Southern Rock Allstars – Trouble’s Coming Live – DVD-Review

trouble

Wenn ich ehrlich bin, muss ich zunächst erst mal von mir geben, dass mich der Name der Band persönlich immer gestört hat. Nicht nur, dass die Leistungen ihrer zwei Alben dieser Bezeichnung schon nicht würdig waren, sondern auch, wenn man sich das augenblickliche Line-Up der Truppe vor Augen führt (Jay Johnson, Charles Hart und Scott Mabrey), fragt man sich gelinde gesagt, welcher der Herren jemals ein Southern Rock-Star war. Allerdings, bei Gründung hatten sich noch diverse andere, wesentlich bekanntere Musiker im Rahmen dieses Projektes die Ehre gegeben, aber auch hier handelte es sich im Groben und Ganzen eher um ein ‚Best Of Molly Hatchet/Blackfoot-Ensemble‘, wie auch das live verwendete Songmaterial schwerpunktmäßig belegt.

Zeit vielleicht, mal ein wenig in Phantasien zu schwelgen. Meine Southern Rock-Traum-Truppe (noch lebender Musiker…) würde sich so zusammensetzten. Gregg Allman – Gesang, Gary Rossington, Hughie Thomasson, Dave Hlubek – Gitarren, Larry Junstrom – Bass, Billy Powell – Piano, Paul Riddle – Drums und Dale Krantz/Carol Chase im Background, wobei auf der Auswechselbank noch Leute wie Bruce Brookshire, Ed King, Johnny und Donnie Van Zant, sowie Jeff Carlisi, Dickey Betts und Warren Haynes Platz nehmen dürften. Na ja, ist wohl ’ne ziemliche Utopie, aber der nächste 1. April kommt ja auch wieder…

Gut, lassen wir das, befassen wir uns mit den eher traurigen Fakten. Die Setlist wurde in mehreren kleinen, meist schwach besuchten Clubs und am Ende sogar in einer Schule eingespielt und gefilmt. Die Besetzungen wechseln vereinzelt, Hauptakteure sind hier noch Jay Johnson, Dave Hlubek (bereits schon wieder ausgeschieden) und Jakson Spires. Der Sound geht gerade noch so eben, die Filmaufnahmen (wohl mit einer Videokamera) sind unter aller Kanone. Trotz aller widrigen Umstände, ich denke da vor allem an Spires und Hlubek (die ja auch schon bessere Zeiten erlebt haben), zeigen sich sämtliche Akteure äußerst motiviert, wobei Jay Johnson scheinbar als treibende und zusammenhaltende Kraft im Vordergrund steht.

Man kann sich gut vorstellen, dass die realen Live-Konzerte in Bierlaune hier mächtig gut abgingen, wobei die SRA-eigenen Stücke durchaus angenehm auffallen. Eine wahre Freude ist es noch immer Dave Hlubeks Wurstfinger über die Saiten flitzen zu sehen. Er scheint übrigens nach wie vor den gleichen Ernährungsberater zu haben wie Jimmy Farrar, der dann bei einigen Molly Hatchet-Klassikern mit immer noch unverkennbarer, aber etwas brüchigerer Stimme zum Einsatz kommt. Der mittlerweile leider verstorbene Jakson Spires legte sich noch mal richtig ins Zeug, als wenn er schon gewusst hätte, dass sein Lebensende nicht mehr weit entfernt war. Ihm wird am Ende unter emotionaler Pianobegleitung noch mal der Abspann gewidmet.

Auch Duane Roland, der ebenfalls vor kurzem von uns gegangen ist, darf dann bei „Train, Train“, „Whiskey Man“ und „Bounty Hunter“ in seiner unnachahmlich ruhigen, stoischen Art bei der Ausübung seines Instrumentes, wohl zum letzten Male bewundert werden. Von daher haben die Mitschnitte sicherlich schon jetzt historischen Charakter.

Die Krönung, aber bald schon wieder irgendwie kultig, sind die Aufnahmen des Kiss-Klassikers „Rock & Roll All Nite“ und von „Highway Song“. Die Band spielt inmitten einer Aula oder Turnhalle der Muscle Shoals High School. Dabei sind ein paar Zuschauer und Schüler und hinter Ihnen steht stocksteif und verkrampft der Schulchor, und wird dann von einer Dirigentin reiferen Alters zu ein paar Harmonies ermuntert. Echt zum Piepen! Dabei rockt die Band gerade beim Blackfoot-Paradestück richtig ab, vor allem das Hlubek-Solo ist wieder erste Sahne. Als Bonus gibt es noch ein paar Interviews, sowie ein paar Impressionen von einer Autofahrt zum Schweden-Rock-Festival und ein Spaßfilmchen.

Alles in allem ist man am Ende traurig, wenn man sieht, wie unsere gefeierten Helden von einst, von der Kreativität und vom Interesse her teilweise vor sich hingammeln, obwohl ihre spielerischen Leistungen überhaupt nichts zu wünschen übrig lassen. Trotzdem, sie haben uns viele schöne und unvergessene Momente beschert, und werden musikalisch immer in unseren Herzen bleiben, wenn auch meist jetzt eher als ‚Southern Rock Oldstars’…

MTM Musics (2006)
Stil: Southern Rock

01. Tough Situation
02. Morning Dew
03. Railroad Man
04. Ghost Of You
05. Run & Hide
06. Stump Jumpin‘
07. Mississippi Queen
08. Beatin‘ The Odds
09. Flirtin‘ With Disaster
10. Mother
11. Trouble’s Comin‘
12. Train Of Sorrow
13. Wishing Well
14. Train Train
15. Whiskey Man
16. Bounty Hunter
17. Fox Chase
18. Rock & Roll All Nite
19. Highway Song

Southern Rock Allstars
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Bärchen Records

Wishbone Ash / 25th Anniversary Of The Marquee – DVD-Review

Ich muss zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich nicht eine einzige CD von Wishbone Ash besitze, lediglich eine Greatest-Hits-LP (mit einem Swimmingpool mitten in der Wüste drauf, wenn ich mich recht erinnere), die aber seit vielen Jahren in meiner kaum noch benutzten Plattensammlung vor sich hin staubt.

Dabei löst die Truppe bei mir durchaus nostalgische Gefühle aus, schließlich war sie der allererste richtige große Live-Event in meinem Leben. Ich meine, ich war zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre jung, Vorgruppe eine Band namens Headboys oder so ähnlich und der Gig fand in der Düsseldorfer Philipshalle statt. Besetzung, wenn mich nicht alles täuscht, war Powell, Turner, Wisefield und Upton. Danach sah ich sie vor einigen Jahren mal als Headliner der mir zu dieser Zeit recht nahestehenden Southern-Rock-Band aus meiner Heimatstadt Rheinberg, Street Survivors, auf der Großen Freiheit in Hamburg (allerdings sehr stark alkoholisiert…) und wenige Tage später, dann in gleicher Konzeption in der Rheinberger Stadthalle.

Jetzt endlich bot sich mal die Gelegenheit zum Review dieser mir doch immer sympathischen Band. Das mir vorliegende DVD-Dokument befasst sich zwar nicht gerade mit einem aktuellen Ereignis, sondern behandelt einen Gig von Wishbone Ash aus dem Jahre 1983, also auch schon wieder lockere 23 Jahre her, zum 25-jährigen Bestehen des legendären Londoner Marquee-Clubs, in dem ja so ziemlich alle Größen des britischen Rockbusiness jeglicher Stil-Couleur mal irgendwann aufgetaucht sind.

Eine recht kurze Geschichte mit nur 58 Minuten, wenn man bedenkt, dass bei acht Liedern noch mitten ins erste reingeblendet und aus dem letzten Stück rausgeblendet wird. Trotzdem ist es eine Wonne, dem Quartett bei der Präsentation seiner Songs zuzusehen. Gesangstechnisch waren oder sind Powell und Wisefield sicher keine Leuchten ihrer Zunft, aber ihr Gitarrenkönnen (besonders das blind aufeinander abgestimmte Double-Leads-Spiel als WA-typisches Stil-Element) macht auch beim heutigen Begutachten noch immer große Laune.

Zwei Stücke sind hier herauszunehmen. Zum einen „Living Proof“, das mit seinen zwei furiosen E-Lead-Passagen schon bald Southern-Rock-Charakter hat, und ihr Paradestück „Phoenix“, das so viele Breaks, Tempo- und Stimmungswechsel beinhaltet, dass es einem kalt den Rücken runter läuft. Was besonders Wisefield hier an Soli abreißt, ist schon Gitarrensport der Extraklasse. Obwohl deutlich im Schatten der Hauptprotagonisten, bieten aber auch Steve Upton am Schlagzeug und Trevor Boulder am Bass einen recht fetten Rhythmusteppich. Den Abspann bildet dann eine ausführliche textliche Biografie und man hat auch die Möglichkeit, die Diskografie der Band einzusehen.

Eine insgesamt recht knappe Angelegenheit, die aber durch die grandiose instrumentelle Vorstellung, den guten Sound, die zufriedenstellende Bildqualität und angesichts der heutigen, völlig neuen Bandkonstellation (nur noch mit Powell) die Prädikate ‚historisch wertvoll‘ und ‚musikalisch kurzweilig‘ verdient hat.

Warner Music Vision (2006)
Stil:  Classic Rock

01. Can’t Fight Love
02. Living Proof
03. Open Road
04. No More Lonely Nights
05. Underground
06. King Will Come
07. Phoenix
08. Engine Overheat

Wishbone Ash
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Chely Wright – The Metropolitan Hotel – CD-Review

Chel

Chely Wright is back, und zwar mit ihrem 6. Album „The Metropolitan Hotel“, das, um es vorweg zu nehmen, hervorragend gelungen ist! Nach einigen Turbulenzen, u. a. Verlust ihres Major-Kontrakts, einer Frust-EP auf einem Independant Label, hat Chely wieder „die Kurve gekriegt“, und besinnt sich auf die Dinge, die sie schon in frühster Jugend einst nach Nashville getrieben hatten, nämlich den Spirit ihrer Vorbilder wie Buck Owens, Loretta Lynn, Dolly Parton oder Ricky Skaggs mit ihrer ganz persönlichen Note in die moderne Countrymusic herüber zu transportieren.

Der Wandel vollzog sich in London, im angeführten Metropolitan Hotel im Jahr 2002, als sie mit guten Freunden eine komplette Nacht damit verbrachte, CDs o. a. Künstler durchzuhören, und der Entschluss feststand, in Zukunft Musik zu machen, mit der sie sich wieder selbst identifizieren kann. Vorbei ist die Zeit von aufwendigen Videos und glamourösen Foto-Shootings. Und die hübsche, im ländlichen Kansas aufgewachsene, 34-jährige hat sich für ihr neues Album mächtig ins Zeug gelegt, hat acht der zwölf Songs selbst geschrieben, sowie sämtliche Titel produziert oder co-produziert.

„My main objective was to have a collection of gems. I’m most proud of the fact that it’s 12 good songs, 12 well-recorded songs, 12 songs I love to sing. I wanted to make a record that told you a story, which is what country music does. You want to hear a story? Here’s a story“, sagt sie über das Werk. Im Mittelpunkt eines abwechslungsreichen Mixes aus besinnlichen Midtempo-Tracks, kraftvollen, modernen Balladen und der einen oder anderen etwas flotteren Nummer, steht sicher das 6 ½-minütige „The River“, ein atmosphärisches Lied über eine Kleinstadttragödie mit einem dramatischem String-Arrangement im zweiten Teil und hervorragenden, einfühlsamen Background-Vocals von Vince Gill.

An die Nieren gehend schon ein wenig die bedrückende Aufarbeitung des berühmt-berüchtigten Mutter-Tochter-Konflikts, anlässlich der Trennung eines Ehepaares, aus dem Blickwinkel eines jungen Mädchens bei „Between A Mother And A Child“. Den Sprung in die Charts gibt es bereits mit „The Bumper Of My S. U. V.“, mit einer textlich amerika-typisch und patriotisch argumentierenden Sichtweise und Sympathiebekundung für das Treiben der amerikanischen Truppen in der Golfregion.

Weitere Höhepunkte sind der von Bonnie Baker und Katrina Elam (man beachte auch deren eigenes, großartiges Album – siehe unter „Stöbern“) geschriebene, recht knackige Opener „It’s The Song“ mit dezentem Shania-Flair, das rhythmische “ Just The Way We Do It“ in strahlender Keith Urban-Manier, mit tollem Gitarrenspiel von Tom Bukovac, und die ebenfalls im Shania-Stil mit knackigen Drums, Percussion, wunderbaren Hammond-Klängen und vorzüglichem E-Gitarrenspiel und -Solo durchzogene, Countryrock-Ballade „Southside Of Lonesome“. Richtig honkytonk-mäßig geht die Post ab beim Chuck-Berry-Klassiker „C’est La Vie (You Never Can Tell)“!

„The Metropolitan Hotel“ beeindruckt vom nett anzusehenden Titelbild, den Texten bis hin zur letzten gespielten Note! Ein starkes Comeback! Chely Wright hat mit diesem glänzenden Werk sicherlich eine erste Duftmarke in Sachen „Bestes weibliches Album“ für die Awards im Jahre 2005 gesetzt.

AGR Records (Universal Music) (2005)
Stil: New Country

01. It’s The Song
02. Back Of The Bottom Drawer
03. I Got Him Ready For You
04. The River
05. Just The Way We Do It
06. The Bumper Of My S.U.V.
07. Your Shirt
08. Between A Mother And A Child
09. Southside Of Lonesome
10. Wheels
11. C’est La Vie (You Never Can Tell)
12. What If I Can’t Say No Again

Chely Wright
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Bärchen Records

Lonestar – 20.02.2011, Four Corners, Untermeitingen – Konzertbericht

Was unternimmt man nicht alles für die Musik! Die New Country-Band Lonestar ist in den Staaten mit diversen Nr. 1-Songs und mehrfach prämierten Alben (teilweise mit Doppel-Platin) ein echtes Schwergewicht. Gut, mit dem Ausscheiden zweier ihrer charismatischen Persönlichkeiten wie John Rich (zu Anfangszeiten Bassist der Band), heute Teil des ebenfalls megaerfolgreichen Duos Big & Rich, dazu auch solo und als Produzent, sowie seit 2007 Sänger Ritchie McDonald (entschied sich für eine Solo-Karriere), fehlen natürlich mittlerweile zwei absolute Persönlichkeiten und ich behaupte mal einfach, dass man Lonestar in dieser Original-Besetzung vermutlich hier nie zu sehen bekommen hätte.

Aber egal, mit dem neuen Sänger Cody Collins haben die restlich verbliebenen Mitglieder Michael Britt, Keach Rainwater und Dean Sams einen Cut gemacht und frönen jetzt einem etwas ‚verjüngten‘ musikalischen Stil, Marke Keith Urban, Rascal Flatts & Co., wie ihr erstes Album „Party Heard Around The World“, das erste in der Post-McDonald-Ära, bewies. Mich hatte schon gefuchst, dass ich sie letztes Jahr, aufgrund meines bereits gebuchten Urlaubs, nicht zu Gesicht bekommen konnte. Denn da sind sie auch, wie an diesem Wochende, bereits zu einem Doppelkonzert im Four Corners angetreten.

Eine tolle Location, dieses Four Corners, gelegen in einem Industriegebiet etwas außerhalb von Untermeitingen! Aber von vorne. Ich hatte die geplanten Auftritte wieder sehr spät zur Kenntnis genommen (der Gig samstags war da bereits ausverkauft) und die Tickets demnach auch relativ kurzfristig dann für sonntags geordert. Die Zusendung klappte aber tadellos. Da wir für unseren Hund nur eine Betreuung von Sonntag Mittag bis Montag früh in der Eile organisieren konnten, entschied ich auf eine Übernachtung zu verzichten und damit die 620 km-Reise in die Nähe von Augsburg (mit Besichtigung der Stadt), Konzert und Rückfahrt der gleichen Strecke in einem ‚Abwasch‘ zu erledigen. Eine ambitioniertes Vorhaben, das es nach etlichen Stunden auf den Beinen und einem Wintereinbruch am Abend (der die Rückfahrt auf den ersten 200 km zusätzlich erschwerte – aber dafür ohne Staus) dann auch wirklich war!

Da der Magen schon am späten Mittag knurrte, hatten wir uns entschlossen bei einem Italiener in Augsburg zu dinieren. Wir verpassten dadurch leider ein Mahl im Four Corners, das dafür viele der Anwesenden an den Tischen im in Oktoberfest-Manier aufgemachten Saal einnahmen. Was da an Getränken und Essen im Verlaufe des Abends durch die Besitzerin Marianne Theil und ihr Team in den beengten Verhältnissen plus der beiden zu erklimmenden Emporen abgewickelt wurde, war schon unglaublich. Und die Dame schien immer zur Stelle zu sein, Bestellungen wurden stante pede erledigt. Chapeau für diese Energieleistung.

Der Saal strahlte eine Mischung aus Western-Saloon-Flair und Bierzeltatmosphäre aus. An der Decke war eine Art Kutschenwagen befestigt, in der Ecke zu einer der Emporen baumelte ein Galgenstrick von der Decke. Sämtliche Plätze waren mit Namensschildern beschriftet. Wir hatten leider im Emporenbereich einen nicht ganz so günstigen Platz am Rande der Bühne erhalten, der einen kompletten Blick aufgrund einer zusätzlichen Bedachung der Bühne nicht zuließ. Da ich als ‚Privatperson‘ angereist war, wollte ich eigentlich erst gar keinen Bericht verfassen und das Konzert einfach so genießen. Angesteckt durch die Atmosphäre, beschloss ich dann aber doch spontan, das Ganze schriftlich festzuhalten.

Pünktlich um 20.00 Uhr eröffnete die Vorgruppe Cripple Creek Band das Geschehen und hinterließ direkt einen hervorragenden Eindruck. Sie präsentierte einen unterhaltsamen Mix aus Coverstücken bekannter New Country-Interpreten wie Trace Adkins („Swing“), Brad Paisley („You’re The World“ – in einer peppig aufgemachten Klasse-Version), Keith Urban („Who Wouldn’t Wanna Be Me“), Rascal Flatts („Backwards“) und Charlie Daniels („The Devil Went Down To Georgia“ – hier brachte der vielseitige Helmut Limbeck, der wie eine Kreuzung aus Brad Paisley und Pierre Littbarski optisch rüber kam, die Saiten seiner Fiddle regelrecht zum Glühen) und eigenen Songs, um ihr demnächst erscheinendes Album schon im Vorfeld zu promoten.

Bei mir blieben das Westcoast-angelehnte „Blue Water“, das auf dem Sampler des Country Music Meeting 2011 enthaltene „I Forgot To Forget“ und ein schwerer von Bassist Mike Gerst gesungener Southern Rocker in Erinnerung, bei dem auch der Bandleader Eric Hügel (wie auch bei vielen anderen Songs) auf seiner Telecaster satte E-Gitarrenarbeit ablieferte (klasse vor allem sein Bariton-Spiel). Nach gut einer Stunde erhielten sie für ihren tadellosen, sympathischen und sehr unterhaltsamen Auftritt zurecht tosenden Applaus. Klasse, die Jungs!

Eine halbe Stunde später legte dann Lonestar im Sextett mit „You’re Like Coming Home“ los. Direkt fiel auf, dass Sänger Cody Collins doch noch ziemlich bubihaft wirkt und, klaro, dem Charisma eines Ritchie McDonalds noch nicht das Wasser reichen kann, was die Band auch vermutlich bei der Besetzung der Personalie bewusst kalkuliert hat. Dafür verleiht er Lonestar ein deutlich flotteres und juvenileres Image. Er schöpfte den Rahmen seines Könnens mit Bravour aus. Der Part des Bandleaders wurde von daher von Gründungsmitglied Dean Sams bekleidet, der gleich mehrfach den Entertainer mimte und immer wieder den Dialog zum mit vielen Cowboyhüten bespickten Publikum suchte. Eine echte Quasselstrippe, wenn er einmal losgelegt hat!

Was folgte, war eine schöne Auswahl der gesamten Schaffensperiode („Tell Her“, „Heartbreak Everday“, das rockige „Be Careful When You Kiss Me“, das launige „You Walked In“, „What About Now“, der Superhit „Amazed“- damals wochenlang nicht nur in den Country-, sondern auch in den normalen Charts Nr.1, „With Me“, die schöne Ballade „Smile“, „Front Porch Looking In“, „No News“, garniert mit Stücken vom aktuellen Album wie „Beat“, das herrlich melodische „Making Memories“ und das treibende „Live, Laugh And Love“. Klasse auch das dazwischen geschobene Cover von Marc Cohns „Walking In Memphis“, das in der Lonestar-Version deutlich flotter gespielt wurde.

Mein Mann des Abends war jedoch Michael Britt, der seine immer präzise auf den Punkt gebrachten E-Soli in angenehm untheatralischer Art performte. Der um 23.00 Uhr stürmisch eingeforderte Zugabenteil begann mit dem weiteren, balladesken Nr.1- Hit „I’m Already There“, das dann im eigentlichen Quartett und auf Hockern präsentiert wurde. Der Titeltrack vom Album „Party Heard Around The World“ (mit integriertem Beatles-„Get Back“) bildete die flotte Vorhut für ein anschließendes Rock-Medley, wobei man sich darüber streiten kann, ob so weitere olle Kamellen wie u.a. ZZ Tops „Gimme All Your Lovin'“, Thin Lizzys „The Boys Are Back In Town“ oder Led Zeppelins „Rock’N’Roll“ bei einem New Country-Konzert wirklich angebracht sind. Sie bewiesen zumindest, dass Countrymusiker auch die Rockkeule mühelos schwingen können. Ich persönlich brauche solche abgenudelten Stücke nicht unbedingt und hätte lieber dafür noch drei weitere Lieder aus dem reichhaltigen Lonestar-Fundus gehört.

Der glänzenden Stimmung des Abends tat es aber keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Leute waren mit diesem furiosen Finale hoch zufrieden und verabschiedeten Lonestar zurecht mit deftigem Applaus. Die lange Reise hatte sich gelohnt. Nur der Wettergott gab den Spielverderber und begrüßte uns mit einer geschlossenen Schneedecke und einem total eingeschneiten Wagen. Nach 26 Stunden auf den Beinen und 1250 zurückgelegten Kilometern hatte das ‚Unterfangen Lonestar‘ mit der heilen Ankunft zuhause dann aber ein glückliches Ende!

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Four Corners Untermeitingen