzt auch regelmäßig in der Butze erleben kann.

Line-up:
David Readman – vocals
Francesco Marras – guitars, vocals
Martin Engelien – bass
Dirk Sengotta – drums

Text und Bilder Gernot Mangold

Martin Engelien / Go Music
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Die Butze, Tönnisvorst

Vanesa Harbek – 27.10.2022 – to hoop, Rheinberg – Konzertnachlese

Im Rahmen der „Visiones“-Tour spielte Vanesa Harbek mit ihrer Band auch im Rheinberg Alpsrayer to hoop vor. Mittlerweile ist es Sami Durak gelungen, das to hoop als Konzertstätte für Bluesmusiker in Rheinberg zu etablieren. 

Die leider zu wenigen Besucher sollten ihr Kommen an dem Abend allerdings nicht bereuen. Immmer noch ist es für Veranstalter in der Region oft schwierig, Zuschauer in die Clubs zu locken, während Konzerte von Harbek in den Tagen zuvor in den Niederlanden recht gut besucht waren.

Mit ihren Begleitmusikern, Martin Engelien am Bass und Thomas Lieven an den Drums, legte sie zwei etwa 50 minütige Sets hin, bei denen ihr aktuelles Album „Visiones“ natürlich im Mittelpunkt stand. Gespickt wurden die eigenen Songs noch durch stark interpretierte Covervisionen wie „Oye Como Va“ oder „Proud Mary“, die zum Ende hin die Fans zu stehenden Ovationen veranlassten.

Neben ihrem Fähigkeiten an der Gitarre zeigte Harbek bei zwei Songs, dass sie auch eine ausgezeichnete Trompeterin ist und so zusätzliche Akzente in die Stücke setzte. Stilistisch bewegte sie sich vom Blues bis hin in Richtung Flamenco, wo auch ihre heimatlichen Wurzeln, insbesondere bei den auf spanisch gesungenen Songs, zum Vorschein kam.

Nach der Tour wird es direkt ins Studio gehen, wo das nächste Album eingespielt wird und man das Motto sehen kann, nach der Tour ist vor der Tour. Man darf gespannt sein, was die Argentinierin im nächsten Jahr präsentieren wird. Nach dieser Vorstellung in Alpsray wird sie bestimmt wieder ein gern gesehener Gast sein.

Es bleibt zu hoffen, dass dann mehr Musikfans den Weg ins to hoop finden werden und die Mühen von Sami Durak belohnt werden, Kultur in Rheinberg zu erhalten. Wer auf Bluesmusik steht, sollte öfters mal auf der Seite des to hoop nachschauen, es wird in den nächsten Monaten einige Überraschungen geben.

Line-up:
Vanesa Harbek – guitars, trumpet, lead vocals
Martin Engelien – bass, vocals
Thomas Lieven – drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

Vanesa Harbek
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to hoop

Blug, Granfelt & Engelien – 18.08.2022, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

Die Zusammenarbeit in Martin Engeliens GoMusic-Projekt mit Ben Granfelt und Thomas Blug, führte schon im letzten Jahr zu dem Entschluss, als  ‚Blug, Granfelt & Engelien‘ in Trioform ein eigenes Bandprojekt ins Leben zu rufen. Nun war es soweit, dass sich die Band in dieser Formation präsentierte. An den Drums wurden sie unterstützt von Tommy Fischer.

Im Konzert in Krefeld spielte die Band neben Stücken von Granfelt und Blug, auch einige Songs vom Album, das Anfang nächsten Jahres veröffentlicht werden soll. Dass diese Tracks diesmal noch instrumental vorgetragen wurden, tat der Stimmung im Publikum der knapp zur Hälfte gefüllten Kulturrampe keinen Abbruch und zeigte, dass sie gut angenommen wurden.

Stark war, wie Blug und Granfelt sich twinguitarmäßig in den Songs die Noten zuschmissen und Engelien und Fischer für den nötigen dynamischen Rhythmus sorgten und beide min einem längeren Solopart ihre Spielkunst unter Beweis stellen konnten.

Besondere Höhepunkte in einem kurzweiligen Konzert, das mit einigen gekonnten Coverstücken gewürzt wurde, waren „My House Is Green“ von Blug und „Hey Stranger“ (ich meine gehört zu haben, wie Granfelt ein paar Noten von „Miss You“ in den Song spielte) von Granfelts letztem Album sowie „Faith, Hope & Love“ und „Allmighty Blues“, die  Granfelt mal für Wishbone Ash geschrieben hatte.

Man darf gespannt sein, wie die Setlist beim nächsten Mal aussehen wird, wenn die Band das Album im Umlauf ist.

Line-up:
Thomas Blug (electric guitar)
Ben Granfelt (lead vocals, electric guitars)
Martin Engelien (bass)
Tommy Fischer (drums, vocals)

Text und Bilder: Gernot Mangold

Ben Granfelt
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Thomas Blug
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Martin Engelien
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Kulturrampe, Krefeld

Vanesa Harbek – 29.01.2022, Jazzkeller, Krefeld – Hybrid-Konzertbericht

An was man sich so alles gewöhnen muss in diesen Zeiten. ‚Hybridkonzert‘ ist auch so ein Neubegriff, der aus der aktuellen Not der Clubbetreiber, pandemiebedingt zustande gekommen ist. Gemeint ist ein Gig, der sich zum einen, unter strengen Hygienevorschriften im Rahmen einer kleiner Anzahl von geduldeten Zuschauern, live vor Ort abspielt und gleichzeitig per Livestream im Internet übertragen wird und dort nach dem Hutprinzip auch finanziell gewürdigt werden kann.

Die Digitalisierung macht es möglich und sie ist also auch in der Live-Rockmusik längst angekommen. Die Grenzen wurden, zumindest mir, dann allerdings auch schnell aufgezeigt. Ich kann jedoch nicht beurteilen, ob es nur ein lokales Problem im heimatlichen Rheinberg war, da stürmte es an diesem Abend ziemlich, das irgendwelche Übertragungskomplikationen mit sich brachte.

Die Situation war jedenfalls so: Kollege Gernot war vor Ort im Jazzkeller in Krefeld zum Fotografieren unter den 40 erlaubten Leuten anwesend, ich mit Kuli und Block vor dem heimischen Fernseher sitzend. Im Club selbst verlief laut Gernot alles bestens, toller Sound, spielfreudige Band, mit der gut aufgelegten Fronterin Vanesa Harbek (deren Verwandte in Buenos Aires auch per Livestream dabei waren), Rockmusik-Tausendsassa Martin Engelien und Axxis-Drummer Dirk Brand, die im Trio für gute Stimmung sorgten.

Bei mir sorgten ein durchgehend verschwommenes und von vielen Aussetzern durchzogenes Bild und auch der am Fernseher limitierte und nach 22 Uhr in einem Mietshaus dezibelmäßig eingeschränkte Sound, für ein eher reduziertes Konzertvergnügen.

Das Trio eröffnete zum Aufwärmen der Finger, Hände und Arme, mit dem für Vanesa typischen Freddie King-Instrumental „Hideaway“. Danach stand dann aber das brandaktuelle Album „Visiones“ im Fokus, das, soweit Gernot anmerkte, auch bis auf einziges Stück, komplett vorgestellt wurde, wobei Vanesa bei den auf spanisch vorgetragenen, oft Bolero-artigen Stücken, ihren heimatlichen Wurzeln, immer wieder Tribut zollte oder bei den englischen Tracks dann Blues-rockig ihre Fingerfertigkeit auf der E-Gitarre avisierte.

Als die Harbek nach einer starken Coversion von „Black Magic Woman“, inklusive eines Drumsolos von Brand, die Akustikgitarre für zwei Lieder in die Hand nahm, zwischendurch zu kurzen Trompetenintermezzi wechselte und dabei ihre Multitasking-Fähigkeiten untermauerte, brach bei mir der Livestream komplett ab (Ton und Bild). Als nach einer Viertelstunde zu später Zeit, immer noch nichts ging, endete meine Frustrationstoleranz. Ich hoffe, gerade für den Jazzkeller, der ja einen unheimlichen Aufwand betrieben hat, dass wenigstens alle anderen Stream-Teilnehmer, dem Konzert problemlos folgen konnten.

Von daher geht es jetzt ganz hybrid an Gernot zur Beleuchtung des restlichen Abends weiter.

Hier zeigt sich dann nun mal der Unterschied zwischen live vor Ort und live als Stream, wobei das Netz in Rheinberg auch aus meinen Erfahrungen nicht optimal ist. Vor Ort war der Sound differenziert und klar und trotz der auf 40 Besucher reduzierten Auslastung mit 2G+ war es ein stimmungsvoller Abend.
 
Im ersten, von Daniel beschriebenen Teil ragte für mich das hart gespielte „Trying“ (mit Harmoniegesängen von Engelien) heraus und zum Ende des Konzerts legte Harbek mit ihrer Band, noch drei Klassiker nach, die es in sich hatten.
 
Bei „Oje Como Vas“, bewies Brand noch einmal sein Können am Schlagzeug, „Going Down“ begeisterte mit gejammenten Teilen und das zunächst eher ruhig beginnende „Proud Mary“ entwickelte sich zum Ende hin, zu einem regelrechten Gewitter mit krachendem Gitarrensolo, einem grollenden Basspassage Engeliens und einem wie entfesselt die Drums bearbeitenden Brand.
 
So endete nach etwa zwei Stunden eine gelungene CD-Live-Präsentation der argentinischen Blueserin Vanesa Harbek und ließ total begeisterte Besucher zurück.
 

Line-up:
Vanesa Harbek (lead vocals, guitars, trumpet)
Martin Engelien (bass, vocals)
Dirk Brand (drums)

Text und Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Vanesa Harbek
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Jazzkeller, Krefeld

Vanesa Harbek – Visiones – CD-Review

Review: Gernot Mangold

Bisher ist die Argentinierin Vanesa Harbek in der Bluesszene noch als Geheimtipp zu sehen. Vor etwa 5 Jahren entschloss sie sich, ihren Wohnsitz aus Südamerika nach Berlin zu verlegen. Einer der Gründe war nach eigener Aussage, dass es Frauen in ihrer Heimat sehr schwer haben, sich in der dort von Männern dominierten Musik-Szene durchzusetzen.

Ihre Musik auf den Blues zu reduzieren, wird der Protagonistin allerdings nicht gerecht. Vielmehr gelingt es ihr, Elemente von Tango, Samba und Blues miteinander verschmelzen zu lassen. So ist ihr mit dem dritten Studioalbum „Visiones“ ein authentisches Album gelungen, auf dem Harbek sich entschieden hat, sowohl Songs in Englisch wie auch ihrer Muttersprache Spanisch zu singen.

Gefühlvoll, zuweilen melancholisch, öffnet Harbek dem Zuhörer ihr Seelenleben und verarbeitet so auch in „Te Extrano Buenos Aires“ die Sehnsucht nach ihrer weit entfernten Heimat und ihrer Familie, dass man sich beim Zuhören auch in eine südamerikanische Bar versetzt fühlt oder beschreibt das Grauen einer Beziehung in „Hell In Paradise“.

Neben ihrem filigranen Gitarrenspiel mit kurzen Soloparts, setzt die Argentinierin auch gekonnt Akzente, wenn sie die Trompete einbringt. Vermutlich bewusst verzichtet Harbek auf dem Studioalbum auf lange furiose Soli, um die Stimmung des Albums nicht zu zerstören.

Das „Visiones“ für Harbek ein Schritt ins Rampenlicht sein kann, liegt mit Sicherheit auch an der perfekten Produktion und den Begleitmusikern des Albums. Der umtriebige Martin Engelien, erkannte schon vor einiger Zeit ihre musikalische Qualität und begleitete sie auch live auf einer Clubtour.

So lag es nahe, dass Engelien, der das Album produzierte, auch seine Qualität am Bass einbrachte und hochkarätige Begleitmusiker gewinnen konnte. Bernie Bovens zeigt einmal mehr, warum er ein gefragter Studiodrummer ist, Pitti Hecht bringt mit den Percussions einen besonderen Flair und Thomas Hufschmidt sorgt an den Keyboards für eine immense Soundfülle.

Mit „Visiones“ ist Vanesa Harbek ihr bisheriges Meisterstück gelungen, in dem sie, unterstützt von einer starken Begleitband, all ihre musikalischen Fertigkeiten ausspielen kann. So verwundert es nicht, dass auch das Fernsehen auf sie aufmerksam geworden ist und sie mit „Te Extrano Buenos Aires“ einen Song des neuen Werks im Morgenmagazin präsentieren konnte. Damit hat Vanesa Harbek einen wichtigen Schritt gemacht, sich in die Reihe populärer Bluesmusikerinnen einzureihen, sodass es diesbezüglich nicht nur bei einer Vision bleiben soll.

Line up:
Vanesa Harbek (vocals, guitars, tromp)
Martin Engelien (bass)
Thomas Hufschmidt (keys)
Berni Bovens (drums)
Pitti Hecht (percussion)

A1 Records (2022)
Stil: Blues Rock

Tracklist:
01. Positive Day
02. Te Extrano Buenos Aires
03. It’s Crazy
04. Muriendo Un Poco Cada Dia
05. Feeling So Bad
06. Hell In Paradise
07. Tal Vez Manana
08. Trying
09. Vuelvo Al Sur
10. Many Years
11. Nonches De Soledad
12. Boring Says

Vanesa Harbek
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Broken Silence
A1 Records

Go Music – 13.11.2021, Jazzkeller, Krefeld – Konzertbericht

Mittlerweile feiert die Konzertreihe Go Music von Martin Engelien ihr 25-jähriges Jubiläum. Diesmal sammelte Engelien drei Musiker um sich, welche in den mit am längsten aktiven deutschen Rockbands mitwirken. Neben dem Drummer Manni von Bohr, der schon seit Jahren immer wieder bei Go Music mitmischt, waren diesmal erstmals Martin Ettrich und Stella Tonon mit auf der Bühne des Jazzkellers, in dem es seit mittlerweile 63 Jahren Livemusik gibt.

Etwa 60 – 70 Besucher fanden den Weg in die Katakomben der Location, womit die selbst auferlegte Grenze von 90 Besuchern zwar nicht erreicht wurde, aber der kleine Club doch ansehnlich gefüllt war. Traditionell für einen Samstag begann das Konzert pünktlich um 22:00 Uhr und Engelien, Ettrich und von Bohr klimperten im Dämmerlicht kurz vor sich hin, um dann, als die Bühne ausgeleuchtet wurde, als Intro das Instrumental „Be Kind“ zu spielen. In den etwa 10 Minuten zeigten die drei Musiker schon ihr Können. Während sie sich durch den Song jammten, wartete Stella Tonon am Rand der Bühne und entledige sich ihrer Schuhe und Socken, um wie gewohnt zum Ende des Songs, barfuß die Bühne zu betreten.

Mit einer harten Version des Robert Palmer-Hits „Addicted To Love“ wurde das Publikum direkt auf Betriebstemperatur gebracht. Engelien und von Bohr sorgten für eine krachende Rhythmusgrundlage, Ettrich jagte zuweilen wie ein Derwisch über die Saiten seiner Gitarre und Tonon schrie sich fast die Seele bei dem mittlerweile etwa 35 Jahre alten Oldie aus dem Hals. Dies sollte aber einer der aktuellsten Titel des Konzertes gewesen sein.

Das Quartett hatte ganz tief in die Schatztruhe alter Songs gegriffen und sorgte so für manche Überraschung und melancholische Momente bei den Besuchern. Dabei wurden die Stücke aber nicht in der bekannten Form runtergespielt, sondern alle Musiker drückten ihnen einen eigenen Stempel auf, welche zuweilen einer zeitgemäßen Rundumerneuerung gleichkam.

Im ersten Set ging es über „Somebody To Love“, „I Put A Spell On You“ und dem sich über Minuten hinziehenden jammenden „Roadhouse Blues“ zu den für mich herausragenden beiden abschließenden Songs. Aus einem zunächst psychedelischen Intro entwickelte sich schließlich der durch Jimmy Hendrix richtig bekannt gewordene Klassiker „Hey Joe“. Manch einer mag dabei denken, ob das unbedingt sein muss, dass dieser Song zum x-ten Mal gecovert werden muss. In dem Fall behaupte ich einfach, dass diese Version etwas Besonderes hatte. Tonons Stimme gab dem Stück eine besondere Dramaturgie, was aber Ettrich an seiner Gitarre und der Talkbox ablieferte, war Extraklasse. Das Solo, mit der Talkbox zu verknüpfen, gab diesem ein besonderes Flair und etwas Einzigartiges unter den gefühlt 1000 Coverversionen.

Vor dem letzten Song gedachte Engelien dem wenige Tage zuvor verstorbenen Drummer der Moody Blues und mit „Nights In White Satin“ wurden die Besucher zunächst ins Reich der Träume geschickt. Dabei zeigte Tonon, dass sie ihre Stimme auch weich und sanft einsetzten kann und von Bohr die Drums nicht nur als Batterie versteht. Nach den ersten Strophen war es dann aber mit der Ruhe vorbei und Ettrich holte die Träumenden mit einem furiosen Gitarrensolo wieder in die Realität zurück. Danach verabschiedete sich die Band in eine etwa 30-minütige Pause.

Das zweite Set begann dann mit zwei Tracks von Brösel Control oder Birth Maschine, wie Englien die beiden Bandnamen seiner drei Mitstreiter verknüpfte. Dabei erfuhren manche, dass Engelien selbst zu Anfangszeiten bei der Bröselmaschine die dicken Saiten zupfte und dass von Bohr im Moment bei beiden Bands aktiv ist. Ettrich spielt schon seit Jahren bei Birth Control die erste Gitarre spielt und Tonon singt für Burschs Bröselmaschine.

Bei „Into The Sky“ versetzte insbesondere Tonon gesanglich, aber auch durch ihre Gestik, die Fans in andere psychedelische Welten, während beim folgenden „Gamma Ray“ die Rhythmusmaschinen Engelien und von Bohr Schwerstarbeit leisteten. Von Bohr offeriert dabei eindrucksvoll, dass er jedes Teil seines Schlagzeugs benötigt und jagte über die Drums, dass man den Sticks kaum mit den Augen folgen konnte und legte zuweilen mit seinen zwei Bassdrums eine Geschwindigkeit vor, die manchen ins Staunen versetzte. In dem Solo unterstütze Ettrich ihn zudem mit der Cowclock. Auch Englien legte ein krachendes Basssolo, wie auch in einigen anderen Songs hin und Ettrich gab dem Gitarrensolo mit der Talkbox ein besonderes Flair. Dass Tonons Stimme und ihre Präsenz zur Dramaturgie des Songs perfekt passte, sein nur am Rande erwähnt.

Herausragend war „Four Horseman“ von Aphrodites Child, bei dem man denken konnte, die Band wolle mit der hardrockenden psychedelischen Interpretation des Songs die apokalyptischen Reiter wecken. Über „White Rabbit“ und eine jammende Version von „Jumping Jack Flash“ ging es dann zur frenetisch geforderten und dann auch gefeierten Zugabe.

Im Ton Steine Scherben-Song „Mein Name ist Mensch“ gelang es der Band, hier vorrangig Tonon, die Thematik, die einen zum Nachdenken stimmen sollte, hervorragend zu vermitteln. Fast melodramatisch beendete Tonon den Song auf dem Boden liegend und über zwei Stunden Musik waren gegen 0:45 Uhr wie im Flug vergangen.

Ein besonderer Dank geht an den Jazzkeller für den unproblematischen Ablauf und das Berücksichtigen der bestehenden Regeln zur Sicherheit der Besucher, was bei öffentlichen Veranstaltungen, auch in der Gastronomie, nicht immer der Fall zu sein scheint. Es bleibt zu hoffen, dass dieses umsichtige Verhalten und das modernisierte Be- und Entlüftungssystem dazu beitragen, dass es nicht wieder ganz still wird. Einen Beitrag dazu kann auch jeder Einzelne leisten, in dem Impfangebote angenommen werden.

Line-up:
Stella Tonon – vocals
Martin „Ludi“ Ettrich – guitar, talkbox
Martin Engelien – bass
Manni von Bohr – drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Jazzkeller, Krefeld

12-4-2 – 26.08.2021, Schlachtgarten, Krefeld – Konzertbericht

Nach einigen erfolgreichen Konzerten im letzten Jahr ging das von Martin Engelien ins Leben gerufene Projekt 12-4-2 nun weiter. Die zwölf Gitarrenseiten wurden wie zuvor von Ben Granfelt und Thomas Blug bedient, der Viersaiter, wie gewohnt, vom Meister selbst, nur die zwei Drumsticks wechselten in die Hände von Mel Gaynor, der schon bei den Simple Minds aktiv war.

Pünktlich nachdem die Regenschauer sich weiter Richtung Süden verzogen hatten, kündigte Pille Peerlings die Band an und unter dem Applaus von etwa 90 Besuchern, die trotz der unsicheren Wetterlage den Weg zum Schlachtgarten gefunden hatten, betrat die Band im wieder schön illuminierten Gelände die Bühne.

Schon beim einleitenden Instrumental „One Earth“ zeigte die Band, welch exzellente Musiker auf der Bühne stehen. Granfelt und Blug schmissen sich ähnlich wie bei Wishbone Ash, wo Granfelt auch einige Jahre spielte, fast synchron twinguitarmäßig, die Melodien zu und die Rhythmusfraktion sorgte für eine volle, energiegeladene Grundlage und glänzte zuweilen auch mit starken Soloeinlagen. Es folgte eine bunte Mischung aus Songs, meist aus der Feder Granfelts und Blugs, welche mit einigen Coversongs gespickt waren, die es in sich hatten.

Nach dem Intro kündigte Granfelt mit einem Augenzwinkern den ersten eigenen Song an und es folgte eine starke Version des Gerry Rafferty Klassikers „Baker Street“ wo das Saxophon gar nicht vermisst wurde, da Granfelt und Blug an den Gitarren dies durch krachende Soli ersetzten.

Danach zeigte der von Granfelt als bester deutscher Gitarrist auf der Bühne vorgestellte Thomas Blug, bei „My House Is Green“, dass er ein genau so feines Händchen im Songwriting wie an den Gitarrensaiten hat. Dass der Song instrumental war, fiel gar nicht großartig auf, da man zuweilen das Gefühl hatte, die beiden Gitarristen würden ihr Instrumente singen lassen.

Beim folgenden „Breathe“ zeigte ein stimmlich bestens aufgelegter Granfelt, dass er mit Sicherheit zu der Topgarde der Gitarristen zählt, wobei er hier auch von Blug unterstützt wurde und die zweistimmigen Gitarren dem Song ein ganz neues Flair gaben. Nahtlos reihte sich das psychedelisch angehauchte Instrumental „Melodic Relief“ von Granfelts letzter Platte an, welches mit einigen jammenden Passagen aufwartete, wo alle Musiker ihr Können zeigen konnten.

Das verträumte „Faith, Hope & Love“ mag manchem als Wisbone Ash-Cover vorgekommen sein, es stammte aber aus Granfelts Zeit bei der Band und aus seiner Feder. Stark war hier, wie sich Granfelt und Blug perfekt ergänzten und für Begeisterung bei den Besuchern sorgte.

Zum Ende des Sets kam dann ein furioser Auftritt vom Drummer Mel Gaynor. Eine deftig rockende Version von „Superstition“, mit treibenden Drumbeats wurde von ihm passend dynamisch gesungen.

Nach einer kurzen Pause ging es dann mit „Freeway Jam“ und „Victorious“ weiter. Bei der Anmoderation seines Songs „Hey Stranger“ sorgte Ben Granfelt mit einer Freudschen Fehlleistung für Applaus. Er schilderte Situationen, wenn er auf Tourneen durch Städte geht, in Cafes sitzt, z. B. auch in Krefeld und man mit Fremden ins Gespräch kommt und sich vorstellt und er sich dann als Ben Krefeld benannte, was Engelien später bei der Vorstellung von ihm noch einmal unter dem Applaus der Besucher später aufnahm.

Das folgende „I Won’t Forget“ von Blug war eine passende Einleitung für „My Soul To You“ von der gleichnamigen Scheibe von Granfelt, wo er die Gitarre im Stile eines Mark Knopflers erklingen ließ. Zum Ende des zweiten Sets folgten Blugs „Whitching Hour“ und das fulminante „Almighty Blues“, angekündigt als ein Stück, das so 20 – 25 Minuten dauert. Warum die Zeitangabe von Bedeutung für Pille Peerlings und Kolja Amend von Bedeutung war, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand.

Ein Solo der vier Musiker jagte das nächste und man hatte den Eindruck sie würden sich in einen regelrechten Rausch spielen, was für Standing Ovations sorgte. Unter lautstarken Zugabeforderungen verließ die Band die Bühne und wurde von Peerlings und Amend in Empfang genommen.

Was kaum einer bemerkt hatte, der Schlachtgarten bekam Besuch vom Ordnungsamt, das eine Beschwerde eines besorgten Krefelder Bürgers erhalten hatte, die zeigte, dass es neben Corona noch andere, vielleicht viel schlimmere und nachhaltigere Probleme für die Kultur unter freiem Himmel gibt: Nämlich Spaßbremsen, die um 22:30 Uhr nicht in der Lage sind, Musik von Außen zu ertragen.

Vielleicht hätte es ja auch gereicht, die Fenster zu schließen oder einfach die Glotze etwas lauter zu machen. Es gab auf jedem Fall die Auflage, dass das Konzert nach dem gerade begonnenen Song zu beenden sei. Dass danach weiter Züge über die direkt neben dem Gelände liegende Bahntrasse rumpelten, sei dabei nur am Rande erwähnt. Wegen der sehr stringenten Ansage des Ordnungsamtes machten sich die beiden Veranstalter Sorgen, da sie dachten, die 20 – 25 Minuten wären ein Scherz gewesen, aber schnell erkannten Sie, dass der Song für mehrere Jampassagen ausgelegt war.

Die Band kam dann noch einmal auf die Bühne, um sich zu verabschieden und es wurde erklärt, warum es keine weiteren Stücke gab. Trotz dieses abrupten Endes erlebten die Besucher ein ganz starkes Konzert, auch ohne das obligatorischen „Going Home“ bei Gigs mit Ben Granfelt und alle Anwesenden werden mit Sicherheit erneut dabei sein, wenn diese Musiker wieder zusammen auftreten. Dies wird dann aber vermutlich unter anderen Voraussetzungen stattfinden.

Bei den Konzerten im letzten Jahr stellten Granfelt und Blug fest, dass es richtig Spaß bereitet, gemeinsam was zu machen. Dies veranlasste Engelien zur Überlegung, Mel Gaynor an den Drums dazu zu holen und aus dem temporären Projekt eventuell eine eigenständige Band zu machen. In diesem Fall darf man sich schon jetzt auf eine absolut starke Liveband freuen.

Line-up:
Ben Granfelt (lead vocals, electric guitars)
Thomas Blug (electric guitar)
Martin Engelien (bass, bgv)
Mel Gaynor (drums, lead vocals)

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Kulturrampe, Krefeld
Schlachtgarten, Krefeld

Svenja Schmidt & Jan Bierther Trio – 11.02.2021, JuBB, Essen-Werden – Youtube Stream-Konzertbericht      

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Zu Zeiten von Corona versuchen Veranstalter wie auch Bands irgendwie den Kontakt zu Fans aufrecht zu erhalten. Dies gelingt momentan nur durch Videos und Livestreams, was natürlich nicht den Reiz von Livekonzerten ersetzen soll und kann. Viele kleine Clubs oder Veranstalter setzten schon seit geraumer Zeit auf Veranstaltungsreihen, um zu relativ festen Zeiten, verlässlich Liveauftritte von Musikrichtungen anzubieten, welche oft eher ein Nischendasein haben.

Jan Bierther veranstaltet schon seit einiger Zeit eine Reihe unter dem Motto ‚Jazz im JuBB‘, die natürlich seit Monaten nicht mehr in der gewohnten Form stattfinden kann. Aus diesem Anlass entschloss er sich zusammen mit dem Jugend- und Bürgerzentrum JuBB in Essen-Werden, im Saal des Zentrums, die Reihe in Onlineform fortzusetzen.

Diese Konzertreihe beschreibt Bierther als eine Herzensangelegenheit. Als Jugendlicher war er selbst oft Gast in diesem Jugendzentrum, das aus einem alten Gerichtsgebäude entstanden ist. Nach seiner Musikstudienzeit in den Niederlanden kehrte er später wieder in seine Heimatstadt Essen zurück, und initiierte dort auch die Konzertreihe ‚Jazz im Jubb‘.

Dass an diesem Abend Svenja Schmidt mit dem Jan Bierther Trio im Rahmen der Konzerttour auftrat, mag auf den ersten Blick irritierend sein, da Jazzeinflüsse hier eher peripher angesagt waren. Musikalisch standen an dem Abend Rock, Soul und Motown im Mittelpunkt. Der Bezug ist eher in der Besetzung der Band zu sehen, wo Bierther an der Gitarre, Dirk Leibenguth an den Drums, als Essener Urgesteine, unterstützt von Martin Engelien am Bass, an diesem Abend, die Combo der Rock- und Soulröhre Svenja Schmidt bildeten, die zudem am E-Piano glänzte.

Das Konzert, welches in zwei Sets von je etwa 45 Minuten übertragen wurde, war auch nur realisierbar durch die Unterstützung hiesiger Geschäftsleute, unter anderem einem ortsansässigen Biobäcker, welcher zudem eine Jazz-Mottotorte für die Künstler zubereitet hatte. Die Pause zwischen den Sets wurde zudem genutzt, um Werbung für eine kürzlich produzierte CD mit Highlights aus bisherigen Konzerten von ‚Jazz im JuBB‘ zu machen.

Nun aber zum eigentlichen Konzert, ohne Zuschauer im Saal, der bestuhlt etwa 100 Gästen Platz bietet. Den Start machte das Trio alleine mit dem etwa 10-minütigen Instrumental „Alles dreht sich“ aus der Feder Bierthers, das sofort Platz für Improvisationen der Musiker ließ.

Danach stieg auch Svenja Schmidt ein und es begann eine kurzweilige Zeitreise durch 60 Jahre-Musikgeschichte. Das Besondere dabei war, dass die Stücke nicht wie die Originalsongs runtergespielt wurden, sondern immer wieder jammende Phasen eingeschoben wurden. Einige Songs erhielten durch die kräftige Soulstimme Schmidts zudem ein ganz besonderes Flair.

Besonders hervorzuheben war der Rihanna-Hit „Love On The Brain“, der zuweilen den instrumentalen Charakter alter Fleetwood Mac-Songs hatte. In Stevie Wonders „Superstition“ konnten alle Musiker mit ausufernden Hammersoli ihr spielerisches Repertoire beweisen. Im, durch Marvin Gaye bekannt gewordenen Motown-Klassiker „Heard It Through The Grapevine“, der bekanntlich auch von vielen großen Bands, unter anderem CCR gecovert wurde, konnte Schmidt ihre gesangliche Qualität nachhaltig beweisen.

Den Abschluss machte „Nights In White Satin“, dem Schmidt mit ihrer Soulstimme eine ganz besondere Note gab. Auch hier glänzte Bierther mit feinster Gitarrenarbeit in einen Solo, das zunächst filigran, fast zerbrechlich wirkend, begann, um zum Ende hin geradezu zu explodieren.

Es ist schwer ein Fazit zu einem Onlinekonzert zu fassen, da das wichtige Interagieren von Band und Fans fehlt. Was ich als einziger Gast auf jeden Fall sagen kann, ist, dass der Sound im Saal bestens ausgesteuert war, alle Instrumente differenziert und klar hörbar waren.

Wenn man eine durchgehende Besucherzahl von 120 mit Spitzen bis zu 150 Zuhörern sieht, was höher als die Kapazität des Saales ist und die positiven Kommentare im Stream betrachtet, kann das Projekt als gelungen angesehen werden, was seitens des Veranstalters am Ende auch so gesehen wurde. Erwähnenswert ist auch, dass sich die ersten 30 Interessierten am Tag des Konzertes beim Biobäcker kostenlos eine Konzertsnacktüte abholen konnten.

Ein Dank an den Veranstalter und an Martin Engelien, der mich fragte, ob ich als einziger Vertreter eines Magazins, über den Abend berichten wolle.
Wer Spaß an Konzerten mit großer Nähe zu den Künstlern in einer feinen Location hat, sollte die Seite des JuBB in Essen öfters mal im Auge behalten. Neben der Jazzreihe finden dort in regelmäßigen Abständen auch Americana-Konzerte statt, wenn es die Zeit wieder zulässt.

Line-up:
Svenja Schmidt – Gesang, E-Piano
Jan Bierther – Gitarre
Dirk Leibenguth – Schlagzeug
Martin Engelien – Bass

Bericht und Bilder: Gernot Mangold

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Svenja Schmidt
Jugend- und Bürgerzentrum Werden
Jazz im Jubb

Nikolausrock im Gocher Kastell, 05.12.2020 – Konzertbericht

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Oft werden Konzertjahre in Locations mit einem Abschlusskonzert unter einem zum Weihnachtsfest passenden Motto beendet, wobei meist noch einmal eine volle Hütte garantiert ist.

Im Konzertjahr 2020 verlief allerdings vieles anders als geplant. Bis Anfang März ging alles noch in geordneten Bahnen ab. Große Touren und Festivals waren für den weiteren Verlauf des Jahres angesagt. Doch schon zu diesem Zeitpunkt machte sich bei Veranstaltern, Bands, Locations aber auch Technikern Unruhe breit, da die Corona-Pandemie sich auch in Europa ausbreitete. Mitte März kam es dann durch den Lockdown zu einem jähen Ende von Veranstaltungen und eine ganze Branche lag brach.

Im Sommer keimte ein bisschen Hoffnung auf und unter strengen Hygieneauflagen fanden Konzerte im eher überschaubaren und kleineren Rahmen statt. Steigende Coronafallzahlen sorgten zunächst für weitere Einschränkungen und ich erinnere mich an das letzte Go Music-Konzert in Kleve, wo Martin Engelien schon orakelte, dass der Winter, was Konzerte betrifft, ganz still werden könnte.

Kurz danach war durch den so genannten Wellenbrecher-Lockdown klar, dass ab Ende Oktober für den Rest des Jahres und vermutlich bis weit ins nächste Jahr, keine Live-Konzerte mit Besuchern stattfinden werden.

Einige Musiker stellten deshalb, oft in Eigenregie, in den letzten Monaten Livestreams ins Netz, um den Fans wenigstens in dieser Form Livemusik anzubieten.

In der Kleinstadt Goch, nahe der niederländischen Grenze, übernahmen „Gocher erleben“, „KulTOURbühne Goch“, „Gocher Stadtmarketing“, „Magic Sound Veranstaltungstechnik“ und „Mahomedia“ die Initiative, um mit dem Nikolausrock im Gocher Kastell einen Konzertabend als Livestream zu organisieren, um etwas Licht in die pandemische Stille zu bringen.

Was aus dieser Initiative entstand, war dann mehr als nur ein normaler Livestream eines Konzertes. Dominick Loock von „Magic Sound Veranstaltungstechnik“ kam auf die Idee, da es in der Gesellschaft viele Menschen mit Höreinschränkungen gibt, mit Thorsten Rose und Megg Rose, zwei Gebärdendolmetscher einzubinden, die im Livestream eingeblendet, abwechselnd agierten.

Dabei wurden nicht unbedingt die Texte eins zu eins übersetzt, sondern auch die Stimmung der Songs beschrieben. Auf diese Art und Weise kam es auf diesem Sektor zur oft beschworenen Inklusion, was in diesem Fall als absolut gelungen anzusehen ist.

Ein weiterer Aspekt, der sehr positiv war, dass der Auszubildende des Veranstaltungstechnikers endlich sein theoretisch erlangtes Wissen, in der Praxis anwenden konnte. Der Saal des Kastells gab durch seine großzügige Raumgestaltung die Möglichkeit vom Equipment her, aus dem Vollen zu schöpfen. Effekte vom Nebel, über aufsteigende Luftblasen, Schneeflocken, Glitzerfontänen, kamen dabei zum Einsatz.

Ein Bühnenaufbau, der ein dreidimensionales Bühnenbild generierte, eine großzügige Lichttechnik und modernen Aufnahmetechniken mit einer Vielzahl von Kameras, eine davon an einem schwenkbaren Kranarm montiert, gaben die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von Perspektiven die beiden Konzerte des Abends abzubilden.

Vor und während der Übertragung wurde penibel auf die bestehenden Hygieneregeln geachtet. Die Techniker hielten einen Mindestabstand, welcher meist weit über 1,5 Metern lag, zudem wurden alle Beteiligten auch die anwesenden Fotografen vom Veranstalter mit FFP 2 Masken ausgestattet und zwischendurch wurde auch der Saal durchgelüftet.

Dies war die Grundlage, dass für die Zuschauer am Bildschirm, neben dem auditiven, auch ein visuelles Erlebnis geboten werden konnte. Durchgehend waren 320 – 370 Endgeräte im Stream zugeschaltet und bis 2 Tage nach dem Konzert, gab es etwa 3500 Aufrufe. Die Kommentare zu dem Livestream waren dabei durchweg positiv, sodass der große Aufwand als gerechtfertigt bezeichnet werden kann.

Auch für die Musiker war dieser Abend unter den beschriebenen Möglichkeiten etwas Besonderes. Nach Monaten endlich mal wieder ein Liveauftritt. Vor dem Konzert ergab sich die Möglichkeit, mit Martin Engelien über den Abend zu sprechen. Er beschrieb, dass er noch gar nicht richtig einordnen kann, was ihn auf der Bühne erwartet.

In seiner langjährigen Karriere hatte er schon viele Auftritte, welche im Fernsehen mit ähnlichen technischen Möglichkeiten auch live übertragen worden sind. Aber dort war dann doch in der Sendung Publikum, von dem eine Resonanz ausging.

Nach dem Konzert beschrieb er, dass es nicht gestört habe, ohne Publikum zu spielen, da er wusste, dass viele Fans am Bildschirm zuschauen. Zudem kam von den wenigen arbeitenden Anwesenden doch augenscheinlich rüber, dass es gefiel.

Nach dem Konzert sah er die ganzen positiven Kommentare, was ihn insbesondere auch für den Veranstalter als Lohn für die Mühe freute. Bemerkenswert für ihn war auch, dass er es bei Liveauftritten, damals noch zu Klaus Lage-Zeiten, selbst in der Hitparade, nicht erlebt hatte, dass ein solcher technischer Aufwand betrieben wurde.

Charly T., der schon für Marius Müller Westenhagen und Gianna Nannini die Drumsticks schwang, resümierte nach dem Konzert, dass das Ganze zum Teil schon ein wenig bizarr anmutete. Ein Drumsolo und keine Resonanz, wie kommt das Konzert beim Betrachter an?

Das war etwas anderes als ein Videoclip, um einen Song zu promoten, es war ein ganzes Konzert ohne anwesendes Publikum. Svenja Schmidt empfand den Abend als ein ganz tolles Erlebnis, was mit Sicherheit auch an der gebotenen Technik lag.

Ward Palmen von der niederländischen Band Queen Must Go On versuchte über die Kamera, Kontakt mit den Zuschauern aufzunehmen, was scheinbar auch gelang, da er berichtete, während des Konzertes, Rückmeldungen aus Kommentaren im Livestream erhalten zu haben.

Als Fotograf war es auch ein gewöhnungsbedürftiges Bild, wie ein Sänger vor einer leeren Halle in eine Kamera singt, als wenn ihm die Hände der Fans entgegen gereicht werden.

Was auch gesagt werden muss, dass beide Bands sich absolut mit der besonderen Situation arrangierten und es scheinbar gelang, auszublenden, ohne Vorort-Publikum auskommen zu müssen.

Martin Engelien spielte mit seiner Go Music-Besetzung einen gewohnt starken Act, in dem teilweise sehr alte Coversongs, in ein modernes rockiges Gewand gekleidet wurden. Im Gegensatz zu Konzerten vor Publikum wurden jammende Passagen eher zurückgestellt, was mit Sicherheit eine gute Entscheidung war, da diese von der Live-Interaktion leben.

Francesco Marras, Gitarrist von Tygers of Pan Tang vermittelte den Songs eine Prise Hard Rock und Svenja Schmidt gab Klassikern wie „Nights In White Satin“ eine Note, dass man geneigt ist zu sagen, dass ein Cover sich nicht hinter dem Original zu verstecken braucht, sofern man den Song kreativ und gut  interpretiert. Martin Engelien moderierte gewohnt galant durch den Set und bildete mit Charly T. die starke Rhythmussektion.

Schön war zu hören, wie einer der Techniker dem Lichtmischer kurz sagte, dass er jetzt mal mehr pinkes Licht machen solle, um das passende Ambiente zu schaffen, in dem Francesco Marras „Comfortably Numb“ mit abschließenden Hard Rock-Solo zum Besten geben konnte.

Als zweite Band spielten die Niederländer Queen Must Go On“ ein Potpourri von Queen-Songs aus allen Schaffensphasen. Ward Palmen poste dazu in bekannter Mercury-Manier und zeigte sich auch stimmlich nahe am Original.

Neben ihm stand Gitarrist Ralph Derksen visuell im Mittelpunkt, während die Rythmusfraktion sich eher im Hintergrund hielt, was aber nicht die spielerische Leistung schmählern soll. Den Abschluss des Konzertabends machte dann, wie es sich gehört „We Are The Champions“ mit abschließenden Glitterkonfettiregen und ein durchgehend gelungener Abend hatte seinen Abschluss gefunden.

Die eigentlichen Champions des Abends waren aber die Macher, die mit ihrem Know How in der Bühnentechnik und dem Bereitstellen finanzieller Mittel, diesen Event ermöglicht haben. An diesem Abend hat die Stadt Goch mit ihrer Unterstützung gezeigt, dass nicht nur Phrasen in den jetzigen Zeiten weiterhelfen, sondern Taten, mit denen zumindest ein Zeichen für die Kultur gesetzt wird.

Es fällt schwer nach einem solchen Abend ein Fazit zu fällen. So gut der Abend arrangiert war, so toll wie alle Beteiligten, vom Lichttechniker bis zum Kameramann gearbeitet haben, hoffe ich, dass im nächsten Jahr wieder normale Konzerte mit Publikum stattfinden, dass die Besucher in den Genuss kommen, die Musik wieder live zu spüren und vor Ort erleben können.

Dies schließt dann nicht aus, dass auch Livestreams in dem hier gebotenen Format erfolgen, wobei mit Publikum in einer vollen Halle manche Techniken schwer einsetzbar sind.

Ein besonderer Dank gilt Dominick Loock, der es mir sehr kurzfristig ermöglicht hat, live vor Ort an diesem Event teilzunehmen und darüber berichten zu können.

Veranstalter und Verantwortliche:

Thorsten Matenaers von Gocher erleben
Dr. Stephan Mann von der Kulturbühne
Rüdiger Wenzel vom Gocher Stadtmarketing
Dominik Loock & Team von Magic Sound Veranstaltungstechnik
Marvin Hoffmann von Mahomedia

Bands:

Line-up Go Music:
Martin Engelien – Bass
Charly T. – Drums
Svenja Schmidt – Vocals, Piano
Francesco Marras – Guitar, Vocals

Line-up Queen Must Go On:
Ward Palmen – Vocals, Piano
Ralph Derksen – Guitar
Geert Horvers – Bass
Erwin van Welie – Drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Go Music – 17.10.2020, Tanzpalast Bresserberg, Kleve – Konzertbericht

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Der Herbst kommt und die Corona-Fallzahlen in der Region erreichen Werte, die dafür sorgen, dass die ohnehin dünn gesäten Konzertprogramme, noch weiter reduziert werden.

Martin Engelien ließ sich mit seinem Go Music-Projekt nicht beirren und setzte die Herbstreihe weiter fort. In den letzten Konzerten mit Vanesa Harbek, Thomas Blug und Ben Granfelt stand deren Musik mit eingestreuten Coverversionen im Mittelpunkt.

Der Abend am Bresserberg war diesmal geprägt von gecoverten Stücken. Die Besetzung an dem Abend ließ auf jedem Fall ein abwechslungsreiches Konzert erwarten. Mit Martin Engelien am Bass und Charly T. an den Drums stand eine hochkarätige, routinierte Rhythmusfraktion auf der Bühne. Den Mittelpunkt bildeten diesmal Svenja Schmidt am Piano und Gesang sowie Francesco Marras an der Gitarre und den Leadvocals.

Dabei trafen Soul, Blues und Hardrock aufeinander. Schmidt begeisterte mit einer klaren kraftvollen Stimme, versiertem Pianospiel und gab ‚ihren‘ Songs, ein ganz besonderes souliges Flair. „Dancin‘ In The Street“ und „Family Affair“ hätten die Besucher bestimmt von den Barhockern um die Stehtische gerissen, wenn Engelien nicht nochmals auf die bestehenden Regeln hingewiesen hätte, dass nur ein Tanz im Sitzen erlaubt ist.

Marras steuerte dann unter anderem mit „Fly Away“ im ersten Set die rockigen Töne bei, welchen er mit dem Pink Floyd Klassiker „Comfortably Numb“ abschloss, den er mit seinem Gitarrenspiel als eine rockige Version hinlegte. Überhaupt muss gesagt werden, dass es dem Quartett gelang, die Tracks nicht einfach nachzuspielen, sondern immer wieder eigene Akzente mit sessionartigen Elementen einzuflechten.

Diese Einlagen, in denen auch Engelien am Bass und Charly T. an den Drums mit Soloeinlagen die Besucher zu Standing Ovation hinriss, zeigten nachhaltig die spielerische Qualität der Musiker.

Im zweiten Set jagte ein Highlight das andere. Marras begeisterte mit dem Bon Jovi-Klassiker „Dead Or Alive“ (Schmidt hier mit tollen Pianoeinlagen), einer Hardockversion von „Locomotive Breathe“ und dem verträumten „Breathe“, wobei er den Song rockiger interpretierte als z.B. Ben Granfelt.

Zwischen den Songs wies Engelien darauf hin, dass Marras nicht nur bei der britischen Hardrockcombo Tygers Of Pan Tang angeheuert hat, sondern im Frühjahr auch ein Soloalbum veröffentlicht, für welches es die Bässe in seinem Tonstudio eingespielt hat.

Der Höhepunkt des Konzerts war für mich aber der Moody Blues-Evergreen „Nights In White Satin“, dem zunächst Schmidt mit ihrer Soulröhre den Stempel aufdrückte und dem Song eine nicht bekannte Dynamik verlieh. Marras hielt sich mit dem Gitarrenspiel zunächst dezent zurück, um aber ab der Hälfte des Stückes richtig Gas zu geben und ein furioses Solo beizusteuern.  Svenja Schmidt sang dabei locker gegen das Klanggewitter der drei Mitstreiter an.

Als Zugabe zeigte die Band, dass man aus „One Love“ von U2 etwas ganz besonderes machen kann, wenn eine Soulstimme auf eine Hardrock Gitarre trifft und diese von einer klasse Rhythmusfraktion begleitet wird.

Dieser schöne Konzertabend hatte aber auch traurige Momente. Vor „Nights In White Satin“ bezog Engelien noch einmal Stellung zu den Corona-Konzepten der Clubs und malte ein düsteres Bild für den Herbst, dass mit steigenden Erkrankungszahlen, die genehmigten Besucherzahlen immer weiter reduziert werden könnten, sodass es fast sinnlos sei, Konzerte zu veranstalten.

Solange hofft er aber, dass die Musikfans weiter Clubs und Musiker unter den bestehenden Regeln supporten, sodass es im nächsten Jahr hoffentlich wieder Richtung Normalität geht.

Ein Dank an das nette Team vom Bresserberg, auch für die leckere Suppe und die Musiker für den netten Smalltalk vor dem Konzert, in der Hoffnung, dass es in den kommenden Wochen nicht zu einem totalen Lockdown für die Konzertszene kommt.

Line-up:
Francesco Marras (lead vocals, electric guitars)
Svenja Schmidt (lead vocals, keys)
Martin Engelien (bass, bgv)
Charlie T. (drums)

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Tanzpalast Bresserberg Kleve