Michael Lee Firkins – 01.04.2016, Café Steinbruch, Duisburg – Konzertbericht

Historischer Moment! Gestern Abend durften ca. 60 Leute inkl. meiner Wenigkeit erleben, wie der Gitarrenkünstler Michael Lee Firkins im Café Steinbruch zu Duisburg, das erste Mal eine Bühne in Deutschland betrat. Der 1967 geborene, aus Omaha, Nebraska, stammende langmähnige Musiker offerierte dabei sein Können zusammen mit dem ebenfalls langhaarigen und vielbeschäftigten Bassisten Barend Courbois (u.a. Blind Guardian, Mike Tramp, Zakk Wylde), sowie dem Langbartträger (dafür keine Haare auf dem Kopf) Chris Siebken am Schlagzeug.

Das Trio eröffnete pünktlich um 20:30 Uhr mit dem von Gregg Allman komponierten „Dreams“, das sich in der Umsetzung auch an der atmosphärisch/psychedelischen Allman Brothers-Version anlehnte und nicht in der furiosen Hatchet-Abwandlung präsentiert wurde. Junge, Junge. Was man so aus einer Stratocaster oder einer Telecaster/Dobro-Kombi alles an Tönen und Klängen rausholen kann – unglaublich! Ob im Slideform, rockig, country-, southern-, fusion-, jazz-mäßig oder gar hawaianisch – Firkins‘ filigrane Fingerfertigkeit an seinem Arbeitsgerät war schon beeindruckend. Erst recht wenn man sie quasi in zwei Meter Abstand, direkt vor der Nase serviert bekommt, einfach toll.

Und so spielte sich das Trio durch einige Instrumentals wie „Big Red“ oder „Deja Blues“, weitere gelungene Cover-Versionen von ZZ Tops „Cheap Sunglasses“ und Hendrix‘ „Voodoo Child“ und Stücke wie „Golden Oldie Jam“ und das Southern-rockige „Cajun Boogie“ von Michaels letztem und aktuellen Album „Yep“.

Wie schon auf diesem Werk, bewies er auch live, dass er einen durchaus passablen Sänger abgibt. Der Tieftöner-Workaholic Barend Courbois (spielt laut Michaels Auskunft so ca. 300 Gigs pro Jahr) und der kraftvoll agierende Drummer Chris Siebken bereiteten dem sympathischen Protagonisten stilsicher den passenden Rhythmusteppich für seine vielen quirligen Soli.

Satte zwei Stunden Spielzeit, inklusiv zweier Zugaben, gingen wie im Fluge vorüber. Eine absolut gelungene Deutschland-Premiere von Michael Lee Firkins in der ‚Dunkelkammer‘ Café Steinbruch, der sich über den positiven Zuspruch seiner Audienz auch sichtlich freute. Wer noch nichts Besseres vor hat, sollte die Gelegenheit, bei einem, seiner noch bis zum 7. April währenden Konzerte in unseren Gefilden, am Schopfe packen und hingehen. Es lohnt sich! Michael Lee Firkins – um es mal im Facebook-Jargon auszudrücken – gefällt mir!

Michael Lee Firkins
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Café Steinbruch Duisburg

Sweetkiss Momma, 24.03.2016, Kulturrampe, Krefeld, Konzertbericht

Die Southern Roots Rocker Sweetkiss Momma im Rahmen ihrer Europatournee zum zweiten Mal in Krefeld in der Kulturrampe! Das Quintett brachte ihre brandneue EP „What You’ve Got“ mit, leider aber nicht die bei uns auch hoch angesehenen und besprochenen Moss Brothers, die ja bei der Einspielung des Werkes tatkräftig mitgewirkt hatten. Bandleader Jeff Hamel (lead vocals, guitar, harp) hatte aber mit Paul Beadry (bass), Kevin ‚Kubby‘ White (drums), Skylar Mehal (lead guitar) und Keyboarder Ray Hayden, noch rechtzeitig zur Tour, adäquaten Ersatz gefunden.

So gerne, wie ich immer wieder in die Kulturrampe gehe, als Rezensent und Fotograf in einer Person, sind gerade bei ausverkaufter Hütte, die beengten Gegebenheiten und schwierig abzubildenden Lichtverhältnisse (dazu kommt dann noch immer auch noch schöner Dampf aus einer Rauchmaschine…), bei Bands, die man eher nur oberflächlich kennt, Stress pur. So richtig vom Konzert hat man da leider als Berichterstatter eher weniger was. Von Sweetkiss Momma besitze ich nur das Erstwerk, in die Soundfiles ihrer neuen EP hatte ich zur Vorbereitung zumindest mal reingeschnuppert.

Als sie um ca. 21:15 Uhr mit dem krachenden „Hot Mess“ aus diesem Werk loslegten, wurde auch schon klar die musikalische Richtung des Abends vorgegeben. Es wurde eher Seattle-mäßig abgerockt, als zu den Temperaturen im Raume passend, schwülen Südstaaten-Groove mit seinen musikalischen Facetten in den Fokus zu rücken. Lead-Gitarrist Skylar Mehal gab sich zwar mit einigen quirligen Soli ordentlich Mühe, aber das typische Südstaaten-Flair, wie es die Moss Brothers sicher eingeflochten hätten, wurde eher nur marginal verbreitet. Auch die typischen Twin-Einlagen waren eher rar gesät. Es ging doch recht konstant in die Vollen, Zeit zum Durchatmen gab es, soweit ich mich erinnere, kaum. Die Leute, hatten zur Freude der Band, aber viel Spaß am Gebotenen. Die Stimmung war von vorne bis hinten prächtig.

Aufgrund o. a. Gegebenheiten, hatten für mich persönlich natürlich Stücke wie „Ready To Go“, „Son Of The Mountain“ und „Rocket Ride“
den höchsten Wiedererkennungswert. Wenn mich nicht alles täuscht, wurde aber auch das neue Werk (besteht ja auch nur aus fünf Titeln) komplett ‚abgearbeitet‘, „Like You Mean It“ inklusiv einer Basseinlage von Beadry. Frontmann Hamel ist mit seinem Rauschebart, der kräftigen Statur, seinem barschen Stimmorgan und Art zu Performen, durchaus ein gewisses Charisma zu attestieren. Er steuerte sein frisch aufgestelltes Quintett bis zum, den Hauptteil abschließenden „Mercy Love“, sicher durch den Abend. Ach ja eine „Another Brick In The Wall“-Einlage gab es kurz zuvor auch noch, muss ich bei solchen Bands aber eigentlich nicht haben. Den Leuten gefiel es.

Die stürmischen Zugabeforderungen wurden dann aufgrund der guten Stimmung nochmal mit vollem Einsatz befriedigt. „Dirty Uncle Deezer“, ein instrumentales „La Grange“-Intermezzo (damit Hamel noch schnell an der Theke hinten ein Bierchen trinken konnte), das endlich mal ruhige „Same Old Stories“ und eine recht gelungene Version vom Stones-Klassiker „Gimme Shelter“ (mit schönem Slide Solo von Mehal) machten dann satte zwei Stunden mit Sweetkiss Momma-Musik ‚voll‘.
Fazit: Ein launiger Abend mit einer sympathischen Truppe, bei dem der Southern Rock, wie ich ihn liebe, aufgrund der kurzfristigen Personal-Rochaden, verständlicherweise etwas zu kurz kam. Trotzdem eine Band, die man bei Auftritten hier in unserem Land immer unterstützen sollte.

SweetKiss Momma
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Kulturrampe
Black Pike Favorites

Will Hoge, 15.03.2016, Studio 672, Köln, Konzertbericht

Verkehrte Welt in Köln. Während solche Schnösel wie Philipp Dittberner und AnnenMayKantereit es in der Domstadt problemlos schaffen, mit, von ziemlich überschaubarem Wert gehaltener Musik, die mittelgroßen Hallen wie Palladium oder Live Music Hall bis zum Bersten zu füllen, muss ein amerikanischer Weltklasse-Singer/Songwriter sich zunächst damit abfinden, dass vielleicht um die 60 Leute (darunter, inklusive mir, gerade mal zwei nebenberufliche Journalisten) im kleinen, aber feinen Studio 672 Präsenz zeigten. Das wirft wirklich kein gutes Licht auf den Musikgeschmack in unseren Breitengraden!

Na ja, zumindest konnte man wenigstens froh sein, dass nicht gleichzeitig in der darüber liegenden Location, dem Stadtgarten, ein Abi-Feier geplant war…

Pünktlich um 20:30 Uhr eröffneten Someday Jacob als Support in reduziertem Line-up. Bandleader Jörn Schlüter und Gitarrist Uli Kringler hinterließen zur Einstimmung mit ihrem folkig angehauchten Americana-Stoff von der Weser einen durchaus qualifizierten und sympathischen Eindruck.

Nach recht fixer Umbaupause betrat dann der Protagonist sein gemütlich ‚improvisiertes Wohnzimmer‘, bestehend aus Keyboard, Tisch für Getränke und Harp-Utensilien, gepolstertem Stuhl/Mikro für seine mit E-Gitarrenparts bestückten Lieder, sowie Stand-Mikro für die, naturgemäß, in stehender Form performten Tracks.

Zum Einstieg wählte Will „Silver Or Gold“ vom „Draw The Curtains“-Werk und verströmte direkt sein außergewöhnliches Charisma. Das zu meiner Überraschung insgesamt recht junge Publikum (ich gehörte mit meinen knapp über 50 Lenzen schon eindeutig zum alten Eisen) zog direkt von Anfang an mit, was Hoge auch sofort spürte.

Nach den weiteren, per Akustikgitarre (z. T. mit Harp-Ergänzung) gebrachten „Secondhand Heart“, „Growing Up Around Here“, „Still Got You On My Mind“, ließ Hoge sich für „When I Can’t Afford To Lose“ zum ersten Mal an den Tasten nieder und betonte in vielen kleinen Anekdoten vor den Songs, dass er als bekennender Familienmensch doch immer ein wenig daran zu knacken hat, wenn er aufgrund seines Tourens von Frau und Kindern zu Hause getrennt ist.

Seine aufrichtige Abneigung gegen faule, unfähige, nur an sich selbst denkende Politiker, formulierte er mittels der dylanesken Abwandlung „The Times They Are Not Changin’“ (hier spricht er auch mir aus der Seele). Als weiterer Bruder im Geiste erwies er sich bei meinem Favoriten des Abends „Still A Southern Man“.

Wenn er die Telecaster schulterte, rockte Will meist zünftig wie zu guten Zeiten mit seinem früheren Kumpel Dan Baird. „Long Gone“ und „Pocket Full Of Change“ seien hier genannt.

Ganz klasse natürlich auch seine Paradestücke wie das höchst-emotionale „When I Get My Wings“, das flockige „In The Middle Of America“ oder sein, von der Eli Young Band mit großem Erfolg gecovertes „Even If It Breaks Your Heart“. Für „Goognight / Goodbye“ holte sich Will eine junge Dame aus dem Publikum als Gesangs-Unterstützung. Die machte ihre Sache richtig gut und wurde von den anwesenden Zuschauern auch mit viel Applaus belohnt.

Mit „Til I Do It Again“ endete gegen 23:00 Uhr ein abwechslungsreicher und starker Hauptteil. Die nicht auf sich warten lassenden Zugabe-Rufe, befriedigte Will in recht melancholischer Manier mit den beiden unter die Haut gehenden „Hey Tonight“ und (dem seiner Frau gewidmeten) „Damn Spotlight (Julia’s Song)“. Großartig!

Welche Lehren ziehe ich nun aus diesem Abend? Für Ami-Künstler aus dem Südstaaten Rock-, New Country-, Roots- und Americana-Bereich ist aller Anfang in unseren Gefilden zunächst ziemlich schwer. Solange sie uns allerdings mit solch grandiosen Abenden beglücken, wie es gestern Will Hoge getan hat, werde ich meinen langjährigen Missionarsdienst nach besten Kräften, im Sinne der Sache, auch weiterführen. Danke an Will Hoge für dieses einzigartige Erlebnis.

Will Hoge
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Peter Rieger Konzertagentur
Prime Entertainment
Studio 672

Thorbjorn Risager & The Black Tornado – 12.11.2015, Piano, Dortmund – Konzertbericht

Auf diesen Abend hatte ich mich schon richtig gefreut. Zum Einen, weil ich im schönen Dortmunder Piano-Musiktheater, in dem ich bis jetzt immer tolle Konzerte erlebt habe und mich auch sonst pudelwohl fühle, schon längere Zeit nicht mehr gewesen bin, und nicht zuletzt wegen der zwei tollen Videoclips von Thorbjørn Risager, von dessem aktuellen CD/DVD-Package aus der Ruf-“Songs From The Road Reihe“, die auf der Piano-HP zur Event-Beschreibung im Vorfeld präsent und einem den Mund schon richtig wässrig gemacht hatten.

Des Weiteren hatte ich meinen gerade vierzig Jahre alt gewordenen, wesentlich jüngeren Bruder angesichts dieses Ehrentages zu einem erstmaligen gemeinsamen Konzertbesuch eingeladen, um seinem verschrobenen, von Grunge-Geschrammel geprägten und versauten Musikgeschmack, mal etwas Entwicklungshilfe zu leisten. Der musste aber letztendlich seinem anstrengenden Leben zwischen Zelluloid-Ballspiel in der Schweiz, ständig beruflich bedingter Asienreisen sowie Vater-Kind-Laterne-Bastel-Schul-Abenden und sonstigen gesellschaftlichen Zwängen, die bedauernswerten heutigen Väter von Frauen Marke Manuela Schleswig aufoktroyiert werden (um auch noch deren letzten Funken Würde und Selbstbewusstsein zu zerstören), Tribut zollen, und aufgrund eines immer noch nicht ganz auskurierten und sich wieder meldenden Bandscheibenvorfalls, kurzfristig das Handtuch werfen. Auch von den üblichen Verdächtigen aus meinem Bekanntenkreis, die auf solchen Gigs normalerweise auftauchen, leider keine Spur. So durfte ich diesen starken Risager-Abend mit den restlichen angenehmen Leuten, die sich für den Besuch an diesem Donnerstag entschieden hatten, ‚alleine‘ erleben.

Das Piano war recht gut gefüllt, aber es war überall noch gut Luft zum ‚Atmen‘ um Einen herum. Der Bandleader samt der weiteren Mitstreiter Peter Skjerning, Kasper Wagner, Peter Kehl, Søren Bøjgaard, Emil Balsgaard sowie Martin Seidelin begrüßte um 20:05 Uhr seine Audienz in gebrochenem Deutsch. Das Septett heizte mit dem, von einem typischen Quo-Riff getragenen „If You Wanna Leave“ sofort mächtig ein. Es folgte (in der Nachbetrachtung) direkt mein persönliches Highlight dieses Gigs, der schön soulige Schwofer „Burning Up“, durchzogen immer wieder von perfekter Fill-Arbeit der auch im gesamten Verlauf des Abends vielbeschäftigten Bläser-Section.

Über „Paradise“, „Drowning“ und dem retrobehafteten „The Straight And Narrow Line“ (mit HT-Pianoeinlagen) folgten dann bei „Train“ die ersten country-lastigeren Klänge, wobei Peter Skjerning den Bottleneck über die Saiten streifen ließ. Weiter ging’s mit „Im Tired“ im klassischen Blues-Schema. Toll auch die sehr atmosphärisch dargebotene Ballade „China Gate“. Das poltrige „Rock’N’Roll Ride“ bot erste Mitsing-Gelegenheit fürs Publikum und beendete einen launigen ersten Setteil gegen 21:00 Uhr. Nach ca. einer halben Stunde Pause und der Möglichkeit, den Flüssigkeitshaushalt wieder zu stabilisieren, fegten Risager und seine Jungs dann mit dem stonesken „High Rolling“ los. Eine starke Nummer, auch wenn mir hier als Gegenpart zu Risagers Röhre die Backgroundsängerinnen doch gefehlt haben, für die ich generell ja auch ein Faible besitze.

Das Slide-lastige „Too Many Roads“ ließ das Herz des berichtenden Country- und Southern Rock-Liebhabers natürlich höher schlagen. Saustarke Nummer. Erheiternd immer wieder die deutschen Ansagen zu den Songs der einzelnen Bandmitglieder. Gerade in unseren ‚integrations-bemühten‘ Zeiten eine tolle Geste an das hiesige Publikum. In diesem Fall leitete Drummer Martin Seidelin das herrlich groovende und funkende „Precious Time“ ein. „The Long Forgotten Track“ mit schöner E-Bariton-Gitarre verbreitete wieder gediegenen Country-Charme, klasse die gefühlvoll dazu plusternden Kehl und Wagner.

Der Swamp-Blues „On My Way“, kam meinen Präferenzen erneut entgegen, das fetzige von Gitarrist Skjerning angesagte„All I Want“ (fulminantes Risager-E-Solo) und das bläserlastige „Baby Please Don’t Go“ kamen im gleichen Dreier-Pack wie auf der aktuellen DVD. Risager lobte wieder in bemühtem Deutsch das ‚beste Publikum der Welt‘ und die schönste Location, in der er je gespielt hatte, wohl wissend, dass er diesen Spruch vermutlich schon bei zig anderen Auftritten losgelassen hatte. Welch ein Schelm, aber im Prinzip kommt er der Wahrheit, was das Piano betrifft, ja auch ziemlich nahe! Und so war dann heftige Swing Time beim furiosen Retroschunkler „Let The Good Times Roll“ angesagt, das dann auch einen richtig gelungen 2. Set abschloss. Die stürmisch eingeforderte Zugabe wurde dann mit dem zünftigen und vom Titel für diesen Anlass skurril anmutenden „Opener“ befriedigt.

Ein tolles Finish um 22:25 Uhr. Das Kommen zu Thorbjørn Risager und seinen Black Tornado hatte sich in allen Belangen gelohnt. Vielen Dank natürlich auch an Jennifer von 3Dog Entertainment für die abermals nette Zusammenarbeit!

Thorbjørn Risager & The Black Tornado
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Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Blackberry Smoke – 02.12.2009, Zwischenfall, Bochum – Konzertbericht

Da ist man doch eigentlich ein eingefleischter Southern Rock-Fan und ich kann mich ehrlich gesagt kaum daran erinnern, wann ich das letzte Mal ein Live-Konzert aus diesem Genre gesehen habe. Es muss wohl Molly Hatchet in der Bochumer Zeche gewesen sein (auch schon ewig und drei Tage her), aber da ja kaum eine Band außer ihnen und Lynyrd Skynyrd (die schaue ich mir allerdings erst wieder an, wenn die Band statt der immer wieder runtergedudelten Klassiker schwerpunktmäßig Songs aus den Alben der Johnny Van Zant-Ära spielt, vermutlich also nie mehr…) in unseren Sphären auftaucht, ist es auch nicht ganz so verwunderlich.

Dabei gibt es in letzter Zeit soviel hoffnungsvollen Nachwuchs in diesem Genre. Und da tauchen dann aus dieser Riege plötzlich glatt Blackberry Smoke, deren hervorragendes Album „Little Piece Of Dixie“ von mir (und nicht nur von mir) zu Recht über den grünen Klee gelobt worden ist, hier zu einer Europa-Tournee auf und spielen auch noch in erreichbarer Nähe, nämlich in Bochum-Langendreer im Zwischenfall, einer Location, die eigentlich für ganz andere Musik (u.a. Metalcore, Punk, Hardcore…) bekannt ist. In Sekundenschnelle war die über Jahre angestaute Resignation wie weggefegt, ich war wieder heiß auf live gespielten Southern Rock.

Als Support spielte die Bochumer Band Northern Beach, die mit ihrem Frontmann Achim Bihler eine knappe Dreiviertelstunde mit sympathischem, recht erträglichen Punkrock und Rock’n’Roll einheizten, auch wenn ich mir hier eher eine weitere Southern Band oder gar keine Vorband gewünscht hätte. Die Jungs gaben ordentlich Gas am Stück. Schmankerl des Auftritts war allerdings der Kommentar meines Freundes Helmut ‚Happo‘ Tautges, seines Zeichens Präsident vom Fanclub Uralt-Ultras des immer noch besten und sympathischsten Fußballclubs Deutschlands (und darüber hinaus), Rot-Weiss Essen, der die Band vor dem letzten Stück lauthals aufforderte, doch mal bitte was Hartes zu spielen… Bekannt für seine selbstgedrehten RWE- und Musikvideos schlüpfte der passionierte Stones-Fan an diesem Abend auch noch in die Rolle des Film-Regisseurs, dazu später mehr.

Nach kurzer Umbaupause legten Blackberry Smoke, die für ihre Tour das Motto ‚Too Rock’n’Roll for Country, too Country for Rock’n’Roll‘ ausgegeben hatten, dann um 22.00 Uhr mit dem Countryfeger „Memphis Special“ los, um sich schwerpunktmäßig ihrem o.a. Album zu widmen. „Like I Am“, „Good One Coming On“, „Restless“ und „Bottom Of This“ erbrachten den Beweis, dass straighter Southern Rock gepaart mit der einen oder anderen Countryanleihe wunderbar funktionieren und den anwesenden Insideranteil der leider nur um die 60 Zuschauer spielend in Wallung bringt. Die Stimmung war trotz des übergroßen Platzangebotes und der nicht ganz optimalen Akustik im Raume prächtig.

Einen ersten Höhepunkt für mich erreichte das Konzert, als der Südstaaten-Fünfer (Charlie Starr, Paul Jackson, Brit und Richard Turner und der jetzt fest integrierte Keyboarder Brandon Still), das in Georgia Satellites-Manier gebrachte „Sanctified Woman“, eine furios abgehende Highspeed-Coverversion des Outlaws-Klassikers „Freeborn Man“ (fast kaum erkennbar, herrliches Slidespiel von Bandleader Charlie Star, HT-Piano) und ein funkig country-rockendes „Up In Smoke“ zum Besten gaben. Klasse auch das relativ neue Stück „Everbody Knows She’s Mine“, bei dem Starr und Zweitgitarrist Paul Jackson (leider oft zu leise ausgesteuert) dann nach zwei starken Einzel-Soli auch zur Southern-typischen Twin-Einlage ausholten. Mit dem countryfizierten „Son Of A Bourban“ und dem überragenden „Freedom Song“ vom aktuellen Werk, war der Hauptteil schon nach einer knappen Stunde vorbei.

Das als Zugabe stürmisch eingeforderte „Shake Your Magnolia“ rockte und stampfte noch mal höllenmäßig, rhythmisches Fußwippen mit den Cowboystiefeln und sonstigem Schuhwerk unvermeidbar. Das finale „Constant Sorrow“ begann mit einzelnen kleinen Duellen der beiden Gitarristen und ging vom Countryschwofer (inkl. Vorstellung der Band) in einen furiosen Rock’n’Roller über, ein starker Abschluss eines leider viel zu kurzen Konzertes, ein kleiner Wermutstropfen neben dem nicht ganz optimalen Sound (oft zu laut). Allerdings auch ein wenig verständlich, angesichts der Tatsache, dass es sich um einen Tag inmitten der Woche handelte und das Zwischenfall direkt am Rande einer bewohnten Fußgängerzone liegt.

Der hier abgelieferte Tour-Auftakt von Blackberry Smoke kam mir trotz der sehr guten Leistung noch ein bisschen wie ein erstes Abtasten und dezentes Warmspielen vor, was aber absolut nicht als Vorwurf gedacht ist, der Abend hat insgesamt richtig Spaß gemacht. Ich bin mir sicher, dass die Jungs im Laufe des Dezembers noch die eine oder andere Schüppe drauflegen, vor allem, wenn die Zuschauer-Resonanz etwas voluminöser ausfällt.

Kurz nach dem Ende konnte ich den unkomplizierten und sehr sympathischen Charlie Starr noch zu einem kurzen Weihnachtsgruß überreden, der Essener Sönke Wortmann alias Presidente Happo war natürlich mit der Kamera sofort zur Stelle. Starr ließ sich auch noch zu einem gemeinsamen Foto überreden und so war er, ohne es zu wissen, in Form von Happo, Freund Däddi und mir in die geballte Rot-Weiß Essen-Fußballkompetenz eingerahmt. Danach ging es noch in die Zwischenfall-Lounge, wo die Besucher Zeit und Gelegenheit hatten, sich mit den Musikern zu unterhalten (ich konnte noch ein paar Worte mit dem netten Brandon Still sprechen) und sich am recht umfangreichen Merchandising-Stand mit Blackberry Smoke-Artikeln (u.a. drei verschiedene T-Shirts) einzudecken.

Blackberry Smoke haben es an diesem Abend in Bochum mit tollen Songs, handwerklicher Bravour und sympathischer Präsenz geschafft, die längst verschwunden geglaubte Südstaatenrocklust in mir wieder zu erwecken. Leute, geht auf die anstehenden Konzerte, damit die Jungs positiv über Deutschland berichten können. Vielleicht kommen sie dann ja mit den vielen talentierten Bands im Schlepptau gerne wieder und wir erleben eine nicht für möglich gehaltene kleine Southern Rock-Renaissance!

Danke an Blackberry Smoke und Norbert vom Zwischenfall für die unproblematische Akkreditierung.

Blackberry Smoke
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Zwischenfall Bochum

Her & Kings County – 02.02.2015, Yard Club, Köln – Konzertbericht

Schade – so ein tolles Konzert und nur 50 Zuschauer! Eigentlich hatte ich erhofft, dass durch die gutbesuchten Konzerte von Eric Church, Cadillac Three, The Band Perry oder auch von Blackberry Smoke im letzten Jahr hier in Köln eine Sogwirkung für das Abschlusskonzert von Her & Kings County im hiesigen Yard Club verursachen würden, dem war aber leider nicht so.

Dabei hatte der Sechser rund um seine attraktive Frontfrau Monique Staffile quasi ein Heimspiel, da ihr Plattenlabel India Media, das die tolle CD Raise A Little Hell der Band aufgelegt hatte, hier in Köln ansässig ist. Aber das riesige Schnee- und Verkehrschaos am Morgen mit dem durchgehend ungemütlich nasskalten Wetter im weiteren Verlauf des Tages sowie der immer nicht so ganz angenehme Montag, direkt nach dem Wochenende für im Leben stehende Leute, haben sicherlich Ortsansässige und auch einige Anreisewillige auf der heimischen Couch gehalten. Vermutlich steht dem gemeinen Kölner in diesen, sich dem Karneval nähernden Tagen der Sinn aber auch eher nach den Höhnern und dem FC…

Als Mutmacher für die an diesem Abend blendend aufgelegte und alles gebende Formation möchte ich allerdings kurz das Beispiel Blackberry Smoke anführen: Auch die hatten bei ihrer ersten Deutschland-Tournee kaum mehr Besucher, wie ich beim Besuch ihres Gigs damals in Bochum erlebte. Ein paar Jahre später waren es schon 300 Zuschauer und neulich in der großen Schwester des Yard Clubs, der Kantine, schon fast 1000. Also am Ball bleiben, weiterhin Geduld und gute Leistungen auf den kommenden CDs bringen und dann klappt’s auch mit der Resonanz hier in ‚Good Ol Germany‘. Mein sehr musik-kritischer Arbeitskollege Axel, ne echte Kölsche Jung, mit dem ich schon hier besagte Blackberry Smoke und Cody Canada & The Departed live besucht hatte, war jedenfalls mit dem Drahtesel durch die halbe Stadt geradelt, um Monique & Co. live zu erleben. Nachdem er sich mit einem Bourbon wieder aufgewärmt hatte, war ihm in den folgenden zwei Stunden der Spaß in Backen deutlich anzumerken. Auch er ließ sich von der energiegeladenen Vorstellung der Truppe förmlich anstecken und rockte, wie auch fast alle anderen begeisterten Besucher, ganz ordentlich ab.

Der große Blickfang des Ensembles war natürlich, wie nicht anders zu erwarten, Monique Staffile. Die New Yorkerin mit polnischen und italienischen Wurzeln, wie sie vor ihrem launigen Song „Family Tree“ zu verstehen gab, hielt optisch auch im wahren Leben, was die Bilder auf dem Cover der CD, versprochen hatten. Puh, auch ihr amerikanisch beflaggtes Kurz-Oberteil mit dem knappen schwarzen Top darunter, der gepiercte Bauchnabel über der zerfetzten Jeans, die fast mehr Haut als Stoff preisgab, dazu ihre wilde, blondierte Löwenmähne, waren deutlich mehr als nur ein Hingucker.
Aber das Mädel punktete wahrlich nicht nur mit äußeren Reizen. Sie kann auch richtig gut singen, wie z. B. auch einer der ganz wenigen langsameren Tracks, „Seperately“ (schön, wie sich hier lasziv hinter dem Mikro räkelte), bewies. Dazu kam ihre sympathische, so gar nicht aufgesetzte Art, mit der die anwesenden Leute sofort warm wurden. Ganz zu schweigen von der Energie, die sie natürlich in die Paradesongs der Band wie „My Backyard“, „Six Figures“, „Freight Train“, „Where Did All The $ Go“ etc. einbrachte. Klasse, das hat richtig Bock gemacht.

Aber auch ihre Mitstreiter kamen nie zu kurz. Man hatte den Eindruck, dass die Harmonie innerhalb des Bandgefüges bestens funktioniert. Während der kauzige Basser Brandon Roberts, mit Zylinder auf dem Kopf sowie rosa Unterhose unter seinem Kilt (zu sehen, als er mal kurz zum Exhibitionisten avancierte), dazu noch kniehohen Schnürturnschuhen auch eher für die Abteilung Bespaßung zuständig war, konzentrierten sich die Macher im Hintergrund, Caleb Sherman, der auch hin und wieder immer mal zum Banjo griff, und sein Bruder Justin als auch der zottelbärtige dritte Saitenzupfer Jacob Tolle auf eine Southern Rock-würdige Gitarrenperformance im klassischen 3er-Line-up.
Drummer Christopher Williams hatte dann sein persönliches Highlight mit einem prächtigen Schlagzeug-Solo, das er während „White Trash“ zelebrierte. Stark übrigens auch die perfekt sitzenden Harmoniegesänge des Sextetts, die es auch auf der CD reichhaltig zu hören gibt. „Down In Dixie“ und der Titelsong des Albums, „Raise A Little Hell“ zum Abschluss des Hauptteils, brachten die Stimmung des Abends endgültig auf den Siedepunkt. Klar, dass Monique & Co. die lautstark eingeforderten Zugabe-Rufe nicht tatenlos verhallen ließen und nochmal auf die Bühne kamen.

Ich persönlich hätte dann zwar auf ein Oldie-Medley ganz gut verzichten können und gern lieber noch Stücke wie „Heavens Crashing Down“ (ok, hier fehlte jetzt der Keyboarder), „My Heart Can’t Take Anymore“ oder den schönen Retro-Schunkler „Oh My Darlin“ vom aktuellen Silberling geboten bekommen, aber das launige Trio, bestehend aus „Don’t Bring Me Down“ (ELO), „Highway To Hell“ (AC/DC) und „Fight For Your Right (To Party)“ von den Beastie Boys wurde von der Audienz ebenfalls prächtig angenommen.
Am Ende pflegten die Bandmitglieder an ihrem Merchandising-Stand das Zusatzgeschäft und hielten Smalltalk mit den Leuten. Ich ließ mir meine Promo-CD signieren, nachdem ich noch kurz zuvor Gelegenheit hatte, Michael Golla, den Chef von India Media kennenzulernen, bei dem ich mich hiermit nochmals kurz für die unkomplizierte Zusammenarbeit und Akkreditierung bedanken möchte.

Fazit: Ein launiger Abend mit Her & Kings County in aufgeheiterter Wohnzimmeratmosphäre. Die klasse aufgelegte und blendend aussehende Sängerin Monique Staffile weiß mit ihren Mannen vollends zu überzeugen. Ich hoffe (und bin mir relativ sicher), dass es im nächsten Jahr eine weitere Tour mit deutlich mehr Zuschauern geben wird. Solch kreative und authentische Musik hat einfach mehr Zuspruch als diese unsäglichen nervtötenden Coverbands, die hier immer wieder die Locations füllen, verdient. Axel und meine Wenigkeit werden jedenfalls, Umstände hin oder her, sicherlich wieder zugegen sein. Weiter so, Her & Kings County!

Line-up:
Monique Staffile (vocals)
Caleb Sherman (guitar, banjo, backing vocals)
Justin Sherman (guitar, backing vocals)
Jacob Tolle (guitar, backing vocals)
Brandon Roberts (bass, backing vocals, vocals)
Christopher Williams (drums)

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India Media Group
Yard Club Köln

Doc Holliday (Support Lizard) – 31.10.2003, Rock Café Zollhaus, Hilden – Konzertbericht

Was für eine Location, was für ein Konzert! Ziemlich Southern Rock-süchtig hatten wir uns auf den Weg gemacht, denn zum einen habe ich die Nummer Eins der deutschen SR-Szene bisher noch nicht live gesehen, und zum anderen ist meine letzte Begegnung mit Doc Holliday auch schon mehr als ein Jahrzehnt lang her.  Doc Holliday (Support Lizard) – 31.10.2003, Rock Café Zollhaus, Hilden – Konzertbericht weiterlesen

Greyhound Soul – 13.11.2008, Karo, Wesel – Konzertbericht

Greyhound Soul standen schon lange auf meiner Konzertwunschliste, nachdem ich ja mit stetig wachsender Begeisterung ihre letzten drei Alben „Alma De Galgo„, „Down“ und „Tonight And Every Night“ reviewt hatte. Das schöne an Bands oder Interpreten aus der Blue Rose-Familie ist, dass die Wahrscheinlichkeit relativ hoch ist, sie irgendwann im Karo in Wesel begutachten zu können, einem Club, der mir mit seiner ungezwungenen und angenehmen Atmosphäre über die Jahre hinweg immer mehr ans Herz gewachsen ist. Ein Verdienst nicht auch zuletzt des Musikers und Organisators des Karos, Mathias Schüller, der es immer wieder schafft, interessante Gigs in seinem Jugendclub, für erschwingliches Geld stattfinden zu lassen.

Gegen 22.00 Uhr betraten die Wüstenrocker von Greyhound Soul die Bühne. Zum Aufwärmen wurde sich direkt jamartig und psychedelisch in den Gig gespielt, wobei Joe Pena seinem Arbeitsgerät die ersten Baritone-Klänge entlockte, Jason DeCorse einige Slide-Wischer dazwischenfunkte und Robert Hepworth sein Keyboard sporadisch Organ-artig pfeifen ließ. Das wirkte zunächst recht cool und reserviert. Aber mit dem direkt folgenden „Midnight Radio“ vom aktuellen Album „Tonight And Every Night“ rockte das Quintett dann richtig brachial los. Herrlich anzusehen und zu hören wie Joe Pena gegen die geballte Instrumentalkraft seiner Mitstreiter mit seinem unnachahmlichem Stimmorgan (hört sich an, als wenn er jeden Morgen sein Frühstücksbrot mit einer Scheibe Schmirgelpapier belegt) ankrächzte.

Bei „Angelina“ zeigte Joe, dass auch sein Harpspiel nicht von schlechten Eltern ist. Jason erzeugte bei „Comin‘ Home“ mit Steelgitarren-artigen Tönen, durch exzellent filigrane Bearbeitung seiner Telecaster zur Freude des Rezensenten wohltuendes Countryflair. Der Fokus wurde natürlich schwerpunktmäßig auf das aktuelle Album gelegt.So folgten „Do What You Do“, „Layin‘ Down Lost“, „Time To Come Home“ und, wenn man so will, „Alligator Face“ (die Erstfassung gab es ja auf „Alma De Galgo„) weitere Auskoppelungen.

Besonders gut gefallen hat mir „Freaks“ von ihrem Debütwerk, das neben dem dynamischen und melodischem Verlauf vor allem mit zwei glänzenden Slidepassagen von DeCorse zu punkten wusste. Überhaupt hat mir immer am meisten zugesagt, wenn der Sound so richtig fett rüber kam (vor allem bei „Drag Queen“), wobei die Rhythmus-Fraktion mit Duane Hollis und Winston Watson (der mir beim Konzert der Sand Rubies vor geraumer Zeit schon positiv aufgefallen war) eine exzellente Basis für die beiden Hauptakteure Pena und DeCorse bildete.

Nach ca. einer Eindreiviertelstunde war dann nach einer dieser vielen, herrlich lang gezogenen, staubigen Instrumentalpassagen der Hauptpart zu Ende. Pena & Co. zollten den rhythmischen Beifallsbekundungen aber nach einer kurzen Pause Tribut und ließen mit dem balladesk vorgetragenen „I’ll Wait Around“ (Pena im ersten Part solo, im zweiten dann mit kompletter Band) ein einzigartiges Desert Rock-Konzert in Wohnzimmer-Clubatmosphäre begeisternd ausklingen. Schade immer wieder, dass solche Bands wie Greyhound Soul nach wie vor in unserem Lande nur von einem Insiderpublikum (diesmal ca. 100 Zuschauer) wahrgenommen werden. Selbst meine Frau war völlig baff und sagte, dass sie noch nie ein Konzert erlebt habe, bei dem ihr wirklich jeder Song ausnahmslos gefallen hat. Mit einem schöneren Kompliment kann man einen solchen Bericht doch wohl nicht abschließen, oder?

Greyhound Soul
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Blue Rose Records
Karo Wesel

Madison Violet – 24.04.2009, Karo, Wesel – Konzertbericht

Das war für mich irgendwie ein ganz seltsamer Abend. Gefahren bin ich an diesem Freitag in mein geliebtes Weseler Karo wegen Madison Violet. Empfohlen hatte mir das Duo Karo-Leiter Mathias Schüller schon vor einigen Monaten beim Band Of Heathens-Konzert. Danach vergingen Wochen, ohne dass ich einen weiteren Gedanken an die kanadischen Mädels verschwendete (welch blöder Ausdruck…). Dann erreichte mich plötzlich ein Newsletter von der Promo-Agentur, die das neue MV-Album „No Fool For Trying“ ankündigte.

Ich mailte die Agentur an und bat um eine Akkreditierung für das Weseler Konzert und gleichzeitig um ein Rezensionsexemplar der CD – man möchte ja schließlich nicht unvorbereitet zu solch einem Gig. Prompt hatte ich zwei Tage später das Teil im Briefkasten. Der Konzerttermin war in meinem Kalender auf der Arbeit vermerkt. Unglücklicherweise brach ich mir vor 14 Tagen den Zeh meines rechten Fußes und überlegte, ob ich den Gig angesichts der zu erwartenden Standzeiten wahrnehmen sollte, zumal noch keine Akkreditierungszusage vorlag. Aber siehe da, die Agentur hatte sich bereits um alles gekümmert. Also hieß es doch auf die Zähne zu beißen.

Damit komme ich jetzt zum eigentlichen Anliegen des Abends, Madison Violet, alias Brenley MacEachern und Lisa MacIsaac, zwei hübsche und musikalisch sehr beschlagene Kanadierinnen. Die präsentierten ihr neues Werk „No Fool For Trying“, das auch schon im Studio recht sparsam (aber dafür umso exzellenter und filigraner) instrumentiert war, als reines Duo und reduzierten ihre Songs demnach vom Gehalt her auf ein Minimum, was der äußerst charmanten, sympathischen und humorvollen Performance aber keinen Abbruch tat.

Im Gegenteil, dem Zuschauer/Zuhörer wurde gerade deshalb ein konzentrierter Blick auf ihr umfassendes Können geboten. Beide zeichneten sich durch ihren hervorragenden Einzel-Gesang (federführend hier hauptsächlich die mit ihren geflochtenen Zöpfen superhübsch und countrygirlmäßig rüberkommende Brenley MacEachern) aus, der Knaller an sich waren aber die wirklich auf den Punkt gebrachten und fast schlafwandlerisch sicher sitzenden Harmoniegesänge (klasse hier Lisa McIsaac).

Nicht zu unterschlagen natürlich auch ihre instrumentellen Fertigkeiten in Sachen Akustikgitarren- (beide), Fiddle-, Mandoline- (Lisa) und Harp-Spiel (Brenley). Der Vortrag begann wie auf der CD mit dem wunderbar atmosphärischen „The Ransom“, über „Best Part Of Your Love“, gefolgt von Brenleys kurz skizzierter und in einem Song verfassten Abkehr von materiellen Werten bei „The Skylight“. Dem Titelsong ihres Silberlings „No Fool For Trying“ wurde Brenleys ‚Suche nach dem perfekten Schnitzel in Deutschland‘-Anekdote (süß ihr Akzent bei der deutschen Aussprache) vorgeschoben. Eine engagierte Zuschauerin überreichte ihr daraufhin Recherchematerial diesbezüglich… oder eine Speisekarte, was letztendlich nicht aufklärend zu erkennen war.

Die gesangstechnische Einbindung des Publikums entpuppte sich beim allerdings auch recht schwierig mitzusingenden „Men Who Love Women“ als gut gemeinter Vorsatz. Der wohl emotionalste Moment des Abends war, als die beiden das MacEacherns getötetem Bruder gewidmete „The Woodshop“ vortrugen, bei dem man Brenley deutlich den Kloß im Hals in der sichtlich berührten Gesangspräsentation anmerkte. Der Song ging unter die Haut.
Das berühmt berüchtigte Simon & Garfunkel-Cover „Mrs. Robinson“ (ich hasse Simon & Garfunkel…) und mein persönliches Lieblingsstück des aktuellen Albums, das flotte „Lauralee“ (herrlich hier einmal mehr die brillanten Harmonies) beendeten eine kurzweiliges Programm, das mit der Zugabe „Sore Heart“, einer Gemeinschaftsarbeit der beiden mit Ron Sexsmith, eine Spielzeit von einer guten Stunde erreichte.

Beide Mädels überzeugten als musikalisch glänzendes und harmonisches Team, die angenehme Optik gab’s noch obendrauf. Einem weiteren Besuch meinerseits (hoffentlich dann mal mit kompletter Bandunterstützung) steht demnach nichts im Wege, zumal weitere, zukünftige Auftritte in Wesel, angesichts der offensichtlichen Wohlbekundungen der beiden ‚Macs‘, als wahrscheinlich gelten dürften. Ich freu mich drauf!

Madison Violet
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Karo Wesel
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Israel Nash Gripka – 22.05.2012, Café Steinbruch, Duisburg – Konzertbericht

Israel Nash Gripka stand schon seit geraumer Zeit auf meiner Prioritätenliste, was Konzertbesuche betrifft. Nach zwei verpassten Gelegenheiten, schlug jetzt die Gunst der Stunde, da der Blue Rose-Künstler mit seiner Band zur Zeit in unseren Gefilden wieder seine musikalische Visitenkarte abgibt. Umso gelegener kam es für mich, dass er im quasi benachbarten Café Steinbruch in Duisburg Halt machte.

Der ehemalige Kollege Joe Brookes scherzte morgens noch: »Nimm ’ne Taschenlampe mit«, auf die doch recht lichtarm gehaltene Location abzielend. Die war mir allerdings bereits vom Micky & The Motorcars-Konzert vor geraumer Zeit bekannt und so enterte ich die einer Dunkelkammer gleichende, aber diesmal gemütlich mit Tischen und Stühlen bestückte Örtlichkeit dann rechtzeitig zum Konzertbeginn.

Mein Freund, seines Zeichens hoch angesehener und auch medial bekannter Präsident der Rot-Weiss Essen-Uralt-Ultras, Happo der I., hatte sich mit Gefolgschaft und Kamera ebenfalls angesagt; somit war ein unterhaltsamer Abend (und so sollte es auch wirklich kommen, Näheres dazu noch später) eigentlich schon vorprogrammiert.

Nachdem sich Teile der Band und auch wir im schönen, anliegenden Biergarten flüssigkeitstechnisch ‚aufgewärmt‘ hatten, ging es um 20:45 Uhr mit dem Konzert los. Israel und seine Mannen (Eric Swanson [g, steel g.], Aaron McClellan [bass], Matthew Danko [drums]) verzauberten auch sofort mit ihrem von den Seventies inspirierten Roots Rock los, wobei natürlich der Hauptfokus auf Songs ihren beiden Blue Rose-Outputs „Barn Doors And Concrete Floors“ und „2011 Barn Doors Spring Tour, Live In Holland“ gelegt wurde.

„Goodbye Ghost“ (Neil Young-umwittert), „Antebellum“ (mit den schön klirrenden E-Gitarren), das herrlich country-umwobene „Four Winds“ (klasse Steel-Spiel von Swanson) und das eingängige „Drown“ gaben sich sofort die Klinke in die Hand, bevor es mit dem schönen atmosphärischen „Wichita“ das erste ’neuere‘ Stück (es handelt sich um ein Outtake des „Barn Doors & Concret Floors“-Albums) zu bewundern gab.

Danach entließ der Bandchef seine Mitspieler und performte ein paar Stücke solo, z. T. den sturmgebeutelten Bürgern Missouris gewidmet. Klasse hier seine „Bellweather Ballad“, bei der er zunächst mit elektrischer Gitarre begann, für ein Bridge aber schon fast in metaphorischem Sinne komplett den Strom abstellte und nur seinen ‚reinen‘ Gesang auf das Publikum wirken ließ – man konnte zu diesem Zeitpunkt eine Stecknadel fallen hören. Bewegend!
Auffällig war, dass Gripka, anders als auf den Alben, die Mundharmonika fast komplett außen vor ließ. Lediglich beim Opener des „Barn Doors & Concrete Floors“-Werkes „Fools Gold“ schnallte er sich das Teil um den Hals und gab auch an diesem Instrument sein Können zum Besten.

Es wurde gleichzeitig die Hochphase des Gigs eingeläutet. Das stoneske „Louisiana“ (tolles E-Solo), ließ die kompletten Körper aller Besucher mitwippen, „Pray For Rain“ erinnerte vom Gesang an John Fogerty, „Sunset, Regret“ bot erneut wundervolle Country-Kost. Ach, und diese Steel Gitarre von Swanson machte richtig Laune. Live wirkt das Instrument viel schöner als auf den vielen CDs, und wann hat man schon in unseren Breitengraden mal die Gelegenheit, dieses Instrument, von Könnern gespielt, ganz nah zu hören?

Die grandios fette Fassung von „Baltimore“ (herrliche E-Gitarren inkl. Soli und atemberaubendes Drumming am Ende von Danko) beendete einen starken Hauptteil. Die vom Publikum eingeforderte Zugabe bediente Israel dann zunächst wieder solo mit „Evening“, um zum Abschluss mit „Rain Plans“, (sh. dazu den unten angefügten Clip), einem Track, der auf dem nächsten Album platziert sein wird, in Kooperation mit seinen Mitmusikern nochmal ein absolutes Highlight abzufeuern.

Ich bin ja nun Gott-weiß keiner, der sich heute noch am Rock der Seventies festklammert, aber wenn man den Spirit von Neil Young & Crazy Horse, Crosby, Stills, Nash & Young, verpackt in neue Ideen so authentisch live geboten bekommt, muss auch ich den Hut ziehen. Wahnsinn, wie solche jungen Burschen diese Urfragmente der Rockmusik in die heutige Zeit transportieren. Ein glänzender Abschluss.

Aber dem nicht genug: Meine Essener Jungs waren ja auch noch da. Mittlerweile in bester (Feier-) Laune, zeigten sie erneut, dass das Wort ‚Berührungsangst‘ in ihrem Wortschatz irgendwo, wenn überhaupt, sich höchstens an ganz hinterer Stelle verborgen hält. So steuerten wir direkt im Biergarten den Tisch an, an dem sich die Band von ihrem Geleisteten zu erholen gedachte. Sofort entwickelten sich in feucht-fröhlicher Runde, trotz der einen oder anderen sprachlichen Barriere noch anregende Konversationen (Zum Piepen: Israel fragte einen der sichtlich angeheiterten Kumpel, wie es so um das Englische bei ihm bestimmt sei und bekam die prompte aber ganz gebrochene Antwort, dass er zwar französisch, italienisch, japanisch und chinesisch fließend spreche, aber leider fast gar kein Englisch…).

Am Ende wurde sich dann nach einem Gruppenfoto bis zum nächsten Mal verabschiedet. Zuschauer wie so oft bei diesen Insider-Konzerten vielleicht max. 40, was den Autor mal wieder frustriert zurück und am Musikgeschmack der Leute in diesem Land zweifeln lässt. Schade, Israel Nash Gripka und seine junge Band hätten mit dieser wahrlich tollen Musik und bei seiner kompositorischen Perspektive ganz andere Dimensionen verdient. Ein großartiges Konzert im Duisburger Café Steinbruch! Danke an Mr. Blue Rose, Edgar Heckmann, für die gewohnt unproblematische Akkreditierung.

Israel Nash Gripka
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Blue Rose Records
Café Steinbruch