Lonestar – 20.02.2011, Four Corners, Untermeitingen – Konzertbericht

Was unternimmt man nicht alles für die Musik! Die New Country-Band Lonestar ist in den Staaten mit diversen Nr. 1-Songs und mehrfach prämierten Alben (teilweise mit Doppel-Platin) ein echtes Schwergewicht. Gut, mit dem Ausscheiden zweier ihrer charismatischen Persönlichkeiten wie John Rich (zu Anfangszeiten Bassist der Band), heute Teil des ebenfalls megaerfolgreichen Duos Big & Rich, dazu auch solo und als Produzent, sowie seit 2007 Sänger Ritchie McDonald (entschied sich für eine Solo-Karriere), fehlen natürlich mittlerweile zwei absolute Persönlichkeiten und ich behaupte mal einfach, dass man Lonestar in dieser Original-Besetzung vermutlich hier nie zu sehen bekommen hätte.

Aber egal, mit dem neuen Sänger Cody Collins haben die restlich verbliebenen Mitglieder Michael Britt, Keach Rainwater und Dean Sams einen Cut gemacht und frönen jetzt einem etwas ‚verjüngten‘ musikalischen Stil, Marke Keith Urban, Rascal Flatts & Co., wie ihr erstes Album „Party Heard Around The World“, das erste in der Post-McDonald-Ära, bewies. Mich hatte schon gefuchst, dass ich sie letztes Jahr, aufgrund meines bereits gebuchten Urlaubs, nicht zu Gesicht bekommen konnte. Denn da sind sie auch, wie an diesem Wochende, bereits zu einem Doppelkonzert im Four Corners angetreten.

Eine tolle Location, dieses Four Corners, gelegen in einem Industriegebiet etwas außerhalb von Untermeitingen! Aber von vorne. Ich hatte die geplanten Auftritte wieder sehr spät zur Kenntnis genommen (der Gig samstags war da bereits ausverkauft) und die Tickets demnach auch relativ kurzfristig dann für sonntags geordert. Die Zusendung klappte aber tadellos. Da wir für unseren Hund nur eine Betreuung von Sonntag Mittag bis Montag früh in der Eile organisieren konnten, entschied ich auf eine Übernachtung zu verzichten und damit die 620 km-Reise in die Nähe von Augsburg (mit Besichtigung der Stadt), Konzert und Rückfahrt der gleichen Strecke in einem ‚Abwasch‘ zu erledigen. Eine ambitioniertes Vorhaben, das es nach etlichen Stunden auf den Beinen und einem Wintereinbruch am Abend (der die Rückfahrt auf den ersten 200 km zusätzlich erschwerte – aber dafür ohne Staus) dann auch wirklich war!

Da der Magen schon am späten Mittag knurrte, hatten wir uns entschlossen bei einem Italiener in Augsburg zu dinieren. Wir verpassten dadurch leider ein Mahl im Four Corners, das dafür viele der Anwesenden an den Tischen im in Oktoberfest-Manier aufgemachten Saal einnahmen. Was da an Getränken und Essen im Verlaufe des Abends durch die Besitzerin Marianne Theil und ihr Team in den beengten Verhältnissen plus der beiden zu erklimmenden Emporen abgewickelt wurde, war schon unglaublich. Und die Dame schien immer zur Stelle zu sein, Bestellungen wurden stante pede erledigt. Chapeau für diese Energieleistung.

Der Saal strahlte eine Mischung aus Western-Saloon-Flair und Bierzeltatmosphäre aus. An der Decke war eine Art Kutschenwagen befestigt, in der Ecke zu einer der Emporen baumelte ein Galgenstrick von der Decke. Sämtliche Plätze waren mit Namensschildern beschriftet. Wir hatten leider im Emporenbereich einen nicht ganz so günstigen Platz am Rande der Bühne erhalten, der einen kompletten Blick aufgrund einer zusätzlichen Bedachung der Bühne nicht zuließ. Da ich als ‚Privatperson‘ angereist war, wollte ich eigentlich erst gar keinen Bericht verfassen und das Konzert einfach so genießen. Angesteckt durch die Atmosphäre, beschloss ich dann aber doch spontan, das Ganze schriftlich festzuhalten.

Pünktlich um 20.00 Uhr eröffnete die Vorgruppe Cripple Creek Band das Geschehen und hinterließ direkt einen hervorragenden Eindruck. Sie präsentierte einen unterhaltsamen Mix aus Coverstücken bekannter New Country-Interpreten wie Trace Adkins („Swing“), Brad Paisley („You’re The World“ – in einer peppig aufgemachten Klasse-Version), Keith Urban („Who Wouldn’t Wanna Be Me“), Rascal Flatts („Backwards“) und Charlie Daniels („The Devil Went Down To Georgia“ – hier brachte der vielseitige Helmut Limbeck, der wie eine Kreuzung aus Brad Paisley und Pierre Littbarski optisch rüber kam, die Saiten seiner Fiddle regelrecht zum Glühen) und eigenen Songs, um ihr demnächst erscheinendes Album schon im Vorfeld zu promoten.

Bei mir blieben das Westcoast-angelehnte „Blue Water“, das auf dem Sampler des Country Music Meeting 2011 enthaltene „I Forgot To Forget“ und ein schwerer von Bassist Mike Gerst gesungener Southern Rocker in Erinnerung, bei dem auch der Bandleader Eric Hügel (wie auch bei vielen anderen Songs) auf seiner Telecaster satte E-Gitarrenarbeit ablieferte (klasse vor allem sein Bariton-Spiel). Nach gut einer Stunde erhielten sie für ihren tadellosen, sympathischen und sehr unterhaltsamen Auftritt zurecht tosenden Applaus. Klasse, die Jungs!

Eine halbe Stunde später legte dann Lonestar im Sextett mit „You’re Like Coming Home“ los. Direkt fiel auf, dass Sänger Cody Collins doch noch ziemlich bubihaft wirkt und, klaro, dem Charisma eines Ritchie McDonalds noch nicht das Wasser reichen kann, was die Band auch vermutlich bei der Besetzung der Personalie bewusst kalkuliert hat. Dafür verleiht er Lonestar ein deutlich flotteres und juvenileres Image. Er schöpfte den Rahmen seines Könnens mit Bravour aus. Der Part des Bandleaders wurde von daher von Gründungsmitglied Dean Sams bekleidet, der gleich mehrfach den Entertainer mimte und immer wieder den Dialog zum mit vielen Cowboyhüten bespickten Publikum suchte. Eine echte Quasselstrippe, wenn er einmal losgelegt hat!

Was folgte, war eine schöne Auswahl der gesamten Schaffensperiode („Tell Her“, „Heartbreak Everday“, das rockige „Be Careful When You Kiss Me“, das launige „You Walked In“, „What About Now“, der Superhit „Amazed“- damals wochenlang nicht nur in den Country-, sondern auch in den normalen Charts Nr.1, „With Me“, die schöne Ballade „Smile“, „Front Porch Looking In“, „No News“, garniert mit Stücken vom aktuellen Album wie „Beat“, das herrlich melodische „Making Memories“ und das treibende „Live, Laugh And Love“. Klasse auch das dazwischen geschobene Cover von Marc Cohns „Walking In Memphis“, das in der Lonestar-Version deutlich flotter gespielt wurde.

Mein Mann des Abends war jedoch Michael Britt, der seine immer präzise auf den Punkt gebrachten E-Soli in angenehm untheatralischer Art performte. Der um 23.00 Uhr stürmisch eingeforderte Zugabenteil begann mit dem weiteren, balladesken Nr.1- Hit „I’m Already There“, das dann im eigentlichen Quartett und auf Hockern präsentiert wurde. Der Titeltrack vom Album „Party Heard Around The World“ (mit integriertem Beatles-„Get Back“) bildete die flotte Vorhut für ein anschließendes Rock-Medley, wobei man sich darüber streiten kann, ob so weitere olle Kamellen wie u.a. ZZ Tops „Gimme All Your Lovin'“, Thin Lizzys „The Boys Are Back In Town“ oder Led Zeppelins „Rock’N’Roll“ bei einem New Country-Konzert wirklich angebracht sind. Sie bewiesen zumindest, dass Countrymusiker auch die Rockkeule mühelos schwingen können. Ich persönlich brauche solche abgenudelten Stücke nicht unbedingt und hätte lieber dafür noch drei weitere Lieder aus dem reichhaltigen Lonestar-Fundus gehört.

Der glänzenden Stimmung des Abends tat es aber keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Leute waren mit diesem furiosen Finale hoch zufrieden und verabschiedeten Lonestar zurecht mit deftigem Applaus. Die lange Reise hatte sich gelohnt. Nur der Wettergott gab den Spielverderber und begrüßte uns mit einer geschlossenen Schneedecke und einem total eingeschneiten Wagen. Nach 26 Stunden auf den Beinen und 1250 zurückgelegten Kilometern hatte das ‚Unterfangen Lonestar‘ mit der heilen Ankunft zuhause dann aber ein glückliches Ende!

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