Brent Cobb – No Place Left To Leave (Reissue) – CD-Review

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Wir hatten ja im Jahr 2018 das Glück und Vergnügen, einige der wenigen Leute gewesen zu sein, die Brent Cobb in unseren Gefilden, sprich in Köln, live erlebt haben. Da trat er im Rahmen des von uns auch reviewten Albums „Providence Canyon“ im kleinen Studio 672, vor vielleicht gerade mal 40 Besuchern, auf.

Er ist ja ein Cousin des angesagten US-Produzenten Dave Cobb und war zunächst eher gern gesehener Songlieferant für arrivierte Nashville-Interpreten wie Luke Bryan, die Eli Young Band, Frankie Ballard, David Nail, Kellie Pickler, Miranda Lambert, Little Big Town oder Kenny Chesney, allesamt keine schlechten Abnehmeradressen.

Als Überbrückung zu seinem nächsten potentiellen Longplayer ist es dem ursprünglich aus Americus, Georgia, stammenden, mittlerweile aber in Nashville lebenden Protagonisten gelungen, die Rechte an seiner 2006 veröffentlichten, recht seltenen Scheibe „No Place Left To Leave“ (schöner Titel!) zurück zu erwerben und jetzt noch mal auf seinem eigenen Label Ol’ Buddy Records zu verbreiten.

Diese wurde damals durch besagten Dave Cobb und Shooter Jennings initiiert, nachdem Brent auf einem Familienbegräbnis Dave eine Demo-CD in die Hand gedrückt hatte. Beide sorgten dafür, dass Brent sich ins Flugzeug setzte, um dieses Werk dann in Los Angeles bei Dave im Studio ‚in entsprechende Form zu gießen‘.

Eine wunderbare Platte mit zehn herrlich ineinanderfließenden Roots-/Americana-, Country- und Southern Rock-Tracks, die – versprochen – das Herz eines jeden der geneigten Klientel höher schlagen lassen werden.

Cobb_VIPDie CD beginnt mit dem rebellisch, in Shooter Jennings-Manier treibenden, Harp-durchzogenen Roots-Rocker „Richland“, dessen Intro-Hook ein wenig zunächst an CCRs „Bad Moon Rising“ erinnert. Klasse direkt danach das Titelstück, ein herrlicher Country-Schwofer mit southern leiernder E-Gitarre, im narrativen Stil und auch schon von der Reife her, vergleichbar mit großen Country-Veteranen der Marke Cash, Haggard, Jennings, Williams & Co., wobei man explizit erwähnen muss, dass Cobb zu diesem Zeitpunkt gerade mal 20 Lenze zählte.

Auf ähnlichem Terrain bewegt sich auch „Lavenders And Loving Gestures“ (mit wunderbar wimmernder Steel guitar). Toll auch „Black Creek“ , bei dem der düstere narrative Charakter (Richtung Cash) noch zwischenzeitlich mit dem Einsetzten einer brummenden E-Gitarre verstärkt wird.

Freunde von atmosphärischen Southern Country Rock-Stoff, werden von klasse instrumentierten Ohrwurm-Liedern wie „Butterfly“ (mein persönlicher Favorit), „Don’t Want To Leave“, „Red Dirt In Georgia“ oder dem, von Tempo- und Stimmungswechseln durchzogenen „Black Bottle“ (Black Stone Cherry-Note), nicht genug bekommen.

Das krachend raue „Bar, Guitar, And A Honky Tonk Crowd” (das Akustikgitarren-Intro scheint ein wenig bei Neil Youngs „Old Man“ abgeguckt zu sein) und der sparsam instrumentierte Cryin’ in My Beer-Song “Hold Me Closely” (nur Gesang, Piano und Akustik- und Slidegitarre) als Rausschmeißer stehen wieder für Cobbs Kompabilität für andere Interpreten.  Erstgenanntes Lied kennt die Southern Rock-Gemeinde von Whiskey Myers‘ Parade-Album „Firewater“, letzteres dürfte einschlägigen Countryexperten von The Oak Ridge Boys geläufig sein.

Am Ende eine Hammer-Scheibe, die nochmals verdeutlicht, dass Brent Cobb, neben Marcus King und Jaren Johnston von The Cadillac Three, wohl zu den größten Hoffnungsträgern im kreativen Bereich des zeitgenössischen Southern Country Rocks gezählt werden muss. „No Place Left To Leave“ sollte somit ein fester Platz in jeder Sammlung unserer Leserschaft eingeräumt werden. Grandioser Stoff, toller Bursche, unbedingt zulegen!

Ol‘ Buddy Records (2020)
Stil: (Southern) Country Rock

01. Richland
02. No Place Left To Leave
03. Butterfly
04. Lavenders and Loving Gestures
05. Bar, Guitar, And A Honky Tonk Crowd
06. Don’t Want To Leave
07. Black Bottle
08. Dirt Road In Georgia
09. Black Creek
10. Hold Me Closely

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Brent Cobb – Support: Zack Logan, 12.09.2018, Studio 672, Köln, Konzertbericht

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Mit Brent Cobb gab sich ein Künstler im kleinen Club 672 in Köln die Ehre, auf den ich mich schon seit Wochen gefreut hatte. Anlass war natürlich sein tolles Album „Providence Canyon“, aber auch seine interessante Vita samt seines vermutlichen Talents, er ist ja der Cousin des sehr erfolgreichen Produzenten Dave Cobb. Da war man einfach gespannt, was der Bursche live zu bieten hatte.

Zunächst aber stellte der aus Mississippi stammende Zack Logan, in dem mit knapp 40 Leuten spärlich besuchten Club, seine Künste in den Mittelpunkt. Er hat ebenfalls mit „Raised By Wolves“ ein aktuelles Werk am Start, aus dem er dann Stücke wie „Dog Chase Cars“, „Annalee“, das sehr melodische „Two Weeks At A Time“, „Ramblin‘ Shoes“, das schön rockende „Trouble Doing The Right Thing“, „I’m Coming Home“ und den Titeltrack, „Raised By Wolves“, in einer guten halben Stunde vorstellte.

Unterstützt wurde er von zwei Schweden namens Erik und Pelle aus Göteborg mit Fiddle und Upright Bass, die dem Ganzen eine schönes Veranda-Country-Flair vermittelten. Gerade Erstgenannter setzte mit seinem sägenden, quietschenden und weinenden Streichinstrument viele schöne Zusatz-Akzente. Zack zeichnete sich besonders durch seinen angenehmen Gesang aus (tolle Stimme). Ihm wäre zu wünschen, dass mal ein bekannter Nashville-Künstler sich eines seiner Songs annimmt, um seinen Bekanntheitsgrad zu pushen. Verdient hätte er es, insgesamt ein guter Support, der mit viel Applaus bedacht wurde!

Nur ein paar Minuten später kam dann einer der neuen wilden Generation Nashvilles, Brent Cobb, mit seinen drei Begleitern Mike Harris, Jason Kott (bekannt auch durch The Soulshine Family Band) und OJ Jackson auf die, dank der umstehenden Instrumente, Verstärker und Effektgeräte, ziemlich platz-reduzierte Bühne (Folge war, dass direkt ein – am Geruch nachher deutlich erkennbar – am Boden stehendes Whiskey-Glas umgetreten wurde und sich die verschüttete Flüssigkeit, in einer kleinen Lache, ihren Weg suchte).

Der knackig zupfende und auch klasse Gesangsharmonien beisteuernde Bassist Jason Kott war mir schon wegen seines T-Shirts, das mit Logo der auch von uns rezensierten Band The Steel Woods bedruckt war, direkt sympathisch. Das Quartett legte mit „When The Dust Settles“ los und der im weiteren Verlauf überragend agierende Mike Harris deutete bereits früh seine Qualitäten als versierter Slide-Spieler an.

Brent streifte im weiteren Verlauf mit Songs wie  u. a. „Diggin‘ Holes“, „Down In The Gully“, „Solving Problems“, den beiden herrlichen „King Of Alabama“ und „Providence Canyon“ seine beiden, unter Major-Fahne erschienen Alben und bewies, warum auch Stars wie Luke Bryan, Kenny Chesney, Miranda Lambert oder Little Big Town, gerne auf seine Songwriter-Künste zurückgreifen.

Ein erster Höhepunkt des Konzerts wurde entfacht, als Brent die akustische Gitarre abstreifte (die er allerdings fast immer wie eine E-Gitarre spielte) und zur Telecaster griff. Es folgten mit „If I Don’t See Ya“ und „.30.06“ zwei furiose Southern Rocker, in bester Lynyrd Skynyrd-Manier. Erstgenanntes erinnerte stark an deren einstiges „Swamp Music“.

Beim Schunkler „Tavelling Poor Boy“ wurde dann wieder in die gemäßigtere Country Rock-Schiene zurückgerudert. Mit Liedern wie dem swampigen „Sucker For a Good Time“, dem progressiv angehauchten „Black Crow“ und einem weiteren Kracher, „Ain’t A Road Too Long“, ging es schon über ins Finale, das mit dem an Dynamik zulegenden „South Of Atlanta“ (tolles Instrumentalfinish) und dem mit schönen Tempowechseln variierenden „Country Bound“ toll inszeniert wurde.

Gerade der rauschebärtige Mike Harris spielte sich teilweise regelrecht in einem Rausch. Nach dem Konzert, begann dann sofort ein hektisches Treiben. Es wurde ratz-fatz abgebaut, da die Band heute Abend schon wieder in Berlin auf der Bühne steht.

Brent nahm sich aber dennoch die Zeit für ein paar Autogramme und das obligatorische Bild mit unserem Logo. Als wir nach Hause fuhren, waren Gernot und ich uns sicher, hier mit Brent Cobb eine kommende Größe des Southern Country Rocks gesehen zu haben, die man in Zukunft vermutlich nicht mehr in so intimen Rahmen erleben wird. Ganz starker Gig!

Line-up:
Brent Cobb (lead vocals, acoustic guitar, electric guitar)
Mike Harris (electric guitar, slide guitar, vocals)
Jason Kott (bass, vocals)
OJ Jackson (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Konzertbüro Schoneberg
Studio 672

Will Hoge, 15.03.2016, Studio 672, Köln, Konzertbericht

Verkehrte Welt in Köln. Während solche Schnösel wie Philipp Dittberner und AnnenMayKantereit es in der Domstadt problemlos schaffen, mit, von ziemlich überschaubarem Wert gehaltener Musik, die mittelgroßen Hallen wie Palladium oder Live Music Hall bis zum Bersten zu füllen, muss ein amerikanischer Weltklasse-Singer/Songwriter sich zunächst damit abfinden, dass vielleicht um die 60 Leute (darunter, inklusive mir, gerade mal zwei nebenberufliche Journalisten) im kleinen, aber feinen Studio 672 Präsenz zeigten. Das wirft wirklich kein gutes Licht auf den Musikgeschmack in unseren Breitengraden!

Na ja, zumindest konnte man wenigstens froh sein, dass nicht gleichzeitig in der darüber liegenden Location, dem Stadtgarten, ein Abi-Feier geplant war…

Pünktlich um 20:30 Uhr eröffneten Someday Jacob als Support in reduziertem Line-up. Bandleader Jörn Schlüter und Gitarrist Uli Kringler hinterließen zur Einstimmung mit ihrem folkig angehauchten Americana-Stoff von der Weser einen durchaus qualifizierten und sympathischen Eindruck.

Nach recht fixer Umbaupause betrat dann der Protagonist sein gemütlich ‚improvisiertes Wohnzimmer‘, bestehend aus Keyboard, Tisch für Getränke und Harp-Utensilien, gepolstertem Stuhl/Mikro für seine mit E-Gitarrenparts bestückten Lieder, sowie Stand-Mikro für die, naturgemäß, in stehender Form performten Tracks.

Zum Einstieg wählte Will „Silver Or Gold“ vom „Draw The Curtains“-Werk und verströmte direkt sein außergewöhnliches Charisma. Das zu meiner Überraschung insgesamt recht junge Publikum (ich gehörte mit meinen knapp über 50 Lenzen schon eindeutig zum alten Eisen) zog direkt von Anfang an mit, was Hoge auch sofort spürte.

Nach den weiteren, per Akustikgitarre (z. T. mit Harp-Ergänzung) gebrachten „Secondhand Heart“, „Growing Up Around Here“, „Still Got You On My Mind“, ließ Hoge sich für „When I Can’t Afford To Lose“ zum ersten Mal an den Tasten nieder und betonte in vielen kleinen Anekdoten vor den Songs, dass er als bekennender Familienmensch doch immer ein wenig daran zu knacken hat, wenn er aufgrund seines Tourens von Frau und Kindern zu Hause getrennt ist.

Seine aufrichtige Abneigung gegen faule, unfähige, nur an sich selbst denkende Politiker, formulierte er mittels der dylanesken Abwandlung „The Times They Are Not Changin’“ (hier spricht er auch mir aus der Seele). Als weiterer Bruder im Geiste erwies er sich bei meinem Favoriten des Abends „Still A Southern Man“.

Wenn er die Telecaster schulterte, rockte Will meist zünftig wie zu guten Zeiten mit seinem früheren Kumpel Dan Baird. „Long Gone“ und „Pocket Full Of Change“ seien hier genannt.

Ganz klasse natürlich auch seine Paradestücke wie das höchst-emotionale „When I Get My Wings“, das flockige „In The Middle Of America“ oder sein, von der Eli Young Band mit großem Erfolg gecovertes „Even If It Breaks Your Heart“. Für „Goognight / Goodbye“ holte sich Will eine junge Dame aus dem Publikum als Gesangs-Unterstützung. Die machte ihre Sache richtig gut und wurde von den anwesenden Zuschauern auch mit viel Applaus belohnt.

Mit „Til I Do It Again“ endete gegen 23:00 Uhr ein abwechslungsreicher und starker Hauptteil. Die nicht auf sich warten lassenden Zugabe-Rufe, befriedigte Will in recht melancholischer Manier mit den beiden unter die Haut gehenden „Hey Tonight“ und (dem seiner Frau gewidmeten) „Damn Spotlight (Julia’s Song)“. Großartig!

Welche Lehren ziehe ich nun aus diesem Abend? Für Ami-Künstler aus dem Südstaaten Rock-, New Country-, Roots- und Americana-Bereich ist aller Anfang in unseren Gefilden zunächst ziemlich schwer. Solange sie uns allerdings mit solch grandiosen Abenden beglücken, wie es gestern Will Hoge getan hat, werde ich meinen langjährigen Missionarsdienst nach besten Kräften, im Sinne der Sache, auch weiterführen. Danke an Will Hoge für dieses einzigartige Erlebnis.

Will Hoge
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