Nikolausrock im Gocher Kastell, 05.12.2020 – Konzertbericht

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Oft werden Konzertjahre in Locations mit einem Abschlusskonzert unter einem zum Weihnachtsfest passenden Motto beendet, wobei meist noch einmal eine volle Hütte garantiert ist.

Im Konzertjahr 2020 verlief allerdings vieles anders als geplant. Bis Anfang März ging alles noch in geordneten Bahnen ab. Große Touren und Festivals waren für den weiteren Verlauf des Jahres angesagt. Doch schon zu diesem Zeitpunkt machte sich bei Veranstaltern, Bands, Locations aber auch Technikern Unruhe breit, da die Corona-Pandemie sich auch in Europa ausbreitete. Mitte März kam es dann durch den Lockdown zu einem jähen Ende von Veranstaltungen und eine ganze Branche lag brach.

Im Sommer keimte ein bisschen Hoffnung auf und unter strengen Hygieneauflagen fanden Konzerte im eher überschaubaren und kleineren Rahmen statt. Steigende Coronafallzahlen sorgten zunächst für weitere Einschränkungen und ich erinnere mich an das letzte Go Music-Konzert in Kleve, wo Martin Engelien schon orakelte, dass der Winter, was Konzerte betrifft, ganz still werden könnte.

Kurz danach war durch den so genannten Wellenbrecher-Lockdown klar, dass ab Ende Oktober für den Rest des Jahres und vermutlich bis weit ins nächste Jahr, keine Live-Konzerte mit Besuchern stattfinden werden.

Einige Musiker stellten deshalb, oft in Eigenregie, in den letzten Monaten Livestreams ins Netz, um den Fans wenigstens in dieser Form Livemusik anzubieten.

In der Kleinstadt Goch, nahe der niederländischen Grenze, übernahmen „Gocher erleben“, „KulTOURbühne Goch“, „Gocher Stadtmarketing“, „Magic Sound Veranstaltungstechnik“ und „Mahomedia“ die Initiative, um mit dem Nikolausrock im Gocher Kastell einen Konzertabend als Livestream zu organisieren, um etwas Licht in die pandemische Stille zu bringen.

Was aus dieser Initiative entstand, war dann mehr als nur ein normaler Livestream eines Konzertes. Dominick Loock von „Magic Sound Veranstaltungstechnik“ kam auf die Idee, da es in der Gesellschaft viele Menschen mit Höreinschränkungen gibt, mit Thorsten Rose und Megg Rose, zwei Gebärdendolmetscher einzubinden, die im Livestream eingeblendet, abwechselnd agierten.

Dabei wurden nicht unbedingt die Texte eins zu eins übersetzt, sondern auch die Stimmung der Songs beschrieben. Auf diese Art und Weise kam es auf diesem Sektor zur oft beschworenen Inklusion, was in diesem Fall als absolut gelungen anzusehen ist.

Ein weiterer Aspekt, der sehr positiv war, dass der Auszubildende des Veranstaltungstechnikers endlich sein theoretisch erlangtes Wissen, in der Praxis anwenden konnte. Der Saal des Kastells gab durch seine großzügige Raumgestaltung die Möglichkeit vom Equipment her, aus dem Vollen zu schöpfen. Effekte vom Nebel, über aufsteigende Luftblasen, Schneeflocken, Glitzerfontänen, kamen dabei zum Einsatz.

Ein Bühnenaufbau, der ein dreidimensionales Bühnenbild generierte, eine großzügige Lichttechnik und modernen Aufnahmetechniken mit einer Vielzahl von Kameras, eine davon an einem schwenkbaren Kranarm montiert, gaben die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von Perspektiven die beiden Konzerte des Abends abzubilden.

Vor und während der Übertragung wurde penibel auf die bestehenden Hygieneregeln geachtet. Die Techniker hielten einen Mindestabstand, welcher meist weit über 1,5 Metern lag, zudem wurden alle Beteiligten auch die anwesenden Fotografen vom Veranstalter mit FFP 2 Masken ausgestattet und zwischendurch wurde auch der Saal durchgelüftet.

Dies war die Grundlage, dass für die Zuschauer am Bildschirm, neben dem auditiven, auch ein visuelles Erlebnis geboten werden konnte. Durchgehend waren 320 – 370 Endgeräte im Stream zugeschaltet und bis 2 Tage nach dem Konzert, gab es etwa 3500 Aufrufe. Die Kommentare zu dem Livestream waren dabei durchweg positiv, sodass der große Aufwand als gerechtfertigt bezeichnet werden kann.

Auch für die Musiker war dieser Abend unter den beschriebenen Möglichkeiten etwas Besonderes. Nach Monaten endlich mal wieder ein Liveauftritt. Vor dem Konzert ergab sich die Möglichkeit, mit Martin Engelien über den Abend zu sprechen. Er beschrieb, dass er noch gar nicht richtig einordnen kann, was ihn auf der Bühne erwartet.

In seiner langjährigen Karriere hatte er schon viele Auftritte, welche im Fernsehen mit ähnlichen technischen Möglichkeiten auch live übertragen worden sind. Aber dort war dann doch in der Sendung Publikum, von dem eine Resonanz ausging.

Nach dem Konzert beschrieb er, dass es nicht gestört habe, ohne Publikum zu spielen, da er wusste, dass viele Fans am Bildschirm zuschauen. Zudem kam von den wenigen arbeitenden Anwesenden doch augenscheinlich rüber, dass es gefiel.

Nach dem Konzert sah er die ganzen positiven Kommentare, was ihn insbesondere auch für den Veranstalter als Lohn für die Mühe freute. Bemerkenswert für ihn war auch, dass er es bei Liveauftritten, damals noch zu Klaus Lage-Zeiten, selbst in der Hitparade, nicht erlebt hatte, dass ein solcher technischer Aufwand betrieben wurde.

Charly T., der schon für Marius Müller Westenhagen und Gianna Nannini die Drumsticks schwang, resümierte nach dem Konzert, dass das Ganze zum Teil schon ein wenig bizarr anmutete. Ein Drumsolo und keine Resonanz, wie kommt das Konzert beim Betrachter an?

Das war etwas anderes als ein Videoclip, um einen Song zu promoten, es war ein ganzes Konzert ohne anwesendes Publikum. Svenja Schmidt empfand den Abend als ein ganz tolles Erlebnis, was mit Sicherheit auch an der gebotenen Technik lag.

Ward Palmen von der niederländischen Band Queen Must Go On versuchte über die Kamera, Kontakt mit den Zuschauern aufzunehmen, was scheinbar auch gelang, da er berichtete, während des Konzertes, Rückmeldungen aus Kommentaren im Livestream erhalten zu haben.

Als Fotograf war es auch ein gewöhnungsbedürftiges Bild, wie ein Sänger vor einer leeren Halle in eine Kamera singt, als wenn ihm die Hände der Fans entgegen gereicht werden.

Was auch gesagt werden muss, dass beide Bands sich absolut mit der besonderen Situation arrangierten und es scheinbar gelang, auszublenden, ohne Vorort-Publikum auskommen zu müssen.

Martin Engelien spielte mit seiner Go Music-Besetzung einen gewohnt starken Act, in dem teilweise sehr alte Coversongs, in ein modernes rockiges Gewand gekleidet wurden. Im Gegensatz zu Konzerten vor Publikum wurden jammende Passagen eher zurückgestellt, was mit Sicherheit eine gute Entscheidung war, da diese von der Live-Interaktion leben.

Francesco Marras, Gitarrist von Tygers of Pan Tang vermittelte den Songs eine Prise Hard Rock und Svenja Schmidt gab Klassikern wie „Nights In White Satin“ eine Note, dass man geneigt ist zu sagen, dass ein Cover sich nicht hinter dem Original zu verstecken braucht, sofern man den Song kreativ und gut  interpretiert. Martin Engelien moderierte gewohnt galant durch den Set und bildete mit Charly T. die starke Rhythmussektion.

Schön war zu hören, wie einer der Techniker dem Lichtmischer kurz sagte, dass er jetzt mal mehr pinkes Licht machen solle, um das passende Ambiente zu schaffen, in dem Francesco Marras „Comfortably Numb“ mit abschließenden Hard Rock-Solo zum Besten geben konnte.

Als zweite Band spielten die Niederländer Queen Must Go On“ ein Potpourri von Queen-Songs aus allen Schaffensphasen. Ward Palmen poste dazu in bekannter Mercury-Manier und zeigte sich auch stimmlich nahe am Original.

Neben ihm stand Gitarrist Ralph Derksen visuell im Mittelpunkt, während die Rythmusfraktion sich eher im Hintergrund hielt, was aber nicht die spielerische Leistung schmählern soll. Den Abschluss des Konzertabends machte dann, wie es sich gehört „We Are The Champions“ mit abschließenden Glitterkonfettiregen und ein durchgehend gelungener Abend hatte seinen Abschluss gefunden.

Die eigentlichen Champions des Abends waren aber die Macher, die mit ihrem Know How in der Bühnentechnik und dem Bereitstellen finanzieller Mittel, diesen Event ermöglicht haben. An diesem Abend hat die Stadt Goch mit ihrer Unterstützung gezeigt, dass nicht nur Phrasen in den jetzigen Zeiten weiterhelfen, sondern Taten, mit denen zumindest ein Zeichen für die Kultur gesetzt wird.

Es fällt schwer nach einem solchen Abend ein Fazit zu fällen. So gut der Abend arrangiert war, so toll wie alle Beteiligten, vom Lichttechniker bis zum Kameramann gearbeitet haben, hoffe ich, dass im nächsten Jahr wieder normale Konzerte mit Publikum stattfinden, dass die Besucher in den Genuss kommen, die Musik wieder live zu spüren und vor Ort erleben können.

Dies schließt dann nicht aus, dass auch Livestreams in dem hier gebotenen Format erfolgen, wobei mit Publikum in einer vollen Halle manche Techniken schwer einsetzbar sind.

Ein besonderer Dank gilt Dominick Loock, der es mir sehr kurzfristig ermöglicht hat, live vor Ort an diesem Event teilzunehmen und darüber berichten zu können.

Veranstalter und Verantwortliche:

Thorsten Matenaers von Gocher erleben
Dr. Stephan Mann von der Kulturbühne
Rüdiger Wenzel vom Gocher Stadtmarketing
Dominik Loock & Team von Magic Sound Veranstaltungstechnik
Marvin Hoffmann von Mahomedia

Bands:

Line-up Go Music:
Martin Engelien – Bass
Charly T. – Drums
Svenja Schmidt – Vocals, Piano
Francesco Marras – Guitar, Vocals

Line-up Queen Must Go On:
Ward Palmen – Vocals, Piano
Ralph Derksen – Guitar
Geert Horvers – Bass
Erwin van Welie – Drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

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