Go Music – 13.11.2021, Jazzkeller, Krefeld – Konzertbericht

Mittlerweile feiert die Konzertreihe Go Music von Martin Engelien ihr 25-jähriges Jubiläum. Diesmal sammelte Engelien drei Musiker um sich, welche in den mit am längsten aktiven deutschen Rockbands mitwirken. Neben dem Drummer Manni von Bohr, der schon seit Jahren immer wieder bei Go Music mitmischt, waren diesmal erstmals Martin Ettrich und Stella Tonon mit auf der Bühne des Jazzkellers, in dem es seit mittlerweile 63 Jahren Livemusik gibt.

Etwa 60 – 70 Besucher fanden den Weg in die Katakomben der Location, womit die selbst auferlegte Grenze von 90 Besuchern zwar nicht erreicht wurde, aber der kleine Club doch ansehnlich gefüllt war. Traditionell für einen Samstag begann das Konzert pünktlich um 22:00 Uhr und Engelien, Ettrich und von Bohr klimperten im Dämmerlicht kurz vor sich hin, um dann, als die Bühne ausgeleuchtet wurde, als Intro das Instrumental „Be Kind“ zu spielen. In den etwa 10 Minuten zeigten die drei Musiker schon ihr Können. Während sie sich durch den Song jammten, wartete Stella Tonon am Rand der Bühne und entledige sich ihrer Schuhe und Socken, um wie gewohnt zum Ende des Songs, barfuß die Bühne zu betreten.

Mit einer harten Version des Robert Palmer-Hits „Addicted To Love“ wurde das Publikum direkt auf Betriebstemperatur gebracht. Engelien und von Bohr sorgten für eine krachende Rhythmusgrundlage, Ettrich jagte zuweilen wie ein Derwisch über die Saiten seiner Gitarre und Tonon schrie sich fast die Seele bei dem mittlerweile etwa 35 Jahre alten Oldie aus dem Hals. Dies sollte aber einer der aktuellsten Titel des Konzertes gewesen sein.

Das Quartett hatte ganz tief in die Schatztruhe alter Songs gegriffen und sorgte so für manche Überraschung und melancholische Momente bei den Besuchern. Dabei wurden die Stücke aber nicht in der bekannten Form runtergespielt, sondern alle Musiker drückten ihnen einen eigenen Stempel auf, welche zuweilen einer zeitgemäßen Rundumerneuerung gleichkam.

Im ersten Set ging es über „Somebody To Love“, „I Put A Spell On You“ und dem sich über Minuten hinziehenden jammenden „Roadhouse Blues“ zu den für mich herausragenden beiden abschließenden Songs. Aus einem zunächst psychedelischen Intro entwickelte sich schließlich der durch Jimmy Hendrix richtig bekannt gewordene Klassiker „Hey Joe“. Manch einer mag dabei denken, ob das unbedingt sein muss, dass dieser Song zum x-ten Mal gecovert werden muss. In dem Fall behaupte ich einfach, dass diese Version etwas Besonderes hatte. Tonons Stimme gab dem Stück eine besondere Dramaturgie, was aber Ettrich an seiner Gitarre und der Talkbox ablieferte, war Extraklasse. Das Solo, mit der Talkbox zu verknüpfen, gab diesem ein besonderes Flair und etwas Einzigartiges unter den gefühlt 1000 Coverversionen.

Vor dem letzten Song gedachte Engelien dem wenige Tage zuvor verstorbenen Drummer der Moody Blues und mit „Nights In White Satin“ wurden die Besucher zunächst ins Reich der Träume geschickt. Dabei zeigte Tonon, dass sie ihre Stimme auch weich und sanft einsetzten kann und von Bohr die Drums nicht nur als Batterie versteht. Nach den ersten Strophen war es dann aber mit der Ruhe vorbei und Ettrich holte die Träumenden mit einem furiosen Gitarrensolo wieder in die Realität zurück. Danach verabschiedete sich die Band in eine etwa 30-minütige Pause.

Das zweite Set begann dann mit zwei Tracks von Brösel Control oder Birth Maschine, wie Englien die beiden Bandnamen seiner drei Mitstreiter verknüpfte. Dabei erfuhren manche, dass Engelien selbst zu Anfangszeiten bei der Bröselmaschine die dicken Saiten zupfte und dass von Bohr im Moment bei beiden Bands aktiv ist. Ettrich spielt schon seit Jahren bei Birth Control die erste Gitarre spielt und Tonon singt für Burschs Bröselmaschine.

Bei „Into The Sky“ versetzte insbesondere Tonon gesanglich, aber auch durch ihre Gestik, die Fans in andere psychedelische Welten, während beim folgenden „Gamma Ray“ die Rhythmusmaschinen Engelien und von Bohr Schwerstarbeit leisteten. Von Bohr offeriert dabei eindrucksvoll, dass er jedes Teil seines Schlagzeugs benötigt und jagte über die Drums, dass man den Sticks kaum mit den Augen folgen konnte und legte zuweilen mit seinen zwei Bassdrums eine Geschwindigkeit vor, die manchen ins Staunen versetzte. In dem Solo unterstütze Ettrich ihn zudem mit der Cowclock. Auch Englien legte ein krachendes Basssolo, wie auch in einigen anderen Songs hin und Ettrich gab dem Gitarrensolo mit der Talkbox ein besonderes Flair. Dass Tonons Stimme und ihre Präsenz zur Dramaturgie des Songs perfekt passte, sein nur am Rande erwähnt.

Herausragend war „Four Horseman“ von Aphrodites Child, bei dem man denken konnte, die Band wolle mit der hardrockenden psychedelischen Interpretation des Songs die apokalyptischen Reiter wecken. Über „White Rabbit“ und eine jammende Version von „Jumping Jack Flash“ ging es dann zur frenetisch geforderten und dann auch gefeierten Zugabe.

Im Ton Steine Scherben-Song „Mein Name ist Mensch“ gelang es der Band, hier vorrangig Tonon, die Thematik, die einen zum Nachdenken stimmen sollte, hervorragend zu vermitteln. Fast melodramatisch beendete Tonon den Song auf dem Boden liegend und über zwei Stunden Musik waren gegen 0:45 Uhr wie im Flug vergangen.

Ein besonderer Dank geht an den Jazzkeller für den unproblematischen Ablauf und das Berücksichtigen der bestehenden Regeln zur Sicherheit der Besucher, was bei öffentlichen Veranstaltungen, auch in der Gastronomie, nicht immer der Fall zu sein scheint. Es bleibt zu hoffen, dass dieses umsichtige Verhalten und das modernisierte Be- und Entlüftungssystem dazu beitragen, dass es nicht wieder ganz still wird. Einen Beitrag dazu kann auch jeder Einzelne leisten, in dem Impfangebote angenommen werden.

Line-up:
Stella Tonon – vocals
Martin „Ludi“ Ettrich – guitar, talkbox
Martin Engelien – bass
Manni von Bohr – drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Jazzkeller, Krefeld

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